JudikaturJustiz12Os30/12x

12Os30/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. April 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wohlmuth als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manuel B***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 3 U 124/11v des Bezirksgerichts Schwaz, über die von der Generalprokuratur gegen den in diesem Verfahren ergangenen Beschluss vom 30. November 2011 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Bezirksgerichts Schwaz vom 30. November 2011, GZ 3 U 124/11v 4, verletzt § 30 Abs 1 StPO.

Der Beschluss wird ersatzlos aufgehoben und dem Bezirksgericht Schwaz die Fortführung des Verfahrens aufgetragen.

Text

Gründe:

Am 28. Oktober 2011 brachte die Staatsanwaltschaft Innsbruck beim Bezirksgericht Schwaz zu AZ 3 U 124/11v gegen Manuel B***** einen auf Verurteilung wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB gerichteten Strafantrag (ON 3) ein.

Mit in Rechtskraft erwachsenem Beschluss vom 30. November 2011 sprach das Bezirksgericht Schwaz gemäß § 450 StPO seine sachliche Unzuständigkeit mit der Begründung aus, dass die „Rückfallsvoraussetzungen“ des § 39 StGB vorliegen würden und daher gemäß § 31 Abs 4 Z 1 StPO der „Gerichtshof erster Instanz“ zur Entscheidung zuständig sei.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB sieht als Strafdrohung die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor.

Gemäß § 30 Abs 1 StPO obliegt dem Bezirksgericht das Hauptverfahren wegen Straftaten, die nur mit einer Geldstrafe oder mit einer Geldstrafe und einer ein Jahr nicht übersteigenden Freiheitsstrafe oder nur mit einer solchen Freiheitsstrafe bedroht sind, weitere, hier aber nicht relevante Ausnahmetatbestände zählt die Bestimmung taxativ auf.

Gemäß § 29 Abs 2 StPO kann die Strafbemessungsregel des § 313 StGB bzw die Beschränkung der Strafbemessung durch § 287 Abs 1 letzter Satz StGB eine Änderung der sachlichen Zuständigkeit bewirken (vgl Markel, WK StPO § 29 Rz 5 f).

Hingegen ist die Möglichkeit einer Überschreitung des Höchstmaßes der Strafe nach § 39 StGB bei der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit bereits seit dem am 17. Juni 2009 kundgemachten Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, nicht mehr zu berücksichtigen.

Der Ausspruch der sachlichen Unzuständigkeit durch den Einzelrichter des Bezirksgerichts Schwaz widerspricht demzufolge dem Gesetz.

Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung geeignet ist, zum Nachteil des Angeklagten zu wirken, war deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit der aus dem Spruch ersichtlichen konkreten Wirkung zu verknüpfen (vgl RIS Justiz RS0108369; Markel , WK StPO § 30 Rz 5).