JudikaturJustiz13Os104/96

13Os104/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. September 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Klotzberg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alois P***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18. April 1996, GZ 23 Vr 121/96-73, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tiegs, des Angeklagten Alois P***** und des Verteidigers Dr.Fleissner zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch, daß unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wird, aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Alois Erwin P***** wird wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 erster Fall SGG nach § 12 Abs 3 SGG unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 30 (dreißig) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 a Abs 3 StPO wird ein Teil der Strafe von 20 (zwanzig) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft (§ 38 StGB) und der im Ausland verbüßten Strafe (§ 66 StGB) werden aus dem Ersturteil übernommen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diesen Strafausspruch verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.Juli 1975 geborene, sohin zu den Tatzeiten noch jugendliche (§ 1 Z 2 JGG) Österreicher Alois Erwin P***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG schuldig erkannt.

Danach hat er in Emmerich (Mittenwald) und anderen Orten der Bundesrepublik Deutschland den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge aus- und eingeführt, wobei er die Taten in Beziehung auf ein Suchtgift beging, dessen Menge zumindest das 25-fache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, und zwar

1. am 10.März 1994 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Mittätern Manfred K***** und Roland R***** durch Schmuggel von 1.709,4 Gramm Cannabiskraut mit einem reinen THC-Gehalt von 87,6 Gramm von den Niederlanden in die BRD;

2. am 10.April 1994 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten Mittätern Manfred K***** und Günther H***** durch Schmuggel einer Menge von 6.093 Gramm Cannabiskraut mit einem reinen THC-Gehalt von 450,8 Gramm und 8,8 Gramm Cannabisharz von den Niederlanden in die BRD.

Unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landgerichtes Kleve (BRD) vom 30.August 1994, Zl 7 Kls 11/94, mit dem - neben Manfred K***** und Günther H***** - der Angeklagte wegen der zuletzt genannten Tat bereits schuldig erkannt und zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war (ON 21), sah das Erstgericht von der Verhängung einer Zusatzstrafe ab, rechnete aber andererseits gemäß § 66 StGB die in Deutschland vom 10. April 1994, 16.00 Uhr, bis 19.Dezember 1995, 15.00 Uhr, verbüßte Strafhaft (sowie die Untersuchungs- und Verwahrungshaft) und gemäß § 38 StGB die Vorhaft vom 13.März 1996, 10.10 Uhr, bis 18.April 1996,

9.43 Uhr, "auf die verhängte Strafe" an.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit (zutreffend - vgl Mayerhofer-Rieder StGB4 ENr 90 zu § 31, nv 14 Os 22/95, 13 Os 178,179/95) auf die Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, indem sie sich ausschließlich gegen die Anwendung der §§ 31, 40 StGB wendet.

Bei den - dem § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG unterstellten - Urteilstaten handelt es sich um im § 64 Abs 1 Z 4 StGB aufgezählte strafbare Handlungen, die (schon deshalb) nach den österreichischen Strafgesetzen zu bestrafen sind, weil durch sie vor allem österreichische Interessen verletzt worden sind (vgl S 10, 17 des Urteils des Landgerichtes Kleve).

Im vorliegenden Fall war - unbeschadet der grundsätzlichen Möglichkeit einer Anwendung der §§ 31, 40 StGB auch in bezug auf ausländische Verurteilungen (vgl Pallin WK Rz 15, Leukauf-Steininger aaO RN 20, jeweils zu § 31) - eine Bedachtnahme des Erstgerichtes auf die erwähnte Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Kleve deshalb verfehlt; weil die Urteilstat 2. des angefochtenen Urteils ident ist mit der dem Urteil des deutschen Gerichtes zugrunde liegenden Tat, sohin dem gesamten von der ausländischen Verurteilung erfaßten strafbaren Verhalten; in einem solchen Fall ist jedoch eine Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB nicht zulässig (Leukauf-Steininger aaO RN 20 zu § 31; 13 Os 178,179/95).

Das Erstgericht hätte daher für beide Schuldspruchtaten eine Strafe im Rahmen des § 12 Abs 3 SGG verhängen und auf diese die im Ausland verbüßte Strafe bzw die erlittene Vorhaft gemäß §§ 66 bzw 38 StGB anrechnen müssen, sodaß es auch - der Ansicht des Erstgerichtes zuwider - zu keiner Doppelbestrafung gekommen wäre (vgl 15 Os 145/95).

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt blieb, in seinem Ausspruch, wonach unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wird, aufzuheben, in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen und Alois Erwin P***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG nach § 12 Abs 3 SGG unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG zu einer Strafe zu verurteilen.

Bei der Strafbemessung war erschwerend die Wiederholung der Tat, mildernd hingegen der bisherige ordentliche Lebenswandel und das umfassende, reumütige Geständnis.

Ausgehend von den genannten besonderen und den allgemeinen Strafbemessungsgründen des § 32 StGB entspricht die verhängte Freiheitsstrafe der Täterschuld und dem sozialen Störwert des Verbrechens.

Da die gezeigte Schuldeinsicht und die Persönlichkeit des Täters in Verbindung mit der bereits im Ausland verspürten Unrechtsfolge auch bei bloß teilweisem Vollzug der Strafe ein künftiges Wohlverhalten annehmen lassen, war gemäß § 43 a Abs 3 StGB ein Teil der Strafe bedingt nachzusehen.

Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft (§ 38 StGB) und der im Ausland verbüßten Strafe (§ 66 StGB) waren aus dem Ersturteil zu übernehmen, und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf den neuen Strafausspruch zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Rechtssätze
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