JudikaturJustiz14Os26/97

14Os26/97 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. April 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Holzmannhofer als Schriftführer, in den Strafsachen gegen Robert F***** wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB, AZ 9 U 230/95 des Bezirksgerichtes Donaustadt, und wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, AZ 11 b E Vr 7.499/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 24.Juli 1995, GZ 9 U 230/95-5, und gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6.September 1995, GZ 11 b E Vr 7.499/95-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

Spruch

Es verletzen das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 31, 40 StGB

1. die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 24.Juli 1995, GZ 9 U 230/95-5, mangels Bedachtnahme auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 19.Juni 1995, GZ 17 c U 625/94-17, und

2. das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. September 1995, GZ 11 b E Vr 7.499/95-19, mangels Bedachtnahme auf beide zu Punkt 1 bezeichneten früheren Verurteilungen.

Diese Gesetzesverletzungen werden festgestellt.

Das Bezirksgericht Donaustadt und das Landesgericht für Strafsachen Wien haben die Bundespolizeidirektion Wien-Strafregisteramt von dieser Entscheidung zu verständigen.

Text

Gründe:

Mit dem (mit Ablauf des 22.Juni 1995 in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 19.Juni 1995, GZ 17 c U 625/94-17, wurde Robert F***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.

Mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 24.Juli 1995, GZ 9 U 230/95-5, verurteilte ihn das Bezirksgericht Donaustadt wegen des am 29. September 1994 begangenen Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe.

Am 6.September 1995 verhängte der Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über ihn wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB (Tatzeit Jänner bis August 1994) mit ebenfalls rechtskräftigem Urteil, GZ 11 b E Vr 7.499/95-19, eine fünfmonatige Freiheitsstrafe, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach- gesehen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Verurteilungen des Robert F***** durch das Bezirksgericht Donaustadt und das Landesgericht für Strafsachen Wien stehen zueinander und beide ihrerseits zur Verurteilung des Robert F***** durch den Jugendgerichtshof Wien im Verhältnis des § 31 StGB. Die gesetzlich gebotenen Bedachtnahmen unterblieben, weil die früheren Verurteilungen in den jeweils nachfolgenden Verfahren nicht aktenkundig waren.

Diese Gesetzesverletzungen haben sich aber im Strafmaß nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt (vgl auch die eine nachträgliche Strafmilderung gemäß § 410 StPO ablehnenden Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Wien vom 4.Oktober 1996, AZ 21 Ns 50/96 und 21 Ns 196/96), weshalb es mit ihrer Feststellung sein Bewenden hat.

Die unterbliebenen Bedachtnahmen hatten allerdings eine unrichtige Verständigung des Strafregisteramtes zur Folge, die sich im Hinblick auf die Vorschrift des § 4 Abs 4 TilgG auf die Berechnung der Tilgungsfrist nachteilig auswirkte (12 Os 128/87, 12 Os 56/90), weil die gesetzliche Tilgung erst nach Ablauf der gemäß § 4 Abs 2 TilgG (nach dem gegenwärtigen Strafregisterstand zu Unrecht um weitere zwei Jahre) verlängerten Tilgungsfrist möglich wäre.

Die von der Entscheidung betroffenen Gerichte werden daher der Bundespolizeidirektion Wien-Strafregisteramt unverzüglich eine entsprechende Mitteilung zu machen haben (§§ 2 Abs 1 Z 4 lit k, 3 Abs 1 und Abs 3 StRegG).

Zu der von der Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfenen prozessualen Frage wird klargestellt:

Nach der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl 1996/762, geänderten Rechtslage kann die gesetzwidrige Nichtanwendung der §§ 31, 40 StGB schon vom Erstgericht - auf Antrag oder von Amts wegen - im Wege über das in § 410 StPO nF geregelte Verfahren zur Vermeidung eines tilgungsrechtlichen Nachteils für den Verurteilten (§ 4 Abs 4 TilgG) saniert werden, und zwar auch dann, wenn nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 a StGB hervorkommt, daß zu einer nachträglichen Strafmilderung (letztlich doch) kein Anlaß besteht. In einem solchen Fall hat das Gericht (im kollegialgerichtlichen Verfahren der Dreirichtersenat - siehe § 13 Abs 3 nF bzw § 14 Abs 2 StPO) auszusprechen, daß auch unter Bedacht auf die erst nachträglich bekannt gewordene (oder übersehene), im Verhältnis des § 31 StGB stehende Verurteilung zu einer nachträglichen Milderung der spruchmäßig nunmehr als Zusatzstrafe zu deklarierenden Strafe kein Anlaß besteht. Diesen Beschluß hat das Gericht gemäß §§ 2 Abs 1 Z 4 lit k, 3 Abs 1 und Abs 3 StRegG dem Strafregisteramt mitzuteilen.

Eine Berichtigung des Strafregisters durch eine formlose Mitteilung im Sinne des § 5 Abs 1 StRegG kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht. Eine Berichtigung hat zur Voraussetzung, daß die im Strafregister enthaltenen Angaben über eine Verurteilung unrichtig sind, also die Eintragung nicht mit dem Entscheidungsinhalt übereinstimmt. Ist aber der dokumentierte Entscheidungsinhalt selbst unrichtig, so bedarf es zunächst der prozeßordnungsgemäßen korrigierenden Entscheidung eines zuständigen Richters (eben § 410 StPO; sonst §§ 33, 292; §§ 353 ff oder §§ 363 a ff StPO).

Rechtssätze
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  • RS0107405OGH Rechtssatz

    24. April 2013·3 Entscheidungen

    Nach der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl 1996/762, geänderten Rechtslage kann die gesetzwidrige Nichtanwendung der §§ 31, 40 StGB schon vom Erstgericht - auf Antrag oder von Amts wegen - im Wege über das in § 410 StPO neue Fassung geregelte Verfahren zur Vermeidung eines tilgungsrechtlichen Nachteils für den Verurteilten (§ 4 Abs 4 TilgG) saniert werden, und zwar auch dann, wenn nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 a StGB hervorkommt, dass zu einer nachträglichen Strafmilderung (letztlich doch) kein Anlass besteht. In einem solchen Fall hat das Gericht (im kollegialgerichtlichen Verfahren der Dreirichtersenat - siehe § 13 Abs 3 neue Fassung beziehungsweise § 14 Abs 2 StPO) auszusprechen, dass auch unter Bedacht auf die erst nachträglich bekannt gewordene (oder übersehene), im Verhältnis des § 31 StGB stehende Verurteilung zu einer nachträglichen Milderung der spruchmäßig nunmehr als Zusatzstrafe zu deklarierenden Strafe kein Anlass besteht. Diesen Beschluss hat das Gericht gemäß §§ 2 Abs 1 Z 4 lit k, 3 Abs 1 und Abs 3 StRegG dem Strafregisteramt mitzuteilen. Eine Berichtigung des Strafregisters durch eine formlose Mitteilung im Sinne des § 5 Abs 1 StRegG kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht. Eine Berichtigung hat zur Voraussetzung, dass die im Strafregister enthaltenen Angaben über eine Verurteilung unrichtig sind, also die Eintragung nicht mit dem Entscheidungsinhalt übereinstimmt. Ist aber der dokumentierte Entscheidungsinhalt selbst unrichtig, so bedarf es zunächst der prozessordnungsgemäßen korrigierenden Entscheidung eines zuständigen Richters (eben § 410 StPO; sonst §§ 33, 292; §§ 353 ff oder §§ 363a ff StPO).