JudikaturJustiz13Ns18/16z

13Ns18/16z – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jülg als Schriftführer in der Finanzstrafsache gegen Mag. Dr. Heinz J***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG, AZ 38 Hv 13/16w des Landesgerichts Salzburg, über Vorlage gemäß § 215 Abs 4 StPO durch das Oberlandesgericht Linz, AZ 9 Bs 91/16w, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Sache wird dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den Einspruch gegen die Anklageschrift übermittelt.

Text

Gründe:

Mit Anklageschrift vom 5. Februar 2016 (ON 9) legte die Staatsanwaltschaft Salzburg Mag. Dr. Heinz J***** (richtig) mehrere Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG zur Last.

Danach habe er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Hollabrunn Korneuburg Tulln vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige , Offenlegungs oder Wahrheitspflichten Verkürzungen an Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2009 um insgesamt rund 1,7 Mio Euro bewirkt, indem er in den jeweiligen Jahressteuererklärungen Einkünfte verschwieg.

Mit dem gegen diese Anklageschrift erhobenen Einspruch (ON 10) wendete Mag. Dr. Heinz J***** unter anderem die örtliche Unzuständigkeit des von der Staatsanwaltschaft angerufenen (ON 9 S 3) Landesgerichts Salzburg ein (§ 212 Z 6 StPO).

Mit Beschluss vom 14. März 2016, AZ 9 Bs 91/16w, legte das Oberlandesgericht Linz – nach Verneinen des Vorliegens eines der in § 212 Z 1 bis 4 und 7 StPO genannten Einspruchsgründe – die Akten gemäß § 215 Abs 4 zweiter Satz StPO dem Obersten Gerichtshof vor, weil es für möglich hielt, dass ein im Sprengel eines anderen Oberlandesgerichts liegendes Gericht zuständig sei.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 195 Abs 1 FinStrG gelten für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die Bestimmungen der StPO, soweit in §§ 195 bis 247 FinStrG nicht etwas Besonderes vorgeschrieben ist. Da diese Gesetzesstellen keine Sondernormen hinsichtlich der örtlichen Gerichtszuständigkeit enthalten, sind daher insoweit die Bestimmungen der StPO maßgebend.

Primärer Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit im Hauptverfahren ist nach § 36 Abs 3 erster Satz StPO jener Ort, an dem die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte.

Hinsichtlich zu veranlagender Abgaben wird nach ständiger Rechtsprechung – bezogen auf ein Steuersubjekt – mit Abgabe einer unrichtigen Jahressteuererklärung je Steuerart (unabhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrags) ein Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet (RIS Justiz RS0086590 und RS0124712; Lässig in WK 2 Vor FinStrG Rz 9). Da das Gesetz (auch) in Bezug auf die Einkommensteuererklärung insoweit auf das „Einreichen“ abstellt (§ 134 Abs 1 erster Satz BAO), ist diesbezüglicher Ausführungsort im Sinn des § 36 Abs 3 erster Satz StPO der Sitz des jeweils zuständigen Finanzamts. Dies korrespondiert auch mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 108 Abs 4 BAO, wonach die Nichteinrechnung der Tage des Postenlaufs in eine Frist voraussetzt, dass das Schriftstück richtig adressiert an die zuständige Behörde gerichtet und dort tatsächlich eingelangt ist ( Ritz , BAO 5 , § 108 Tz 9 mwN).

Fallbezogen liegt dem Angeklagten die Verkürzung persönlich geschuldeter Einkommensteuer zur Last, womit die in Rede stehenden Einkommensteuererklärungen bei seinem Wohnsitzfinanzamt einzureichen waren (§ 20 Abs 1 und Abs 2 Z 1 AVOG 2010). Nach der Aktenlage war dies hier das Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln (ON 2, 6, 9 und 10), was – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über den Einspruch nach sich zieht.

Hinzugefügt sei, dass – wie die Generalprokuratur ebenfalls zutreffend aufzeigt – der Ausspruch einer Wertersatzstrafe nach dem FinStrG nur als Reaktion auf jene strafbaren Handlungen zulässig ist, für die dieses Gesetz den Verfall androht ( Lässig in WK 2 FinStrG § 19 Rz 1), was nach § 33 Abs 6 FinStrG bei der Hinterziehung von Einkommensteuer gerade nicht der Fall ist (siehe aber ON 9 S 1).

Rechtssätze
3