JudikaturJustiz2Ob16/18v

2Ob16/18v – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon. Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** A*****, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei G***** B*****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 24.923,30 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 24. November 2017, GZ 2 R 177/17t 50, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen eines Unfalls bei einem Radrennen im Rahmen eines Triathlon-Bewerbs in Anspruch. Die Vorinstanzen verneinten ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten, weil dieser die Regeln eingehalten und keinen atypischen Sorgfaltsverstoß gesetzt habe. Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt – soweit sie nicht ohnehin nur die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft – keine erhebliche Rechtsfrage auf:

Rechtliche Beurteilung

Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, den Teilnehmern eines behördlich genehmigten Radrennens faktisch unrealisierbare, mit dem Ziel der rechtlich gebilligten Sportausübung unvereinbare Sorgfaltspflichten aufzuerlegen (10 Os 150/86). Wenn die Vorinstanzen auf dieser Grundlage annahmen, dass eine mit dem Hinunterbeugen zur Wasserflasche verbundene (kurze) Unachtsamkeit noch kein relevanter Sorgfaltsverstoß sei, ist das nicht zu beanstanden.

Ein Verstoß gegen die Wettkampfregel, einen 10m-Abstand zum Vordermann zu wahren, steht entgegen dem Revisionsvorbringen nicht fest. Abgesehen davon ist bei in Gemeinschaft ausgeübten Sportarten, bei denen es wegen des notwendigen Naheverhältnisses der Teilnehmer zueinander oder zu den dabei verwendeten Sportgeräten zu Gefährdungen oder Verletzungen kommen kann, von vornherein nicht jeder Regelverstoß auch als haftungsbegründendes Verschulden anzusehen (RIS Justiz RS0022443 [insb T3]). Es kann daher offen bleiben, ob diese Regel, deren Einhaltung nach den Ausführungen des Sachverständigen an der Unfallstelle „faktisch kaum möglich“ war, nicht ohnehin durch das Dulden der begleitenden „Marshalls“ (Vertreter des Veranstalters) aufgehoben war.

Zwar soll es nach den Feststellungen der Vorinstanzen „häufig“ vorkommen, dass Rennteilnehmer zum Beheben eines Kettensprungs am Straßenrand stehenbleiben. Das ändert jedoch nichts daran, dass eine mit den Umständen des Einzelfalls (hier Ermüdung, Hitze und Durst) erklärbare Reaktionsverspätung nicht zwingend als haftungsbegründendes Verschulden gewertet werden muss.