JudikaturJustiz14Os135/22t

14Os135/22t – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * M* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 31. August 2022, GZ 25 Hv 50/22g 71, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * M* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 5. Februar 2022 in L* * C* vorsätzlich zu töten versucht, indem er auf sie einschlug, eintrat und ihr mit einem Klappmesser mit einer Klingenlänge von 6 cm mit erheblicher Wucht insgesamt 16 Stich und Schnittverletzungen zufügte, wodurch die Genannte fünf Stichverletzungen und drei Schnittverletzungen an der linken Halsseite, eine Stichverletzung im Bereich der linken Brust, drei Stichverletzungen an der Bauchvorderseite, wobei der Bauchraum dreifach eröffnet wurde, vier Stichverletzungen an der linken Flanke sowie Prellmarken als Folge stumpfmechanischer Gewalteinwirkungen in den Bereichen der linken Rückenhälfte, beider Gesäßhälften, der linken Brust und des linken Auges erlitt.

[3] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung und erteilter Rechtsmittelbelehrung meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe an (ON 70 S 69).

[4] Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung am 27. September 2022 (§ 89d Abs 2 GOG; Zustellnachweis in der Verfahrensautomation Justiz [VJ]) brachte die Verteidigerin am 23. Oktober 2022 im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) einen Schriftsatz ein (ON 81), der am ERV Deckblatt mit „Berufung“, im angeschlossenen Dokument hingegen mit „Ausführung der Rechtsmittel der I. Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof II. Berufung an das Oberlandesgericht Innsbruck“ bezeichnet wird und folgende Textpassage enthält: „In umseits rubrizierter Strafsache führt der Angeklagte […] das […] fristgerecht angemeldete Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde […] aus wie folgt. Das bekämpfte Urteil wird vollinhaltlich angefochten, und die Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 Z 4, 5, Z 9 lit a, b, c, Z 10 in einem gesonderten Rechtsmittel im Einzelnen ausgeführt“ (ON 81 S 4). Des Weiteren führt die Verteidigerin in dieser Eingabe die gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtete Berufung aus (ON 81 S 4 ff).

[5] Am 24. Oktober 2022 langte ein weiterer, im elektronischen Rechtsverkehr übermittelter, Schriftsatz der Verteidigerin ein, der am ERV Deckblatt mit „Nichtigkeitsbeschwerde“, im angeschlossenen Dokument erneut mit „Ausführung der Rechtsmittel der I. Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof II. Berufung an das Oberlandesgericht Innsbruck“ bezeichnet wird (ON 82). Diesem Schriftsatz ist folgende Textpassage zu entnehmen: „In Ergänzung der bereits am 23. 10. 2022 erhobenen und fristgerecht eingebrachten Berufung gegen das Ersturteil führt die gefertigte Verteidigerin, insbesondere aus advokatorischer Vorsicht, auch das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof in offener Frist wie folgt aus“ (ON 82 S 4). Ihr folgen Ausführungen zu den Nichtigkeitsgründen der Z 4, 8, 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO (ON 82 S 4 ff).

Rechtliche Beurteilung

[6] Das Gesetz lässt nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zu. In dieser oder bei Anmeldung der Beschwerde sind die Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt zu bezeichnen; Verweisungen auf andere Schriftsätze sind unbeachtlich (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO [hier iVm § 344 StPO], § 285a Z 2 StPO; RIS Justiz RS0100172; RS0100152, RS0100216 [T1]; Ratz , WK StPO § 285 Rz 6 ff mwN). Maßgeblich ist die zuerst bei Gericht eingelangte Rechtsmittelausführung (RIS Justiz RS0100170; Ratz , WK StPO § 285 Rz 7).

[7] Ausgehend davon ist – dem Gebot der Einmaligkeit folgend – der zweite, als „Ergänzung“ der Rechtsmittelschrift vom 23. Oktober 2022 (ON 81) eingebrachte Schriftsatz vom 24. Oktober 2022 (ON 82) unbeachtlich.

[8] Da weder in der solcherart allein maßgeblichen Rechtsmittelschrift vom 23. Oktober 2022 (ON 81) noch bei der Rechtsmittelanmeldung Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden, erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde als nicht prozessförmig dargestellt (RIS Justiz RS0116879).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Über die Berufung und die – gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO als erhoben zu betrachtende – Beschwerde hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i; 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.