JudikaturJustiz15Os23/02

15Os23/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. April 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. April 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert P***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 11. Dezember 2001, GZ 30 b Vr 5601/01-226, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem (einhelligen) Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Herbert P***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (A.) und des Mordes nach § 75 StGB (B.) schuldig erkannt.

Danach hat er am 26. Oktober 1988 in Wien Alexandra S***** dadurch, dass er

A. sie auf ein unbebautes, verwildertes Grundstück zerrte, auf sie einschlug, ihr die Kleider vom Leib riss, sie zu Boden stieß und festhielt, (zu ergänzen: außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt;

B. nach der zu Punkt A. beschriebenen Tat ihr die Strumpfhose und die Discohose um den Hals schlang, diese fest zuzog und fest zugezogen verknotete, durch Erdrosseln vorsätzlich getötet.

Die vom Angeklagten dagegen aus Z 4, 5 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen einer in den Ausführungen der Verfahrensrüge (Z 5) aufgestellten Behauptung, welche ausdrücklich als Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 (Z 4) StPO releviert wird, musste der Vater des Angeklagten, Josef P*****, nicht zur Hauptverhandlung erscheinen, um dort über das ihm gemäß § 152 Abs 1 Z 2 StPO zustehende Entschlagungsrecht belehrt zu werden und ihm dazu eine Erklärung abzuverlangen. Denn eine solche Verzichtserklärung ist an keine bestimmte Förmlichkeit gebunden (15 Os 26/96, 14 Os 44, 142/96). Vielmehr kann diese auch schon vor der Hauptverhandlung (zB wie vorliegend schriftlich, S 233/VIII) abgegeben werden. Ob sie ausreichend und unbedenklich ist, hat das Gericht zu entscheiden (vgl 14 Os 145/98, 14 Os 105/99 uam). Im Übrigen könnte die Unterlassung der Vernehmung eines Zeugen den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund gar nicht bewirken (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 3 E 21; 13 Os 61/00). Der auf Z 5 gestützten Verfahrensrüge, die sich gegen das Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs wendet, mit dem sechzehn von der Verteidigerin in der Hauptverhandlung am 11. Dezember 2001 gestellte Anträge abgewiesen wurden (S 195 bis 201 ON 224/VIII und S 203 bis 211 ON 225/VIII), ist voranzustellen:

Die Besonderheit des Geschworenengerichtsverfahrens bringt es mit sich, dass zwar die Lösung der Schuldfrage und damit die Würdigung der Beweismittel allein der Geschworenenbank zukommt (§§ 323 Abs 2, 325 Abs 1 StPO), aber die Entscheidung über die Erheblichkeit (nicht die Glaubwürdigkeit und Beweiskraft) der von den Prozessparteien beantragten Beweise oder der von den Geschworenen gewünschten Beweisaufnahmen (§§ 309, 327 Abs 1, 328 StPO) ausschließlich in die Kompetenz des Schwurgerichtshofes fällt. Bei dieser nur ihm obliegenden Relevanzprüfung hat er zu beachten, dass Beweismittel, welche für die Überzeugung der Laienrichter in der Schuldfrage von Bedeutung sein können, nicht ungenützt bleiben dürfen. Hieraus folgt, dass eine Beweisaufnahme immer (nur) dann geboten ist, wenn sie kein maßgebliches, den Wahrspruch beeinflussendes Ergebnis erwarten lässt und nicht bloß abstrakte Möglichkeiten des Geschehnisablaufs betrifft (vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 5 E 12, 13, 15; § 281 Z 4 E 89, 90). Es ist zwar in der Regel nicht notwendig, in jedem Beweisantrag zusätzlich gesondert darzulegen, warum eine begehrte Beweisaufnahme das vom Angeklagten behauptete Ergebnis erbringen werde, wenn sich dies bereits aus der Sachlage ergibt. In besonders gelagerten Fällen aber müssen zum Zwecke der vom Schwurgerichtshof stets vorzunehmenden Relevanzprüfung sowie zur Hintanhaltung ungebührlicher Verfahrensverzögerungen und unzulässiger Erkundungsbeweise sehr wohl bei Antragstellung auch konkrete Gründe angeführt werden, die bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabes den in sie gesetzten, der Bereicherung der Wahrheitsfindung und (auf den Angeklagten bezogen) der Entlastung des Schuldvorwurfs dienenden Erfolg erwarten lassen. Dies umso mehr, je fraglicher die Brauchbarkeit der beantragten Verfahrensschritte im Lichte der bereits vorhandenen Gesamtheit der Beweisergebnisse einschließlich der wechselnden Verantwortung des Angeklagten zu sein scheint und je unerreichbarer die intendierten Beweiszwecke sind (Mayerhofer aaO abermals § 345 Z 5 E 8, 13 und 29, § 281 Z 4 E 19, 19b bis 19dd, 83, 90 jeweils mwN; 15 Os 88/99, 15 Os 101/99).

Zudem ist zu beachten, dass bei Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Entscheidung darüber und von den bis dahin vorgebrachten Gründen auszugehen ist. Demnach müssen erst in der Beschwerdeschrift - somit prozessual verspätet - nachgetragene Gründe unbeachtlich bleiben (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 41 mwN).

Diesen formellen Voraussetzungen werden die in Rede stehenden Beweisanträge nicht gerecht:

1. Durch die Vernehmung des Zeugen Kurt B***** sollte einerseits bewiesen werden, dass der Angeklagte zwischen 2 Uhr und 2.15 (des 26. Oktober 1988) nicht vor der Diskothek "Azurro" gestanden ist und dass Günter H***** am Todestag der Alexandra S***** nicht mit dieser verabredet war.

Dem Antrag ist nicht zu entnehmen, inwiefern Kurt B***** nahezu 13 ½ Jahre später durch seine gerichtliche Vernehmung den Beschwerdeführer über die konkreten polizeilichen Angaben vom 9. November 1988 hinaus (S 25 f/II) noch mehr entlasten könnte, zumal er schon seinerzeit deponiert hatte, um ca. 2.15 Uhr habe er mit Sicherheit (nur) den ihm namentlich bekannten Augustin vor dem "Azurro" gesehen und um ca.

2.30 sei ihm vor dieser Diskothek niemand aufgefallen. Aus welchen Gründen dieser Zeuge die stets gleichbleibende Darstellung des Günter H*****, welche von seiner Mutter Angela H***** bestätigt wurde, widerlegen sollte, der zufolge er mit seiner Freundin Alexandra S***** am Abend des 25. Oktober 1988 telefonisch vereinbart hatte, dass er sie in der Nacht mit seinem Pkw abholen werde, wenn sie ihn anrufe, und dieser Anruf tatsächlich um 2.30 Uhr des 26. erfolgt war (S 95 ff/I, 131, 305 ff/V und S 279 ff ON 217/VII), wird ebenso wenig dargelegt.

2. Die Vernehmung des Inspektor P***** der Bundespolizeidirektion Wien/Sicherheitsbüro zum Nachweis dafür, dass es ein Bekennerschreiben an die Kronenzeitung gegeben hat, wonach mehrere Personen an der Ermordung Alexandra S***** beteiligt gewesen seien sollen, konnte ohne Nachteil für die Wahrheitsfindung unterbleiben. Denn abgesehen davon, dass schon der Wortlaut des Beweisantrages kein relevantes Beweisthema enthält und dieser ebenso wie die Beschwerdeausführungen (S 255 f/VIII) eine Tatbeteiligung des Angeklagten am urteilsgegenständlichen Mord nicht ausschließen, wurde das von Christian H***** im Gefolge umfassender Medienberichterstattung vor Beamten der Kriminalabteilung Niederösterreich abgelegte Geständnis, er selbst habe Alexandra S***** vergewaltigt und an deren Fesselung mitgewirkt, während Bernhard M***** sie erdrosselt habe, letztlich als unrichtig erkannt (vgl S 311, 509, 523/I sowie S 251 ff/VII).

3. Da das Drohschreiben zum Nachteil des Thomas B***** und der Claudia H***** in Beziehung der Mordsache Alexandra S***** in der Handschriftenuntersuchungsstelle des Büros für EKF des Sicherheitsbüros mittels ESDA-Verfahrens untersucht worden war und bei der daktyloskopischen Untersuchung keinerlei Papilarlinienabdruckspuren vorgefunden werden konnten (vgl insbes S 383/I), erübrigte sich dessen Beischaffung. Warum mit diesem Drohbrief aber der Beweis zu erbringen gewesen wäre, dass "keine Täterschaft" des Herbert P***** gegeben war, lässt der Antrag im Dunkeln, wobei daraus nicht einmal klar zu erkennen ist, ob die im Antrag bezeichnete "Täterschaft" als solche als Briefschreiber oder als Mörder gemeint ist.

4. Für die Existenz eines - auch vom Rechtsmittel nicht näher bezeichneten - Berichtes einer Hundestaffel bietet die Aktenlage keinen Anhaltspunkt. Sollte damit auf eine Äußerung des Kurt B***** vor den Sicherheitsbehörden Bezug genommen werden, wonach die "Polizei Hundeführer" gegen 2.15 Uhr in der Himbergstraße in der Nähe des "Azurro" eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt hatten (vgl dazu S 25 verso/II), wäre bei Antragstellung umso mehr substantiiert darzulegen gewesen, aus welchen Gründen daraus das angestrebte Beweisergebnis zu erwarten war, "dass der Angeklagte zwischen 2.00 Uhr und 3.00 Uhr nicht vor der Diskothek war" und "es auch kein Zusammentreffen zwischen dem Angeklagten und dem Mordopfer gegeben hat".

5. Durch die begehrte Vernehmung der Marietta G***** sollte unter Beweis gestellt werden, dass sich Alexandra S***** unmittelbar vor dem Mord (nach der Aktenlage wäre dies um ca. 1.20 Uhr des 26. Oktober 1988 gewesen - S 63 f/I) "mit einem unbekannten Mann ein Rendezvous ausgemacht hat und dieser als möglicher Täter in Frage kommt" sowie dass "die Ermordete nicht mit dem Zeugen H***** verabredet gewesen ist".

Dieser Antrag lässt nicht nur unberücksichtigt, dass Alexandra S***** persönlich um 2.30 Uhr - also mehr als eine Stunde später - Günter H***** telefonisch gebeten hat, sie in der Nähe des "Azurro" abzuholen (vgl hiezu die Ausführungen zu Punkt 1.). Es wird darin auch nicht behauptet, Mariette G***** werde als Zeugin vor Gericht etwas anderes aussagen. Das Beweisthema enthält somit keine tauglichen Umstände, die für die Täterschaft einer anderen Person sprechen könnten, weshalb im Lichte der gegebenen Beweislage durch die genannte Zeugin von vorneherein keine Aufklärung erheblicher Tatsachen (§ 254 StPO) zu erwarten war. Die Ablehnung dieses Antrages erfolgte demnach ohne Verletzung von Verteidigungsrechten (vgl ähnlich Mayerhofer aaO § 345 Z 5 E 22 f).

6. Für eine erfolgreiche Beschwerde gegen die verweigerte Zeugenvernehmung des Josef P*****, Vater des Angeklagten, wäre bei Antragstellung die begründete Behauptung notwendig gewesen, dieser werde trotz der von ihm außerhalb der Hauptverhandlung schriftlich abgegebenen Entschlagungserklärung (abermals S 233/VIII) vor Gericht aussagen. Zur Frage der Wirksamkeit dieser Erklärung ist auf die Erledigung der auf Z 4 gestützten Rüge zu verweisen.

7. und 8. Sowohl die (inzwischen geschiedene) Gattin des Beschwerdeführers, Karin P*****, als auch Kerstin M*****, mit der er von Ende November 1991 bis zur Festnahme am 1. Oktober 2000 in Lebensgemeinschaft gelebt hatte, bestätigten schon bei ihren sicherheitsbehördlichen Vernehmungen unabhängig von einander, dass er ihnen gegenüber niemals sexuell negativ in Erscheinung getreten und nicht körperlich tätlich geworden war, ferner keine sexuelle Abartigkeiten oder psychische Auffälligkeiten gezeigt, sondern ein normales Geschlechtsleben geführt hat (vgl dazu S 107 f und 177 ff/IV). Alle diese positiven Aussagen, die Gegenstand der Beweiswürdigung durch die Geschworenen waren, bestätigen detailgenau die gerichtliche Verantwortung des Rechtsmittelwerbers. Welche zusätzliche Entlastung die gerichtliche Vernehmung der genannten Zeuginnen erbringen hätte sollen, ist nicht ersichtlich. Gründe hiefür wurden auch bei Antragstellung nicht dargelegt und finden sich solche nicht einmal in der Beschwerde.

16. Im engen Konnex dazu steht die von Inspektor Franz K***** erwartete Zeugenaussage, "dass der Angeklagte sich in der Strafanstalt Gerasdorf wohlverhalten und keinerlei Aggressionshandlungen gezeigt hat". Da im Verfahren niemals das Gegenteil behauptet wurde - zumindest weist der Antrag auf kein Beweismittel hin -, konnte diese Beweisaufnahme gleichfalls ohne Schaden für den Nichtigkeitswerber unterbleiben.

9. und 10. Mit zutreffender Begründung verweigerte der Schwurgerichtshof die Durchführung der DNA-Untersuchung einerseits der DNA-Merkmale des wegen Verdachts des Mordes an Nicole S***** in Untersuchungshaft befindlichen Michael P*****, andererseits jener des Günter H***** und deren Vergleich mit der DNA-Spur auf dem Mordwerkzeug (der Strumpfhose) zum Beweis dafür, dass die beiden genannten Männer als mögliche Täter im Fall Alexandra S***** in Frage kommen. Scheitert doch dieses Begehren an der vom Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Rabl aufgezeigten Tatsache, dass die zu schwache Ausprägung der DNA-Merkmale bei der Mischspur an der als Strangwerkzeug verwendeten Strumpfhose eine eindeutige Feststellung der Verursachung dieser - nicht vom Angeklagten stammenden - Spur durch eine bestimmte Person nicht zulasse (S 421 f, 433, 437/IV und 159 f ON 224/VIII; vgl dazu auch den zusammenfassenden Bericht über die Untersuchungen des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Wien - 293/III -, das Ergebnis der von Mag. Thomas Müller erstellten Tatortanalyse - S 71 ON 136/VI - und den Aktenvermerk der Untersuchungsrichterin vom 16. November 1988 - ON 5/I). Angesichts dieser Beweislage wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, in erster Instanz konkrete Gründe für eine dennoch erfolgversprechende, ihn entlastende Beweisgewinnung anzuführen.

11. Jene drei Burschen, welche laut eines vom Abteilungsinspektor F***** aufgenommenen Aktenvermerks vom 29. Oktober 1988 (S 167/I) nach Mitteilung einer Vertrauensperson Alexandra S***** "nachgingen" (dass dies um ca. 2.30 Uhr beim Verlassen des Lokals "Azurro" gewesen sein soll, ist darin nicht festgehalten), konnten nach Ausforschung und Überprüfung als Täter ausgeschlossen werden (vgl S 169 f und 179/I). Welche entlastenden Tatsachen durch die Zeugenvernehmung dieses Beamten zu Tage gekommen wären, ist dem Antrag nicht zu entnehmen.

12. - 15. Zufolge Fehlens einer solchen für die Relevanzprüfung notwendigen Begründung, warum die Durchführung von vier weiteren Beweisen trotz umfassender, in alle Richtungen hin intensiv geführter, aber letztlich doch erfolglos verlaufener Polizeierhebungen dennoch gegen die Täterschaft des Beschwerdeführers sprechende Umstände erbracht hätte, scheitert die Verfahrensrüge auch in diesem Umfang.

Dies gilt für die beantragten Vernehmungen

* eines informierten Vertreters der Bundespolizeidirektion Wien/Sicherheitsbüro zur Ausforschung eines Autofahrers, der angegeben habe, dass drei Männer das Opfer nach Verlassen der Telefonzelle verfolgt hätten (12.);

* des Christian (richtig) P***** zum Beweis dafür, dass sich kurz vor der Tat im Lokal "Azurro" drei unbekannte Männer auffällig benommen und darüber gesprochen hätten, für die Nacht noch ein Mädchen zu sexuellen Kontakten zu benötigen (13.), wobei der Zeuge diese Männer in der Folge jedoch nicht mehr wiederzuerkennen vermochte (vgl S 203 f/I und S 466/II);

* des Franz S***** zum Beweis dafür, dass kurz bevor das Opfer die Diskothek "Azurro" verlassen hatte, um ca. 2.25 Uhr drei Männer vor dem Lokaleingang gestanden seien (14.), wobei auch diese Erhebungen keinen Erfolg zeitigten (vgl S 209 ff/I), sowie

* des Wolfgang (richtig) K***** (vgl hiezu S 245 f/I) zum Nachweis dafür, dass unmittelbar vor Verlassen der Diskothek durch Alexandra S***** drei Männer vor dem Lokal in ein Auto gestiegen und ca. 100m weiter gefahren seien (15.).

Demnach widerfuhr dem Rechtsmittelwerber durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs keine Schmälerung seiner Verteidigungsrechte im Sinne des § 345 Abs 1 Z 5 StPO. Das weitwendige Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 10a) erschöpft sich in unzulässiger Kritik des Beschwerdeführers an der gemäß Art 91 Abs 2 B-VG ausschließlich den Laienrichtern zugewiesenen, vorliegend jedoch zu seinem Nachteil ausgefallenen Beweiswürdigung, indem er die schriftlich erstatteten und in der Hauptverhandlung ausführlich erörterten Gutachten der gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. Missliwetz (ON 8/I iVm S 137 ff ON 223/VIII) und Uni.Prof. Dr. Rabl (ON 101/IV iVm S 159 ff ON 224/VIII) mit der aus eigenen Beweiswerterwägungen gezogenen Schlussfolgerung in Zweifel zieht, dass "diese Gutachten und alle wissenschaftlichen Erhebungen seitens der gerichtsmedizinischen Stellen widersprüchlich und nicht nachvollziebar sind" sowie daraus "sich erheblichste Widersprüche und Bedenken ergeben, ob überhaupt die Spermaspuren an der Toten vom Angeklagten stammen".

Zur Stützung dieser Thesen verweist er schwerpunktmäßig auf den vermeintlichen (indes vom DNA-Experten aufgeklärten - zuletzt S 159 f ON 224/VIII) Widerspruch, dass zwar die auf dem Leichnam der Ermordeten asservierten Spermaspuren ihm zugerechnet wurden, die Mischspur auf dem Strangwerkzeug (Strumpfhose) aber nicht von ihm stamme, er zugegeben habe, einige Zeit vor dem Verbrechen mit "der Ermordeten" Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, und die seinerzeit gewonnenen Spuren zum Teil verschwunden seien, im Übrigen aber unsachgemäß gelagert, verunreinigt und chemisch verändert worden seien. Schon auf Grund dieser vielen Fehlerquellen sei das DNA-Gutachten ungeeignet, die Spermaspuren dem Angeklagten mit Sicherheit zuzurechnen. Dazu komme noch die bei Erstellung einer solchen Expertise von den Labors verwendete Statistik, deren Grundlagendaten (Allel-Häufigkeit bzw Allel-Frequenz) nicht veröffentlicht und daher nicht kontrollierbar seien, weshalb diese Rückschlüsse und die Verwendung im Gerichtsverfahren nicht zulässig seien, zumal die Entscheidung über Schuld und Unschuld immer noch dem Gericht zukomme und nicht unüberprüfbaren statistischen Berechnungen. Solcherart werden jedoch auf Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen getroffenen Feststellungen hervorgerufen, Herbert P***** habe Alexandra S***** zunächst vergewaltigt und dann durch Erdrosseln vorsätzlich getötet. Denn die Laienrichter waren nach § 258 Abs 2 StPO verpflichtet, alle aufgenommenen Beweise nicht nur einzeln, sondern auch in ihrer Gesamtheit auf ihre Beweiskraft zu prüfen und überdies den persönlich gewonnenen Eindruck zu verwerten. Mit dem Einwand, "rechtsdogmatisch dürfte das Gutachten der Universitätsklinik in Innsbruck nicht verwendet werden, da die zahlenmäßigen Rückschlüsse von niemanden erfasst werden können und somit nicht einmal in Ansätzen nachvollzogen werden können", macht er der Sache nach ein Beweisverwertungsverbot geltend, ohne auf eine diesbezügliche Rechtsvorschrift Bezug zu nehmen.

In die gleiche Stoßrichtung zielt auch der Vorwurf, die Durchführung des Gen-Tests sei bei ihm nicht zulässig gewesen. Er übersieht dabei aber die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes (§§ 64, 65, 67), BGBl Nr. 566/1991 (vgl dazu S 4/IV und 47/V).

Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen einer dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - als offenbar unbegründet gemäß § 285d Abs 1 Z 2 iVm § 344 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Daraus folgt gemäß §§ 285i, 344 StPO die Zuständigkeit des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die zudem erhobene Berufung des Angeklagten.

Dazu ist anzumerken:

Die Anwendung der §§ 31, 40 StGB bei der Strafbemessung auch auf die Vorverurteilungen Punkte 8 bis 12 der Strafregisterauskunft (ON 213) erfolgte rechtsirrig. Denn im Fall mehrerer der Tat nachfolgender, jedoch nicht ihrerseits gemäß § 31 Abs 1 StGB verbundener Vor-Urteile ist nur auf das erste (tatnächste) - hier auf die beiden ihrerseits gemäß §§ 31, 40 StGB verbundenen tatnächsten (Punkte 6 und 7 der Strafregisterauskunft) - Bedacht zu nehmen (Ratz in WK2 § 31 Rz 5; 14 Os 129/99, 12 Os 10/00, 13 Os 161/01). Das Geschworenengericht ist somit im konkreten Fall durch die verfehlte Bedachtnahme auch auf fünf weitere Vorverurteilungen rechtsirrig von einer für die nunmehrige Beurteilung zur Verfügung stehenden falschen Strafobergrenze (von 15 Jahren und rund 3 Monaten) ausgegangen, während diese tatsächlich 19 Jahre und 275 Tage betrug. Ein Aufgreifen der offenbar unrichtigen Beurteilung dieser für die Strafbemessung entscheidenden Tatsache (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO; vgl ÖJZ-LSK 1996/110, 15 Os 84/97) durch den Obersten Gerichthof ist jedoch nicht möglich, weil die Anklagebehörde dagegen kein Rechtsmittel erhoben hat und mangels nachteiliger Wirkung für den Angeklagten ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO ausgeschlossen ist.

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