JudikaturJustiz1Ob201/07a

1Ob201/07a – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GesmbH in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17 19, wegen 18.753,67 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Juni 2007, GZ 4 R 105/07z 28, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom 16. April 2007, GZ 31 Cg 87/06i 24, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 834,15 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin nahm Hans Peter B***** im Anlassverfahren auf Zahlung von Provision für die Vermittlung eines Liegenschaftsverkaufs in Anspruch. Der Erfolg ihrer Vermittlungstätigkeit bestand darin, Herrn B***** ein Kaufanbot ihrer 25 %igen Gesellschafterin Sigrid M*****, der geschiedenen Gattin ihres Geschäftsführers, zu unterbreiten. Hans Peter B***** nahm das Angebot nicht an. Das Landesgericht Wiener Neustadt änderte das klagsstattgebende Urteil des Bezirksgerichts Mödling im Sinne der Klagsabweisung ab, weil die Klägerin wegen ihres wirtschaftlichen Naheverhältnisses zu Sigrid M***** den Beklagten gemäß § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG hätte aufklären müssen, damit dieser sich hätte äußern können, ob er eine Vermittlungstätigkeit hinsichtlich Sigrid M***** dennoch wünsche. Dem Antrag der Klägerin auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gab das Berufungsgericht im Anlassverfahren nicht Folge.

Die Klägerin leitet aus diesen Entscheidungen des Landesgerichts Wiener Neustadt Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich ab. Die vom Berufungsgericht im Anlassverfahren vertretene Rechtsauffassung sei unrichtig und widerspreche der oberstgerichtlichen Judikatur.

Das Erstgericht wies die Amtshaftungsklage ab. Der Makler müsse gemäß § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG im Falle seines familiären oder wirtschaftlichen Naheverhältnisses zum vermittelten Dritten den Auftraggeber rechtzeitig vor einer Interessenkollision warnen. Rechtzeitig sei eine solche Warnung nur dann, wenn der Auftraggeber darauf noch reagieren könne. Mit Vorlage des verbindlichen Kaufanbots der Sigrid M***** sei dies nicht mehr der Fall gewesen. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung durch das Landesgericht Wiener Neustadt liege nicht vor, weil die Klägerin im Anlassverfahren eine Nahebeziehung zu Sigrid M***** ausdrücklich bestritten habe, sodass es sinnwidrig gewesen wäre, sie zu dem Vorbringen anzuleiten, dass dem Beklagten eine Nahebeziehung bekannt gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision - nachträglich - zu. Selbst eine Offenkundigkeit des Naheverhältnisses oder dessen positive Kenntnis durch Hans Peter B***** hätte diesen nur dann zur Annahme des Kaufanbots verpflichtet, wenn er zuvor der Klägerin gegenüber erklärt hätte, eine Vermittlungstätigkeit in Bezug auf Sigrid M***** zu wünschen. Solches habe die Klägerin weder im Anlassverfahren noch im Amtshaftungsprozess vorgebracht. Nach den Gesetzesmaterialien zu § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG könne nur dann von einer verdienstlichen Tätigkeit des Maklers ausgegangen werden, wenn der Auftraggeber auch unter diesen Umständen mit der weiteren Vermittlungstätigkeit des Maklers einverstanden gewesen wäre. Die Rechtsfrage, ob die Aufklärung durch den Makler vor Abschluss des Maklervertrags erfolgen müsse oder ob sie auch noch nach Kenntnis von der Vertragsgelegenheit rechtzeitig sei, sei im Anlassfall nicht entscheidungswesentlich, weil der Zweck der Warnung vor einer möglichen Interessenkollision jedenfalls dann verfehlt wäre, wenn man den Auftraggeber des Maklers gegen seinen Willen zur Annahme des mit einer möglichen Interessenkollision belasteten Kaufanbots zwingen wollte, wie dies dem Prozessstandpunkt der Klägerin entspräche. Dass das von Sigrid M***** abgegebene Kaufanbot den im Vermittlungsauftrag genannten Mindestkaufpreis erreichte, habe B***** nicht zu dessen Annahme verpflichtet, weil nicht ausgeschlossen sei, dass der Makler mit einem fremden Kaufinteressenten effizienter über den Preis verhandelt und einen höheren Preis erzielt hätte. Da sich Hans Peter B***** gegen seinen Willen keinen mit einer möglichen Interessenkollision belasteten Kaufvertrag mit der im Naheverhältnis zum Makler stehenden Sigrid M***** aufzwingen habe lassen müssen, und die Klägerin auch niemals behauptet habe, dass B***** geäußert habe, mit Sigrid M***** als Käuferin einverstanden zu sein, erweise sich das beanstandete Berufungsurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt nicht bloß als vertretbar im Sinne des § 1 AHG, sondern als richtig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vermeint die Klägerin darin zu erkennen, ob bzw in welcher Weise ein Makler seiner besonderen Aufklärungspflicht, den Auftraggeber unverzüglich auf ein (mögliches) familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen ihm und dem vermittelten Dritten hinzuweisen, nachzukommen habe, wenn er als redlicher und vernünftiger Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass seinem Vertragspartner dieses Naheverhältnis bekannt war bzw bekannt sein musste.

Abgesehen davon, dass sich die Klägerin mit diesen Ausführungen (Kenntnis des Naheverhältnisses seitens des Auftraggebers der Klägerin) von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen entfernt, kann die von § 6 Abs 4, dritter Satz MaklerG geforderte unverzügliche Aufklärung nur dahin interpretiert werden, dass den Makler diese Pflicht vor Aufnahme seiner Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber hinsichtlich einer ihm nahestehenden Person trifft ( Fromherz , Kommentar zum MaklerG, § 7 Rz 54). Dies ist im konkreten Fall nicht geschehen. Der Auftraggeber der Klägerin hatte somit gar nicht die Möglichkeit, sein Einverständnis mit der Tätigkeit der Klägerin in Bezug auf die in Nahebeziehung stehende Person erkennen zu geben, bevor die Klägerin ihre Tätigkeit erbracht bzw vollendet hatte. Nur wenn diese Möglichkeit vorhanden gewesen und das Einverständnis seitens des Auftraggebers erteilt worden wäre, käme es zu keinem Entfall des Provisionsanspruchs der Klägerin im Sinne der oben zitierten Gesetzesstelle.

Weiters wirft die Klägerin die Rechtsfrage auf, ob jegliche Beteiligung des vermittelten Dritten an der Maklergesellschaft deren Aufklärungspflicht im Sinne des § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG auslöse.

Diesbezüglich ist die Klägerin darauf zu verweisen, dass bei der Beurteilung, ob familiäre oder wirtschaftliche Nahebeziehungen die Wahrung der Auftraggeberinteressen beeinträchtigen könnten, stets auf den Einzelfall abzustellen ist (RIS Justiz RS0114079). Im Übrigen anerkennt die Rechtsordnung zum einen vielfach das Bestehen familiärer Bande trotz Scheidung einer Ehe, wie zum Beispiel im materiellen Strafrecht betreffend den Aussagenotstand (§ 290 Abs 2 StGB) oder im Prozessrecht in Bezug auf die Ausschließung von Gerichtspersonen (§ 67 StPO) und die Befreiung von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses (ua § 152 Abs 1 Z 2 StPO). Zum anderen stellt die Beteiligung an einem Unternehmen mit 25 % des Stammkapitals bereits einen Zusammenschluss gemäß § 7 Abs 1 Z 3 KartG dar. Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach zwischen Sigrid M***** und der Klägerin ein „sonstiges familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis" im Sinne von § 6 Abs 4 dritter Satz MaklerG bestanden habe, ist daher jedenfalls vertretbar.

Zum Vorwurf der Verletzung der Erörterungspflicht seitens des Berufungsgerichts im Anlassverfahren ist die Revisionswerberin darauf zu verweisen, dass die Frage, ob ein bestimmtes Vorbringen Anlass zu einer Erörterung bzw Anleitung dieser Partei durch das Gericht geben müsste, schon von vornherein so einzelfallbezogen ist, dass darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS Justiz RS0114544). Eine (krasse) Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, liegt nicht vor.

Die Entscheidung hängt somit nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Die Revision der Klägerin ist folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Der Beklagten, die auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, steht der Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu.

Rechtssätze
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