JudikaturJustiz15Os50/06a

15Os50/06a – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bussek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Karl W***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 20. Februar 2006, GZ 602 Hv 1/06i-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiss, sowie des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Dr. Kier, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass die verhängte Freiheitsstrafe für eine Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen wird.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch rechtskräftige Teilfreisprüche und Privatbeteiligtenzusprüche enthaltenden - Urteil wurde der Angeklagte Mag. Karl W***** des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB (I./), der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III./) sowie „des sechsfachen Vergehens" der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ am 8. November 2004 in St. Andrä/Wördern mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Alexandra W***** durch Anhalten eines Revolvers an den Kopf, „wobei der Genötigten nicht erkennbar war, ob dieser geladen war", und die sinngemäße Äußerung, er werde sie umbringen, wenn sie bei der Scheidung die Hälfte des Geldes oder das Haus in Gugging verlange, mithin durch Drohung mit dem Tod, zu einer Handlung, die diese mit einem nicht mehr näher festzustellenden, 100.000 Euro jedenfalls übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollte, nämlich bei der einvernehmlichen Scheidung am 11. November 2004 auf Unterhalt, Ausgleichszahlungen für die bei ihm verbliebenen Liegenschaften sowie die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse zu verzichten, zu nötigen versucht;

II./ in der Nacht auf den 29. September 2004 in Klosterneuburg Alexandra W***** mit Gewalt dazu genötigt, die Zentralverriegelung zu öffnen und ihn ins Auto zu lassen, indem er sie, in ihrem Pkw fahrend, durch Überholen und Ausbremsen zum Anhalten zwang und durch einen Fensterspalt an den Haaren riss;

III./ am 5. November 2005 in St. Andrä/Wördern Viktor F***** durch die sinngemäße Äußerung: „Wenn ich meine Waffe wieder habe, stehst du nachher nicht mehr da!" gefährlich bedroht, um diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen;

IV./ Nachgenannte am Körper verletzt, indem er

1./ Alexandra W*****

a./ am 11. Mai 2004 in St. Andrä/Wördern zu Boden warf und mit Händen schlug, wodurch sie Hämatome an den Oberarmen erlitt;

b./ am 20. Juni 2004 in St. Andrä/Wördern mit den Händen schlug und ihr nicht mehr näher festzustellende Hämatome zufügte;

c./ am 24. Juni 2004 in St. Andrä/Wördern am Boden über Stiegen ins Haus schleifte, wodurch sie großflächige Hämatome am rechten Oberschenkel erlitt;

d./ am 29. September 2004 in Klosterneuburg würgte und seine Finger gegen ihr linkes Auge und ihre Nase presste, wodurch sie eine Augapfelprellung und Nasenbluten erlitt;

e./ am 16. März 2005 in St. Andrä/Wördern zu Boden warf, mit den Füßen trat und ins Haus zerrte und ihr dadurch diverse Hämatome und Abschürfungen zufügte;

2./ am 5. November 2005 in St. Andrä/Wördern Viktor F***** mit beiden Händen am Hals packte, ihn würgte, seinen Kopf in den „Schwitzkasten" nahm und gegen dessen Pkw rammte, wodurch dieser Würgemale am Hals links, eine fünf Zentimeter lange Schnittwunde an der rechten Wange und eine Rissquetschwunde an der rechten Augenbraue erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Unter der Z 3 behauptet der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen § 152 Abs 5 StPO, weil die Zeugin Alexandra W***** bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung (S 312 bis 329) nur auf das ihr als seiner geschiedenen Gattin gemäß § 152 Abs 1 Z 2 StPO zukommende Recht zur Zeugnisentschlagung, nicht aber (mangels Belehrung durch den Vorsitzenden) auch auf das Entschlagungsrecht wegen Gefahr der Selbstbelastung (Z 1 leg cit) ausdrücklich verzichtet hat, obgleich er sie schon in seiner im Vorverfahren übermittelten schriftlichen Stellungnahme (S 59) und auch in der Hauptverhandlung (S 300) der am 10. September 2005 vorgenommenen vorsätzlichen Beschädigung seines Kraftfahrzeuges bezichtigt hatte.

Im vorliegenden Fall handelte es sich dabei jedoch um einen im Sinne des § 152 Abs 4 StPO gesonderten Sachverhalt, sodass der Zeugin in Ansehung des den Vernehmungsgegenstand bildenden Tatvorwurfs kein Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO zustand. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider durfte der Antrag auf „Anfertigung von Einzelbildern der heute in der Verhandlung gesehenen CD lediglich für den Vorfall, der zu Handgreiflichkeiten und zur Anklage geführt hat (5. November 2005)" (S 361), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, beinhaltete er doch nicht einmal ein - sich inhaltlich auch nicht unmissverständlich aus dem Zusammenhang ergebendes - Beweisthema (Ratz WK-StPO § 281 Rz 328). Auch durch die Nichterledigung des Antrages auf „Beischaffung des Waffenaktes TU-S3-W-05-135 der Bezirkshauptmannschaft Tulln, insbesondere weil auch darin eine Aussage der Frau Alexandra W***** vorhanden ist, die mit den bisher gemachten Aussagen nicht in Einklang zu bringen ist" (S 360) wurden Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt, hat es der Beschwerdeführer doch unterlassen, die zu anderen Aussagen der Genannten angeblich im Widerspruch stehenden Angaben in diesem Verwaltungsverfahren, sohin die unter zu Beweis zu stellenden tatsächlichen Umstände zu bezeichnen. Damit enthält dieses Begehren, abgesehen von der angestrebten unzulässigen Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330), im Ergebnis ebenfalls kein Beweisthema.

Die (kursorische) Behauptung der Mängelrüge, das Erstgericht stütze „weitreichende schuld- und subsumtionsrelevante Feststellungen gemäß US 11 ff auf zahlreiche nicht vorgekommene Aktenteile", seien letztere in der Hauptverhandlung vom Vorsitzenden doch weder verlesen noch vorgeführt, sondern bloß „erörtert" worden, woraus aber auch ein „Vortrag" des wesentlichen Inhaltes der Aktenstücke (§ 252 Abs 2a StPO) nicht abgeleitet werden könne, ist schon deshalb unbeachtlich, weil sie jene entscheidungswesentlichen Feststellungen, die von der behaupteten offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) betroffen sein könnten, gar nicht bezeichnet (§ 285a Z 2 StPO). Im Übrigen lässt die Beschwerde unbegründet, weshalb die vom Vorsitzenden einverständlich vorgenommene Erörterung „des Akteninhaltes sowie der angeschlossenen (durch Anführung der Aktenzahlen bezeichneten beiden) Beiakten" (S 361) der Vorschrift des § 252 Abs 2a StPO nicht entsprochen hätte, wonach der Vorsitzende anstelle der Vorlesung oder Vorführung (Abs 1 und Abs 2 leg cit) den erheblichen Inhalt der Aktenstücke vortragen kann, soweit Ankläger und Angeklagter zustimmen.

Der wiederum eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu IV./1./ und III./ behauptenden Rüge zuwider haben die Tatrichter die Urteilsannahme, wonach der Beschwerdeführer bei allen dem Schuldspruch IV./1./ zu Grunde liegenden tätlichen Angriffen mit Verletzungsvorsatz gehandelt hat, keineswegs bloß pauschal aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet (US 11), sondern (jedenfalls zu IV./1./d./) auch mit der aggressiven Persönlichkeit des Angeklagten begründet (US 14). Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zuwider wurde dessen leugnende Verantwortung in den Erwägungen des Erstgerichtes sehr wohl berücksichtigt (US 12).

Im Übrigen ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein ihm zugrundeliegendes Wollen und Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar (14 Os 132/98), ja bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Der von den Tatrichtern aus den jeweiligen Angriffshandlungen und den daraus resultierenden Verletzungsfolgen gezogene Schluss auf den Verletzungsvorsatz des Beschwerdeführers verstößt weder gegen Gesetze folgerichtigen Denkens noch grundlegende Erfahrungssätze, ist als Begründung für die Annahme der subjektiven Tatseite daher zureichend (Z 5 vierter Fall).

Gleiches gilt für den Schuldspruch III./, bei dem das Erstgericht die Absicht des Beschwerdeführers, Viktor F***** in Furcht und Unruhe zu versetzen, nicht nur mit dem Inhalt der Äußerung, sondern auch mit der (aggressiven, vgl US 14) Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten und dessen „tatsächlichen Waffenbesitz" begründet hat (US 16). Mit dem weiteren Vorbringen, das Erstgericht wäre auf Grund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer aus der unmittelbar vorangegangenen körperlichen Auseinandersetzung mit dem Zeugen F***** als Sieger hervorgegangen ist, gleichwohl die inkriminierte Äußerung aber nicht im geringsten effektuiert hat, darüber hinaus auch noch zur Begründung verpflichtet gewesen, „aus welchen nachvollziehbaren Gründen es das Vorliegen einer bloßen, nicht tatbestandsmäßigen Unmutsäußerung ausschloss", wird kein Begründungsmangel dargetan, sondern unzulässig die kollegialgerichtliche Beweiswürdigung bekämpft. Denn das Gericht hat das Urteil in gedrängter Darstellung zu begründen, ist aber nicht verpflichtet, sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinanderzusetzen. Die zum Schuldspruch I./ der Sache nach behauptete Unvollständigkeit des Verfahrens, die der Beschwerdeführer aus dem Unterbleiben einer amtswegigen Befragung über die Identität eines von ihm nicht näher bezeichneten Alibizeugen ableitet, stellt den Nichtigkeitsgrund der Z 5 nicht dar (Ratz WK-StPO § 281 Rz 426, Fabrizy StPO9 § 281 Rz 44). Zur Geltendmachung des behaupteten Mangels mit Verfahrensrüge (Z 4) fehlt es am Erfordernis einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung.

Der gegen den Schuldspruch IV./1./a./, b./, c./ und e./ gerichteten Mängelrüge zuwider hat das Erstgericht die Aussagen der Zeuginnen Petra B***** (S 331 f), Nada K***** (S 332 f), Claudia T***** (S 336) und Andrea M***** (S 337 f) in ihrer Gesamtheit richtig wiedergegeben, wonach ihren Beobachtungen zufolge Alexandra W***** wiederholt Verletzungen aufgewiesen und den Beschwerdeführer als Urheber genannt hat (US 11 ff). In Entsprechung des Gebotes der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) haben die Tatrichter ohne Begründungsmangel die Erörterung jener Aussagenteile dieser Zeuginnen unterlassen, wonach Alexandra W***** die Verletzungen ihnen gegenüber anfänglich mit Eigenverschulden (Sturz über Kellerstiege, Unachtsamkeit beim Spielen mit dem Sohn) erklärt hat, brachten doch alle Zeuginnen unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie diese ersten Erklärungsversuche der Verletzten als bloße Ausrede (so etwa wörtlich Petra B*****, S 332 oben) zur Verschleierung des wahren Tatherganges zwecks Schutzes des Angeklagten (= ihres damaligen Ehegatten) empfunden haben. Jene „Entlastungszeugen", deren Aussagen das Erstgericht in Ansehung der Tathandlungen vom 24. Juni 2004 und vom 16. März 2005 (= IV./1./c./ und e./) übergangen haben soll, werden in der Mängelrüge nicht bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Mit Aussagen der Dienstnehmer des Angeklagten hat sich das Erstgericht aber sehr wohl auseinandergesetzt und daraus den (dem Beschwerdevorbringen entgegenstehenden) Schluss gezogen, dass kurzzeitige (für die Tatbegehung ausreichende) Abwesenheiten des Angeklagten vom Betrieb auf Grund seiner dort ausgeübten Funktionen und der relativen Nähe der Betriebsstätte zum jeweiligen Tatort durchaus möglich waren (US 12 f). Welche Zeugenaussage dieser Schlussfolgerung der Tatrichter unvereinbar und damit erörterungsbedürftig gegenüber steht, zeigt die Beschwerde nicht auf.

Fehl geht aber auch die gegen den Schuldspruch wegen versuchter Erpressung (I./) erhobene Mängelrüge.

Wie aus Spruch und Gründen des Urteils zu entnehmen ist, war der bezügliche Tatvorsatz des Beschwerdeführers ua darauf gerichtet, seine damalige Ehegattin Alexandra W***** bei der bevorstehenden einvernehmlichen Scheidung zum Verzicht auf alle (ihr zustehenden) Ansprüche, insbesondere betreffend Unterhalt, Ausgleichszahlungen für bei ihm verbleibende Liegenschaften sowie die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse zu nötigen (vgl US 2, 8 f). Da beim Verbrechen der (schweren) Erpressung die Höhe des durch die Tat bewirkten oder angestrebten Vermögensschadens kein Deliktsmerkmal darstellt, kommt der Verantwortung des Angeklagten, wonach einzelne der von seiner Frau angeblich beanspruchten Vermögensbestandteile, wie „das Haus in Gugging" oder ein bestimmtes Sparbuch, gar nicht zum ehelichen Vermögen gehört hätten (S 298 f), weder für die Schuldfrage noch für die Subsumtion Bedeutung zu, bedurfte insofern daher auch - dem Einwand unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Satz) zuwider - keiner Erörterung.

Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen den Feststellungen, wonach (einerseits) „Alexandra W***** bei der einvernehmlichen Scheidung am 11. November 2004 schließlich auf sämtliche, durchaus mögliche, finanzielle Ansprüche verzichtet hat" und wonach (andererseits) nicht festgestellt werden konnte, „ob derartige Ansprüche (der Alexandra W*****) durchsetzbar gewesen wären" (vgl US 9), ist nicht erkennbar, zumal der Schuldspruch ohnehin nur wegen Versuchs erfolgt ist.

Die Ableitung der Feststellungen zur inneren Tatseite aus dem „äußeren Geschehen (Anhalten der Waffe an den Kopf)" (vgl US 14) lässt keineswegs den konstatierten Tatvorsatz auf unrechtmäßige Bereicherung (US 9) unbegründet, umfasst die Tathandlung doch auch die mündliche (durch gefährliche Drohung unterstrichene) Forderung des Angeklagten, bei einer einvernehmlichen Scheidung auf alle (gemeint: Alexandra W***** gegen ihren Ehegatten zustehenden) Ansprüche zu verzichten (US 2, 8).

Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über seine Schuld in Ansehung der vorsätzlichen Körperverletzung an Viktor F***** vom 5. November 2005 (= ./IV./2) zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a) vermag der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen über den Inhalt des über die Tätlichkeiten aufgenommenen Filmmaterials nicht zu erwecken.

Denn das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in der Behauptung, nicht der Beschwerdeführer - wie vom Erstgericht konstatiert - sondern Viktor F***** habe mit den Tätlichkeiten begonnen und ihn (den Beschwerdeführer) sodann in den „Schwitzkasten" genommen, die (anderslautenden) Aussagen der Zeugen Viktor F***** und Alexandra W***** seien somit unwahr.

Damit spricht die Tatsachenrüge aber keine entscheidende Tatsache an. Denn bei einem (von der Beschwerde unterstellten) Raufhandel, der aus einer Aufeinanderfolge wechselseitiger Angriffs- und Abwehrhandlungen besteht, ist es unerheblich, wer die Tätlichkeiten eröffnet hat. Ein möglicher Nachweis der teilweisen Unwahrheit von Zeugenaussagen in Bezug auf unerhebliche Nebenumstände der Tat - wie hier zur Frage, ob auch der Zeuge Viktor F***** Angriffshandlungen gesetzt hat - stellt den Nichtigkeitsgrund der Z 5a aber nicht her.

Ihr Vorbringen, den Feststellungen zufolge sei eine vermögensschädigende Verfügung (der Genötigten) zur Gänze ausgeschlossen und damit „nicht einmal der Versuch der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB im Grundtatbestand möglich" gewesen, stützt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) auf die (negative) Urteilsannahme, wonach nicht festgestellt werden könne, ob bei der einvernehmlichen Scheidung geltend zu machende finanzielle Ansprüche der Alexandra W***** durchsetzbar gewesen wären (US 9), übergeht jedoch, dass das Erstgericht keineswegs vom Fehlen jeglicher Vermögensansprüche der Genötigten gegen ihren damaligen Ehegatten ausgegangen ist, sondern die Prüfung derartiger Ansprüche bloß dem Zivilverfahren vorbehalten wissen wollte (vgl US 15 oben, 17 unten). Damit hält sie jedoch nicht am gesamten Urteilssachverhalt fest und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet aus der (Negativ )Konstatierung, wonach „nicht festgestellt werden konnte, ob sich Alexandra W***** nicht bereits vor dem Vorfall vom 8. November 2004 dazu entschlossen hatte, bei der einvernehmlichen Scheidung auf alle finanziellen Ansprüche zu verzichten, um rasch von ihrem gewalttätigen Ehemann geschieden zu werden" (US 9 Mitte), eine absolute Untauglichkeit des (Erpressungs )Versuches iSd § 15 Abs 3 StGB ab und vermeint, der Beschwerdeführer habe sich insofern daher nur in Richtung § 107 Abs 1 StGB schuldig gemacht. Nach der in einer Entscheidung des verstärkten Senates vom 23. Oktober 1986, 13 Os 45/86, vertretenen objektiven Verbrechensauffassung sei eine Strafbarkeit eines Verhaltens im (tatbestandsspezifischen) Sinn ausgeschlossen, wenn die Verletzung des angegriffenen Rechtsgutes und damit die Deliktsvollendung unter keinen Umständen möglich sei, wobei die Beurteilung objektiv - nach der wahren Sachlage - vorzunehmen sei. Diese Voraussetzung treffe auf den vorliegenden Fall zu, weil eine Willensbeugung des Tatopfers zur Umsetzung des Tätervorsatzes (ausgehend von der angeführten Negativfeststellung) „nicht mehr möglich war, zumal es bereits zu dem vom Angeklagten angestrebten Verzicht fest entschlossen war". Auch dieser Einwand ist nicht zielführend.

Wenn ein Opfer auch ohne erpresserische Nötigung zur verlangten Leistung bereit ist, fehlt es an der Kausalität zwischen Täterverhalten und Taterfolg, weshalb - wie hier - von einer im Versuchsstadium gebliebenen Tat auszugehen ist. Absolute Untauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) dieses Versuchs wäre nur gegeben, wenn die Vollendung der Tat - also im konkreten Fall die Abgabe einer erzwungenen Verzichtserklärung durch Alexandra W***** - unter keinen Umständen möglich war.

Das Erstgericht konnte zwar einen zuvor gefassten Entschluss der Zeugin W*****, auf ihr zustehende Ansprüche zu verzichten, nicht ausschließen. Dies ändert jedoch schon angesichts der Möglichkeit eines Meinungsumschwungs der Zeugin bis zu der drei Tage später stattfindenden Scheidungsverhandlung nichts daran, dass das Tatopfer grundsätzlich als Objekt der vom Angeklagten in Aussicht genommenen Erpressung in Betracht kam. Eine Tatvollendung wäre daher lediglich infolge der akzidentiellen Umstände des Einzelfalles gescheitert (14 Os 85/95).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demgemäß - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der von der Verteidigung gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 145 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sah gemäß § 43a Abs 3 StGB einen Strafteil von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, als mildernd hingegen die gerichtliche Unbescholtenheit, die seelische Belastung infolge der Scheidungssituation und der familiären Zerrüttung sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Die dagegen vom Angeklagten erhobene Berufung strebt eine Herabsetzung und gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe an. Dem Berufungsvorbringen zuwider kommt zu den ansonsten zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen - insbesondere in Ansehung der Körperverletzungsdelikte - als erschwerend noch der lange Deliktszeitraum hinzu (RIS-Justiz RS0091200). Solcherart erweist sich aber die ausgemessene Freiheitsstrafe nicht als überhöht. Angesichts der Unbescholtenheit des Angeklagten war jedoch anzunehmen, dass die bloße Androhung der Vollziehung der verhängten Freiheitsstrafe genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Da auch generalpräventive Erwägungen nicht entgegenstehen, war der Berufung daher insoweit Folge zu geben und die Strafe für eine Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachzusehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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