JudikaturJustiz15Os128/06x

15Os128/06x – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Avni Z***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Lulzim R***** sowie über die Berufungen der Angeklagten Avni Z*****, Arben M***** und Astrit E***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wiener Neustadt vom 29. Juni 2006, GZ 41 Hv 35/06t-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Lulzim R***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruht und auch rechtskräftige Schuldsprüche des Avni Z*****, des Arben M***** und des Astrit E***** enthält, wurde Lulzim R***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall schuldig erkannt. Danach hat er am 8. Februar 2006 in Wiener Neustadt zu einem von Avni Z*****, Arben M***** und Astrit E***** als Mittäter zum Nachteil Verfügungsberechtigter der Sparkasse Wiener Neustadt begangenen Raub, bei dem Avni Z***** eine Pistole der Marke FEG, Kal. 9 mm, gegen den Bankangestellten Roman H***** mit der Aufforderung „Das ganze Geld her!" in Anschlag brachte, Astrit E***** mit einer gezogenen Spielzeugpistole und den Worten „Alle bleiben da" mehrere Kunden bedrohte und Arben M***** sich hinter das Kassenpult begab, die Geldlade öffnete und daraus insgesamt 38.340 Euro Bargeld entnahm, diese sohin mittels Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) sowie unter Verwendung einer Waffe Verfügungsberechtigten des genannten Bankinstitutes mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den genannten Geldbetrag wegnahmen, dadurch beigetragen, dass er die unmittelbaren Täter zum Tatort chauffierte und den PKW der Marke VW Golf mit dem Kennzeichen ***** als Fluchtfahrzeug bereithielt.

Die Geschworenen bejahten die Lulzim R***** betreffende anklagekonforme Hauptfrage VI./ nach dem Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB; weitere diesen Angeklagten betreffende Fragen wurden nicht gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Lulzim R***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch (1./B./) mit einer auf § 281 Abs 1 Z 6, 8, 10a und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die der Sache nach nur gegen die Unterstellung der Tat unter § 143 zweiter Fall StGB gerichtet ist.

Die Beschwerde schlägt fehl.

Die das Unterbleiben der Stellung einer Eventualfrage (richtig:

uneigentlichen Zusatzfrage nach § 316 StPO, vgl Schindler, WK-StPO § 314 Rz 32) nach „einfachem" Raub (§ 142 Abs 1 StGB) kritisierende Fragenrüge (Z 6) legt nicht dar, weshalb durch die relevierte Unterlassung eine der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein soll. Denn abgesehen von der Bestimmung des § 330 Abs 2 StPO - wonach die darüber ausdrücklich belehrten Geschworenen die Möglichkeit hatten, diese Variante schon durch die Einschränkung „nicht unter Verwendung einer Waffe" zu beantworten (RIS-Justiz RS0100662) - ist der Schwurgerichtshof nach § 317 Abs 2 StPO berechtigt, im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsgründe, die - wie vorliegend die Begehung der Raubtat unter Verwendung einer Waffe - den Gegenstand einer uneigentlichen Zusatzfrage bilden, in die Hauptfrage aufzunehmen (11 Os 54/04, 11 Os 125/05z).

Mit der Behauptung, die Rechtsbelehrung habe keine Darstellung der Möglichkeit zur Streichung der Textpassage „unter Verwendung einer Waffe" enthalten, vernachlässigt die Instruktionsrüge (Z 8) den - die Bestimmung des § 330 Abs 2 StPO sogar zweimal erläuternden - Inhalt der vorliegenden Instruktion der Geschworenen (S 207, 265/II). Soweit die Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO eine Belehrung auch über die Folgen der Beschränkung der Bejahung der Hauptfrage fordert, ergänzt sie in unzulässiger und daher unbeachtlicher Form die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl Schroll, WK-StPO § 35 Rz 17). Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit dem bloßen Hinweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers und die entlastenden Angaben seiner Mitangeklagten in der Hauptverhandlung - schon in Hinblick auf die detaillierten gegenteiligen Depositionen Letzterer im Rahmen ihrer Vernehmungen gemäß § 220 Abs 1 zweiter Satz StPO (ON 54 bis 56/II) - keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofes gegen die Richtigkeit der Annahme der Geschworenen, dass die Verwendung einer Waffe auch vom Vorsatz des Beschwerdeführers umfasst gewesen sei, zu wecken.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 12) das Fehlen von Feststellungen zum Vorsatz in Richtung Verwendung einer Waffe behauptet, leitet sie nicht aus dem Gesetz ab, warum ihrer Ansicht nach die Bezeichnung der Unrechtsform des Vorsatzes auch bei jenen Tatbeständen (für die keine besondere Form des Vorsatzes [Absicht oder Wissentlichkeit] verlangt wird und deren fahrlässige Begehung straffrei ist) nötig sei, in deren Beschreibung der Gesetzgeber dessen Anführung unterließ. Ebenso wenig argumentiert sie, warum dem Wahrspruch für eine Beteiligung nach § 12 dritter Fall StGB zu einem Delikt, für das schlichter Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) genügt, gesonderte Konstatierungen zur Schuldform zu entnehmen sein müssen. Im Übrigen wird der Vorsatz des Beteiligten nach § 12 dritter Fall StGB zu einem Delikt, für das schlichter Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) genügt, vom Gesetz ebenso subintelligiert (vgl 11 Os 4/88), wie der Vorsatz bei einem Delikt, für das auf subjektiver Tatseite keine besondere Form des Vorsatzes (Absicht oder Wissentlichkeit) verlangt wird und dessen fahrlässige Begehung straffrei ist, wobei die Geschworenen im Rahmen der Rechtsbelehrung - wie hier erfolgt (S 251) - über die subintelligierte Unrechtsform zu unterrichten sind (vgl Schindler, WK-StPO § 312 Rz 60 ff; 15 Os 107/06h).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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