JudikaturJustiz14Os67/02

14Os67/02 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kubina als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang Johann B***** und Renate Hermine B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 13. März 2002, GZ 19 Hv 31/02b-13, sowie über die Beschwerde (§ 494a Abs 4 StPO) der Angeklagten Renate Hermine B***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Wolfgang Johann B***** und Renate Hermine B***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB - letztere als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB - (I), die Zweitangeklagte auch des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (II) schuldig erkannt.

Darnach haben

I) in München und anderen Orten

1.) Wolfgang Johann B***** in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte der K***** GmbH Co KG mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über seine Identität und den Abschluss von provisionspflichtigen Werbeverträgen zur Auszahlung nachangeführter Provisionsbeträge verleitet, wodurch die K***** GmbH Co KG um mindestens 214.799,85 S an ihrem Vermögen geschädigt wurde, wobei er die Betrugshandlungen darüber hinaus beging, indem er zur Täuschung falsche Urkunden, nämlich von ihm mit "Patrick W*****" und von Renate Hermine B***** mit "Renate W*****" unterschriebene Auftragsscheine und Empfangsbestätigungen benutzte, und zwar

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Wolfgang Johann B***** aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO und von Renate Hermine B***** aus § 281 Abs 1 Z 1a, 9 lit a und 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

Den Sanktionsrügen (Z 11) zuwider begründet weder - angesichts eines Strafrahmens von ein bis zehn Jahren - das unsubstantiierte Vorbringen Wolfgang Johann B*****s, durch die Verhängung einer zweijährigen Zusatzstrafe zu einer solchen von sechs Monaten, die wegen schweren Betruges ausgesprochen worden war, sei "§ 31 Abs 1 StGB offenbar unrichtig angewendet worden" (Z 11 zweiter Fall), noch die Forderung Renate Hermine B*****s, bei ihr hätte auf das nur von der Staatsanwaltschaft bekämpfte Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Jänner 2002, AZ 15 Hv 1.086/01v, gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen werden müssen (Z 11 erster Fall), Nichtigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle, hat doch die Verhängung einer Zusatzstrafe die Rechtskraft des Vor-Urteils zur unabdingbaren Voraussetzung (Ratz in WK2 § 31 Rz 3).

Mit der Behauptung, ihr sei zu Unrecht der Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 17 StGB verwehrt worden, bringt sie - wie Wolfgang Johann B***** in seiner Rüge - bloß einen Berufungsgrund zur Darstellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 728).

Mängel bei der Bestellung des (Verfahrenshilfe )Verteidigers begründen keine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 1a StPO (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 147).

Die bloße These der Rechtsrüge (Z 9 lit a), auf Grund der Einwilligung des die Betrugshandlungen auf sich nehmenden Patrick W***** liege der Tatbestand des § 297 Abs 1 StGB nicht vor, verfehlt als bloße Rechtsbehauptung eine prozessordnungsgemäße Darstellung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588; vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 3 RN 38). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

Rechtssätze
5
  • RS0096527OGH Rechtssatz

    13. Juni 2023·3 Entscheidungen

    Verleumdung ist ein "zusammengesetztes Delikt", das neben dem Schutz verzichtbarer Individualrechte (wie Ehre, Freiheit und Vermögen des Verleumdeten) auch den Schutz der Strafrechtspflege, mithin eines unverzichtbaren Universalrechtsgutes zum Gegenstand hat (vgl Leukauf - Steininger 2.Auflage, RN 1 zu § 297; Foregger - Serini, MKK 2.Auflage, Erläuterung I zu § 297), mag hiebei auch dem Schutz des Verleumdeten erhöhte Bedeutung zukommen (Pallin in WK RN I zu § 297) - was sich auch aus dem höheren Strafsatz des § 297 Abs 1 StGB ergibt, der sich auf die größere Gefahr für den Verleumdeten bezieht -, so steht doch zufolge der systematischen Einordnung des § 297 StGB in den 21.Abschnitt des Besonderen Teiles des Strafgesetzbuches der Schutz der Strafrechtspflege, mithin eines Universalrechtsgutes, auf das der einzelne nicht verzichten kann, im Vordergrund (Burgstaller, RZ 1977,2; Leukauf - Steininger 2.Auflage, RN 1 zu § 297). Deshalb kann der von einem Teil des Schrifttums (vgl Zipf, RZ 1976,192 ff; Pallin aaO RN 2 zu § 297) und in den Entscheidungen SSt 47/19 (= JBl 1976,549) und 13 Os 66/76 vertretenen Auffassung, die Zustimmung des zu Unrecht Verdächtigten schließe die Anwendung des § 297 StGB aus, nicht gefolgt werden (in diesem Sinne auch Liebscher, JBl 1976,569, JBl 1976,570; Burgstaller, RZ 1977,1 ff; Foregger - Serini MKK 2.Auflage Erläuterung VI zu § 297; Leukauf - Steininger 2.Auflage, RN 38, 39 zu § 3). Die Einwilligung des falsch Verdächtigten in seine Verleumdung vermag demnach den Verleumder weder zu rechtfertigen noch sonst dessen Strafbarkeit auszuschließen; auch wer mit Zustimmung des Betroffenen diesen (wissentlich) falsch verdächtigt und ihn solcherart der Gefahr behördlicher Verfolgung aussetzt, haftet nach § 297 Abs 1 StGB.