JudikaturJustiz13Os7/06p

13Os7/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marlies K***** und einen weiteren Angeklagten wegen des teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mike H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. November 2005, GZ 20 Hv 46/05z-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Raunig, sowie der Verurteilten Marlies K***** und Mike H***** und ihrer Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Vacarescu und Rechtsanwalt Dr. Pfeiffer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mike H***** wird verworfen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - in amtswegiger Wahrnehmung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 (zu A./) Z 9 lit a und (zu C./) Z 10a StPO gemäß § 290 Abs 1 StPO in den Marlies K***** betreffenden Schuldsprüchen A. wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB sowie

C./ wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG und demzufolge auch in dem diese Angeklagte betreffenden Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) und der Beschluss auf Verlängerung der Probezeit aufgehoben.

Hinsichtlich dieser Angeklagten wird gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Marlies K***** wird von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe in Graz Ende Jänner, Anfang Februar 2005 sich ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen darf, mit dem Vorsatz verschafft, dass sie durch dessen Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, indem sie die Mastercard Kreditkarte der Margarete Ko***** an sich nahm, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Im Umfang der darüber hinausgehenden Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten Mike H***** wird mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, dass die Strafe gemäß § 31 StGB als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichtes Graz vom 5. Oktober 2005, GZ 76 U 93/05k-46, anzusehen ist.

Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Marlies K***** des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Satz StGB (A./), des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall, 15 StGB (B./) sowie des Vergehens nach dem § 27 Abs 1 (zu ergänzen: erster und zweiter Fall) SMG (C./) und Mike H***** der jeweils teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges als Beitrags- und Bestimmungstäter nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall, 12 erster (zu ergänzen: zweiter) und dritter Fall StGB (B./a./) und der Hehlerei nach § 164 Abs 1, 2 und 4 zweiter Fall StGB (D./) schuldig erkannt.

Danach haben in Graz

A./ Marlies K***** sich Ende Jänner, Anfang Februar 2005 ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz verschafft, dass sie durch dessen Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert werde, indem sie die Mastercard Kreditkarte der Margarete Ko***** an sich nahm;

B./ in der Absicht sich durch die wiederkehrende Begehung des schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Gewahrsamsträger nachgenannter Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorgabe, zum Einkauf mit der vorgelegten Kreditkarte berechtigt zu sein, indem sie zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich Zahlungsbelege, die Marlies K***** mit dem Namenszug „Margareta Ko*****" unterfertigte und deren Kreditkarte, somit ein entfremdetes unbares Zahlungsmittel benutzte, zur Ausfolgung von Waren in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert, mithin zu Handlungen, (zu ergänzen:) die die Genannten oder die Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme am Vermögen schädigten oder schädigen sollten, verleitet oder zu verleiten versucht, und zwar:

a) Marlies K***** als unmittelbare Täterin und Mike H***** als Mittäter (§ 12 teils erster und teils dritter Fall StGB)

1. am 21. März 2005 der Firma E***** (Schaden 199 Euro), wobei Marlies K***** durch Mike H***** beim Kauf psychisch und physisch unterstützt wurde,

2. am 23. März 2005 der Firma H***** (Schaden 300 Euro), wobei Mike H***** Marlies K***** zur Tat bestimmte, indem er ihr den Gesamtwert der mittels Kreditkarte zu erwerbenden Gutscheine vorschlug;

b) Marlies K***** alleine

Rechtliche Beurteilung

Nur der Angeklagte Mike H***** bekämpft diesen Schuldspruch mit auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10a (richtig: 10) StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Mit der Mängelrüge releviert der Beschwerdeführer keinen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO beachtlichen Mangel, sondern bezeichnet die Urteilsfeststellungen zur Gewerbsmäßigkeit lapidar als „undeutlich und unvollständig", weil das Erstgericht - nach Art eines Zirkelschlusses die Tat- und Rechtsfrage vermengend - a priori gewerbsmäßiges Vorgehen angenommen und - hinsichtlich des Verbrechens der Hehlerei - erst in der Folge zur Begründung angeführt hätte, der Angeklagte habe „somit" Waren verwertet, um sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen (US 8 und 9).

Die Tatrichter haben jedoch durch die in der Beschwerde ohnehin zitierten Konstatierungen gewerbsmäßiges Handeln des Nichtigkeitswerbers nicht nur unmissverständlich als erwiesen angenommen, sondern diesen Umstand mit dem Hinweis auf die Arbeitslosigkeit, auf die Drogenabhängigkeit sowie auf die Vielzahl der inkriminierten Angriffe (US 12) auch mängelfrei begründet.

Weshalb der betreffende Ausspruch dennoch undeutlich sein soll, legt die Beschwerde nicht dar. Ein solcher Begründungsmangel liegt nämlich nur dann vor, wenn nicht unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt wurde oder auch aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419). Davon kann hier keine Rede sein.

Ebensowenig führt die Nichtigkeitsbeschwerde eine - für die Begründung einer Unvollständigkeit erforderliche (aus der stillschweigenden Übergehung resultierende oder aus anderen Gründen ersichtliche) - unterbliebene Berücksichtigung von in der Hauptverhandlung vorgekommenen erheblichen Verfahrensergebnissen bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (WK-StPO § 281 RZ 421) ins Treffen. Gestützt auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO unternimmt die Beschwerde - schwergewichtig mit der Argumentation, es fehle an sogenannten Sachbeweisen und überwiegend ohne direkten Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial - den Versuch, Bedenken an den Erwägungen der Tatrichter zur subjektiven Tatseite der dem Angeklagten angelasteten Verbrechen zu erwecken und ergeht sich dabei in eigenen Eindrücken des Beschwerdeführers, Hypothesen und Spekulationen ohne - wie für die prozessordnungsgemäße Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes geboten (WK-StPO § 281 Rz 487) - die teilweise ins Treffen geführten aktenkundigen Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung, erhebliche Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen zu messen. Sie muss daher scheitern.

Erhebliche Bedenken an den dem bekämpften Schuldspruch zugrunde liegenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite werden demnach durch den Hinweis auf das - Zugriffe seiner Person nicht zulassende und auch einem Erkennen von Kreditkartenmissbräuchen entgegenstehende - eigene Konto der Erstangeklagten, deren finanzielle Unterstützung durch ihre Mutter und den erheblichen Geldbedarf aufgrund der Drogenabhängigkeit (welche Beweisergebnisse im Übrigen - den Rechtsmittelbehauptungen zuwider - von den Tatrichtern keineswegs übersehen, sondern in ihre Überlegungen einbezogen wurden, US 6) schon deshalb nicht aufgezeigt, weil der Zweitangeklagte selbst zugestanden hat, „einigermaßen" über die finanzielle Situation seiner Lebensgefährtin Bescheid gewusst zu haben (S 187).

Die Frage, ob die Angeklagten Gutscheine (Schuldspruch B./a)2.) als Geschenk für die Mutter der Erstangeklagten Marlies K***** kaufen oder für sich selbst verwenden wollten, betrifft hinwieder keine entscheidende Tatsache iSd Z 5a. Das weitere diesbezügliche Vorbringen beruht im Übrigen auf eigenständig beweiskritischen Überlegungen ohne konkreten Aktenbezug und entbehrt daher einer gesetzeskonformen Ausführung.

Da der Beschwerdeführer zuletzt eigene Wahrnehmungen hinsichtlich der Benützung einer entfremdeten Kreditkarte durch die Erstangeklagte und damit seine Mittäterschaft mit der Behauptung bestritten hat, er sei beim Ankauf der Kaffeemaschine (Schuldspruch B./a.1.) „nicht einmal richtig in der Nähe gewesen" (S 197), ist nicht ersichtlich, weshalb die Annahme der Tatrichter, diese Verantwortung sei (auch) durch die (in der Hauptverhandlung einverständlich verlesene, S 197) Aussage der Verkäuferin Gabriele A***** widerlegt, wonach diese das Gerät an ein Pärchen verkauft habe (S 55), zu Bedenken im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes Anlass geben soll.

Nicht anders verhält es sich mit dem gleichfalls bloß auf die Annahme einer günstigeren Tatversion abzielenden spekulativen Einwand des Beschwerdeführers, „jedermann und somit auch den Angeklagten müsse bei Erwerb einer auf fremden Namen lautenden Karte bewusst sein, dass diese - wie auch gegenständlich - spätestens sieben Tage nach der ersten Verwendung gesperrt werden würde, weshalb eine Absicht auf wiederkehrenden Missbrauch der Karte nicht vorliegen könne". Die auf § 281 Abs 1 Z 10 lit a (richtig: Z 10) gestützte Subsumtionsrüge entbehrt zur Gänze einer prozessordnungsgemäßen Ausführung, weil sie sich darauf beschränkt, unter Zurückgreifen auf das Vorbringen der Mängelrüge neuerlich zu behaupten, dass die Konstatierungen zur gewerbsmäßigen Tatbegehung auf einem Zirkelschluss beruhten und diesen Feststellungen entgegenzuhalten, dass angesichts der spätestens nach einer Woche zu erwartenden Sperre der tatgegenständlichen Kreditkarte von einer Absicht zur Erschließung einer fortlaufenden Einnahmequelle realistischerweise nicht gesprochen werden könne und die Verfahrensergebnisse auch keine Rückschlüsse auf eine positive Kenntnis des Beschwerdeführers von einer missbräuchlichen Verwendung der Kreditkarte durch die Erstangeklagte zulassen würden.

Die Rüge orientiert sich sohin nicht am Urteilssachverhalt, wie dies aber zur Darlegung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erforderlich ist.

Da die Tatrichter ersichtlich davon ausgegangen sind, dass die Empfängerin der Kreditkarte, welche ihr von der Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme am 3. Februar 2005 an ihre Adresse zugesandt worden war, dort jedoch nie ankam (S 49) und bei Erwerb durch die Erstangeklagte somit keine Unterschrift der Berechtigten aufwies (S 47 und 81, US 7), noch gar nicht von deren Entfremdung informiert war, lässt eine Analyse des - aus Tenor und Gründen bestehenden (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO) - Urteils die (Text )Beurteilung zu, dass die Tatrichter mit der Feststellung einer Absicht der Angeklagten, mittels der Kreditkarte so oft wie möglich Waren einzukaufen, um sich dadurch eine laufende Einnahme zu verschaffen (US 7, 8) in Zusammenhalt mit der Konstatierung, der Grund für den Kauf der fremden Kreditkarte sei der gewesen, dass sie sich schon einen Plan zurechtgelegt hätten, wie sie durch Verwendung dieser einen längeren Zeitraum hindurch und durch wiederkehrende Begehung zu Geld bzw einer sonstigen Bereicherung kommen könnten (US 13), die entscheidenden Tatsachen, nämlich, dass sich die auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Absicht auf einen Zeitraum von zumindest einigen Wochen bezog (vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 7, Fabrizy StGB9 § 70 Rz 1), treffen wollten, zumal die Sperre der Kreditkarte erst mehr als zwei Monate nach deren Versendung aufgrund einer Sicherheitsüberprüfung erfolgte (S 49).

Amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 10 liegt demnach ebenfalls nicht vor (vgl zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher insgesamt zu verwerfen. Aus deren Anlass waren allerdings die die Angeklagte Marlies K***** benachteiligenden unterlaufenen Rechtsfehler iS des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO in Bezug auf den Schuldspruch A./ sowie der Z 10a hinsichtlich des Schuldspruchs C./ von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 9). Vorauszuschicken ist zunächst, dass die Unterstellung der dem Schuldspruch A./ der Erstangeklagten zugrundeliegenden Handlung unter den Tatbestand des § 241e Abs 1 erster Satz StGB rechtlich verfehlt ist und diese nach den Urteilskonstatierungen § 241f StGB zu subsumieren gewesen wäre, welcher Rechtsfehler jedoch zufolge völlig gleichgelagerter Problematik an den folgenden Ausführungen nichts ändert (vgl Schroll in WK² § 241f Rz 13) und daher auf sich beruhen konnte.

Laut den Materialien zu den insoweit den EU-Rahmenbeschluss vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln umsetzenden StRÄG 2004 stellt die Entfremdung eines unbaren Zahlungsmittels im - hier vorliegenden - ersten Fall des § 241e Abs 1 StGB eine „Vorbereitungshandlung" zum Missbrauch des unbaren Zahlungsmittels zum Zweck der unrechtmäßigen Bereicherung im Wege eines Vermögensdelikts dar. Dem in der Folge daraus gezogenen Schluss, im Fall einer der Entfremdung zeitlich nachfolgenden Begehung eines Betruges unter Benützung dieses unbaren Zahlungsmittels durch denselben Täter werde der eigenständige Deliktsunwert der Entfremdung nicht auch durch die spätere Erfüllung des Betrugs abgegolten, „was sich auch aus der Unterschiedlichkeit der geschützten Rechtsgüter ergebe, zumal die Entfremdung eines unbaren Zahlungsmittels einen Angriff auf die Sicherheit des Rechts- und Zahlungsverkehrs mit unbaren Zahlungsmitteln darstelle, während die spätere missbräuchliche Verwendung dieses Zahlungsmittels gegen fremdes Vermögen gerichtet sei" (EBRV StRÄG 2004, 309 BlgNR XXII. GP, 14 f; Fabrizy, StGB8 ErgH § 241e Rz 4, idS auch 13 Os 145/04), kann nicht gefolgt werden.

Durch die im speziellen Fall getätigte Benutzung des vom Täter entfremdeten unbaren Zahlungsmittels im unbaren Zahlungsverkehr wurde der deliktsspezifische - hier unverzüglich realisierte - vorgelagerte Bereicherungsvorsatz iSd § 241e Abs 1 erster Fall StGB umgesetzt. Der Gebrauch der Kreditkarte nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB ist von §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB erfasst. Damit wird mit der Strafbarkeit nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB das zur Vorbereitung dieser (qualifizierten) Tat verwirklichte Delikt nach § 241e Abs 1 StGB verdrängt (Schroll in WK2 § 241e Rz 26; Bertel/Schwaighofer BT I8 § 147 Rz 10; vgl auch Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 44 f, zuletzt 14 Os 102/05i, ebenso Plöckinger, ÖJZ 2005, 256 ff, insbesonders S 259 f, mwN).

Da sohin das dem Schuldspruch A./ zugrunde liegende Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Satz StGB und das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und 15 StGB - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes - nicht im Verhältnis echter (Real )Konkurrenz zueinander stehen, war das Urteil daher im Umfang des Marlies K***** betreffenden Schuldspruches A./ wegen des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB aufzuheben, insoweit in der Sache selbst zu Recht zu erkennen und mit Freispruch vorzugehen (scheinbare Realkonkurrenz; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 523 iVm 516, 565; derselbe in WK² Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 20). Nach den Urteilsfeststellungen zum Schuldspruch der Marlies K***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 (zu ergänzen erster und zweiter Fall) SMG war sie seit ihrem 12. oder 13. Lebensjahr drogenabhängig und hat - bei täglichem Bedarf von 2 bis 3 Gramm Kokain im Wert von 140 Euro (US 6) - in der Zeit zwischen Sommer 2003 und 16. April 2005 insgesamt „auf jeden Fall" 50 Gramm Heroin und 58 Gramm Kokain erworben, besessen und konsumiert (US 6 und 10).

Weitere Konstatierungen zu Reinheitsgehalt, Ausmaß der Drogenabhängigkeit der Angeklagten und der jeweils erworbenen und besessenen Suchtmittelquantität wurden nicht getroffen. Ausgehend von dem Deliktszeitraum von nahezu zwei Jahren hätte das Schöffengericht aber bei dieser Sachlage die Diversionsvoraussetzungen nach § 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG (vgl 15 Os 21/04 mwN, 14 Os 79/05g ua) beachten müssen, weil die Verfahrensergebnisse Erwerb und Besitz (jeweils) einer nur geringen Menge Suchtgift zum eigenen Gebrauch iSd § 35 Abs 1 SMG nahe legen. Die Grundvoraussetzung für die obligatorische (bedingte) Verfahrenseinstellung durch das Gericht gemäß §§ 37 iVm 35 Abs 1 SMG, nämlich das Vorliegen einer - weder durch Gesetz oder durch Verordnung definierten - bloß „geringen Suchtmittelmenge", ist immer dann gegeben, wenn das inkriminierte Quantum deutlich unter der für § 28 Abs 6 SMG maßgebenden Grenzmenge liegt und diese Menge zugleich das Ausmaß des in § 9a SGG 1951 vorgesehen gewesenen Wochenvorrates nicht erreicht (vgl Kodek/Fabrizy § 35 Anm 2.2; 13 Os 15/04). Im Sinne eines anzulegenden subjektiven Maßstabes sind auch die nach den Umständen des Einzelfalles bestehenden Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen, insbesonders der Grad seiner Abhängigkeit vom betreffenden Suchtmittel (vgl Schroll, WK-StPO § 90f Rz 20; 14 Os 79/05g). Demgemäß ist die „geringe Menge" keine konstante Größe, sondern von Fall zu Fall (nach Art und Konzentration des Suchtmittels, Ausmaß der Drogenabhängigkeit des Täters, dessen Gewöhnung an das Suchtmittel usw) individuell verschieden (vgl 13 Os 15/04). Eine Zusammenrechnung der zu verschiedenen Zeiten zum eigenen Gebrauch erworbenen (und besessenen) geringen Suchtgiftmengen kommt dabei nicht in Betracht (Foregger/Litzka/Matzka SMG § 35 Erl IV.2.; 15 Os 128/02; 14 Os 79/05g).

Der oben aufgezeigte Mangel zwingt daher zur Aufhebung des Schuldspruches C./ und damit - sowie zufolge des Freispruchs vom Vergehen nach § 241e Abs 1 erster Fall StGB - auch des Strafausspruchs und des Beschlusses nach § 494a Abs 6 StPO, weil angesichts der oben dargestellten Beweislage zunächst zu prüfen sein wird, ob die Voraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen nach §§ 35 Abs 1, 37 SMG gegeben sind (§ 285e StPO).

Zur Strafberufung des Angeklagten Mike H*****:

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten (zu ergänzen: unter Anwendung der §§ 28 Abs 1 StGB und 41 Abs 1 Z 4 StGB) nach dem 2. Strafsatz des § 148 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen achtmonatigen Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es den Umstand, dass die Tatausführung teilweise beim Versuch geblieben ist sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel (sehe man von seiner Drogenabhängigkeit ab) als mildernd, als erschwerend dagegen das Zusammentreffen zweier Verbrechen.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass der Zweitangeklagte mit am 11. Oktober 2005 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichtes Graz vom 5. Oktober 2005, GZ 76 U 93/05k-46, wegen § 27 Abs 1 SMG zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 2 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit zu neunzig Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde. Gemäß § 31 StGB war daher auszusprechen, dass die mit dem angefochtenen Urteil verhängte Sanktion als Zusatzstrafe anzusehen ist.

Die Berufung, mit der der Rechtsmittelwerber eine Herabsetzung der Strafe begehrt, ist ansonsten nicht berechtigt.

Die reklamierten Milderungsgründe des § 34 Abs 1 Z 4 und 6 StGB liegen nicht vor.

Der Akteninhalt bietet angesichts der Bereitwilligkeit des Angeklagten zur teilweise gemeinsamen Tatbegehung als Beitrags- und Bestimmungstäter und teilweisen Unterstützung der Erstangeklagten bei der Verwertung der betrügerisch erlangten Wertgegenstände keinerlei Anhaltspunkte für eine Tatbegehung unter Einwirkung eines Dritten (vgl dazu sinngemäß Mayerhofer, StGB5 § 34 E 22e).

Eine untergeordnete Tatbegehung kommt in Bezug auf das (alleine begangene) Verbrechen der gewerbsmäßigen Hehlerei schon begrifflich nicht in Betracht.

Dass Mike H***** im Schuldspruch B./a)2. teilweise Beitragstäterschaft angelastet wird ist für sich alleine nicht als mildernd zu werten. Von der hiefür notwendigen Voraussetzung, dass er an der Straftat nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen wäre, kann auch angesichts der festgestellten Beitragshandlungen keine Rede sein.

Der unter Berücksichtigung der Bedachtnahmeverurteilung hinzutretende Milderungsgrund teilweisen Geständnisses wird durch den erschwerenden Umstand des nunmehr gegebenen Zusammentreffens von Verbrechen mit Vergehen aufgewogen.

Selbst unter Berücksichtigung der durch Marlies K***** geleisteten gänzlichen Schadensgutmachung zugunsten des Rechtsmittelwerbers kann er sich angesichts der Strafdrohung des § 148 zweiter Strafsatz StGB, die sich auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahre erstreckt, durch die Verhängung einer - ohnehin unter Gewährung außerordentlicher Strafmilderung und überdies bedingt nachgesehenen - achtmonatigen Zusatzstrafe keinesfalls beschwert erachten, weshalb der Oberste Gerichtshof trotz Hinzutretens eines Milderungsgrundes und Bedachtnahme auf die oben zitierte Verurteilung zu einer Herabsetzung der vom Erstgericht verhängten, nunmehr als Zusatzstrafe anzusehenden Sanktion keine Veranlassung sah.

Die Berufung musste daher erfolglos bleiben.

Bleibt anzumerken, dass die Verurteilung des Mike H***** durch das Bezirksgericht Graz zu 76 U 93/05k-46 für den Obersten Gerichtshof Anlass zur Anregung zu einem Vorgehen nach § 33 Abs 2 StPO durch den Generalprokurator gibt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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