JudikaturJustiz1Ob528/94

1Ob528/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. März 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ottokar K*****, vertreten durch Dr.Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Peter S*****, vertreten durch Dr.Franz P.Oberlechner, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wegen Feststellung (Feststellungsinteresse S 82.875,-- s.A.), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2.März 1993, GZ 5 R 202/92-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 22. Juli 1992, GZ 29 Cg 266/91-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Der Kläger betreibt eine Gastwirtschaft. Der Beklagte ist Getränkegroß- und -einzelhändler. In den Jahren 1987 und 1988 standen die Streitteile in Geschäftsverbindung. Der Beklagte suchte den Kläger in bestimmten Abständen auf, nahm Bestellungen von Getränken entgegen, lieferte diese sogleich aus und fakturierte sie.

Mit seiner am 6.9.1991 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß bestimmte vom Beklagten ausgestellte und auf den Namen des Klägers lautende Rechnungen unecht seien und der Kläger die diesen Rechnungen zugrundeliegenden Warenlieferungen im Gesamteinkaufswert von S 82.875,-- vom Beklagten nie erhalten habe. Anläßlich einer Getränkesteuerprüfung beim Kläger sei hervorgekommen, daß der Beklagte sieben auf den Namen des Klägers lautende Rechnungen ausgestellt habe, ohne daß der Kläger diese Waren bestellt oder vom Beklagten geliefert erhalten habe. Dem Kläger sei von den Prüfungsorganen eine Nachforderung von S 20.159,-- und ein Sicherheitszuschlag von ca. S 150.000,-- vorgeschrieben worden. Auch andere Gastwirte seien auf ähnliche Weise durch den Beklagten geschädigt worden.

Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Klagsabweisung. Er habe niemals Rechnungen ohne Warenlieferungen ausgestellt und hiezu auch keinen Anlaß gehabt. Ein Vorteil durch eine solche Handlungsweise sei steuerrechtlich nicht zu erkennen. Die Rechnungen, denen tatsächliche Lieferungen zugrundegelegen seien, seien vom Kläger nicht verbucht worden. Dem Kläger fehle das Feststellungsinteresse, da er bereits die Leistungsklage hätte einbringen können.

Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Zwar sei das Feststellungsinteresse des Klägers zu bejahen, er habe jedoch den von ihm behaupteten Sachverhalt, nämlich daß er die den Rechnungen zugrundeliegenden Warenlieferungen nicht erhalten habe, nicht unter Beweis stellen können.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Das Begehren auf Feststellung der Unechtheit der vom Beklagten ausgestellten Rechnungen - also des Umstandes, daß sie nicht vom Aussteller herstammen - sei in sich widersprüchlich und unbestimmt und daher abzuweisen. Die weitere Feststellung, daß der Kläger die den Rechnungen zugrundeliegenden Warenlieferungen nicht erhalten habe, diene lediglich der Klarstellung von Tatsachen, nicht aber der Bereinigung von Rechtsbeziehungen. Gemäß § 228 ZPO könne aber die Klage nur auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes gerichtet werden.

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 228 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes, auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde oder Feststellung der Unechtheit derselben klagen, wer ein rechtliches Interesse daran hat, daß jenes Rechtsverhältnis oder Recht oder die Urkundenechtheit durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Eine Urkunde ist echt, wenn sie tatsächlich von dem als Aussteller bezeichneten herrührt (Fasching ZPR2 Rdz 949; Rechberger-Simotta, ZPR3 Rdz 506). Sie ist falsch, wenn die Namensunterschrift nicht echt ist (EvBl. 1992/69). Als Fälschung wird daher nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die bewußte Angabe eines unrichtigen Ausstellers, die in der Regel auch mit einem unrichtigen Urkundeninhalt verbunden ist, verstanden (Fasching aaO). Dem Berufungsgericht ist darin beizustimmen, daß nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ausgeschlossen werden kann, die Gegenstand des Feststellungsbegehrens bildenden Urkunden seien unecht oder "gefälscht", da sich schon aus der Formulierung des Urteilsbegehrens ergibt, daß der Beklagte die Urkunden selbst ausgestellt hat.

Das Berufungsgericht ist auch darin im Recht, daß Tatsachen, mögen sie auch rechtserheblich oder rechtserzeugend sein, nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein können (Fasching ZPR2 Rdz 1094; JBl. 1991, 659; 1 Ob 542/92). Maßgebend für die Beurteilung der Begründetheit des Feststellungsanspruches ist aber nicht der Wortlaut, sondern der Sinn des Begehrens (SZ 43/160; SZ 51/124; JBl. 1991, 659; 1 Ob 542/92). Der Sinn des gesamten Begehrens des Klägers kann aber nach seinem Vorbringen nur dahin verstanden werden, daß zwischen ihm und dem Beklagten über die im Begehren angeführten und in den einzelnen Rechnungen aufgelisteten Waren keine Kaufverträge zustandegekommen sind.

Auch das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung des Nichtbestehens dieser Rechtsverhältnisse ist zu bejahen. Es ist nicht weiter zu prüfen, inwiefern im Lichte der §§ 123, 165 FinStrG die zivilgerichtliche Entscheidung für das Verwaltungsverfahren von Bedeutung sein könnte, da schon die in der Ausstellung der Rechnungen zu sehende Berühmung, mit dem Kläger bestimmte Kaufverträge abgeschlossen zu haben, und die sich daran möglicherweise anknüpfenden privatrechtlichen Folgen das Feststellungsinteresse begründen (vgl. JBl. 1965, 269).

Das Feststellungsbegehren des Klägers ist daher nicht schon wegen fehlender Feststellungsfähigkeit unberechtigt, sondern müßte ihm lediglich im Verfahren eine der beabsichtigten Feststellung des Nichtbestehens der Rechtsverhältnisse angepaßte Formulierung gegeben werden.

Da das Erstgericht - wie das Berufungsgericht ausführlich dargelegt hat - nicht alle angebotenen Beweise aufgenommen hat, ist sein Verfahren mangelhaft geblieben, weshalb in Stattgebung der Revision die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben waren und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

Rechtssätze
5