JudikaturJustiz1Ob107/07b

1Ob107/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl H*****, vertreten durch Dr. Anton Ullmann, Rechtsanwalt in Mattighofen, gegen die beklagte Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 35.506,12 sA und Feststellung (Streitwert EUR 5.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 3. April 2007, GZ 4 R 59/07k-13, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 1. März 2007, GZ 40 Cg 1/07t-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Die Bezeichnung der beklagten Partei wird richtiggestellt auf:

'K***** Betriebsgesellschaft mbH, *****'

Das gegen die V***** GmbH, ***** geführte Verfahren wird mit Ausnahme des Zwischenstreits über die Berichtigung der Parteibezeichnung für nichtig erklärt.

Die klagende Partei ist schuldig, der V***** GmbH die mit EUR 3.143,04 (darin EUR 523,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des nichtigen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die V***** GmbH ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.944,80 (darin EUR 490,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Zwischenstreits über die Berichtigung der Parteibezeichnung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger wurde als Patient in einem Krankenhaus behandelt, das von der K***** Betriebsgesellschaft mbH (im Folgenden: K GmbH) betrieben wird. Alleingesellschafterin dieser GmbH ist die in der Klage als beklagte Partei bezeichnete V***** GmbH (im Folgenden: V GmbH). Der Kläger begehrt Schadenersatz sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden und Aufwendungen, wobei er sich darauf beruft, dass den behandelnden Ärzten mehrere grobe Behandlungsfehler unterlaufen seien. In seiner Klage legt er dar, er sei in dem näher bezeichneten Krankenhaus behandelt worden, das „zur Gruppe der beklagten Partei" gehöre. Nachdem die als Beklagte bezeichnete V GmbH in der Klagebeantwortung eingewendet hatte, dass sie das genannte Krankenhaus nicht betreibe, beantragte der Kläger, die Bezeichnung der beklagten Partei auf K GmbH zu berichtigen, die unstrittigermaßen Rechtsträgerin des Krankenhauses ist. Die in der Klage genannte Gesellschaft sei Alleingesellschafterin der K GmbH; aus der Klage gehe eindeutig hervor, dass „das Krankenhaus" beklagte Partei sei.

Das Erstgericht gab dem Berichtigungsantrag statt. Nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung sei die bloße Richtigstellung der nur falsch bezeichneten, aber eindeutig klar erkennbaren Partei selbst dann zulässig, wenn es durch die Richtigstellung zu einem Personenwechsel komme. Eine Parteiänderung liege selbst im Fall der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts nicht vor, wenn sich aus der Klagserzählung eindeutig ergebe, wer der Beklagte sein solle, sodass der „in Anspruch genommene Beklagte" wissen müsse, wen die Klage betreffe. Hier habe der Kläger verschiedene Behandlungsfehler der Ärzte eines bestimmten Krankenhauses behauptet. Damit sei eindeutig, dass sich die Schadenersatzklage gegen den Träger des Krankenhauses richten sollte. Die in Anspruch genommene beklagte Partei habe daher wissen müssen, wen die Klage betreffe. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Berichtigungsantrags ab, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig, Die Änderung der Parteibezeichnung dürfe nicht dazu führen, dass der Mangel der Sachlegitimation des als Beklagte bezeichneten Rechtssubjekts saniert werde. Die Existenz zweier Rechtssubjekte spreche grundsätzlich für einen Parteiwechsel, die Existenz nur eines aber für eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung. Die Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts (Parteiwechsel) schade bloß dann nicht, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt werde, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise das Klagebegehren erhoben worden sei. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Die Klage lasse keineswegs zweifelsfrei erkennen, dass der Kläger den Betreiber des Krankenhauses habe klagen wollen. Die Haftung werde im Gegenteil darauf gestützt, dass das Krankenhaus „zur Gruppe der V GmbH" gehöre. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht lediglich die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auf den Einzelfall angewendet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0039300, RS0039337) in der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjekts selbst dann keine Klageänderung im Sinne eines (unzulässigen) Parteiwechsels, wenn sich aus der Klageerzählung auch für den zu Unrecht als Beklagten Bezeichneten eindeutig ergibt, wer Beklagter sein soll. Dagegen kann auch nicht die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 9 Ob 49/06f ins Treffen geführt werden, zumal dort die Besonderheit vorlag, dass sich der Kläger auch noch nach der diesbezüglichen Einwendung des als Beklagten in Anspruch Genommenen auf ein ganz bestimmtes Rechtssubjekt festgelegt hatte. Im Übrigen stellt die genannte Entscheidung die zitierte Judikatur keineswegs in Frage, sondern schließt sich dieser sogar ausdrücklich an. Entscheidend ist daher, ob aus dem Sachvorbringen in der Klage - auch für die V GmbH - deutlich erkennbar war, dass der Kläger beabsichtigte, jene Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, die das betreffende Krankenhaus betreibt. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats eindeutig zu bejahen, auch wenn der Kläger bzw dessen Rechtsvertreter bei Formulierung der Klage nicht gerade glücklich vorgegangen ist. Da dem Kläger - entgegen der Auffassung des Rekursgerichts - nicht zu unterstellen ist, er hätte in der Zugehörigkeit des Krankenhauses zur „Gruppe" der V GmbH einen Haftungsgrund gesehen, kann das Klagebegehren insgesamt vernünftigerweise nur in dem Sinn verstanden werden, dass der Krankenhausbetreiber - zu dem regelmäßig ein Vertragsverhältnis besteht - in Anspruch genommen werden sollte, über dessen Person der Kläger allerdings irrte. Da dieser Irrtum aber gerade für die V GmbH als Alleingesellschafterin der das Krankenhaus betreibenden K GmbH klar erkennbar war, durfte diese keinen Zweifel daran haben, dass in Wahrheit nicht sie, sondern vielmehr die K GmbH beklagt sein sollte. Damit liegen aber die in der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Kriterien für eine Berichtigung der Parteibezeichnung trotz ursprünglicher Angabe eines anderen Rechtssubjekts vor. Da somit die V GmbH nie als Prozesspartei zu behandeln war, sind die ihr gegenüber vorgenommenen Prozesshandlungen - beginnend mit der Klagezustellung - nichtig (9 ObA 144/99p, 4 Ob 267/00v ua), weshalb das Verfahren insoweit aufzuheben und der Kläger, dem diese Nichtigkeit vorzuwerfen ist, gemäß § 51 Abs 1 ZPO zum Kostenersatz zu verpflichten ist; auch ein unrichtig als Beklagter Bezeichneter hat sich auf das Verfahren einzulassen, um die Erlassung eines Versäumungsurteils zu vermeiden (Klagebeantwortung, Teilnahme an der vorbereitenden Tagsatzung).

Für die Prozesshandlungen, die über die soeben genannten „unvermeidlichen" hinausgehen und die sich allein auf die Frage der Berichtigung der Parteibezeichnung beziehen, kommt allerdings ein Kostenersatz an die V GmbH nicht in Betracht, da insoweit ein kostenrechtlich gesondert zu beurteilender Zwischenstreit vorliegt, der mit dem gerechtfertigten Anliegen des zu Unrecht als Beklagten bezeichneten, die Fällung eines Versäumungsurteils zu vermeiden, nichts zu tun hat. In diesem Zwischenstreit ist die V GmbH unterlegen, sodass sie dem Kläger die damit verbundenen Kosten (Schriftsatz ON 8, Revisionsrekurs) zu ersetzen hat; eine Pauschalgebühr ist im Revisionsrekursverfahren nicht angefallen. Das Erstgericht wird die Zustellung einer (berichtigten) Gleichschrift der Klage an die (richtige) Beklagte zu veranlassen haben.

Rechtssätze
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