JudikaturJustiz12Os42/04

12Os42/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pröstler-Zehetmaier als Schriftführer, in der Strafsache gegen Lulzim B***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 10. November 2003, GZ 29 Hv 143/03k-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Lulzim B***** der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (richtig:) zweiter Fall und 15 StGB, des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er

A. mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig andere durch Vorspiegelung seiner Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung von Darlehen verleitete (1. bis 3.) sowie zu verleiten versuchte (4.), was diese mit insgesamt mehr als 40.000 EUR am Vermögen schädigte, nämlich

1. in der Zeit vom 19. August 2002 bis zum 14. Dezember 2002 Birgit S***** um 65.380 EUR,

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe zu Punkt A.4. des Schuldspruchs die Feststellung der mangelnden Rückzahlungsfähigkeit nicht hinreichend begründet, bezieht sich nicht auf eine entscheidende Tatsache, weil im Hinblick auf die - unbekämpft - konstatierte Täuschung (auch) über die Rückzahlungswilligkeit selbst der Wegfall der in Beschwer gezogenen Feststellung den Schuldspruch nicht berühren würde. Es sei daher nur der Vollständigkeit halber festgehalten, dass die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (s insbesondere US 5) mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass der Angeklagte die deliktisch erlangten Geldbeträge nicht zur Anhäufung jederzeit verfügbarer Vermögenswerte, sondern zur Finanzierung seines aufwändigen, sich im Tatzeitraum bereits in Verbindlichkeiten in der Höhe von 20.000 bis 30.000 EUR manifestierenden Lebensstils verwendet hat. Warum der Schluss von der prekären Vermögenslage und den geringen (legalen) Einkünften des Angeklagten sowie dem objektiven Ablauf der Taten, der Vielzahl der Tathandlungen und dem beträchtlichen Gesamtschaden auf die innere Tatseite (US 18) eine "Scheinbegründung" darstellen soll, vermag die Beschwerde nicht darzulegen. Der Einwand, das Erstgericht habe zu Punkt B. des Schuldspruchs das Begehungsmittel der Gewalt- neben dem der gefährlichen Drohung - nicht eindeutig konstatiert und überdies die beiden Tatbestandsalternativen auf der Feststellungsebene nicht hinreichend voneinander abgegrenzt, geht schon im Ansatz fehl, weil es sich beim Verbrechen des Raubes um einen alternativen Mischtatbestand handelt und demgemäß die behaupteten Begründungsmängel nicht gesondert mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden können (SSt 57/3). Das Beschwerdevorbringen, die Konstatierungen zu diesem Schuldspruchteil seien nicht begründet, übergeht die beweiswürdigende Bezugnahme der Tatrichter auf die als glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin Birgit S***** (US 15, 17).

Entgegen der Rüge lassen die Feststellungen, der Angeklagte sei gegen Birgit S***** tätlich geworden, habe sie gewürgt, ihren Fuß hochgerissen und den (im Schuh versteckten) Bargeldbetrag an sich genommen (US 14), im Zusammenhalt mit dem zur Verdeutlichung der Entscheidungsgründe heranzuziehenden (13 Os 39/02) Urteilstenor (US 3) mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die Genannte dem Angeklagten das Bargeld nicht freiwillig übergeben hat. Die Ausführungen der Mängelrüge zu Punkt C. des Schuldspruchs erschöpfen sich in einer unsubstantiierten Bestreitung der diesbezüglichen Urteilsannahmen und sind solcherart einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag keine Bedenken an der tatrichterlichen Lösung der Schuldfrage zu wecken, sondern richtet sich - primär in Bekämpfung der erstinstanzlich als erwiesen erachteten Glaubwürdigkeit der Zeugin Birgit S***** - nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen darüber vermisst, ob der Angeklagte "im Kosovo ein Haus gebaut", (in einem nicht determinierten Zeitraum) als Profifußballer 80.000 S monatlich verdient und Barmittel zur Zahlung einer Geldstrafe benötigt (A.1.) sowie ob er tatsächlich eine Kellnergeldtasche verloren (A.2., A.3.) hat, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände, weil die Täuschungshandlungen zur Faktengruppe A. in der Vorspiegelung der - als nicht gegeben konstatierten (US 3, 6, 7, 8, 9) - Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit bestanden haben. Die Prämisse, der Angeklagte habe (offenbar gemeint: nur vorübergehend) nicht auf - an sich vorhandene - Geldmittel zurückgreifen können, erschöpft sich in der substratlosen Negierung dieser Feststellungen. Vollständigkeitshalber sei darauf hingewiesen, dass das Erstgericht die Täuschung (auch) über den Verlust der Kellnergeldtasche (A.2., A.3.) sehr wohl festgestellt hat (US 9).

Auch zur Täuschung sowie Schädigung der Rosa und des Adolf S***** (A.2) traf das Erstgericht hinreichende Konstatierungen (US 3, 8, 9). Die in diesem Zusammenhang relevierte Frage, ob zu Punkt A.2. (allein) Rosa S***** oder auch Adolf S***** geschädigt worden sei, ist im Übrigen für die Subsumtion bedeutungslos, weil es beim Tatbestand des Betruges nicht darauf ankommt, in wessen Vermögen der Schaden (letztlich) eintritt (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 59 f).

Das Vorbringen zu Punkt C. des Schuldspruchs, die diesbezüglichen Drohungen seien nicht unter die Qualifikationsnorm des § 106 Abs 1 Z 1 StGB zu subsumieren (inhaltlich Z 10), behauptet die angestrebte rechtliche Konsequenz ohne jede Begründung und lässt solcherart die gebotene Ableitung aus dem Gesetz vermissen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Die Einwände der Subsumtionsrüge (Z 10), es seien Teile des Vermögensschadens nach den Urteilsfeststellungen nicht durch Täuschungshandlungen des Angeklagten bewirkt (A.1.) und der Kausalitätszusammenhang zwischen den Drohungen und der Gewaltanwendung einerseits sowie den Bargeldwegnahmen andererseits nicht hinreichend dargelegt worden (B.), geben die gesetzlichen Bestimmungen nicht an, denen die Taten nach Ansicht der Beschwerde zu unterstellen wären, und bringen solcherart nach ständiger Rechtsprechung den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig zur Darstellung (zuletzt 11 Os 19/03; 12 Os 27/03; 15 Os 49/03; 14 Os 59/03).

Die angefochtene Entscheidung bietet (insoweit) aber auch keinen Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO. Die Feststellung zu Punkt A.1. des Schuldspruchs, der Angeklagte habe sich einen (nicht näher konkretisierten) Teil des Schadensbetrags durch Verwendung der Bankomatkarte der Birgit S***** zugeeignet (US 7), führt zwar nach der Judikatur - entgegen einem Teil der Lehre, der für die Unterstellung unter den Tatbestand des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a StGB eintritt - fallbezogen recte zur Qualifikation als Verbrechen des gewerbsmäßigen (allenfalls schweren) Diebstahls nach §§ 127, (allenfalls 128 Abs 1 Z 4 oder 128 Abs 2), 130 (erster oder zweiter Fall) StGB (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 148a Rz 28), was sich aber hier zum Nachteil des Angeklagten auswirken würde, weil die richtige Subsumtion der genannten Teilakte zum einen - ausgehend von der Konstatierung, der Angeklagte habe Birgit S***** jedenfalls 2.500 EUR Bargeld betrügerisch herausgelockt (US 6) - die Strafbarkeit nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB nicht berührte, zum anderen aber einen Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) wegen einer weiteren strafbaren Handlung zur Folge hätte (Ratz, WK-StPO § 282 Rz 16). Die Verurteilung wegen des Verbrechens des Raubes (§ 142 Abs 1 StGB) hinwieder wird durch die Feststellungen, der Angeklagte habe Birgit S***** einerseits durch Drohung sowie Gewaltanwendung dazu genötigt, ihm Zutritt zu den Räumlichkeiten zu verschaffen, in denen die sodann unrechtmäßig erlangten Geldbeträge verwahrt gewesen sind (US 10 - 14), und ihr andererseits 2.000 EUR gewaltsam weggenommen (US 14), jedenfalls getragen.

Soweit die Rüge die Qualifikation eines Teils der unter Punkt B. des Schuldspruchs zusammengefassten Taten als Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) zum Diebstahl (§ 127 StGB) anstrebt, übergeht sie die diesbezüglichen Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte Birgit S***** den Geldbetrag unter Ausübung von Gewalt abgenommen hat (US 14) und verfehlt solcherart erneut die gebotene Ausrichtung am Prozessrecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO) schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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