JudikaturJustiz15Os90/15x

15Os90/15x – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Dezember 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Medienrechtssache des Antragstellers Dr. Erich M***** gegen den Antragsgegner Österreichischer Rundfunk wegen § 7b Abs 1 MedienG, AZ 93 Hv 28/11k des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen die Beschlüsse dieses Gerichts vom 10. Oktober 2014 (ON 105 der Hv Akten) und vom 2. Februar 2015 (ON 131) sowie des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 5. Jänner 2015, AZ 18 Bs 345/14p (ON 122), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, weiters über den Antrag des Österreichischen Rundfunks auf Erneuerung des Verfahrens nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger, und des Vertreters des Antragsgegners, Dr. Korn, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Dem Erneuerungsantrag wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache des Antragstellers Dr. Erich M***** gegen den Antragsgegner Österreichischer Rundfunk wegen § 7b Abs 1 MedienG, AZ 93 Hv 28/11k, sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien mit seit 17. Juli 2014 rechtskräftigem (ON 98) Urteil vom 19. Dezember 2013 (ON 87) dem Antragsteller eine Entschädigung nach § 7 b Abs 1 MedienG zu und verpflichtete den Antragsgegner (ua) zur Urteilsveröffentlichung im exakt beschriebenen Umfang im Rundfunkprogramm ORF 2 und auf der Website tvthek.orf.at.

Mit Beschuss vom 10. Oktober 2014 (ON 105) verpflichtete das Landesgericht für Strafsachen Wien den Antragsgegner nach § 20 Abs 1 MedienG wegen nicht gehöriger Veröffentlichung der Urteilsteile im Rundfunkprogramm ORF 2 (und auf der Website tvthek.orf.at) vom 1. August 2014 bis zum 10. September 2014 zur Zahlung von 20 Euro pro Tag und Medium, insgesamt sohin 1.640 Euro, sowie zum Ersatz der Kosten des Durchsetzungsverfahrens. Ersteres mit der Begründung, die konkret inkriminierte Veröffentlichung sei mit Bildmaterial unterlegt gewesen, weshalb die Urteilsveröffentlichung zur Erhöhung der Aufmerksamkeit der Seher ebenfalls mit entsprechendem Bildmaterial zu gestalten gewesen wäre (BS 2).

Mit Beschluss vom 5. Jänner 2015, AZ 18 Bs 345/14p (ON 122), gab das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht der dagegen gerichteten Beschwerde des Antragsgegners dahin Folge, dass der Beschluss im Umfang des Zuspruchs von Geldbußen wegen nicht gehörig erfolgter Veröffentlichung der mit Urteil vom 19. Dezember 2013 aufgetragenen Urteilsteile auf der Website tvthek.orf.at mangels entsprechender Antragstellung ersatzlos aufgehoben wurde. Der Beschwerde des Antragstellers gab es dahin Folge, dass es die verbleibende Geldbuße auf 50 Euro pro Tag, insgesamt sohin 2.050 Euro erhöhte. Im Übrigen gab es den Beschwerden nicht Folge.

Das Beschwerdegericht ging wie das Erstgericht davon aus, dass der Antragsgegner am 1. August 2014 im Rahmen der Sendung „Heute in Österreich“ die ihm aufgetragene Urteilsveröffentlichung durch Verlesung des im Urteil vorgegebenen Textes durch einen Sprecher vorgenommen hat, wobei der Sprecher in die Kamera blickte (US 2, 15). Darüber hinaus nahm es an, dass sich derselbe Moderator unmittelbar danach einer anderen Kamera zugewandt und wiederum in die Kamera blickend ausgeführt hat: „Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Oberste Gerichtshof Dr. Erich M***** im Herbst dieses Jahres rechtskräftig wegen Amtsmissbrauchs verurteilt hat und das Strafausmaß von 12 auf 15 Monate angehoben wurde, was für Dr. Erich M***** einen Amtsverlust als Richter bedeutete.“

Soweit im Folgenden von Bedeutung, verwies das Beschwerdegericht begründend auf seine bisherige Rechtsprechung (OLG Wien 18 Bs 189/09h; 17 Bs 284/09b), wonach die Vorschrift des § 13 Abs 5 MedienG, die bei einer Veröffentlichung im Rundfunk oder in anderen in technischer Hinsicht gleichen Medien die Verlesung des Textes durch einen Sprecher vorschreibt, nichts an der Anwendbarkeit der Absätze drei und vier leg cit ändere. Auch Veröffentlichungen im Rundfunk seien am Gleichwertigkeitsgrundsatz des § 13 Abs 3 MedienG zu messen; allfällige aufmerksamkeitserhöhende gestalterische Mittel, die bei der Primärmitteilung eingesetzt wurden, dürften zur Erzielung des gleichen Veröffentlichungswerts bei der Sekundärveröffentlichung nicht gänzlich weggelassen werden. Im vorliegenden Fall sei die Primärmitteilung mit mehreren die Aufmerksamkeit des Medienpublikums erhöhenden (konkret aufgezählten) gestalterischen Mitteln versehen gewesen, sodass die auf solche gänzlich verzichtende inkriminierte Veröffentlichung als nicht gleichwertig anzusehen sei (BS 5 f, 9 ff, 14).

Überdies sei der Antragsgegner dem Gebot des § 13 Abs 7 zweiter Satz MedienG, wonach sich ein Zusatz zur aufgetragenen Veröffentlichung deutlich von dieser abzuheben hat, nicht nachgekommen. Durch die in einer kleinen Drehung bestehende Geste des Sprechers, welcher sich damit einer anderen Kamera zugewandt habe, sei die gesetzlich gebotene Zäsur zur Urteilsveröffentlichung nicht hergestellt worden, zumal Kameraschnitte in Moderationen regelmäßig als Stilmittel eingesetzt würden und über keinerlei speziellen Auffälligkeitswert verfügen. Den Vortragsmodus habe der Sprecher zudem unverändert beibehalten. Aus dem Umstand allein, dass in der Schlusspassage des vom Gerichtsauftrag umfassten Textes das erkennende Gericht und das Datum der Entscheidung genannt wurden, sei für den Medienkonsumenten nicht klar erkennbar gewesen, wann der Text des Urteilsveröffentlichungsauftrags geendet und der „Appendix“ begonnen habe, zumal die Seher weit überwiegend mit gerichtlich angeordneten Veröffentlichungen nicht vertraut seien, diese also gleichsam unvorbereitet und ohne Vorbildung konsumieren.

Wegen der fehlenden Gleichwertigkeit infolge Weglassung jedweder aufmerksamkeitserhöhender Gestaltungselemente sowie wegen des nicht deutlich abgegrenzten Zusatztextes sei die am 1. August 2014 erfolgte Veröffentlichung nicht als formgerecht zu beurteilen.

Mit Beschluss vom 2. Februar 2015 (ON 131) verpflichtete das Landesgericht für Strafsachen Wien den Antragsgegner nach § 20 Abs 1 MedienG wegen der im Zeitraum 11. September 2014 bis 16. Oktober 2014 unterbliebenen gehörigen Veröffentlichung der mit Urteil vom 19. Dezember 2013 (ON 87) aufgetragenen Urteilsteile im Rundfunkprogramm ORF 2 zur Zahlung einer (weiteren) Geldbuße von 50 Euro pro Tag, insgesamt sohin 1.800 Euro. Die Folgeanträge des Antragstellers wurden im Hinblick auf die am 17. Oktober 2014 erfolgte Urteilsveröffentlichung, die vom Gericht für gehörig befunden wurde, abgewiesen.

Begründend verwies das Erstgericht auf die Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 5. Jänner 2015.

Gegen die oben bezeichneten Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien (ON 105, 131) und des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht (ON 122) brachte der Antragsgegner am 2. Juli 2015 einen Antrag auf Verfahrenserneuerung gemäß § 363a StPO per analogiam (RIS Justiz RS0122228) iVm § 41 Abs 1 MedienG ein, mit welchem er eine Verletzung im Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 MRK releviert.

Die Generalprokuratur macht in ihrer gegen diese Beschlüsse erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes eine Verletzung von § 13 Abs 5 MedienG geltend.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes:

Die Generalprokuratur führt darin aus:

Nach § 8a Abs 6 MedienG ist im Urteil, in dem aufgrund eines selbständigen Antrags eine Entschädigung nach den §§ 6, 7, 7b oder 7c MedienG zuerkannt wird, auf Antrag des Betroffenen auf Urteilsveröffentlichung zu erkennen, wobei § 34 MedienG sinngemäß anzuwenden ist. § 34 Abs 4 MedienG ordnet wiederum an, dass die Urteilsveröffentlichung in einem Medium in sinngemäßer Anwendung des § 13 MedienG zu erfolgen habe.

§ 13 MedienG enthält Vorschriften für den Zeitpunkt und die Form der Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder einer nachträglichen Mitteilung.

Nach Abs 3 dieser Bestimmung ist die Gegendarstellung oder die nachträgliche Mitteilung so zu veröffentlichen, dass ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht. Dieser Grundsatz wird im Folgenden konkretisiert, und zwar differenzierend nach der Art des betreffenden Mediums. So schreibt § 13 Abs 3 zweiter Satz MedienG vor, dass für den Fall, dass das periodische Medium in mehreren Ausgaben oder in mehreren Programmen ausgestrahlt wird, die Veröffentlichung in den Ausgaben oder in den Programmen zu geschehen hat, in denen die Tatsachenmitteilung, auf die sie sich bezieht, verbreitet worden ist.

Während Abs 3a leg cit Regelungen für die Veröffentlichung auf einer Website enthält, normiert Abs 4 leg cit auf welche Weise der gleiche Veröffentlichungswert bei Veröffentlichungen in einem periodischen Druckwerk oder auf einer Website zu erzielen ist.

§ 13 Abs 5 erster Satz MedienG ordnet an, dass die Veröffentlichung im Rundfunk oder in anderen in technischer Hinsicht gleichen Medien durch Verlesung des Textes durch einen Sprecher zu geschehen hat. Ist eine Tatsachenmitteilung in einem Programm wiederholt verbreitet worden, so genügt die einmalige Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung zu jenem der in Betracht kommenden Zeitpunkte, zu dem sie den größten Veröffentlichungswert hat (zweiter Satz leg cit).

Nach Abs 6 leg cit ist eine Gegendarstellung in Form eines Stand- oder Laufbildes zu veröffentlichen, wenn die Tatsachenmitteilung gleichfalls in Form einer bildlichen Darstellung verbreitet worden ist und der mit der Gegendarstellung angestrebte Rechtsschutz nur mit dieser Veröffentlichungsform erreicht werden kann.

Schließlich schreibt Abs 7 leg cit vor, dass die Veröffentlichung ohne Einschränkungen und Weglassungen zu geschehen hat. Ein Zusatz hat sich deutlich von ihr abzuheben (zweiter Satz leg cit).

Schon aus der Systematik dieser gesetzlichen Bestimmung wird deutlich, dass es sich bei dem in Abs 3 enthaltenen Postulat des gleichen Veröffentlichungswerts um einen Grundsatz handelt und dieser im Folgenden, differenzierend nach verschiedenen medialen Gattungen konkretisiert wird. Die für Veröffentlichungen im Rundfunk, also insbesondere auch im Fernsehen geltende Norm des § 13 Abs 5 MedienG ist daher im Verhältnis zu § 13 Abs 3 MedienG lex specialis (vgl Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll MedienG 3 § 13 Rz 22). Diese Bestimmung stellt nicht nur eine konkrete Anforderung an eine Veröffentlichung im Rundfunk, nämlich dass diese durch Verlesung des Textes durch einen Sprecher und nicht etwa bloß durch Einblendung eines schriftlichen Textes zu geschehen hat; sie lässt es damit auch genug sein und verlangt dem Medieninhaber nicht mehr ab, insbesondere nicht den Einsatz bildlicher Gestaltungsmittel, mögen solche auch die Primärmitteilung begleitet haben.

Dies wird nicht zuletzt durch die nachfolgende Bestimmung des § 13 Abs 6 MedienG deutlich, wonach die Veröffentlichung in Form eines Stand- oder Laufbildes nur für den Fall angeordnet wird, dass die Tatsachenmitteilung gleichfalls in Form einer bildlichen Darstellung verbreitet worden ist und andernfalls der mit der Gegendarstellung angestrebte Rechtsschutz nicht erreicht werden könne. Diese Bestimmung bezieht sich aber gerade nicht auf jene Fälle, in welchen wie im vorliegenden Fall die Tatsachenmitteilung bzw die inkriminierte Passage durch einen zu einem Stand- oder Laufbild gesprochenen Text erfolgte.

Demzufolge verletzt die in der Begründung der oben genannten Beschlüsse vertretene Rechtsansicht, wonach bei einer Urteilsveröffentlichung im Fernsehen zur Erzielung des gleichen Veröffentlichungswertes zusätzlich zur Verlesung des Textes durch einen Sprecher Bilder gesendet werden müssten, wenn solche auch die Primärmitteilung begleitet haben, das Gesetz in § 13 Abs 5 MedienG.

Solcherart kann dahingestellt bleiben, ob die Ausstrahlung eines Filmes, zu dem ein nicht sichtbarer Sprecher den aufgetragenen Text verliest, die Aufmerksamkeit der Zuseher betreffend den Inhalt des Gesprochenen tatsächlich erhöht. Denn anders als bei einem Druckwerk oder auf einer Website, bei welchen der Leser bzw Nutzer durch ein Bild auf einen Text aufmerksam gemacht wird, den er nach der Betrachtung des Bildes liest, das Bild also als Blickfang eingesetzt wird, müsste der Fernsehzuseher Ton und damit nicht unbedingt korrespondierende Bilder gleichzeitig aufnehmen, was keineswegs zwangsläufig zu einem besseren Verständnis des (nur) gesprochenen Wortes führt.

Im Ergebnis zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings einen Verstoß gegen § 13 Abs 7 zweiter Satz MedienG angenommen und (auch) demzufolge verneint, dass der Antragsgegner mit der am 1. August 2014 vorgenommenen Urteilsveröffentlichung seiner Verpflichtung nachgekommen ist. Der Zusatz betreffend die in der Zwischenzeit erfolgte rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers samt der daran geknüpften Rechtsfolge des Amtsverlusts wurde nämlich von der aufgetragenen Veröffentlichung nur dadurch abgegrenzt, dass sich der Sprecher dabei einer anderen Kamera zugewendet hat. Damit wurde dem Erfordernis der deutlichen Abhebung vom Urteilstext aber nicht Genüge getan. Verlangt das Gesetz dem Medieninhaber bei der Veröffentlichung eines Urteils im Fernsehen (nur) die Verlesung eines Textes ab, so hat sich jeder Zusatz vor allem textlich, also durch einen entsprechenden vom Sprecher vorgetragenen wörtlichen Hinweis deutlich davon abzuheben. Nonverbale Gestaltungselemente reichen dazu nicht hin.

Die gegenständlichen Entscheidungen sind daher im Ergebnis rechtsrichtig, weshalb es mit der Feststellung des dargestellten, (nur) in der Begründung unterlaufenen Rechtsfehlers sein Bewenden haben wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

§ 13 MedienG lässt sich nicht entnehmen, dass die allgemeine Regel des Abs 3 durch dessen Abs 5 verdrängt werden sollte. § 13 Abs 5 MedienG trifft nämlich keine Aussage darüber, wann das Gesetz „jedenfalls“ von einem gleichen Veröffentlichungswert ausgeht (vgl etwa in Abs 4 im Zusammenhang mit periodischen Druckwerken oder Websites). Vielmehr ordnet diese Bestimmung bloß an, dass die Veröffentlichung im Rundfunk oder in anderen in technischer Hinsicht gleichen Medien (immer) durch Verlesung des Textes durch einen Sprecher zu geschehen hat, also nicht nur dann in dieser (äußeren) Form , wenn die Primärveröffentlichung durch einen Sprecher verbreitet wurde, sondern auch, wenn dies etwa in Form einer schriftlichen Einblendung geschah.

§ 13 Abs 6 MedienG hingegen regelt ausschließlich den Sonderfall einer „Bildentgegnung“ („Bild-Gegendarstellung“), wenn also der mit einer Gegendarstellung zu einer bildlichen Darstellung angestrebte Rechtsschutz nur mit der Form eines Stand- oder Laufbildes erreicht werden kann.

Maßstab der Prüfung einer Veröffentlichung im Rundfunk ist mangels Einschränkung im Gesetz also stets (auch) der gleiche Veröffentlichungswert im Sinn des § 13 Abs 3 MedienG, der sich am Gesamteindruck zu orientieren hat. Mag nach der Intention des Gesetzgebers ein entsprechender Veröffentlichungswert in der Regel durch die bloße Verlesung erzielt werden können, bleibt dennoch zu prüfen, ob ein solcher nach den Umständen des Einzelfalls auch tatsächlich erreicht wurde.

Sowohl das Landesgericht für Strafsachen Wien als auch das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht nahmen in den von der Generalprokuratur angefochtenen Beschlüssen eine solche Einzelfallprüfung vor und gelangten zu dem Schluss, dass die strittige Veröffentlichung (Verlesung im leeren Studio) im Hinblick auf das Weglassen von die Aufmerksamkeit des Medienpublikums erhöhender gestalterischer Mittel (hier: zumindest Bildmaterial), mit welchen die Primärmitteilung (durch die Einspielung von Filmsequenzen mit Gerichtsbezug, die Präsentation eines Interviews mit einem hochrangigen Justizorgan und die Ankündigung des Beitrags unter den „Topthemen“) versehen war, in concreto nicht die gleiche Publizität bewirkt habe. Dass bei einer Urteilsveröffentlichung im Fernsehen zur Erzielung des gleichen Veröffentlichungswerts zusätzlich zur Verlesung des Textes durch einen Sprecher stets Bilder gesendet werden müssten , wenn solche auch die Primärmitteilung begleitet haben, wird in der Begründung der angefochtenen Beschlüsse dem Vorwurf der Generalprokuratur zuwider nicht behauptet.

Da sich die Generalprokuratur auf die Argumentation beschränkt, bei § 13 Abs 5 MedienG handle es sich um eine lex specialis gegenüber § 13 Abs 3 MedienG, ohne die gerichtliche Prüfung des konkreten Einzelfalls zu kritisieren, war ihre Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu verwerfen.

Nicht weiter einzugehen war auf die Anregung des Antragstellers in seiner Äußerung zur Wahrungsbeschwerde, der Oberste Gerichtshof möge sich von Amts wegen mit der (seiner Ansicht nach gesetzwidrigen) Abweisung seiner Folgeanträge durch den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 2. Februar 2015 (ON 131) und mit jenem Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 15. April 2015, AZ 18 Bs 73/15i (ON 147) befassen, mit welchem seiner diesbezüglichen Beschwerde nicht Folge gegeben wurde: Denn zum einen hat § 290 StPO in seinem Anwendungsbereich (einem mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpften Urteil) von vornherein bloß dem Angeklagten (im Verfahren nach dem MedienG demnach dem Antragsgegner) zum Nachteil gereichende Gesetzesverletzungen im Auge. Abgesehen davon käme die analoge Anwendung des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO auf von der Generalprokuratur nicht relevierte (materiell rechtliche) Gesetzesverletzungen in angefochtenen Beschlüssen (ON 131) gar nicht in Betracht (RIS Justiz RS0123927). Von der Generalprokuratur nicht bekämpfte Entscheidungen (ON 140) wiederum sind unbeachtlich (RIS-Justiz RS0121618).

Zum Antrag des Antragsgegners auf Erneuerung des Verfahrens:

Der Erneuerungswerber wendet sich gegen die Verhängung von Geldbußen über den Antragsgegner wegen nicht ordnungsgemäßer Veröffentlichung der aufgetragenen Urteilsteile durch die in Rede stehenden Beschlüsse und ortet einen Verstoß gegen Art 10 MRK.

Da er bloß mit einer Verdrängung des allgemeinen Grundsatzes des § 13 Abs 3 MedienG durch § 13 Abs 5 MedienG als lex specialis argumentiert, ohne auf den durch das Oberlandesgericht entschiedenen Einzelfall einzugehen (vgl RIS Justiz RS0124359) , war er in diesem Punkt auf die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu verweisen.

Wie bereits von der Generalprokuratur dargelegt, entsprach aber auch die Annahme einer nicht gehörigen Veröffentlichung der aufgetragenen Urteilsteile wegen des Verstoßes gegen § 13 Abs 7 MedienG einer gesetzlich vorgesehenen Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung (Art 10 Abs 2 MRK). Denn der Zusatz betreffend die in der Zwischenzeit erfolgte rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers samt der daran geknüpften Rechtsfolge des Amtsverlusts wurde von der aufgetragenen Veröffentlichung (die einer Verletzung der Unschuldsvermutung in der Vergangenheit Rechnung tragen sollte) durch einen bloßen Kameraschwenk nicht ausreichend abgegrenzt.

Das Vorbringen des Erneuerungswerbers ist damit insgesamt nicht geeignet, die unrichtige Lösung der zu klärenden Frage durch das Oberlandesgericht aufzuzeigen, dass also die Verwirklichung eines Eingriffstatbestands (Art 10 Abs 2 MRK; Durchsetzung des Schutzes der Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 MRK) zu Unrecht angenommen wurde.

Die unmittelbare Bekämpfung (auch) der (erstinstanzlichen) Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 2014 (ON 105) und vom 2. Februar 2015 (ON 131) mittels eines ohne vorherige Anrufung des EGMR eingebrachten Erneuerungsantrags ist im Übrigen schon deshalb nicht möglich, weil nach den Art 34 und 35 MRK entsprechenden Zulässigkeitskriterien erst die letztinstanzliche Entscheidung nach Ausschöpfung des (horizontalen und vertikalen) innerstaatlichen Instanzenzugs anzufechten ist (vgl RIS Justiz RS0122737).

Der Erneuerungsantrag war demnach zur Gänze abzuweisen.

Ein Ausspruch über die Kosten des Erneuerungsverfahrens hatte dem Begehren von Antragsgegner und Antragsteller zuwider nicht zu ergehen, weil eine Kostenersatzpflicht im Verfahren gemäß § 363a StPO nicht vorgesehen ist. Soweit ein Erneuerungsantrag erfolglos geblieben ist, löst er demnach von vornherein keine Ersatzpflicht aus (vgl Lendl , WK-StPO § 390a Rz 20; 15 Os 67/15i; 15 Os 96/14b-10; 15 Os 16/15i). Bloß in einem allenfalls erneuerten Verfahren ist die Geltendmachung entsprechender Kosten je nach endgültigem Verfahrensausgang nach Maßgabe der allgemeinen Regeln über den Kostenersatz denkbar (vgl RIS Justiz RS0126968).

Rechtssätze
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