JudikaturJustiz1Ob233/97i

1Ob233/97i – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Oktober 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann A***** Co Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wider die beklagte Partei Josef H*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, wegen 146.462,10 S sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14.Mai 1997, GZ 2 R 259/96 55, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508a Abs 2 dritter Satz ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten macht - neben einem bereits von der 2.Instanz verneinten Verfahrensmangel (Ablehnung der beantragten Beiziehung eines SV aus dem Baufach) - das Abweichen der 2.Instanz von der stRspr bei der Anwendbarkeit von Ö Normen sowie der Verneinung einer Prüf- und Warnpflicht der klagenden Partei geltend.

Die Parteien schlossen einen Werkvertrag. Die Anwendbarkeit der Ö Norm B2207 als Mindeststandard für die Beurteilung des zu fordernden Sorgfaltsmaßstabs des klagenden Werkunternehmers wurde vom Erstgericht verneint, weil es im Rahmen seiner Beweiswürdigung feststellte, es sei nicht erweislich, daß diese Ö Norm überhaupt zur Grundlage des Werkauftrags gemacht worden sei (S 15 des Ersturteils). Ö Normen stellen im übrigen eine Zusammenfassung üblicher Sorgfaltsanforderungen an den Werkunternehmer dar und verpflichten diesen, die für den Regelfall vorgesehenen Maßnahmen einzuhalten (5 Ob 582/88; 5 Ob 515/90 = ecolex 1990, 543; RIS Justiz RS0022153). In Punkt 2.2.1.2. der genannten Ö Norm werden jene Maßnahmen aufgezählt, die der Fliesenleger vor Beginn seiner Arbeit im Rahmen seiner Prüfpflicht üblicherweise durchzuführen hat, um die Tauglichkeit des Untergrunds - als „Stoff“ - festzustellen.

Die Warnpflicht nach § 1168a ABGB besteht immer nur im Rahmen der eigenen Leistungspflicht des Unternehmers und der damit verbundenen Schutz- und Sorgfaltspflichten (stRspr: RZ 1984/15; SZ 63/20 uva, zuletzt 6 Ob 1538/95; RIS Justiz RS0022268; Rebhahn in Schwimann 2 § 1168a ABGB Rz 24 mwN). Sie darf ebenso wie die Prüfpflicht nicht überspannt werden. Der Unternehmer muß in der Regel, im Rahmen der ihn nach § 1168a ABGB treffenden Interessenwahrungspflicht besondere, sonst nicht übliche Prüfungen und Untersuchungen nicht anstellen. Er hat den Besteller nur zu warnen, wenn er die Untauglichkeit des ihm zur Verfügung gestellten „Stoffs“, hier also des Bodens und dessen Aufbaus - (vgl zum weiten Stoffbegriff des § 1168a ABGB RIS Justiz RS0022045) - erkannte oder bei gehöriger, von ihm zu erwartender Sachkenntnis (§ 1299 ABGB) in Ansehung konkreter Gefahrenquellen (hier: Wassereintritt in den Boden) erkennen mußte (stRspr; SZ 63/20; SZ 57/18 uva; RIS Justiz RS0021744; Rebhahn aaO Rz 16, 22; Adler/Höller in Klang 2 , V 408). Ist die Untauglichkeit nicht erkennbar, obwohl die erforderliche und dem Stand der Technik entsprechende Prüfung vorgenommen wurde, so entfällt die Warnpflicht ( Rebhahn aaO Rz 23); dies folgt bereits aus der Verschuldensabhängigkeit der Warnpflichtverletzung ( Krejci in Rummel 2 , § 1168a ABGB Rz 29). Ihrer Prüfpflicht als Fliesenlegerin bei der ihr zumutbaren Fachkenntnis ist die klagende Partei nachgekommen, war die Tauglichkeit der Spanfaserplatte doch in Ansehung deren Wasserbeständigkeit ohne Zerstörung und eingehendere Untersuchungen nicht überprüfbar. Daß die auf fünf Beinen stehende Duschtasse bereits zu Beginn der Fliesenlegearbeiten instabil gewesen wäre, wurde gerade nicht festgestellt und, daß sich die Spanfaserplatten bei Belastung senkten und sich dabei die Silikonfuge öffnete, sodaß dann Wasser austreten konnte, war nicht erkennbar. Damit war die Untauglichkeit des „Stoffs“ für die klagende Werkunternehmerin nicht „offenbar“, sodaß die Untauglichkeit des „Stoffs“ in die Risikosphäre des beklagten Werkbestellers fiel. Nicht die grundsätzlich bestehende Prüf- und Warnpflicht der klagenden Partei, sondern die Erkennbarkeit einer möglichen Untauglichkeit des „Stoffs“, die die Warnpflicht entfallen läßt, wurde von den Vorinstanzen auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens - wozu auch die Beiziehung eines SV gehörte - verneint. Die Erkennbarkeit von Mängeln des „Stoffs“ für die Mitarbeiter der klagenden Partei im konkreten Einzelfall als Voraussetzung für die Begründung der Warnpflicht kann wohl keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Die Feststellung, es sei nicht erkennbar gewesen, daß es sich bei der verlegten Spanholzplatte um einen den Feuchtigkeitserfordernissen entsprechende oder eine „gewöhnliche“ Holzfaserplatte handelte, wurde bereits im erstgerichtlichen Urteil getroffen (ON 48 AS 303 und AS 311 = Seiten 9 und 13 der Urteilsausfertigung 1.Instanz).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).