JudikaturJustiz12Os20/24v

12Os20/24v – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. März 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * Al* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 21. Dezember 2023, GZ 12 Hv 60/23a 113, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des * Al* wird zurückgewiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen jeweils rechtskräftigen Schuld- sowie Freispruch von Mitangeklagten enthält, wurde * Al* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 24. September 2023 in G* in einverständlichem Zusammenwirken mit einem unbekannten Täter * W* durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe eine Umhängetasche samt geringwertigem Inhalt sowie eine Geldbörse samt Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er das Opfer zu Boden riss und ihm unter Vorhalten eines geschlossenen Butterflymessers und unter Zufügung leichter Schnittwunden mit diesem an seiner linken Hand, die Geldbörse samt Bargeld wegnahm und der unbekannte Täter ihm zugleich die Umhängetasche entriss, wobei im Vorhalten des Messers die Ankündigung bestand, ihm zumindest Körperverletzungen (beispielsweise in Form von Schnittwunden) zuzufügen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 4, 5, und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * Al* schlägt fehl.

[4] Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich auf den in der Hauptverhandlung am 22. November 2023 gestellten Antrag (ON 81 S 33) auf „DNA Analyse durch die Gerichtsmedizin I* des sichergestellten und bei der Tat verwendeten Messers unter Vergleich der DNA des vermeintlichen Opfers und des Viertangeklagten zum Beweis dafür, dass entgegen den Aussagen des Opfers diesem das Messer gehörte und auch von diesem zum Vorschein gebracht wurde, sodass aus der Abführung des Beweises die Unhaltbarkeit der Aussagen des Opfers in Bezug auf den hier angeklagten Raub ergeben wird, insbesondere im Zusammenhang mit dem Umstand, dass trotz des kurzen Fluchtweges bis zur Festnahme bei keinem der hier Angeklagten auch nur ein Teil der möglichen Beute sichergestellt werden konnte“.

[5] Der Einwand, der Schöffensenat habe diesen Antrag in der Hauptverhandlung am 27. November 2023 (ON 90 S 18) abgewiesen, obwohl er in der vorangegangenen Hauptverhandlung am 22. November 2023 (unter anderem) deren Vertagung „zur Einholung des beantragten DNA Gutachtens“ beschlossen (ON 81 S 33) und damit die Absicht bekundet hatte, seinem Beweisantrag zu entsprechen, betrifft keinen aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO relevanten Vorgang (vgl RIS Justiz RS0116749 [T8]). Denn nach der Rechtsprechung stellen Entscheidungen gemäß § 238 StPO ihrem Wesen nach – keine Sperrwirkung entfaltende und daher jederzeit widerrufliche ( Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 5.186)int – prozessleitende Verfügungen im Sinn des § 35 Abs 2 zweiter Fall StPO dar (vgl RIS Justiz RS0125707; Kirchbacher , StPO 15 § 238 Rz 4; anders, aber im Wesentlichen zum selben Ergebnis gelangend Hinterhofer/ Oshidari , Strafverfahren Rz 5.176, 5.178: „Beschluss mit begrenzter Sperrwirkung“).

[6] Durch die letztlich ablehnende Entscheidung über den genannten Beweisantrag wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt. Denn das Begehren konnte nicht einmal im Ansatz verdeutlichen, aus welchem Grund die begehrte DNA Analyse mit Blick auf das angegebene Beweisthema, wonach das bei der Tat verwendete Messer dem Opfer gehört habe und diesem im Zuge der Auseinandersetzung vom Beschwerdeführer entrissen worden sei, zur Klärung der Schuld- oder Subsumtionsfrage beitragen könnte (vgl RIS Justiz RS0118444).

[7] An der augenfälligen Unbeachtlichkeit dieses Beweisdesiderats ändert auch der in der Hauptverhandlung nachgetragene Erklärungsversuch der Verteidigerin, „dass aus der Aussage des Opfers in keiner Weise hervorgeht, dass das Opfer jemals den Griff des Messers in der Hand hatte, nachdem der Griff des Messers nicht viel breiter ist als die Handbreite und das Opfer das Messer dem Viertangeklagten vorgehalten hat und niemals behauptet wurde, dass das Opfer dem Viertangeklagten das Messer abgenommen hätte vor oder nach dem Raub. Sohin muss sich eine DNA des Opfers auf diesem Griff befinden, zumal das Messer im Eigentum des Opfers stand und von diesem mehrfach und ständig zuvor angegriffen worden ist“ (ON 81 S 33), nichts.

[8] Soweit die Rüge die unterbliebene Begründung für die Ablehnung des in Rede stehenden Antrags in der Hauptverhandlung kritisiert, bezieht sie sich abermals auf keinen unter Nichtigkeitssanktion stehenden Fehler (RIS Justiz RS0116749).

[9] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider stehen Unsicherheiten des Opfers darüber, ob diesem (auch) die Geldbörse bei dem Vorfall von den Tätern entwendet wurde, den Konstatierungen zur Schuldfrage ebensowenig erörterungsbedürftig entgegen wie der Umstand, ob der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme eine Schnittwunde am Zeigefinger aufwies.

[10] Die Urteilserwägungen, dass „die geraubten Gegenstände bzw das Bargeld“ nicht sichergestellt werden konnten, weil „sich der Gegenstände, beispielweise durch Weitergabe an Dritte oder auch durch Wegwerfen entledigt wurde“ (US 12), stehen entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (nominell Z 5 erster Fall, der Sache nach dritter Fall) nicht im Widerspruch zur Annahme des (zum Zeitpunkt der Tat vorliegenden) Bereicherungsvorsatzes des Beschwerdeführers (US 7).

[11] Inwiefern dieser durch die vorgenannten Überlegungen des Schöffengerichts zum Verbleib der Beute von einer ihm unbekannten Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht worden sein soll, bleibt unerfindlich.

[12] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Urteilsausführungen dazu, ob sich der Angeklagte selbst oder einen Dritten bereichern wollte, ohne zu erklären, weshalb derartige Feststellungen erforderlich sein sollten.

[13] Die Beschwerde gibt auch nicht bekannt, weshalb den Konstatierungen zum Bereicherungsvorsatz (US 6 f) der erforderliche Sachverhaltsbezug fehlen sollte und welche Feststellungen „zur Vermögensschädigung des Opfers“ zusätzlich zu jenen zur Sachwegnahme oder abnötigung erforderlich sein sollten.

[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[15] Bleibt zu den Ausführungen der Generalprokuratur anzumerken, dass dem gegen den Beschwerdeführer ergangenen Verfallsausspruch (§ 20 Abs 3 StGB) betreffend einen Geldbetrag von 63 Euro (US 3) Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO nicht anhaftet. Denn nach den Feststellungen hat * Al* dem Opfer im Zuge der Tat eine Geldbörse im Wert von 10 Euro und 53 Euro Bargeld weggenommen (US 7) und somit „erlangt“ im Sinn des § 20 Abs 1 StGB (RIS Justiz RS0134603). Dass die Raubbeute in der Folge nicht sichergestellt werden konnte, ändert daran nichts. Die bloßen Spekulationen des Erstgerichts über den weiteren Verbleib der Beute (US 12: „Wegwerfen oder mögliche Weitergabe an Dritte“) stellen zudem keine Verfahrensergebnisse dar, die darauf hinweisen würden, dass dem Angeklagten nur ein Teil der abgenötigten Vermögenswerte verblieben wäre (vgl dagegen die Sachverhaltskonstellation bei 11 Os 127/23w).

[16] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.