JudikaturJustiz15Os152/23a

15Os152/23a – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Flickinger in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 11. Oktober 2023, GZ 17 Hv 113/23v 77.3, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallserkenntnis aufgehoben und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 3, 130 Abs 2 erster und zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit weiteren Mittätern in der Nacht von 9. auf 10. November 2022 in S* anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er und seine Mittäter zunächst das versperrte Zufahrtstor zum vollständig mit einem etwa zwei Meter hohen Maschendrahtzaun umfriedeten Gelände des Winterlagerplatzes des Yachthafens durch Anheben und gewaltsames Aufzwängen aufbrachen, sohin durch Einbruch in einen Lagerplatz, wobei er in der Absicht handelte, sich durch wiederkehrende Begehung von „nach § 128 Abs 1 Z 5 StGB wertqualifizierten Einbruchsdiebstählen“ zwecks Erbeutung von Bootsmotoren eine längere Zeit von zumindest einigen Wochen und Monaten hindurch ein nicht bloß geringfügiges, nach jährlicher Durchschnittsbetrachtung monatlich 400 Euro übersteigendes, fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und dabei unter Einsatz besonderer Fähigkeiten und Mittel handelte, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, nämlich durch „spezialisierten Einbruch verübte Diebstähle an Bootsmotoren, welche infolge ihres hohen, bis mehrere hundert Kilogramm wiegenden Gewichts und der durch Verschraubungen sowie Elektro- und Benzinleitungen speziellen Verbindung zum Bootsrumpf eine hinsichtlich der technischen Gegebenheiten versierte und hinsichtlich des Abtransports arbeitsteilig eingeübte Tatausführung erfordern“, und zwar

1./ * K* überdies durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung einen Außenbordmotor im Wert von zumindest 30.000 Euro, indem sie ein Stahlseil, welches den Motor fest mit dem Bootsrumpf verband, sowie die Elektro- und Benzinleitungen durchtrennten, anschließend den 300 kg schweren Bootsmotor vom Rumpf schraubten und zu ihrem Fluchtfahrzeug, einem Kleintransporter, transportierten,

2./ * R* einen Außenbordmotor im Wert von zumindest 10.000 Euro, indem sie die Verschraubungen zum Bootsrumpf lösten, die Elektro- und Benzinleitungen durchtrennten und den Motor zum Kastenwagen transportierten,

3./ * Pi* überdies durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung einen Außenbordmotor im Wert von 3.000 Euro, indem sie eine mit einem Vorhängeschloss versperrte Eisenkette, welche den Motor über eine Öse fest mit dem Bootsrumpf verband, mit einem Trennwerkzeug durchtrennten und ihn abtransportierten,

4./ * G* überdies durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung einen Außenbordmotor im Wert von zumindest 1.000 Euro, indem sie die mit einem versperrten Vorhängeschloss gesicherten Schrauben, welche den Motor mit dem Rumpf verbanden, ohne dass die Schrauben einfach mit einem Werkzeug entfernt werden hätten können, lösten, nachdem sie das Vorhängeschloss mit einem Trennwerkzeug durchtrennt hatten,

5./ Gewahrsamsträgern der Freiwilligen Feuerwehr S* überdies durch Einbruch in ein Gebäude, indem sie mit einem Werkzeug die versperrte Holztür zu einer als Lagerraum genützten Holzhütte aufzwängten, wobei es mangels auffindbarer Wertgegenstände beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – nicht berechtigt.

[4] Entgegen der Sanktionsrüge verstößt nämlich die Berücksichtigung der mehrfachen Deliktsqualifikation – vorliegend sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Fall des § 130 Abs 2 StGB – als erschwerend nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB; RIS Justiz RS0091058; RS0116020 [T1 und T2]).

[5] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[6] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Verfallserkenntnis eine sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende, von diesem nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet, worauf auch die Generalprokuratur zutreffend hinweist.

[7] Dem Verfall unterliegende Vermögens- und Ersatzwerte (§ 20 Abs 1, Abs 2 StGB) sowie – vorliegend – der Wertersatz (§ 20 Abs 3 StGB) dürfen nur dem tatsächlichen Empfänger abgenommen werden. Sind Vermögenswerte mehreren Personen zugekommen, so ist bei jedem Empfänger nur der dem jeweils tatsächlich rechtswidrig erlangten Vermögenswert entsprechende Betrag für verfallen zu erklären. Es ist daher verfehlt, einem Angeklagten allein den Wertersatz für mehreren Personen zugekommene Vermögenswerte aufzuerlegen (RIS Justiz RS0129964 [T3, T4]).

[8] Das Urteil, das den für verfallen erklärten Vermögenswert von 44.000 Euro nicht als dem Angeklagten allein zugekommen einordnet (US 14), bietet somit keine hinreichende Tatsachenbasis für den getroffenen Ausspruch.

[9] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Verfallserkenntnis aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten zu verweisen.

[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.