JudikaturJustiz2Ob112/98d

2Ob112/98d – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. September 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Gerstenecker und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Landesstelle Kärnten, 9021 Klagenfurt, Gabelsbergerstraße 13, vertreten durch Dr. Horst Koch, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei R***** GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 101.083,80 sA und Feststellung (Streitwert S 200.000, ), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 7. Jänner 1998, GZ 6 R 221/97f 26, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 4. August 1997, GZ 6 Cg 272/96y 21, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 3. 2. 1978 geborene Thomas A***** errichtete am 7. 4. 1993 in K*****, Gemeinde M*****, unweit des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Eltern einen Osterhaufen. Dazu benützte er einen an den Traktor angekoppelten Heckbagger, nämlich einen Schaufellader Löffelbagger, ein Erzeugnis des italienischen Unternehmens E. B*****. Thomas A***** stapelte dabei Reisig zu einem Haufen. Der Traktor stand in Hanglage in der Fallinie, wobei die Front des Traktors talwärts zeigte. Der Reisighaufen war nahezu fertig aufgebaut, als er versuchte, mit dem Arm des Laders den Haufen zusammmenzudrücken. Dabei hob sich der Körper des Laders an und kippte zur Traktorkabine zurück. Thomas A***** wurde durch diese Kippbewegung zwischen Traktorkabine und Bedienungselementen des Heckbaggers derart eingeklemmt, daß er mit seinem Bauch auf die Bedienungshebel gedrückt wurde. Dadurch wurden diese weiterbetätigt und der Lader weiterhin unbeabsichtigt in Funktion gehalten. Dabei wurde Thomas A***** schwer verletzt.

Der Vater des Verunglückten hat den Schaufellader Löffelbagger fabriksneu am 19. 10. 1992 nach einer Hofprobe von der E***** GmbH gekauft. Diese hatte das Gerät von der beklagten Partei, die direkt vom italienischen Erzeuger beliefert worden war, erhalten. Die klagende Partei erbrachte als Pflichtversicherer des Vaters des Verletzten aus dem Titel Unfallversicherung und Krankenversicherung bereits Leistungen und wird weitere Leistungen zu erbringen haben.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei Zahlung von S 101.083,80 sA und die Feststellung der Haftung für alle Leistungen, die sie infolge des Unfalles vom 7. 4. 1993 zu erbringen habe. Sie brachte vor, bei der Vorführung des Gerätes seien auch von dem dabei anwesenden Monteur der beklagten Partei keinerlei Hinweise auf spezifische Einsatzbedingungen, nämlich waagrechter Standort für Traktor und Gerät bei ansonsten gegebener Gefahr eines traktorseitigen Kippens des Anbaugerätes gegeben worden. Der Heckbagger sei zu einem Einsatz verwendet worden, mit welchem billigerweise habe gerechnet werden müssen. Außerdem bewirke das Fehlen einer Sicherheitsvorkehrung, die das tatsächlich erfolgte Kippen des Baggers zum Heck des Traktors verhindert hätte, daß das Anbaugerät zum Zeitpunkt seines Inverkehrbringung als fehlerhaft iSd § 5 PHG anzusehen sei. Eine Bedienungsanleitung sei nicht gemeinsam mit dem Gerät übergeben worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, ein Produktfehler liege nicht vor. Der Unfall sei nur deshalb eingetreten, weil der Traktor samt Anbaugerät in viel zu steilem Gelände verwendet worden sei. Aus der mit dem Gerät dem Käufer ausgefolgten Betriebsanleitung bzw aus einer entsprechenden Aufschrift auf dem Gerät ergebe sich die Anweisung, das Gerät waagrecht bzw den Lader senkrecht aufzustellen. Diese Voraussetzungen habe Thomas A***** nicht geschaffen bzw aufgrund der starken Geländeneigung gar nicht schaffen können. Mit einem derartigen Einsatz habe die beklagte Partei nicht rechnen müssen und hätte selbst ein vorhandener Oberlenkerbock dieses Kippen nicht verhindern können. Das Gerät sei bereits durch 15 Jahre vor dem Unfall in gleicher Ausführung erzeugt und in den Verkehr gebracht worden; es habe nie sicherheitstechnische Probleme gegeben. Die Voraussetzungen, daß die beklagte Partei als Importeur in Anspruch genommen werden könne, lägen nicht vor. Thomas A***** hätte aufgrund seines jugendlichen Alters das Gerät nicht bedienen dürfen. Darüber hinaus sei ein nicht originaler (zu kurzer) Oberlenker verwendet worden.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen und neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch nachstehende Feststellungen getroffen:

Die beklagte Partei gab bei der Auslieferung des Gerätes an die E***** GmbH eine Bedienungsanleitung mit. Bei der Vorführung unmittelbar vor Abschluß des Kaufvertrages zwischen der E***** GmbH und dem Vater des Verletzten war zur Unterstützung auch ein Mitarbeiter der beklagten Partei anwesend.

Der Schaufellader Löffelbagger kann mit einem tiefen Löffel oder mit einem Dunggreifer ausgerüstet werden. Die Betriebsanleitung für den Bagger schreibt unter anderem vor: "Absenken der Stabilisatorfüße auf den Boden, sodaß der Lader horizontal steht"; "Achten Sie darauf, daß der Lader perfekt senkrecht steht. Die genaue Stellung wird durch Einstellen des Stabilisators A (Figur 5) erreicht". Bei diesem Stabilisator handelt es sich um eine mit jedem Traktor mitgelieferte Drehspindel (Oberlenker), die es zusammen mit zwei Unterlenkern ermöglicht, verschiedenartige Geräte im Heckbereich des Traktors an dessen Hydraulik anzuschließen. Der mit dem Traktor des Vaters des Verletzten seinerzeit mitgelieferte Original Oberlenker kann von 55 cm auf eine Länge von 65 cm geschraubt werden. Das Anbaugerät, das im Unfallszeitpunkt mit einem Dunggreifer ausgerüstet war, hat jedenfalls zum Zeitpunkt des Importes nach Österreich und des Verkaufes von der Firma E***** an den Vater des Verletzten dem allgemein zugänglichen Stand der Technik und den berechtigten Sicherheitserwartungen entsprochen. Es wies keine Funktionsmängel auf.

Theoretisch könnte ein Zurückklappen des Anbaugerätes gegen die Fahrerkabine des Traktors verhindert werden. Dazu müßten entsprechende Vorrichtungen am Traktor geschaffen werden, mit denen kein Traktor ausgestattet ist. Sämtliche zum Unfallszeitpunkt auf dem Markt befindlichen Konkurrenzprodukate weisen den gleichen Sicherheitsstandard auf.

In der rechtlichen Beurteilung erörterte das Erstgericht, ein Konstruktionsfehler liege nicht vor; auch eine mangelhafte Instruktion sei der beklagten Partei als Importeur nicht vorzuwerfen. Es genüge darauf hinzuweisen, den Bagger so aufzustellen, daß seine Querachse waagrecht und die Stützen senkrecht verliefen. Die beklagte Partei habe die Bedienungsanleitung an die Firma E***** ausgefolgt, ob diese die Anleitung an den Käufer übergeben habe oder ob sie ihrer Instruktionspflicht überhaupt nachgekommen sei, sei nicht zu untersuchen. Der Mitarbeiter der beklagten Partei, der anläßlich der Vorführung des Gerätes am Hof des Käufers anwesend gewesen sei, sei Erfüllungsgehilfe der Firma E*****. Eine Haftung der beklagten Partei für einen Produktfehler sei daher nicht gegeben.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht hob diese Entscheidung zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Es erörterte zunächst rechtlich, daß auf den vorliegenden Sachverhalt das Produkthaftungsgesetz idF vor der Novelle BGBl 1993/95 anzuwenden sei, weil das Gerät von der beklagten Partei importiert und an die E***** GmbH verkauft worden sei, die den Schaufellader Löffelbagger selbst am 19. 10. 1992 an den Vater des Verletzten verkauft habe. Nach § 1 Abs 1 Z 2 PHG hafte für den Ersatz des Schadens durch einen Produktfehler der inländische Unternehmer, der das Produkt zum Vertrieb in das Inland eingeführt und hier in den Verkehr gebracht habe. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß die beklagte Partei den Schauffelader vom italienischen Erzeuger gekauft habe und an die E***** GmbH als Händler weiterverkauft habe. Sie sei somit Importeur iSd § 1 Abs 1 Z 2 PHG.

Gemäß § 5 Abs 1 PHG sei ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit biete, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt sei, insbesondere angesichts 1. der Darbietung des Produkts, 2. des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden könne, 3. des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden sei. Bei den Produktfehlern sei zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Ein Produktions (Fabrikations )fehler werde nicht behauptet. Bei Konstruktionsfehlern sei die Konstruktion, Konzeption oder Zusammensetzung des Produkts unzulänglich, weil der Hersteller bei der Planung, Entwicklung und "Konstruktion" anerkannte wissenschaftliche oder technische Lehr und Erfahrungssätze mißachtet habe (Welser, PHG Rz 25 zu § 5; Fitz/Purtscheller in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung Rz 45 zu § 5). Nach den Feststellungen habe das von der beklagten Partei importierte Anbaugerät dem Stand der Technik und den berechtigten Sicherheitserwartungen entsprochen. Es habe keine Funktionsmängel aufgewiesen. Eine konstruktive Vorsorge gegen das Zurückklappen des Baggers müßte durch Einrichtungen am Traktor geschaffen werden. Ein Konstruktionsfehler liege daher nicht vor.

Zu prüfen bleibe das Vorliegen eines Instruktionsfehlers durch die beklagte Partei. Bei einem Instruktionsfehler sei das Produkt selbst einwandfrei, die Schäden entstünden aber durch fehlende oder mangelhafte Instruktion oder unzureichende Warnung vor gefahrbringenden Eigenschaften des Produkts (Fitz/Purtscheller aaO Rz 46 zu § 5; SZ 67/105). Die Instruktionspflicht beziehe sich auch auf außergewöhnliche, wenngleich nicht gänzlich abwegige Nutzungen eines Produktes, die zudem als sozial üblich anzusehen seien, also von der Sicherheitserwartung erfaßt angesehen würden (Schwimann/Posch, ABGB2 VIII, § 5 PHG Rz 17). Für die Verpflichtung, vor Folgen zu warnen, sei entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers vorliege. Was im Bereich allgemeiner Erfahrung der in Betracht kommenden Abnehmer und Benützer liege, brauche nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht werden. Wenn der Hersteller einer Sache erwarten dürfe, daß dem Erwerber die mit dem Gebrauch des Gutes verbundenen Gefahren aufgrund der nach Lage des Falles vorauszusetzenden Sachkunde bekannt seien, brauche er nicht zu warnen. Die berechtigten Sicherheitserwartungen der Produktbenützer seien somit entscheidend. Beurteilungsmaßstab sei der Idealtypus des durchschnittlichen Produktbenützers (SZ 65/149; SZ 67/105). Bei dem Begriff der "berechtigten Sicherheitserwartungen" handle es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Richter nach allgemeiner Lebenserfahrung konkretisiert werden könne (SZ 65/149; SZ 67/105). Wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt habe, müsse der Importeur eines Gerätes wie dieses von der beklagten Partei in Verkehr gebrachten Schauffellader Löffelbaggers damit rechnen, daß das Gerät, das in der Landwirtschaft eingesetzt werde, auch auf nicht ebenen, abschüssigen Flächen verwendet werde; es entspreche den Sicherheitserwartungen des Benützers, daß der Arm des Baggers nicht gegen das Führerhaus des Traktors zurückklappen könne. Sei eine derartige Möglichkeit beim Einsatz des Baggers dennoch gegeben und sei es auch aufgrund der unterschiedlichen Einrichtungen am Traktor, an den der Bagger angekoppelt werde, sei der Benützer entsprechend zu informieren und zu warnen. Dabei gehöre es zu den Instruktionspflichten des Herstellers (Importeurs), den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produktes hinzuweisen, ja ihn unter Umständen selbst vor widmungswidrigem Gebrauch zu warnen. Inhaltlich müßten die Warnhinweise klar und allgemein verständlich formuliert sein. Die bestehenden Gefahren müßten für das Verständnis des Verbrauchers in ihrer ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll geschildert werden. Das werde nur erreicht, wenn die Art der drohenden Gefahr deutlich hervorgehoben werde, also eine sogenannte Folgenwarnung erfolge und nicht nur allgemeine Verhaltenshinweise gegeben würden, die zu erwartenden Gefahren und Schäden bei Mißachtung solcher Hinweise aber nicht angegeben werden (SZ 65/149; NJW 1994, 932). Die Bedienungsanleitung, die die beklagte Partei der Firma E***** mit dem Gerät ausgefolgt habe, schreibe für die Anwendung des Schauffelladers nur vor, daß die Stabilisatorfüße auf den Boden abgesenkt werden müßte, sodaß der Lader horizontal stehe und darauf zu achten sei, daß der Lader perfekt senkrecht stehe. Die genaue Stellung werde durch Einstellen des Stabilisators "A" erreicht. Diese Anleitung alleine genüge jedoch für eine ausreichende Instruktion und Warnung im Sinne der oben dargestellten Grundsätze nicht, weil sie überhaupt keinen Hinweis enthalte, welcher Oberlenker zu verwenden sei, daß mit einem nicht exakt senkrechten Aufstellen des Baggers auf abschüssigem Gelände besondere Gefahren verbunden seien und um welche es sich dabei handle. Die beklagte Partei habe demnach als Importeur die ihr nach dem PHG obliegenden Instruktionspflichten verletzt. Sie habe der klagenden Partei insoweit Ersatz zu leisten, als Ansprüche des Thomas A***** gemäß § 178 Abs 1 PSVG auf diese übergegangen seien.

Durch die Legalzession werde der Grund des Anspruchs nicht berührt. Der Anspruch bleibe ein solcher des Verletzten. Das Mitverschulden des Verletzten sei daher zu berücksichtigen. Zu prüfen sei daher, ob Thomas A***** gemäß § 11 PHG ein Mitverschulden zu vertreten habe. Die beklagte Partei habe dazu vorgebracht, daß Thomas A***** den Bagger bei der vorhandenen Neigung des Geländes überhaupt nicht hätte einsetzen dürfen, er nicht der Bedienungsanleitung entsprechend aufgestellt worden sei und weiters ein ungeeigneter, nicht originaler selbst geschweißter Oberlenker verwendet worden sei. Diese Umstände seien auch Ursache des Schadensereignisses. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren die dazu beantragten Beweise aufzunehmen haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zu Fragen des Produkthaftungsgesetzes noch keine umfassende Rechtsprechung vorliege und Entscheidungen dazu eine über konkreten Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zukomme.

Dagegen richtet sich der Rekurs der beklagten Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, der Oberste Gerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden und das Ersturteil wiederherstellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Rekurswerberin macht geltend, daß keine Rechtsprechung vorliege, inwieweit den Importeur die Pflicht treffe, den Benützer vor Gefahren zu warnen, die mit einem widmungswidrigen Gebrauch des Gerätes verbunden seien. Es sei auch zu entscheiden, wie in einem solchen Fall die berechtigten Sicherheitserwartungen der Produktbenützer zu konkretisieren seien. Der Schauffellader Löffelbagger könne wahlweise als Löffelbagger oder als Schauffellader für mittelschwere Arbeiten eingesetzt werden. Der Bagger diene also für Arbeiten, bei denen fast ausschließlich Zugkräfte auf den Auslegearm und den Oberlenker wirkten. Das Berufungsgericht habe sich mit dem Einwand, das Gerät sei völlig zweckentfremdet verwendet worden, weshalb im Verfahren erster Instanz die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt worden sei, nicht auseinandergesetzt. Bei Einholung dieses von der beklagten Partei beantragten Beweises hätte sich ergeben, daß es sich um keine berechtigten Sicherheitserwartungen des Benützers handle. Schließlich stelle der Einsatz des Baggers auf einem so steilen Gelände einen völlig zweckfremden Gebrauch des Gerätes dar. Die Gefährlichkeit dieser Verwendung müsse jedem Landwirt bewußt sein.

Aus der Bedienungsanleitung gehe klar hervor, daß der Bagger senkrecht aufzustellen sei. Das Zurückklappen des Baggers in Richtung Traktorkabine sei auf ein mehrfaches Fehlverhalten des Zeugen A***** zurückzuführen, weil der Bagger widmungswidrig verwendet, entgegen der Gebrauchsanleitung nicht senkrecht aufgestellt, Traktor und Bagger auf einem sehr steilen Hang aufgestellt und ein zu schwacher Oberlenker verwendet worden sei. Mit einem solchen Fehlverhalten des Produktbenützers habe der Produkthersteller nicht zu rechnen. Schließlich sei die Haftung der beklagten Partei ausgeschlossen, weil der Bagger zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens durch die beklagte Partei dem Stand der Technik entsprochen habe.

Rechtliche Beurteilung

Diese Ausführungen vermögen die durch Literatur und Judikatur ausführlich begründeten Überlegungen des Berufungsgerichtes nicht zu erschüttern. Der Oberste Gerichtshof verweist daher zunächst auf die zutreffende Beurteilung durch das Berufungsgericht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist noch hinzuzufügen, daß entgegen den Rekursausführungen der Schauffellader Löffelbagger nicht nur Ladefunktion hat, also nicht nur dazu benützt wird, um Lasten zu heben, sondern ausdrücklich, wie sich sowohl aus der Produktbeschreibung (Beilage B) als auch sinngemäß aus dem Sachverständigengutachten ergibt, zu Grabearbeiten verwendet werden kann. Es ist offenkundig, daß bei derartigen Grabearbeiten nicht nur die zum Heben von Lasten erforderlichen Zugkräfte, sondern auch Druckkräfte notwendig sind. Wenn daher der Schauffellader Löffelbagger auch zum Niederdrücken eines Reisighaufens verwendet wurde, vermag darin eine zweckentfremdende Tätigkeit nicht erblickt werden, selbst wenn dabei größere Druckkräfte aufgetreten wären. Es ist nämlich durchaus möglich, daß derartige Druckkräfte auch bei Grabungsarbeiten zB an Böschungen über dem Erdboden auftreten. Daß ein Benützer des Schauffelladers Löffelbaggers auch einen derartigen Produktgebrauch erwartet, ist evident, weshalb von einem völlig zweckentfremdenden Gebrauch nicht die Rede sein kann.

Zutreffend hat daher das Berufungsgericht auch darauf verwiesen, daß derartige Anbaugeräte vor allem in der Landwirtschaft verwendet werden. Tätigkeiten in der Landwirtschaft werden aber nicht nur auf ebenem Gelände ausgeführt. Da nach den Feststellungen der Unfall (auch) darauf zurückzuführen ist, daß nicht nur das Anbaugerät nicht senkrecht aufgestellt war, sondern auch der Traktor selbst in Hanglage stand und es dem Sicherheitsbedürfnis eines durchschnittlichen Verbrauchers entspricht, daß das Gerät verletzungsfrei verwendet werden kann, hätte die beklagte Partei insbesondere darauf hinweisen müssen, daß das Gerät (also sowohl der Traktor mit dem montierten Schaufellader Löffelbagger) in Hanglage nicht verwendet werden darf. Aus der Anleitung ergibt sich nur, daß der Lader selbst senkrecht aufzustellen ist; daß aber der Traktor ebenfalls eine waagrechte Position aufweisen muß, wird dabei nicht erwähnt. Es entspricht aber dem Sicherheitsbedürfnis des Benützers, darauf verwiesen zu werden, daß das Gerät (Traktor samt Bagger) ausschließlich im ebenen Gelände zu verwenden ist.

Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden kann, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage (SZ 65/149; SZ 70/61 jeweils mwN) zur Konkretisierung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes darf der Richter seine allgemeine Lebenserfahrung einsetzen, dieses Wissen kann aber vom Revisionsgericht überprüft werden (SZ 65/149). Das Ergebnis der vom Berufungsgericht anzustellenden Wertung kann daher wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung nach § 503 Z 4 ZPO angefochten werden. Danach ergibt sich, daß es eines weiteren Sachverständigengutachtens, ob der Bagger entsprechend den Sicherheitserwartungen benutzt wurde, ebenso nicht bedurfte, wie der Einholung weiterer Zeugenaussagen über die konkrete Unfallsörtlichkeit, weil die Sicherheitserwartungen an den Bagger vom Gericht selbst geprüft werden können.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch darauf verwiesen, daß die Bedienungsanleitung keinerlei Hinweise auf den zu verwendenden Oberlenker (Verbindungsstück zwischen Traktor und Bagger) enthielt und auch vor allfälligen Gefahren, die sich aus der nicht senkrechten Aufstellung des Baggers ergaben, nicht gewarnt wurde. Selbst wenn man davon ausginge, daß der beklagten Partei in den letzten fünfzehn Jahren ein derartiger Vorfall nicht bekannt wurde, kann sie dies nicht exkulpieren, weil sie aufgrund ihrer Sachkunde erkennen hätte können, welche Gefahren mit einer nicht sachgerechten Bedienung des Baggers verbunden sind.

Soweit daher das Berufungsgericht die Haftung der beklagten Partei grundsätzlich bejaht hat, wird diese Rechtsauffassung vom Obersten Gerichtshof geteilt.

Soweit das Berufungsgericht noch weitere Feststellungen zur Beurteilung des Mitverschuldens des Verletzten für nötig erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Verwiesen wird allerdings darauf, daß festzustellen ist, welcher Oberlenker am Unfallstag benützt wurde. Sollte sich herausstellen, daß kein Originaloberlenker, der den zu erwartenden Druckkräften nicht gewachsen war, verwendet wurde, wäre dies bei Gewichtung der Haftung jedenfalls angemessen zu berücksichtigen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.