JudikaturJustiz1Ob637/95

1Ob637/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. August 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate O*****, vertreten durch Dr.Harald Humer, Rechtsanwalt in Eferding, wider die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH Co KG, ***** vertreten durch DDr.Manfred Nordmeyer und Dr.Widukind W.Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, wegen S 292.252,58 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgerichts vom 8.Juni 1995, GZ 21 R 197/95 33, womit das Urteil des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 30.Jänner 1995, GZ 2 C 653/92 25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 292.252,58 sA und brachte hiezu vor, ihre mittlerweile verstorbenen Eltern, deren Erbin sie sei, hätten im Jahre 1968 den Eltern des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft der beklagten Partei (in der Folge kurz Geschäftsführer) Geschäftsräumlichkeiten in den Häusern am Stadtplatz 32 und 33 vermietet. In diesen Bestandobjekten hätten die Eltern des Geschäftsführers ein Unternehmen betrieben. Bereits im Jahre 1984 habe die beklagte Partei das in den Geschäftsräumlichkeiten betriebene Unternehmen gemäß § 12 Abs 3 MRG aF vom Vater ihres Geschäftsführers erworben. Zwischen den beiden sei ein Kommanditgesellschaftsvertrag geschlossen worden; der Vater habe das Einzelunternehmen als Sacheinlage in die Kommanditgesellschaft eingebracht. Die beklagte Partei habe die Klägerin bzw deren Rechtsvorgängerin vom Erwerb des Unternehmens und der Hauptmietrechte nicht unverzüglich verständigt. Es sei auch sonst kein Hinweis auf eine „Änderung der Gesellschaftsform“ erfolgt. Die beklagte Partei habe die Einbringung des Unternehmens und der Mietrechte in die Kommanditgesellschaft verschleiert, weshalb eine Mietzinserhöhung gemäß § 12 Abs 3 MRG aF erst nach dem 28.November 1989 habe verlangt werden können; erst mit Schreiben von diesem Tag habe der Geschäftsführer der Klägerin über deren Aufforderung mitgeteilt, daß das Einzelunternehmen samt den Bestandrechten in die Kommanditgesellschaft eingebracht worden sei. Mit Schreiben vom 26.Februar 1990 habe die Klägerin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses (weniger als S 4.000 brutto) auf den angemessenen Betrag von monatlich S 10.000 netto ab 1.März 1990 begehrt. Das Geschäftslokal befinde sich in unübertreffbarer Bestlage. Der Ermittlung des angemessenen Mietzinses sei die bestmögliche Verwertung des Mietobjekts zugrundezulegen; für den Fall einer Aufteilung des Geschäftslokals in mehrere kleinere Lokale könnten noch wesentlich höhere Mietzinse erzielt werden.

Die beklagte Partei wendete ein, der Abschluß des Kommanditgesellschaftsvertrags und die damit verbundene Veräußerung des Unternehmens an die beklagte Partei sei samt dem Mietrechtsübergang der Rechtsvorgängerin der Klägerin sowohl vom früheren Einzelunternehmer als auch vom Geschäftsführer bereits 1984 bekanntgegeben worden. Überdies sei für die Klägerin zumindest seit März 1989 aus den Überweisungsbelegen klar erkennbar gewesen, daß die Mietzinszahlungen von der beklagten Partei erbracht würden. Das Begehren der Klägerin sei demnach verfristet. Es liege aber auch kein Anwendungsfall des § 12 Abs 3 MRG aF vor, weil im Jahre 1968 kein Miet , sondern ein Pachtvertrag über ein lebendes Unternehmen geschlossen worden sei. Darüber hinaus habe lediglich einer der beiden Hauptbestandnehmer, der Vater des Geschäftsführers, nicht aber auch seine Ehegattin, das Unternehmen veräußert. Der Bestandvertrag aus dem Jahre 1968 stelle einen gemischten Vertrag dar, was einen Vertragseintritt bloß in Teile dieses Vertrags ausschließe.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 198.235,97 sA und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrags von S 94.016,61 sA gerichtete Mehrbegehren ab.

Es stellte fest, die Eltern der Klägerin einerseits und die Eltern des Geschäftsführers andererseits hätten am 23.September 1968 einen Bestandvertrag sowie einen Kaufvertrag auf den Todesfall in Notariatsaktsform errichtet; diese Verträge bezögen sich auf die Häuser am Stadtplatz 32 und 33. An diesem Standort habe der Vater des Geschäftsführers seither ein Einzelunternehmen betrieben, dessen Gegenstand der Einzelhandel mit Waren ohne Beschränkung gewesen sei. Am 10.Jänner 1984 sei vom Geschäftsführer mit dessen Vater vereinbart worden, dessen Einzelunternehmen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft weiterzuführen, an welcher der Geschäftsführer als persönlich haftender Gesellschafter und sein Vater als Kommanditist beteiligt sein sollten. Gegenstand des Unternehmens sei (wieder) der Einzelhandel mit Waren aller Art ohne Beschränkung sowie die Führung einer Filiale für ein bekanntes Wäscheunternehmen gewesen. Der Vater des Geschäftsführers habe das von ihm geführte Einzelunternehmen in die Kommanditgesellschaft als Sacheinlage eingebracht. 1984 hätten der Geschäftsführer und sein Vater der Mutter der Klägerin mündlich mitgeteilt, sie hätten „eine Kommanditgesellschaft gemacht“, lediglich sie beide seien „im Geschäft“; die Zahlung laufe „normal“ weiter, es trete keine Änderung ein und die Mutter der Klägerin „müsse“ dagegen keine Bedenken haben. Eine schriftliche Mitteilung dahin, daß das Einzelunternehmen in die Kommanditgesellschaft eingebracht worden sei, sei nicht erfolgt. Das Geschäftskonto des Einzelunternehmens sei von der Kommanditgesellschaft als deren Geschäftskonto übernommen worden. Auf den Überweisungsbelegen für den Mietzins sei bis Februar 1989 der Vater des Geschäftsführers als Auftraggeber aufgeschienen. Lediglich bei Nachzahlungen aufgrund der Wertsicherung sei als Auftraggeberin die Kommanditgesellschaft angeführt worden. Erst ab März 1989 sei diese auch bei den monatlichen Mietzinsüberweisungen als Auftraggeberin aufgetreten. Die Mutter der Klägerin habe bis zum Jahre 1986 ihre Geschäfte selbst besorgt und die Klägerin und deren Ehegatten über diese bloß in groben Zügen informiert. 1986 habe sich der geistige Zustand der Mutter der Klägerin rasch verschlechtert; im Dezember 1989 sei sie verstorben. Ab 1986 habe der Ehegatte der Klägerin die Hausverwaltung sowie die Buchhaltung für die Mutter der Klägerin besorgt. Nach deren Tod habe die Klägerin „die Hälfte des Hauses Stadtplatz 33 und das gesamte Haus Stadtplatz 32“ geerbt. Im März 1989 habe ihr Ehegatte bemerkt, daß der Mietzins von der Kommanditgesellschaft überwiesen werde. Er sei aber erst „tätig“ geworden, als er auf die vom Geschäftsführer durchgeführten Umbauarbeiten am Geschäftslokal aufmerksam geworden sei. Deshalb habe er am 25.September 1989 schriftlich bei den Eltern des Geschäftsführers angefragt, ob sie das Geschäft übergeben oder verpachtet hätten, aus welchem Titel der Geschäftsführer sonst die Geschäftsräumlichkeiten insbesondere im Erdgeschoß des Hauses am Stadtplatz 32 benütze, ob er in den Mietvertrag eingetreten und bejahendenfalls, wann das Unternehmen übergegangen sei. Erst am 28.November 1989 habe die Kommanditgesellschaft mit einem an die Mutter der Klägerin gerichteten Schreiben mitgeteilt, daß wie ihr schon anläßlich der Gründung der Gesellschaft bekanntgegeben worden sei nunmehr die Kommanditgesellschaft (aufgrund deren Einbringung) Mieterin der Geschäftsräumlichkeiten sei. Die Klägerin habe mit ihrer Mutter angesichts deren schlechten Gesundheitszustands den Inhalt dieses Schreibens nicht mehr besprechen können. Mit Schreiben vom 26.Februar 1990 habe die Klägerin der beklagten Partei mitgeteilt, sie sei als erbserklärte Erbin nach ihrer Mutter berechtigt, das Haus am Stadtplatz 32 zu verwalten. Sie mache von ihrem Zinserhöhungsrecht gemäß § 12 Abs 3 MRG (aF) Gebrauch, fordere für die Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoß des Hauses am Stadtplatz 32 einen monatlichen Bestandzins von netto S 10.000 und mache aus dem Titel des Schadenersatzes die gesamte entgangene Mietzinsdifferenz für die Zeit vom 1.Jänner 1984 bis einschließlich Februar 1990, insgesamt S 541.162 zuzüglich gestaffelter Zinsen im Pauschalbetrag von S 30.000, geltend. Abzüglich eines geringen Betrags für Ausbesserungsarbeiten ergebe sich daraus eine Gesamtforderung von S 570.362. Auf diese Forderung habe die beklagte Partei keine Zahlung geleistet.

Die Geschäftsräumlichkeiten umfaßten ein ebenerdiges Geschäftslokal sowie ein WC mit Waschbecken. Ferner werde der Windfang, „der eigentliche Aufgang ins erste Obergeschoß“, als Passage mit Glasvitrinen auf beiden Seiten benützt. Der Eingang in das Geschäftslokal sei zwar auch von dieser Passage aus möglich, derzeit aber durch das unmittelbar anschließende Geschäftslokal der beklagten Partei im Nachbarhaus am Stadtplatz 33 gegeben. Das Geschäftslokal weise eine Nutzfläche von 81,8 m 2 und das WC eine solche von 3 m 2 auf; die Passage sei 8 m 2 groß. Die gesamte Liegenschaft befinde sich in einwandfreiem Bau und Erhaltungszustand. Die Geschäftslage sei die beste im Bereich des Stadtkerns. Der angemessene Nettomietzins für solche Geschäftsräumlichkeiten habe im Jahr 1984 S 85 je m 2 und unter Berücksichtigung einer Wertsicherung und der Umsatzsteuer im Jahre 1990 insgesamt S 8.789 betragen; die beklagte Partei habe bisher hingegen einen monatlichen Mietzins von S 3.687 geleistet, sodaß die Differenz monatlich S 5.102 betrage.

Rechtlich meinte das Erstgericht, § 12 Abs 3 MRG aF sei anzuwenden, weil die Einbringung des Einzelunternehmens als Sacheinlage in die Kommanditgesellschaft den Veräußerungstatbestand erfülle. Die mündlichen Äußerungen an die Mutter der Klägerin im Jahre 1984 seien keine ausreichend deutliche Mitteilung über die Unternehmensveräußerung gewesen, sodaß die sechsmonatige Frist für das Mietzinserhöhungsbegehren erst mit 28.November 1989 zu laufen begonnen habe. Das rechtzeitig gestellte Erhöhungsbegehren erweise sich mit S 198.235,97 (Mietzinsdifferenz für 36 Monate zuzüglich kapitalisierter Zinsen) als berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge, änderte in Stattgebung der Berufung der beklagten Partei die Entscheidung des Erstgerichts im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ergänzte es durch die Wiedergabe des Textes des Notariatsakts vom 23.September 1968. Im übrigen führte es aus, daß der Tatbestand der Unternehmensveräußerung durch die Einbringung des Einzelunternehmens in die Kommanditgesellschaft nun eine Gesellschaft mbH Co KG erfüllt sei. Das Erhöhungsbegehren sei von der Klägerin auch rechtzeitig erhoben worden, weil erst das Antwortschreiben der beklagten Partei vom 28.November 1989 als Anzeige des Mietrechtsübergangs gemäß § 12 Abs 3 MRG aF gelten könne. Die Vermieterseite habe vor diesem Antwortschreiben auch nicht auf andere Weise verläßliche Kenntnis vom Mietrechtsübergang erlangt. Der Bestandvertrag sei insgesamt als Mietvertrag anzusehen, weil die Überlassung von Räumlichkeiten die Überlassung eines lebenden Unternehmens zum Gebrauch und zur Fruchtziehung überwogen habe. Dennoch sei es zu keinem Mietrechtsübergang im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF gekommen, weil der Vater des Geschäftsführers als Veräußerer des Unternehmens nicht als „Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit“ anzusehen sei. Der Mietgegenstand habe zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs im Jahre 1984 neben den im Erdgeschoß des Hauses am Stadtplatz 32 gelegenen Geschäftsräumlichkeiten, in welchen das veräußerte Unternehmen betrieben worden sei, eine Vielzahl anderer Räumlichkeiten, vor allem auch die im zweiten Stock des Hauses am Stadtplatz 33 gelegene Wohnung, umfaßt. Nach dem im Vertrag ausgedrückten Parteiwillen hätten sämtliche Bestandobjekte, also einschließlich der Wohnung, eine rechtliche Einheit bilden sollen. Es liege somit die Miete eines vielfältig „gemischten Objekts“ vor. Bei solchen gemischten Mietobjekten sei erforderlich, daß die gemieteten Objekte „weit überwiegend“ als Geschäftsräume genützt werden. Letzteres habe die Klägerin weder vorgebracht noch bewiesen. § 12 Abs 3 MRG aF sei aber auch deshalb nicht anwendbar, weil neben dem Vater des Geschäftsführers auch dessen Ehegattin Mitmieterin der Bestandobjekte sei und nur der Vater das in Teilen des Mietobjekts betriebene Unternehmen veräußert habe. Es sei zwar ein Mietrechtsübergang im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF denkbar, wenn auch der zweite Hauptmieter, der im Mietobjekt kein Unternehmen betreibt, dem Übergang seiner Hauptmietrechte zustimme. Die Einwilligung der Mutter des Geschäftsführers in die Unternehmensveräußerung und den Übergang deren Hauptmietrechte habe die Klägerin aber weder behauptet noch bewiesen.

Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, daß in dem hier zu erledigenden Verfahren das Mietrechtsgesetz noch in der Fassung vor dem 3.Wohnrechtsänderungsgesetz (aF) anzuwenden ist (Art II II. Abschn. Z. 10 des 3.WÄG BGBl 1993/800).

Gemäß § 12 Abs 3 MRG aF gingen die Hauptmietrechte und die Verpflichtung zur Zinszahlung bei Veräußerung eines (lebenden) Unternehmens durch den Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit und Fortführung des erworbenen Unternehmens im Mietgegenstand auf dessen Erwerber über, doch durfte der Vermieter vom Erwerber des Unternehmens und der Mietrechte den nach § 16 Abs 1 MRG angemessenen Hauptmietzins fordern (WoBl 1995, 93 [mit in anderem Zusammenhang ungewöhnlich polemischer Kritik von Würth ]). Die danach gebotene Veräußerung eines „lebenden Unternehmens“ (vgl 6 Ob 1534/91) ist in der Einbringung eines (lebenden) Unternehmens in eine Kommanditgesellschaft (KG) zu erblicken (SZ 60/10 ua; Reich Rohrwig/Thiery in ecolex 1991, 599).

Die Vorinstanzen haben das Erhöhungsbegehren zutreffend auch als zeitgerecht erhoben beurteilt, weil erst das Antwortschreiben der beklagten Partei vom 28.November 1989 als Anzeige des Rechtsübergangs im Sinne des § 12 Abs 3 MRG aF beurteilt werden kann: Erst damit wurde der Vermieterin verläßliche Kenntnis vom Unternehmenserwerb zuteil; weder die Mitteilungen des Geschäftsführers und dessen Vaters im Jahre 1984 noch die sonst festgestellten Umstände (vor allem der Inhalt der Überweisungsbelege) ließen mit ausreichender Klarheit erkennen, daß der Vater des Geschäftsführers das (von ihm allein betriebene) Unternehmen an die KG veräußert hatte und damit die Mietrechte auf diese als Erwerberin übergegangen waren (ecolex 1993, 734; SZ 62/202; SZ 60/290 ua). Zu Recht führte das Gericht zweiter Instanz dazu aus, die Mitteilung, eine KG „gemacht“ zu haben, lasse nicht eindeutig erkennen, daß diese Gesellschaft das im Bestandobjekt betriebene Unternehmen auch erworben habe. Wie das Berufungsgericht gleichfalls zutreffend darlegte, ist die beklagte Partei mit dem Beweis dafür belastet, daß die Vermieterin von der Unternehmensveräußerung schon früher Kenntnis erlangt hatte, ihr dieser Beweis aber mißlungen ist; bloße Vermutungen (Möglichkeiten) könnten eine Feststellung in dieser Richtung nicht rechtfertigen.

Des Gericht zweiter Instanz hat den mit Notariatsakt vom 23.September 1968 geschlossenen Bestandvertrag nicht als Pacht , sondern als Mietvertrag beurteilt, obgleich er auch und wohl vor allem das in Bestand gegebene „Handelsgewerbe“ einschließlich dessen „good will“ und jener Räumlichkeiten, in denen das Unternehmen vom Vermieter betrieben wurde, zum Gegenstand hat. Ob die vereinbarte Gebrauchsüberlassung als Geschäftsraummiete anzusehen ist, ist aber im vorliegenden Fall allein schon deshalb entscheidungswesentlich, weil die Qualifikation als Pachtverhältnis die Anwendbarkeit des § 12 Abs 3 MRG aF von vornherein ausschlösse, hätte doch der Vater des Geschäftsführers dann nicht das Unternehmen, sondern wenn überhaupt bloß die Pachtrechte in die KG einbringen können. Das Berufungsgericht hat im Grundsatz zutreffend dargelegt, daß es bei der Beurteilung eines Bestandverhältnisses als Unternehmenspacht oder als Geschäftsraummiete stets auf die Umstände des Einzelfalls ankommt und Unternehmenspacht in der Regel dann anzunehmen ist, wenn Gegenstand des Bestandverhältnisses ein „lebendes Unternehmen“ ist, demnach eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was dem Begriff des „good will“ zu unterstellen ist. Es kommt darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung beizumessen ist; im allgemeinen ist die Vereinbarung der Betriebspflicht das wichtigste Kriterium des Pachtverhältnisses, der Bestandnehmer muß regelmäßig auch zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens verpflichtet sein (JBl 1993, 590; ebenso die Nachweise bei Würth in Rummel , ABGB 2 § 1091 Rz 2).

Das Gericht zweiter Instanz zog allein aus dem Inhalt des Notariatsakts vom 23.September 1968 den Schluß, die Überlassung von Räumlichkeiten überwiege jene eines lebenden Unternehmens zum Gebrauch und zur Fruchtziehung, sodaß der Vertrag angesichts der überwiegenden wirtschaftlichen Bedeutung der Geschäftsräume insgesamt als Mietvertrag anzusehen sei. Ob diese rechtliche Qualifikation des Bestandverhältnisses in den Umständen ihre Rechtfertigung findet, kann indes nur nach Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage verläßlich beurteilt werden:

Das Berufungsgericht räumt selbst ein, gewichtige Indizien sprächen für das Vorliegen eines Pachtvertrags. Nach dem Inhalt des Vertrags, der die Qualifikation des damit begründeten Bestandverhältnisses als Miete oder Pacht vermeidet, betrieben die Eltern der Klägerin aufgrund der dort näher angeführten Gewerbeberechtigungen in den ebenerdig gelegenen Geschäftsräumlichkeiten der Häuser am Stadtplatz 32 und 33 ein Handelsgewerbe (A.1.). Demgemäß wurden ausdrücklich sowohl das von den Eltern der Klägerin „bisher betriebene Handelsgewerbe mit dem Standort ... Stadtplatz Nr 32 und 33 samt Kundenstock, Warenvorräte(n) und teilweise auch Inventar“ (A.2.a) als auch (im wesentlichen) alle Räumlichkeiten, darunter naturgemäß vor allem jene Räumlichkeiten, in denen sie das Unternehmen bisher betrieben hatten (A.2.b, d, e und f) dem Vater des Geschäftsführers und dessen Ehegattin „in Bestand gegeben“. Hielten die Vertragsteile im Notariatsakt (A.4.) „ausdrücklich“ fest, „daß sämtliche Bestandobjekte, also einschließlich der Wohnung, eine rechtliche Einheit bilden“, und gibt bei kombinierten Bestandverträgen jener Teil der „gemischten“ Bestandobjekte, der bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Hauptsache angesehen werden muß, für die Einstufung des ganzen Bestandverhältnisses als Unternehmenspacht oder Raummiete den Ausschlag (vgl MietSlg 34.208 [bei Würth aaO Rz 4 offenbar versehentlich als MietSlg 34.206 zitiert]), liegt wurde doch neben dem Unternehmen, den zahlreichen Geschäftsräumlichkeiten und dem Garten nur noch eine Wohnung in Bestand gegeben fürs erste, also ohne Ermittlung der näheren Umstände, die Annahme einer Unternehmenspacht nahe. Das wird noch dadurch erhärtet, daß sich die Eltern der Klägerin im „Bestandvertrag“ (A.11.) verpflichteten, über Wunsch der Bestandnehmer die ihnen erteilten Gewerbeberechtigungen (Einzelhandel mit Waren ohne Beschränkung, Konzession zum Verschleiß von sprengkräftigen Zündmitteln, Konzession zum Kleinhandel mit Schulbüchern, Gebetsbüchern, Kalendern und Heiligenbildern und Konzession zum Verschleiß gebrannter geistiger Getränke) zu deren Gunsten zurückzulegen und alles vorzukehren, damit die Bestandnehmer die erforderlichen Berechtigungen erhalten können.

Allein aus dem Vertragsinhalt läßt sich der vom Gericht zweiter Instanz gezogene Schluß, der Bestandvertrag sei angesichts des wirtschaftlichen Übergewichts der in Bestand gegebenen Räumlichkeiten ausschließlich als Mietvertrag zu beurteilen, somit jedenfalls nicht rechtfertigen; weder kann danach gesagt werden, die mietvertraglichen Elemente überwögen jene des Pachtvertrags, noch kann ein solcher Schluß einfach aus Punkt A.4. gezogen werden, in dem zwar einerseits die „Bestandzinse“ für die Geschäftsräumlichkeiten und das Handelsgewerbe und für die Wohnung (im Haus am Stadtplatz 33) voneinander gesondert und im Verhältnis 9 : 1 festgelegt wurden, aber andererseits wie schon erwähnt auch festgehalten wurde, daß die Bestandobjekte einschließlich der Wohnung eine rechtliche Einheit bilden. Die beklagte Partei hat demgemäß auch schon in erster Instanz behauptet, es liege ein Pachtvertrag vor („Handelsgewerbe ... in Bestand genommen“, S.2 des Schriftsatzes ON 2 = AS 10; Vorliegen einer „Unternehmenspacht“ S.2 des Schriftsatzes ON 19 = AS 84), diese Behauptung in ihrer Berufung wiederholt (S.5 f = AS 155 f) und auch noch in der Revisionsbeantwortung aufrechterhalten (S.8 = AS 272). Demgegenüber geht die Klägerin, die doch durch die Einbringung eines ihr gehörigen, bloß pachtweise überlassenen Unternehmens in die beklagte KG beschwert sein müßte, wie selbstverständlich von einem Mietverhältnis aus und führt für ihre Rechtsauffassung durchaus erwägenswerte Argumente ins Treffen: Die Rechtsvorgänger der Klägerin hätten am Geschäftsstandort einen Gemischtwarenhandel betrieben, wogegen der Vater des Geschäftsführers und in der Folge die beklagte Partei das Unternehmen stets als „Textilhaus“ geführt hätten; auch hätten sich die Eltern der Klägerin mit der Vermietung der Geschäftsräumlichkeiten aus dem Erwerbsleben zurückgezogen und keinerlei Interesse an einer Rückstellung des Unternehmens nach Beendigung des Bestandverhältnisses gehabt (Berufungsbeantwortung, S.1 ff = AS 176 ff). In diesem Zusammenhang ist wie schon weiter oben angedeutet vor allem auch bemerkenswert, daß die Bestandgeberin der einer Veräußerung gleichkommenden Einbringung des (zumindest nach dem Wortlaut des Notariatsakts beiden Bestandnehmern bloß pachtweise überlassenen) Unternehmens durch den Vater des Geschäftsführers in die beklagte KG nie widersprach, sondern diesen Vorgang vielmehr zum Anlaß eines Begehrens nach Mietzinserhöhung gemäß § 12 Abs 3 MRG aF machte. Diese Umstände werden mit den Parteien zu erörtern und diese zu entsprechenden Sachvorbringen anzuleiten sein (§ 182 ZPO), weil allein aufgrund des Inhalts des Notariatsakts der für sich genommen, wie gesagt, eher ein Pachtverhältnis nahelegt infolge der aufgezeigten Diskrepanzen noch nicht verläßlich beurteilt werden kann, ob mit dem darin festgehaltenen „Bestandvertrag“ ein Pacht oder Mietverhältnis zustandegekommen ist.

Sollte nach den Ergebnissen des in erster Instanz fortzusetzenden Verfahrens ein Pachtverhältnis anzunehmen sein, wäre schon mangels einer rechtlich gar nicht möglichen Veräußerung des bloß pachtweise überlassenen Unternehmens durch einen der Bestandnehmer die Anwendung von § 12 Abs 3 MRG aF ausgeschlossen. Sollte das mit dem Notariatsakt vom 23.September 1968 begründete Bestandverhältnis trotz Überlassung des von den Bestandgebern bis dahin in den vom Vertrag betroffenen Räumlichkeiten betriebenen Unternehmens (insgesamt) als Mietverhältnis zu beurteilen sein, könnte das Verlangen der Klägerin nach Anhebung des Bestandzinses auf das nach § 16 Abs 1 MRG zulässige Ausmaß angesichts der Einbringung des Unternehmens des Vaters des Geschäftsführers in die beklagte KG aus nachstehenden Erwägungen berechtigt sein:

Das Gericht zweiter Instanz hat die Anwendbarkeit des § 12 Abs 3 MRG aF auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt unter anderem deshalb verneint, weil der Vater des Geschäftsführers nicht Hauptmieter von Geschäftsräumlichkeiten gewesen sei: Nach dem im Notariatsakt ausgedrückten Parteiwillen sollten sämtliche Bestandobjekte (einschließlich der Wohnung) eine rechtliche Einheit bilden; demgemäß sei ein vielfältig gemischtes Objekt gemietet worden. Um Geschäftsraummiete anzunehmen, sei es erforderlich, daß die gemischten Objekte „weit überwiegend“ als Geschäftsräume genutzt werden. Da Anhaltspunkte dafür fehlten, daß beispielsweise die im Haus am Stadtplatz 33 mitgemietete Wohnung samt Garten als Personalwohnung gewidmet gewesen sei, könne nicht gesagt werden, daß die Verwendung des Bestandobjekts zu Geschäftszwecken jene zu Wohnzwecken bedeutend überwiege. Die Klägerin habe entgegen der insoweit sie treffenden Behauptungs und Beweislast nicht einmal geeignetes Vorbringen erstattet. Dem ist Nachstehendes entgegenzuhalten:

Ob ein Mietobjekt Geschäfts oder Wohnzwecken dienen soll, unterliegt der Parteiendisposition; wurde ein Teil des Bestandobjekts zu Geschäfts und der restliche Teil zu Wohnzwecken vermietet, ist demnach die ausdrücklich erklärte oder aus den Umständen erschließbare Parteienabsicht über den vorrangigen Verwendungszweck dafür ausschlaggebend, ob die für eine Mietrechtsnachfolge jeweils in Betracht kommenden Vorschriften für die Geschäfts oder die Wohnraummiete anzuwenden sind (WoBl 1992/92; MietSlg 39.286/56; JBl 1986, 315; EvBl 1985/28 ua); wer daraus Rechte ableitet, hat zu behaupten und zu beweisen, daß der Geschäftszweck bedeutend überwiegt (EvBl 1985/28 ua). Nur weit überwiegend geschäftlich genutzte Objekte können in diesem Sinne als Geschäftsräumlichkeiten angesehen werden, deren Mietzins auf den angemessenen Mietzins angehoben werden kann (JBl 1986, 315 ua; Würth aaO, § 12 MRG Rz 7c und § 16 Rz 9; Würth Zingher , Miet und Wohnrecht 19 , § 12 Rz 21; aA Gabler in ImmZ 1986, 354, der das bloße Überwiegen der geschäftlichen Nutzung ausreichen lassen will). Der Geschäftszweck überwiegt nach der Rechtsprechung (v.a. JBl 1986, 315 unter Berufung auf Sobalik in ÖJZ 1969, 30 und die Judikatur zu der § 16 Abs 1 Z 1 vorbildlichen Abgrenzungsregel des § 2 lit a MG) bei Bestandobjekten, die wie hier teils zu Geschäfts und teils zu Wohnzwecken in Bestand gegeben wurden, nur dann nicht eindeutig, wenn die Bestandobjekte zur Befriedigung des regelmäßigen Wohnbedürfnisses des Mieters (oder dessen Angehörigen) dienen und der Wohnzweck nicht so weit in den Hintergrund tritt, daß er nicht mehr ins Gewicht fällt (vgl JBl 1986, 315), die Wohnung also bloß als Zubehör der Geschäftsräume anzusehen ist ( Sobalik aaO 31). Ohne Zweifel legt die exorbitante Diskrepanz zwischen den Zinsen einerseits für die sollte eine Unternehmenspacht zu verneinen sein dem Unternehmen der Bestandnehmer (bzw des Vaters des Geschäftsführers) gewidmeten Räumlichkeiten und andererseits für die Wohnung (das Verhältnis 9 : 1) die Annahme, daß die Vertragsteile die Bedeutung der mit in Bestand gegebenen Wohnung in diesem Sinne gegenüber den übrigen Bestandgegenständen ganz entschieden abwerten wollten, nahe. Auch wenn die im Bestandvertrag vorgenommene Aufspaltung des Bestandzinses nicht als Argument für die Begründung zweier voneinander gesonderter Bestandverhältnisse ins Treffen geführt werden kann, weil die Bestandobjekte einschließlich der Wohnung nach dem im Vertrag ausdrücklich festgehaltenen Parteiwillen eine rechtliche Einheit bilden sollen, sodaß ein einheitlicher Bestandvertrag über räumlich voneinander getrennte Bestandobjekte zu gesondert vereinbarten Mietzinsen anzunehmen ist (vgl dazu JBl 1986, 315), so darf diese in höchstem Maß unterschiedliche Bewertung der Geschäfts und der Wohnzwecken gewidmeten Bestandobjekte bei der rechtlichen Einstufung der Raummiete nicht einfach übergangen werden. Da die Klägerin behauptete, es liege bloß eine Geschäftsraummiete vor, hätten die Vorinstanzen angesichts dieser vertraglichen Bestandzinsgestaltung die sich daran anknüpfenden Rechtsfragen in diesem Sinn gemäß § 182 ZPO mit den Parteien zu erörtern und sie zu entsprechendem (klarstellenden) Vorbringen anleiten müssen; auch diese Ergänzung wird im fortzusetzenden Verfahren vom Erstgericht nachzutragen sein.

Sollte nach der erforderlichen Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage auch über die Zweckbestimmung der Wohnung (JBl 1986, 315) eine (einheitliche) Geschäftsraummiete anzunehmen sein, ginge die weitere Einwendung der beklagten Partei, die Anwendbarkeit des § 12 Abs 3 MRG aF auf den hier zu beurteilenden Fall scheide schon deshalb aus, weil nach dem Inhalt des Notariatsakts die Eltern des Geschäftsführers gemeinsam Mitmieter aller Bestandobjekte seien, der Vater des Geschäftsführers aber lediglich das ihm allein gehörige Unternehmen veräußert habe, ins Leere: Es könnte dann selbst nach den unvollständigen vorinstanzlichen Feststellungen nicht zweifelhaft sein, daß die Mutter des Geschäftsführers den Bestandgegenstand (genauer dessen für die Beurteilung ausschlaggebenden Teil) ihrem Ehegatten als dem anderen Mitmieter zum Betrieb von dessen (Einzel )Unternehmen überlassen hätte. Es läge dann nicht der Fall der Auswechslung eines Mithauptmieters vor, sondern es wäre anzunehmen, daß die Ehegattin als Mithauptmieterin infolge der Überlassung des Mietgegenstands dem Übergang ihrer Mietrechte auf den Erwerber des Unternehmens, das der andere Hauptmieter im Mietgegenstand betrieb, zugestimmt hat (ecolex 1993, 307 mit insoweit zust. Glosse von Hausmann ).

Wäre demnach die Anwendbarkeit des § 12 Abs 3 MRG aF nicht auszuschließen, kann die Klägerin als Vermieterin jenen Mietzins fordern, den sie im Falle einer Neuvermietung nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs und Erhaltungszustand des Mietgegenstands erzielen könnte. Der angemessene Hauptmietzins richtete sich dann danach, welcher Hauptmietzins für vergleichbare Wohnungen ortsüblich ist (JBl 1986, 315); der erhöhte Hauptmietzins, der für den Zeitpunkt des Mietrechtsübergangs zu ermitteln wäre, müßte dann ferner auch eine angemessene Wertsicherung umfassen (SZ 60/10; SZ 57/153 ua; Gabler aaO 374 f; M.Schauer , Die Unternehmensübertragung nach § 12 Abs 3 MRG, in JBl 1985, 157, 273 f).

Der Revision der Klägerin ist deshalb Folge zu geben; das Erstgericht wird das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
23