JudikaturJustiz1Ob27/14y

1Ob27/14y – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** K*****, vertreten durch Dr. Johann Bruckner, Rechtsanwalt in Schärding, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, vertreten durch Dr. Anton Moser, Rechtsanwalt in Traun, wegen 46.283 EUR sA und Feststellung (Streitwert 1.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 32.022 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2013, GZ 2 R 199/13t 38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 10. Oktober 2013, GZ 28 Cg 4/12w 38, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es einschließlich der bereits rechtskräftig erledigten Teile insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 29.855,33 EUR samt 4 % Zinsen aus 22.522 EUR vom 8. 3. 2012 bis 17. 3. 2013 und aus 29.855,33 EUR seit 18. 3. 2013 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für zukünftige Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 27. 6. 2011 zu zwei Dritteln haftet.

3. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 16.427,67 EUR samt Zinsen und weitere Zinsen aus dem zuerkannten Betrag vom 26. 8. 2011 bis 7. 3. 2012 zu zahlen, sowie es werde die Haftung für zukünftige Schäden auch im Umfang eines weiteren Drittels festgestellt, wird abgewiesen.

4. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die gesamten Verfahrenskosten aufgetragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die zuständige Straßenmeisterei besserte im Juni 2011 die Fahrbahn einer Landesstraße über mehrere Kilometer aus, indem sie auf kurzen Asphaltstücken immer wieder Bitumen und Rollsplitt auftrug, der erst nach Beendigung der gesamten Ausbesserungsarbeiten im Juli wieder abgekehrt wurde. Der 1988 geborene Kläger war mit seinem Motorrad am 27. 6. 2011 gegen 19:20 Uhr auf diesem Straßenstück unterwegs. Es wurde weder durch eine Gefahrentafel auf die veränderten Oberflächenverhältnisse hingewiesen, noch war eine Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet. Nachdem der Kläger einen Teil der auf die genannte Weise bearbeiteten Straße zurückgelegt hatte, fuhr er in ein Waldstück ein, in dem er wegen des Hell Dunkel Wechsels und wegen des Kurvenverlaufs nicht erkennen konnte, dass sich direkt im Kurvenbereich Rollsplitt befand. Er befuhr die Kurve mit einer Geschwindigkeit von 85 km/h. Eine solche Geschwindigkeit liegt im Grenzbereich für eine trockene Fahrbahn, wo sie für einen geübten Motorradfahrer beherrschbar ist. Die Kurvengrenzgeschwindigkeit bei Rollsplitt liegt unter Berücksichtigung der Querneigung der Straße bei ca 70 km/h. Wegen des Rollsplitts und der für diese Verhältnisse zu hohen Geschwindigkeit kam es zu einem Wegrutschen des Motorrades. Der Kläger prallte mit dem Motorrad gegen einen Baum und verletzte sich schwer. (Dass die erlittenen Verletzungen einen Schmerzengeldanspruch von 40.000 EUR rechtfertigen, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.) Die Verletzungen und die operativen Eingriffe haben zum Teil sehr deutlich ausgeprägte und ausgedehnte Narben, insbesondere am rechten Unterschenkel, hinterlassen, wobei die größte Narbe 30 cm lang ist. Spätschäden sind nicht ausschließbar.

Der Kläger begehrte vom beklagten Land als Straßenerhalter und aus dem Titel der Amtshaftung zuletzt 46.283 EUR samt Zinsen sowie die Feststellung der Haftung für „unfallskausale Spätfolgen“. (Der Höhe nach ist nur noch die Verunstaltungsentschädigung strittig, die der Kläger mit 2.500 EUR ausmisst.) Trotz des vorhandenen Rollsplitts habe die Straßenmeisterei kein Gefahrenzeichen aufgestellt bzw die dazu berufene Behörde keine Geschwindigkeitsbeschränkung (von maximal 30 km/h) verordnet. Der Kläger habe mit der Unfallgefahr nicht rechnen und auch nicht rechtzeitig reagieren können.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Straßenmeisterei habe die Behörde von den Bauarbeiten nicht informiert. Der Kläger habe den Unfall durch eine an die Straßenverhältnisse nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit selbst verschuldet. Er sei bei Annäherung an die Unfallstelle bereits längere Zeit auf einer Straße mit Rollsplitt gefahren, sodass er auch im weiteren Straßenverlauf mit Rollsplitt habe rechnen müssen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger 12.261 EUR samt Zinsen zu zahlen, und stellte fest, dass die beklagte Partei für unfallskausale Spätfolgen im Ausmaß von einem Drittel hafte; das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Die beklagte Partei hafte als Straßenerhalter nach § 1319a ABGB, da die Instandhaltung einer dem Verkehr übergebenen Straße in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung falle. Zur Instandhaltung der Straße gehöre auch die Kenntlichmachung einer Gefahrenstelle durch Aufstellung von Gefahrenzeichen. Hier sei durch das Aufbringen von Rollsplitt im Zuge der Sanierungsarbeiten eine Gefahrenlage geschaffen worden. Damit wäre das Aufstellen entsprechender Gefahrenzeichen für die Verkehrssicherheit erforderlich und der beklagten Partei auch zumutbar gewesen, zumal der öffentlichen Hand als Wegehalter in der Regel mehr zuzumuten sei als Privatpersonen. Der Eintritt eines Schadens sei auch als wahrscheinlich vorhersehbar gewesen; insbesondere sei es genau an derselben Stelle bereits vorher zu einem Unfall mit einem Motorradlenker gekommen. Unter diesen Umständen sei das Unterlassen des Aufstellens eines Gefahrenzeichens als grob fahrlässig zu beurteilen. Der beklagten Partei könne allerdings nicht darüber hinaus als Sorgfaltspflichtverletzung angelastet werden, dass sie keine Meldung an die Behörde iSd § 98 Abs 4 StVO erstattet und dieser die Möglichkeit genommen hat, eine Geschwindigkeitsbeschränkung zu verordnen. Unter Bedachtnahme auf die konkrete Kurve, die auch bei den gegebenen Verhältnissen mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h durchfahren werden hätte können, und der Tatsache, dass immer wieder nur auf kurzen Asphaltstücken Rollsplitt aufgetragen war, wäre die Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung für die gesamte Strecke als überzogene Maßnahme anzusehen gewesen. Dem Kläger sei allerdings ein Mitverschulden iSd § 1304 ABGB anzulasten. Jeder Kraftfahrer müsse mit Änderungen der Beschaffenheit der Fahrbahndecke rechnen. Er könne sich nicht darauf verlassen, dass er auf solche Änderungen immer durch Warntafeln aufmerksam gemacht wird bzw dass die Fahrbahn ständig die gleiche Beschaffenheit aufweist. Bei einer für ihn nicht eindeutig als unbedenklich erkennbaren Straßenbeschaffenheit habe er seine Geschwindigkeit zu verringern. Hier habe der Kläger bereits weit vor der Unfallstelle Straßenausbesserungsarbeiten und Rollsplitt wahrnehmen müssen, was ihn insbesondere auch im Zusammenhang mit der Belichtungsänderung im Übergabe von einer Freifläche in einen schattigen Wald dazu veranlassen hätte müssen, seine Geschwindigkeit herabzusetzen. Im vorliegenden Fall sei das grobe Verschulden des Wegehalters im Verhältnis zum Verschulden des Wegbenutzers abzuwägen. Dabei sei zu beachten, dass die grobe Fahrlässigkeit der beklagten Partei erst haftungsbegründend wirke und damit nicht als erschwerend gewertet werden dürfe. Berücksichtige man, dass die beklagte Partei das Unterlassen des Aufstellens eines Gefahrenzeichens zu verantworten habe, wogegen der Kläger grob sorglos eine viel zu hohe Geschwindigkeit gewählt habe, erscheine eine Schadensteilung im Verhältnis 2 : 1 zu Lasten des Klägers angemessen. Die Schwere der Verletzungen und die sonstigen Unfallsfolgen rechtfertigten ein globales Schmerzensgeld in Höhe von 32.000 EUR. Bei der Bemessung der Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB sei zu berücksichtigen, dass der Kläger an den Beinen sehr deutlich ausgeprägte und ausgedehnte Narben davongetragen habe. Diese Narben könnten dem Grunde nach als Gefährdung der Heiratsaussichten gewertet werden, jedoch sei die Wahrscheinlichkeit der Behinderung als sehr gering anzusehen, weshalb ein Betrag von 1.000 EUR als angemessene Abgeltung zuzuerkennen sei. Rechnerisch ergebe sich somit ein Gesamtschaden in Höhe von 36.783 EUR, wovon die beklagte Partei dem Kläger ein Drittel zu zahlen habe. Der Zinsenlauf habe mit dem Aufforderungsschreiben an die Beklagte begonnen, hinsichtlich der erst im Laufe des Verfahrens ausgedehnten Forderungen allerdings erst mit dem Datum der Klageausdehnung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil über das Leistungsbegehren dahin ab, dass es den Kläger 14.927,67 EUR samt Zinsen zuerkannte und einen Betrag von 31.355,33 EUR samt Zinsen abwies. Weiters erklärte es die ordentliche Revision für nicht zulässig. Die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensaufteilung bedürfe keiner Korrektur. Die Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung, die nach § 90 Abs 3 zweiter Satz StVO nur im unbedingt notwendigen Ausmaß und nur für die unbedingt notwendige Strecke erfolgen dürfe, wäre im vorliegenden Fall nicht in Betracht gekommen, weshalb der beklagten Partei als Straßenerhalterin auch nicht vorgeworfen werden könne, bei der Behörde eine solche Geschwindigkeitsbeschränkung nicht veranlasst zu haben. Da bereits die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit des Klägers auf 70 km/h bei den vorliegenden Straßenverhältnissen zu einem unfallfreien Passieren der Unfallstelle geführt hätte, sei kein übergewöhnliches Maß an Verkehrsunsicherheit vorgelegen. Es spiele auch keine Rolle, dass an derselben Stelle bereits ein anderer Motorradfahrer verunfallt sei. Das Anbringen von Gefahrenzeichen dürfe hingegen gemäß § 43 Abs 6 StVO nur dann unterbleiben, wenn die Gefahr oder der verkehrswichtige Umstand auch ohne einen solchen Hinweis leicht erkannt werden kann. Der Berufungssenat teile zum Mitverschulden die Beurteilung des Erstgerichts, dass der Kläger mit 85 km/h wesentlich zu schnell unterwegs gewesen sei und aufgrund der Wahrnehmbarkeit des Rollsplitts auf der bereits zurückgelegten Strecke, insbesondere bei Einfahrt in ein Waldstück, zu besonderer Sorgfalt und zur Geschwindigkeitsreduktion verpflichtet gewesen wäre. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzengeldes sei hingegen der Auffassung des Klägers zu folgen, der unter diesem Titel einen Betrag von 40.000 EUR begehrt. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der sehr junge Kläger durch das beim Unfall erlittene Narbensystem ein Leben lang eine psychische Belastung erleiden werde und eine belastungsabhängige Schmerzsymptomatik sowohl im Bereich des rechten als auch des linken Beines als Dauerfolge verbleibe. Hingegen halte sich die vom Erstgericht mit 1.000 EUR ausgemittelte Verunstaltungsentschädigung im Rahmen der ständigen Rechtsprechung. Die Bemessung erfolge nach den Umständen des Einzelfalls, wofür einerseits der Grad der Verunstaltung, andererseits aber auch die Wahrscheinlichkeit der Behinderung des besseren Fortkommens entscheidend seien. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner einzelfallbezogenen Entscheidung nicht von der Judikatur des Höchstgerichts abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und teilweise auch berechtigt, weil dem Berufungsgericht nach Auffassung des erkennenden Senats ein grober Beurteilungsfehler bei der Gewichtung von Verschulden und Mitverschulden unterlaufen ist.

Soweit der Revisionswerber ein amtshaftungsbegründendes Verhalten darin sehen will, dass die Beklagte im Rahmen der Hoheitsverwaltung von der Verordnung einer (zeitweiligen) Geschwindigkeits-beschränkung rechtswidrig Abstand genommen habe, übersieht er offenbar, dass auch Amtshaftung ein Verschulden der Organe der zuständigen Behörde voraussetzt (§ 1 Abs 1 AHG). Voraussetzung für einen Verschuldensvorwurf wäre zumindest die Kenntnis der Behördenorgane von gefahrenerhöhenden Maßnahmen des Straßenerhalters.

Hier hat die beklagte Partei bereits im erstinstanzlichen Verfahren unbestritten vorgebracht, dass dem Straßenerhalter die vorgenommenen Baumaßnahmen bekannt gewesen seien, aber keine Meldung an die zuständige Behörde erstattet worden sei. Eine Kenntnis von Organen der Hoheitsverwaltung wurde auch nicht festgestellt. Auch der Revisionswerber weist in seiner Revision lediglich darauf hin, dass von einem vorangegangenen Unfall und damit von einer Gefahrensituation die Straßenmeisterei Kenntnis gehabt habe. Diese ist aber als Verwaltungseinheit des Straßenerhalters der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen und nicht der Hoheitsverwaltung. Auch die Verletzung von Verpflichtungen nach § 98 Abs 4 StVO durch Mitarbeiter der Straßenmeisterei kann keinen Amtshaftungsanspruch begründen (RIS Justiz RS0023174).

Auf den Rechtsgrund der Amtshaftung kann sich der Kläger daher nicht berufen.

Das Berufungsgericht hat von der beklagten Partei unbekämpft eine Haftung nach § 1319a ABGB wegen groben Verschuldens der Organe der Straßenverwaltung angenommen, die es unterlassen hatten, an geeigneter Stelle durch Gefahrenzeichen auf die gefährlichen Straßenverhältnisse aufmerksam zu machen. Dass den beteiligten Mitarbeitern die besondere Unfallgefahr insbesondere für einspurige Verkehrs-teilnehmer durchaus bewusst war, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass entsprechende Gefahrenschilder zwar aufgestellt wurden, unverständlicherweise aber erst nach der späteren Unfallstelle (in Fahrtrichtung des Klägers). Da feststeht, dass der Rollsplitt im gesamten (über mehrere Kilometer reichenden) Arbeitsbereich erst Ende Juli beseitigt wurde, wäre es selbstverständlich geboten gewesen, im gesamten Arbeitsbereich vor den Gefahren durch Rollsplitt zu warnen. Dies musste insbesondere für den Bereich der späteren Unfallstelle gelten, sind doch die Vorinstanzen übereinstimmend von der auch im Revisionsverfahren unbestrittenen Tatsache ausgegangen, dass es dort bereits vorher zu einem Motorradunfall gekommen war, mag dieser auch wie die Revisionsgegnerin formuliert nicht „amtsbekannt“ gewesen sein. Die beklagte Partei hat die Gefährdungssituation durchaus erkannt und auch nicht geleugnet, sich im erstinstanzlichen Verfahren aber in erster Linie damit zu rechtfertigen versucht, es sei ohnehin vor der späteren Unfallstelle ein entsprechendes Warnzeichen aufgestellt worden. Diese Behauptung hat sich allerdings als unrichtig erwiesen, womit an einem ganz erheblichen Verschulden der Organe der Straßenverwaltung kein Zweifel bestehen kann, die nicht einmal einen bereits erfolgten Motorradunfall zum Anlass dafür genommen haben, für ausreichende Warnungen der Verkehrsteilnehmer in der noch bis zur Beendigung der Arbeiten (und zur Beseitigung des Rollsplitts) verbleibenden Zeit zu sorgen.

Demgegenüber fällt das Fehlverhalten des Klägers weitaus weniger ins Gewicht, der aufgrund der fehlenden Gefahrenzeichen auch darüber im Unklaren gelassen worden war, ob auch im weiteren Straßenverlauf mit Beeinträchtigung durch Rollsplitt gerechnet werden muss, den er in Annäherung an die Unfallstelle immer wieder wahrnehmen musste. Er konnte daher auch anders als die Organe der Straßenmeisterei, die Kenntnis über den gesamten Straßenverlauf einschließlich der mit Rollsplitt versehenen Stellen hatten den jeweiligen Gefährdungsgrad in den einzelnen Streckenabschnitten nicht einschätzen. Auch wenn er nicht darauf vertrauen durfte, dass das Einhalten einer Geschwindigkeit von 85 km/h durchgehend gefahrlos sein würde, liegt ein verhältnismäßig nur geringes Mitverschulden vor, hat er doch die Geschwindigkeit, die einen Unfall vermieden hätte (70 km/h), um nur 15 km/h überschritten.

In Abwägung der unterschiedlichen Grade der Sorglosigkeit auf Schädiger und Geschädigtenseite erscheint dem erkennenden Senat eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zugunsten des Klägers angemessen (§ 1304 ABGB).

Die bei der Ermittlung des dem Kläger zustehenden Schadenersatzes rechnerisch zu berücksichtigenden Schadensbeträge sind überwiegend nicht strittig. Einziger Gegenstand des Revisionsverfahrens ist in diesem Zusammenhang die Festsetzung der Verunstaltungsentschädigung nach § 1326 ABGB, bei der dem Gericht erheblicher Beurteilungsspielraum zukommt, zumal das Gesetz darauf abstellt, inwieweit das bessere Fortkommen des Verletzten durch die erlittene Verunstaltung „verhindert“ werden kann. Das Berufungsgericht hat die psychische Beeinträchtigung des Klägers durch das beim Unfall erlittene „Narbensystem“ im Beinbereich durch Zuerkennung eines entsprechenden Schmerzensgeldes abgegolten und die Verunstaltungsentschädigung mit 1.000 EUR ausgemessen, da durch Narben in den unteren Extremitäten nur eine ganz geringe Beeinträchtigung des besseren Fortkommens gegeben sei. Eine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre, ist darin nicht zu sehen.

Der Ausspruch im Kostenpunkt ist in sinngemäßer Anwendung des § 510 Abs 1 letzter Satz zu fällen (RIS Justiz RS0124588), weil die Vorinstanzen trotz Vorliegens der Voraussetzungen von der Möglichkeit des „allgemeinen Kostenvorbehalts“ nach § 52 Abs 1 und 2 ZPO keinen Gebrauch gemacht haben.

Rechtssätze
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