JudikaturJustiz11Os96/04

11Os96/04 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. September 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klenk als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Georg H***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 30. Juni 2004, GZ 14 Hv 46/04z-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg H***** des Verbrechens (richtig:) des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 16. August 2003 dadurch eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands missbraucht hatte, dass er mit seinem Penis in die Scheide der aufgrund erheblicher Alkoholisierung in einem narkoseähnlichen Schlaf befindlichen Monika Ha***** eingedrungen war. Das Erstgericht sprach hiefür eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten aus, von welcher es gemäß § 43a Abs 3 StGB einen 12-monatigen Strafteil unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5, nominell verfehlt auch Z 9 lit a) beschränkte das Erstgericht die beweiswürdigenden Erwägungen zur Frage der Zurechnungs(un)fähigkeit des Angeklagten - dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend - zutreffend auf den Hinweis des konstatierten Blutalkoholgehalts von (nur) 0,7 Promille (US 13), weil ein die Zurechnungsfähigkeit ausschließender Rauschzustand nach ständiger Judikatur erst ab etwa 2,5 Promille Blutalkoholgehalt anzunehmen ist (Fabrizy StGB8 § 287 Rz 5) und andere die Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit des Angeklagten beeinträchtigende Faktoren weder von diesem behauptet noch durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens indiziert wurden.

Inwieweit die Begriffe der Dispositions- oder Diskretionsfähigkeit einer eingehenderen Erläuterung bedurft hätten, um den Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO zu genügen, vermag die Beschwerde nicht darzulegen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, zur Frage der Wehrlosigkeit der Monika Ha***** aus deren Angaben sowie dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Peter R***** (S 187 ff iVm ON 10) andere als die vom Erstgericht - logisch sowie empirisch einwandfrei (US 12) - gezogenen Schlüsse abzuleiten, und vermag solcherart keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken, sondern wendet sich nach Art einer im kollegialgerichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die unsubstantiierte Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht treffe keine hinreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite, lässt nicht erkennen, welche über die von den Tatrichtern vorgenommenen hinausgehenden Konstatierungen (US 7) als Subsumtionsbasis erforderlich gewesen sein sollen, und entbehrt solcherart der gebotenen Ausrichtung am Gesetz.

Auch der Beschwerdeprämisse, der Tatbestand des § 205 Abs 1 StGB erfordere ausdrückliche (Negativ )Feststellungen zum Nichtvorliegen des Einverständnisses des Tatopfers, mangelt es an der logischen Ableitung aus dem Gesetz.

Eine eingehende Begründung hiezu einfordernd (inhaltlich Z 5) legt die Beschwerde nicht dar, welche Verfahrensergebnisse zu derartigen Erwägungen Anlass hätten geben sollen.

Das - auf die Anwendung der Bestimmung des § 43 Abs 2 StGB gerichtete - Vorbringen der Sanktionsrüge (Z 11) geht schon im Ansatz fehl, weil die Entscheidung, ob es aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen der (teilweisen) Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, eine solche pflichtgemäßen richterlichen Ermessens und demnach der Überprüfung im Berufungsverfahren vorbehalten ist (vgl 14 Os 90/95, 11 Os 38/98). Auch das Unterlassen einer Begründung für die Nichtgewährung (teil-)bedingter Strafnachsicht ist sohin kein unvertretbarer (und damit aus Z 11 beachtlicher) Verstoß gegen Strafbemessungsbestimmungen (15 Os 61/96, ÖJZ-LSK 1996/269). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO), teils offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Da das Erstgericht die Sanktion zutreffend nach § 205 Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/15 ausgemessen hat (US 2), bietet die (nicht gerügte) fehlerhafte (§ 61 zweiter Satz StGB) Bezeichnung der Tat als Verbrechen der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB aF statt als Verbrechen des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB nF als dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereichend keinen Anlass zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO (vgl 14 Os 120/00).

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.