JudikaturJustiz13Os195/78

13Os195/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich und Dr.Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. Februar 1978, GZ. 28 E Vr 2729/77-4, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache des Landesgerichtes Linz gegen Johann A wegen § 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB, AZ. 28 E Vr 2729/77, verletzt das Urteil dieses Gerichtes vom 21. Februar 1978, ON. 4, insoweit, als Johann A hiemit wegen derselben Straftat, die bereits Gegenstand des am 16. Dezember 1977 mit Einstellung gemäß dem § 451 Abs. 2 StPO (§ 42

StGB) beendeten Strafverfahrens des Bezirksgerichtes Linz-Land wegen § 127 Abs. 1 StGB, AZ. 3 U 1359/77, war, des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126

Abs. 1 Z. 5 StGB schuldig erkannt und zu einer Strafe sowie gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt wurde, das Gesetz in den Bestimmungen des XX. Hauptstückes der Strafprozeßordnung.

Es werden dieses Urteil, welches in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen ferner aber auch alle auf diesen Teilen des Urteils beruhenden Beschlüsse und Verfügungen, insbesondere die Endverfügung vom 27. Februar 1978, aufgehoben, und es wird das Strafverfahren in bezug auf diese Straftat gemäß dem § 486 Abs. 3 StPO eingestellt.

Text

Gründe:

Aus dem Akt 28 E Vr 2729/77 des Landesgerichtes Linz ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Johann A wurde am 16. September 1977 vom Gendarmeriepostenkommando Leonding dem Bezirksgericht Linz-Land angezeigt, weil er zwischen dem 8. und 10. Juli 1977 in Leonding drei Stück neben der Kremstalbundesstraße (B 139) eingegrabene Leitpflöcke im Gesamtwert von 270 S ausgerissen, zum Nachteil der Straßenmeisterei Linz weggenommen und in seiner Unterkunft verwahrt hatte, wo sie anläßlich von Nachforschungen im Zusammenhang mit anderen Straftaten vorgefunden wurden. In dem zur Aktenzahl 3 U 1359/77 des genannten Bezirksgerichtes geführten Strafverfahren (jetzt ON. 7 des Aktes 28 E Vr 2729/77 des Landesgerichtes Linz), in welchem der Bezirksanwalt am 28. September 1977 den Antrag auf Bestrafung des Johann A wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB gestellt hatte, wurde mit Beschluß vom 4. Oktober 1977 das Verfahren gemäß dem § 451 Abs. 2 StPO aus dem Grunde des § 42 StGB eingestellt. Einer dagegen seitens der Staatsanwaltschaft Linz erhobenen Beschwerde wurde zwar mit Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 9. November 1977, 31 Bl 184/77 (ON. 6 im Akt 3 U 1359/77 des Bezirksgerichtes Linz-Land), Folge gegeben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen, doch wurde nach Durchführung von weiteren Erhebungen - darunter der gerichtlichen Vernehmung des Johann A als Beschuldigtem am 28. November 1977 - das Verfahren schließlich mit Beschluß vom 16. Dezember 1977 neuerlich nach dem § 42 StGB eingestellt. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen (S. 4 des Aktes 3 U 1359/77 des Bezirksgerichtes Linz-Land).

Dieselbe Tat des Johann A wurde aber auch in einer vom Gendarmeriepostenkommando Leonding am 16. August 1977 bei der Staatsanwaltschaft Linz gegen Helmut B und andere (darunter Johann A) wegen Verdachtes des schweren Diebstahls und der Hehlerei in bezug auf andere Gegenstände erstatteten Strafanzeige erwähnt, worauf nach Ausscheidung des Strafverfahrens gegen Johann A gemäß dem § 57 StPO aus diesem Verfahren die Staatsanwaltschaft Linz ungeachtet des in der letzterwähnten Anzeige enthaltenen Hinweises, daß Johann A wegen der Wegnahme der drei Leitpflöcke separat angezeigt werden würde, und ersichtlich in Unkenntnis des beim Bezirksgericht Linz-Land anhängigen Strafverfahrens im Verfahren 28 E Vr 2729/77 des Landesgerichtes Linz am 24. November 1977 an den Einzelrichter einen Strafantrag gegen Johann A wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs. 1 Z. 5

StGB (letzteres begangen durch das Ausreißen der in Rede stehenden drei Leitpflöcke) stellte.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 21. Februar 1978, 28 E Vr 2729/77-4, wurde Johann A vom Anklagevorwurf des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen, hingegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach den § 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 45 S, im Nichteinbringungsfall 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt, wobei die Strafe gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem oben Gesagten erging sohin das zuletzt erwähnte (teilweise) verurteilende Erkenntnis zu einem Zeitpunkt, zu dem das wegen desselben Sachverhaltes, wie ihn der Schuldspruch umfaßte, beim Bezirksgericht Linz-Land anhängige Strafverfahren bereits mit rechtskräftigem Beschluß dieses Gerichtes vom 16. Dezember 1977 gemäß dem § 451 Abs. 2

StPO (§ 42 StGB) eingestellt worden war. Da dies aber erst erfolgt war, nachdem Johann A als Beschuldigter behandelt worden war (vgl. S. 25 in ON. 7 im Akt 28 E Vr 2729/77 des Landesgerichtes Linz), war mit diesem Verfahrensschritt das Verfolgungsrecht des öffentlichen Anklägers erloschen, und hätte eine Fortsetzung der Strafverfolgung eine formelle Wiederaufnahme des Strafverfahrens vorausgesetzt, welche aber nicht erfolgt ist und auch nicht hätte erfolgen können, da hiefür die gesetzlichen Voraussetzungen - nämlich die Beibringung neuer Beweismittel, die geeignet erscheinen, die Bestrafung des Beschuldigten zu begründen (§ 352 Abs. 1 StPO) - nicht vorlagen. Der Einzelrichter des Landesgerichtes Linz wäre daher verhalten gewesen, gemäß dem § 485 Abs. 1 Z. 6 StPO die Entscheidung der Ratskammer einzuholen, welche nach dem § 486 Abs. 3 StPO das Verfahren einzustellen gehabt hätte. Ein solches Vorgehen unterblieb ersichtlich bloß deshalb, weil ihm die rechtskräftige Beendigung des beim Bezirksgericht Linz-Land anhängig gewesenen Strafverfahrens gegen Johann A, welche zwar noch nicht bei Stellung des Strafantrages, wohl aber jedenfalls noch vor der Hauptverhandlung erfolgt war, nicht bekannt gewesen ist.

Durch die Durchführung der Hauptverhandlung und Urteilsfällung am 21. Februar 1978 auch wegen der in Rede stehenden Tat seitens des Einzelrichters des Landesgerichtes Linz wurde sohin das Gesetz in dem sich aus dem XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung ergebenden Grundsatz 'ne bis in idem' verletzt.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher spruchgemäß zu erkennen.

Rechtssätze
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