JudikaturJustiz16Ok3/98

16Ok3/98 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Birgit Langer als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr.Fidelis Bauer, Dkfm.Joachim Lamel, Dkfm.Alfred Reiter und Dr.Thomas Lachs als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin S*****gesellschaft mbH, F*****, vertreten durch Sattler und Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung nach § 8 a KartG (Medienzusammenschluß) infolge Rekurses der Antragsgegnerin Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 13.Oktober 1997, GZ 26 Kt 306/97-29, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin zeigte an, gemeinsam mit 13 weiteren Gesellschaftern mit Gesellschaftsvertrag vom 15.4.1996 die T***** GesmbH gegründet zu haben. Unternehmensgegenstand der neu gegründeten GmbH sei die Prüfung der Möglichkeit von privatem Fernseh-Rundfunk in Österreich, die Vorbereitung der Veranstaltung von privatem Fernseh-Rundfunk in Österreich, die Veranstaltung von Fernseh-Rundfunk innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die Veranstaltung von Hörfunkprogrammen innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die Herstellung und Gestaltung von Programmen oder Programmteilen für andere Rundfunkveranstalter, die Herstellung und Vermittlung von Werbung sowie der Verkauf von Werbezeit in Rundfunkprogrammen, der Betrieb aller dem Geschäftszweck nützlichen Hilfsgeschäfte, sowie der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Geschäftsführung, Vertretung und Beratung von gleichartigen oder ähnlichen Unternehmen.

Gesellschafter sind:

1.) Markus W*****, Filmproduktionsunternehmen;

2.) Dr.Wolfgang S*****, Regisseur;

3.) Klaus K***** GmbH, gewerbliche Produktion von audiovisuellen Trägern;

4.) T***** GmbH, Vermietung von Licht- und Tonanlagen;

5.) Helmut L*****, Angestellter;

6.) Florian S*****, Kabarettist;

7.) Gerhard U*****, 25 %iger Gesellschafter der X-***** GmbH, die ein Tonstudio betreibt und Filme produziert;

8.) R*****gesellschaft mbH, *****;

9.) Mag.Gerhard K*****, Journalist;

10.) Alexander T*****, Angestellter;

11.) Martin G*****, Musikkomponist, -produzent und Musiker;

12.) Werner S*****, Musikkomponist, -produzent und Musiker;

13.) die Einschreiterin S*****gmbH, Produktion von Filmen und Fernsehfilmen und deren Verwertung sowie Erarbeitung, Verwertung und Veräußerung von filmischen Ideen, Vorlagen, Formaten und Drehbüchern;

14.) Dr.Reinhard S*****, Rechtsanwalt.

Der Gesamtjahresumsatz aller Gesellschafter betrage S 71,489 Mio.

Die Einschreiterin beantragt die Feststellung, daß die Gründung der genannten Gesellschaft kein Medienzusammenschluß iSd § 42c KartG sei und der Anmeldepflicht des § 42a KartG daher nicht unterliege. Hilfsweise beantragt sie die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 42b Abs 1 KartG bzw § 42b Abs 5 KartG bzw den Ausspruch, daß der Zusammenschluß nicht untersagt werde.

Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte vertrat in einer Äußerung den Standpunkt, der vorgesehene Unternehmensgegenstand "Veranstaltung von Fernseh-Rundfunk" sei im Hinblick auf das ORF-Monopol derzeit (noch) gesetzlich verboten, die Anmeldung daher insofern kartellrechtlich unzulässig. Im übrigen liege schon deshalb ein Medienzusammenschluß iSd § 42c Abs 1 KartG vor, da sowohl die Einschreiterin als auch die Gesellschafter W*****, U*****, S***** und G***** Medienunternehmer seien.

Die Einschreiterin replizierte, das gegründete Gemeinschaftsunternehmen beabsichtige keinesfalls, eine verbotene Tätigkeit aufzunehmen, wie sich schon aus der Formulierung seines Unternehmensgegenstandes ("innerhalb der gesetzlichen Grenzen") ergebe. Keiner der Gesellschafter sei Medienunternehmer, das gelte insbesondere auch für die Einschreiterin und Markus W*****; diese seien lediglich Auftragnehmer der (elektronischen) Medienunternehmer (insb des ORF). Auch die Tätigkeit des Gerhard U***** bzw der X-***** GmbH begründe kein Medienunternehmen. Es liege daher kein Medienzusammenschluß vor.

Das Erstgericht stellte im ersten Rechtsgang fest, daß die Gründung der T***** GesmbH kein Medienzusammenschluß iSd § 42c KartG sei und der Anmeldepflicht des § 42a KartG daher nicht unterliege.

Mit Beschluß vom 23.6.1997, 16 Ok 2/97, hob der Oberste Gerichtshof als Rekursgericht in Kartellrechtssachen die Entscheidung des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Auch wenn die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben grundsätzlich in die strafrechtlich (§ 132 KartG) abgesicherte Verantwortlichkeit der Einschreiterin fällt, dürfe sich das Kartellgericht nicht mit offensichtlich unzureichenden oder undeutlichen Angaben begnügen, sondern sei von Amts wegen verpflichtet, die zur Beurteilung erforderlichen Umstände zu erheben; hiebei habe es auch zweckdienlichen Hinweisen der Amtsparteien nachzugehen. Er erteilte in diesem Zusammenhang dem Erstgericht nähere konkrete Ergänzungsaufträge; auf die S 8 ff dieser Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang ergänzte daraufhin die Einschreiterin ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 11.8.1997 (ON 23) dahin, daß sie klarstellte, daß sie kein eigenes Medium betreibe oder sonst eine Verbreitung ihrer Produkte veranlasse, sondern nur die von ihr im Auftrag von Verwertungsunternehmen hergestellten Filme den Auftraggebern verkaufe. Die X-***** GmbH besitze zwar eine Gewerbeberechtigung für den Musikalienverlag, habe jedoch dieses Gewerbe bisher weder ausgeübt, noch beabsichtige sie dies in Zukunft. Die Q***** GmbH, deren Geschäftsführer und alleiniger Gesellschaft Ing.Ernst N***** (zugleich 25 %iger Gesellschafter der Einschreiterin) sei, habe ihre operative Tätigkeit bereits 1992 eingestellt. Dr.Reinhard S***** halte seine Beteiligung an der gegründeten GmbH treuhändig für die Einschreiterin.

Der rekurswerbenden Amtspartei wurde Gelegenheit zu einer Äußerung zu diesen Angaben gegeben, die diese mit Schriftsatz vom 8.9.1997 (ON 25) auch wahrnahm. Dieser Schriftsatz enthält allerdings nur Rechtsausführungen. Daß das Vorbringen der Einschreiterin unrichtig wäre, behauptete die nun rekurswerbende Amtspartei nicht; ebensowenig brachte sie vor, in welchen - rechtlich erheblichen - Punkten die Angaben der Einschreiterin noch ergänzungsbedürftig wären.

Das Erstgericht legte hierauf das Vorbringen der antragstellenden Partei seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde und kam auch im zweiten Rechtsgang zum Schluß, daß die Gründung der T***** GesmbH kein Medienzusammenschluß iSd § 42c KartG sei und der Anmeldepflicht nach dieser Bestimmung nicht unterliege. Es folgerte aus den unstrittigen Angaben der Einschreiterin, daß diese weder direkt noch indirekt an der Verbreitung der von ihr hergestellten Filme beteiligt sei, sodaß bei ihr das kumulative Element von Herstellung und Verbreitung fehle, weshalb sie kein Medienunternehmen iSd § 42c Abs 1 Z 1 KartG sei. Sie sei aber entgegen der Meinung der Amtspartei in deren Äußerung ON 25 auch kein Mediendienst iSd § 1 Abs 1 Z 7 MedG, weil darunter Nachrichtenagenturen, Zeitungskorrespondenzen, Bildagenturen uä redaktionelle Hilfsunternehmen zu verstehen seien; mit einem reinen Filmproduktionsunternehmen ließen sich die angeführten Beispiele nicht vergleichen. In Ermangelung einer einschlägigen Verlagstätigkeit sei auch die X-***** GmbH kein Medienunternehmen, sodaß die Stellung und der Einfluß ihres Gesellschafters Gerhard U***** keiner näheren Prüfung bedürfe, da auch dieser Gesellschafter der neu gegründeten T***** GesmbH als Medienunternehmer nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Amtspartei mit dem Antrag, den Beschluß dahingehend abzuändern, daß festgestellt werde, daß ein Medienzusammenschluß vorliege; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Einschreiterin hat zu diesem Rekurs keine Gegenäußerung erstattet.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin meint, nach § 1 Abs 1 Z 7 MedG seien Mediendienste Unternehmen, welche Medienunternehmen wiederkehrend mit Beiträgen in Wort, Schrift, Ton oder Bild versorgten. Diese Definition schließe daher nicht aus, daß Filmproduktionsunternehmen auch Mediendienste sein könnten, stelle doch der gegenständliche Tatbestand auf die wiederkehrende Versorgung mit den entsprechenden Beiträgen ab und seien ein begrenzter Bezieherkreis und vertraglich geregelte Rechtsbeziehungen "in aller Regel" Merkmale von Mediendiensten. Die Einschreiterin versorge nach eigener Darstellung jedenfalls Medienunternehmen wiederkehrend mit Beiträgen in Bild und Ton.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß reine Filmproduktionsunternehmen nicht nur keine Medienunternehmen, sondern auch keine Mediendienste sind. Was unter einem Mediendienst zu verstehen ist, richtet sich infolge des Verweises in § 42c Abs 1 Z 1 KartG ausschließlich nach der im MedG gegebenen Definition eines Mediendienstes. § 1 Abs 1 Z 7 MedG definiert den Mediendienst als ein Unternehmen, das Medienunternehmen wiederkehrend mit Beiträgen in Wort, Schrift, Ton oder Bild versorgt. Darunter werden nach herrschender Ansicht (Leukauf/Steiniger, Strafrechtliche Nebengesetze**2 540) Nachrichtenagenturen, Zeitungskorrespondenzen, Bild- agenturen ua verstanden. Auch Wessely (Das Recht der Fusionskontrolle und Medienfusionskontrolle 98) versteht in ihrer umfangreichen Dissertation den Mediendienst in diesem Sinn. Konkretere Hinweise lassen sich nicht finden; selbst Koppensteiner begnügt sich in der neuesten Auflage seines umfangreichen Werkes Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 273 mit diesem Hinweis. Mögen auch Mediendienste in aller Regel einen begrenzten Abnehmerkreis haben und aufgrund vertraglicher Rechtsbeziehungen für Medienunternehmen tätig werden (Hartmann/Rieder, MedG 32), zeigen die genannten Beispiele doch deutlich, daß darunter redaktionelle Hilfsunternehmen und nicht selbständige Filmproduktionsunternehmen verstanden werden.

Das Erstgericht hat die Ergänzungsaufträge des Obersten Gerichtshofes befolgt, soweit dies aus rechtlichen Gründen erforderlich war. Da die Einschreiterin erklärt hat, daß die X-***** GmbH entgegen ihrem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand keine Verlagstätigkeit entfaltet und auch nicht zu entfalten gedenkt, handelt es sich bei diesem Unternehmen um kein Medienhilfsunternehmen iSd § 42c Abs 2 Z 1 KartG, sodaß weitere Erhebungen hinsichtlich der Stellung und des Einflusses ihres Gesellschafters Gerhard U*****, der an dem angezeigten Zusammenschluß beteiligt ist, entfallen konnten. Im übrigen ist die Rechtsansicht der Rekurswerberin, daß jedermann, der eine Stammeinlage einer GmbH besitzt, Unternehmer ist, wie der Oberste Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang (S 8 f mwH) ausgeführt hat, unzutreffend; die von der Rekurswerberin zitierte Entscheidung ist in dieser allgemeinen Form, wie Koppensteiner [aaO 255] überzeugend darlegt, unzutreffend.

Die Erhebungen des Erstgerichts sind auch sonst nicht mangelhaft geblieben. Der Rekurswerberin wurde, wie bereits eingangs geschildert, Gelegenheit gegeben, zu den ergänzenden Angaben der Einschreiterin Stellung zu nehmen. Obwohl die Rekurswerberin in dieser Stellungnahme mehrfach auf die X-***** GmbH zu sprechen kam, hat sie keine ergänzenden Angaben verlangt, sondern sich mit der Darlegung ihres Rechtsstandpunkts begnügt. Es wäre Sache der Rekurswerberin gewesen, in ihrer Stellungnahme zu den ergänzenden Angaben der Einschreiterin weitere Angaben zu verlangen, zu denen sich die Einschreiterin generell bereit erklärt hat. Sie kann nunmehr nicht erstmals im Rekurs fordern, daß das Erstgericht hätte prüfen müssen, ob diese Gesellschaft nicht doch Medienunternehmer sei, weil sie ihre Produkte vielleicht auch verbreite, oder wegen Ausübung einer Werbemitteltätigkeit (die auch als satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand erwähnt ist) ein Medienhilfsunternehmen iSd § 42c Abs 2 Z 3 KartG sei. Für derartige Ermittlungen von Amts wegen bestand für das Erstgericht kein Anlaß, weil die nach Zustellung des Aufhebungsbeschlusses von der Einschreiterin umgehend erstatteten ergänzenden Angaben nicht offensichtlich unzureichend oder undeutlich waren. Ließe man solche verspätete ratenweise Erhebungswünsche einer Amtspartei, die überdies noch jedes zweckdienlichen Hinweises entbehren (vgl OGH im ersten Rechtsgang S 7 f), zu, könnten Zusammenschlüsse und deren allfällige Untersagung nie zügig geprüft werden, obwohl dies erklärtes Ziel des Gesetzgebers war (vgl die überaus kurzen Fristen des § 42b KartG).