JudikaturJustiz13Os120/05d

13Os120/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gomez Reyes als Schriftführer in der Strafsache gegen Dusko S***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dusko S***** und Petar D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. Juni 2005, GZ 8 Hv 71/05p-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Dusko S***** wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall sowie Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG sowie in der Subsumtion des von Dusko S***** und Petar D***** begangenen Inverkehrsetzens von Suchtgift nach § 28 Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG, demnach auch im Ausspruch der Freiheitsstrafen (einschließlich der Vorhaftanrechnung), aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Dusko S***** und Petar D***** wurden einer unbestimmt gebliebenen Anzahl von Verbrechen

nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG und

nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Satz (erster Fall) SMG

sowie § 15 StGB

schuldig erkannt.

Danach haben sie (wörtlich wiedergegeben) „in Graz sowie weiteren Orten in Österreich und im Ausland (§ 64 Abs 1 Z 4 StGB) im Zeitraum Dezember 2004 bis 2. Februar 2005 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider mehrfach ein Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ein- und ausgeführt sowie in Verkehr zu setzen versucht durch Übergabe von 6.500 Ecstasytabletten (1.869,59 Gramm brutto bzw 280 +/- 30 Gramm MDMA.HCL Reinsubstanz), welche zuvor von Petar D***** von Bosnien über Slowenien nach Österreich geschmuggelt worden waren, an einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres, um es ihm zu einem Preis von 26.000 Euro zu verkaufen, wobei die Inverkehrsetzung an der Sicherstellung des Suchtgiftes und Verhaftung der Täter scheiterte.

Rechtliche Beurteilung

Den aus Z 5 - von Petar D***** (bloß) nominell auch aus Z 10 - des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen, gegen die Annahme gewerbsmäßiger Begehung der Taten gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten kommt - in Übereinstimmung mit der Ansicht der Generalprokurator - Berechtigung zu.

Die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes erschöpft sich in folgendem Hinweis:

„Die getroffenen Feststellungen ergeben sich auf Grund der Aussagen der beiden Angeklagten, die letztlich ein umfassendes Geständnis abgelegt haben, in Verbindung mit den polizeilichen Erhebungen des Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, GZ: P 463/05/10, und in Verbindung mit dem unbedenklichen Gutachten der KTZ. Da hinsichtlich der Aussagen der beiden Angeklagten keine wesentlichen Widersprüche vorliegen, bedarf es keiner weiteren Beweiswürdigung" (US 7 f). Zutreffend weisen die Nichtigkeitsbeschwerden darauf hin, dass in der Hauptverhandlung keiner der beiden Angeklagten ein ausdrückliches Schuldbekenntnis dahin abgegeben hat, er habe beabsichtigt, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat (§ 28 Abs 2 SMG) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Zwar haben sich beide eingangs ihrer Vernehmungen (§ 245 StPO) „im Sinne der Anklageschrift schuldig" bekannt (S 21, 49/II) und es war im Anklagtenor (§ 207 Abs 2 Z 2 StPO) von „der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen" (457 f/I) die Rede gewesen. Dusko S***** hatte jedoch „über weiteres Befragen durch den Vorsitzenden" geantwortet: „Wenn das Geschäft funktioniert hätte, hätte ich wahrscheinlich noch eines gemacht" (S 39/II) und solcherart die von § 70 StGB geforderte Absicht der Sache nach in Abrede gestellt. Auch hatte die - ansonsten im Urteil (sogar einschließlich eines einen dritten Angeklagten, dessen Verfahren nach § 57 StPO ausgeschieden worden war, betreffenden Erkenntnisteils [§ 260 Abs 1 Z 1 StPO]) nahezu wörtlich übernommene - Anklage als Begründung für die unterstellte gewerbsmäßige Begehung nur gemeint: „Ihre Absicht war dabei darauf gerichtet, aus diesen Handlungen einen insgesamt möglichst hohen finanziellen Gewinn zu erzielen." (S 462/I) und damit für die Annahme gewerbsmäßiger Begehung entscheidende Tatsachen nicht angeführt (§ 207 Abs 3 StPO).

So gesehen kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die beiden Angeklagten bei ihren vorstehend erwähnten Erklärungen eingangs der jeweiligen Vernehmung als Angeklagter auch des Umstandes schuldig bekennen wollten, sich durch wiederkehrende Begehung von Aus- und Einfuhr oder Inverkehrsetzen jeweils großer Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen beabsichtigt zu haben. Dies ungeachtet der Vorschrift des § 271 Abs 3 erster Satz StPO, wonach die Angaben des Angeklagten grundsätzlich bloß resumierend im Hauptverhandlungsprotokoll wiederzugeben sind.

Schon mit Blick auf die demnach erfolgreichen Mängelrügen zeigte sich bereits bei der nichtöffentlichen Beratung, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung im Umfang der Aufhebung nicht zu vermeiden ist (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 1 StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden hat sich der Oberste Gerichtshof zudem davon überzeugt, dass keine Feststellungen getroffen wurden, welche den Schuldspruch des Dusko S***** wegen Aus- und Einfuhr des in Rede stehenden Suchtgiftes nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG rechtfertigen könnten, weshalb auch insoweit mit Urteilsaufhebung und Rückverweisung zu neuer Verhandlung und Entscheidung vorzugehen war (§§ 290 Abs 1 zweiter Satz [§ 281 Abs 1 Z 9 lit a], 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO; eingehend dazu 14 Os 9/04, EvBl 2004/207).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten erstreckt sich nur auf die Erledigung ihrer Nichtigkeitsbeschwerden, nicht auf die zugleich getroffene amtswegige Maßnahme (vgl Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).