JudikaturJustiz11Os78/08t

11Os78/08t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. August 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef F***** und Walpurga F***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Berufungen des Angeklagten Josef F***** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Februar 2008, GZ 12 Hv 5/08s 52, sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 26. März 2008, GZ 12 Hv 5/08s 65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die Berufung des Angeklagten F***** „wegen des Schuldausspruchs" wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten F***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Februar 2008, meldeten - jeweils rechtzeitig - der Angeklagte Josef F***** „Berufung wegen Nichtigkeit, wegen des Schuldausspruchs, wegen Strafe und wegen der privatbeteiligten Zusprüche" (ON 57) und die Staatsanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (AV Bogen S 3r) an. Die Zustellung der Urteilsausfertigung erfolgte am 15. (Angeklagter F*****) und 14. (Staatsanwaltschaft) Februar 2008 (S 3s).

Mit Schriftsatz vom 3. März 2008 (ON 59) beantragte die Anklagebehörde, „das Urteil in seinem Tenor gemäß § 270 Abs 3 StPO dahingehend zu berichtigen, dass Walpurga F***** auch des zu Punkt A. 5. der Anklageschrift angeführten Faktums schuldig gesprochen wurde, was aus den Gründen des angefochtenen Urteils in AS 106 erhellt und mit dem mündlich verkündeten Urteil übereinstimmt", zog die Nichtigkeitsbeschwerde zurück und führte die Berufung (wegen Strafe) zum Nachteil beider Angeklagter aus.

Der Vorsitzende des Schöffengerichts beschloss die begehrte Angleichung der schriftlichen Ausfertigung an das mündlich verkündete Urteil antragsgemäß (ON 60) und übermittelte unter anderem die Akten (samt angeglichener Urteilsausfertigung) an die Staatsanwaltschaft „zur neuerlichen Rechtsmittelausführung" (S 158/III).

Die Anklagebehörde führte daraufhin die Nichtigkeitsbeschwerde und (neuerlich) die Berufung aus (ON 61).

Der Angeklagte Josef F***** zog die angemeldete „Berufung wegen Nichtigkeit des Verfahrens" ebenso zurück wie die Berufung hinsichtlich der Privatbeteiligtenzusprüche, führte jedoch ausdrücklich die Berufung „wegen des Schuldausspruchs" und wegen des Strafausspruchs aus (ON 63).

Mit Beschluss vom 26. März 2008 wies der Vorsitzende des Schöffengerichts die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gemäß § 285a Z 1 StPO zurück (ON 65).

Rechtliche Beurteilung

In ihrer Beschwerde dagegen behauptet die Anklagebehörde, „dass die Zurückziehung der Nichtigkeitsbeschwerde vom 3. März 2008 (ON 59) keine Bindungswirkung für eine neuerliche Rechtsmittelausführung nach einer Urteilsberichtigung zu entfalten vermag" (ON 66).

Dieser Ansicht kann sich der Oberste Gerichtshof nicht anschließen: Nach dem klaren Wortlaut des § 285a Z 1 letzter Fall StPO wirkt der Verzicht auf ein Rechtsmittel - der auch in der Zurückziehung eines solchen zum Ausdruck kommt - absolut und ist unwiderruflich ( Ratz , WK StPO § 284 Rz 8; 11 Os 67/07y). Die Möglichkeit einer neuerlichen Rechtsmittelausführung nach Urteilsangleichung (RZ 1976/124 = SSt 47/50) setzt den - hier nicht gegebenen - unwiderrufen kontinuierlichen Anfechtungswillen voraus.

Als Rechtsmittel gegen Urteile eines Kollegialgerichts stehen die Nichtigkeitsbeschwerde oder die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe bzw über die privatrechtlichen Ansprüche offen. Eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (vgl § 464 Z 2 StPO) ist in den Verfahrensgesetzen zur Anfechtung schöffen- oder geschworenengerichtlicher Urteile nicht vorgesehen (§§ 280 erster Satz, 283 Abs 1 StPO) und war daher - zufolge analoger Anwendung des § 296 Abs 2 StPO auf diesen im Gesetz nicht geregelten Fall - in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (vgl 12 Os 69/07z ua).

Die Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe kommt dem Oberlandesgericht Graz zu (§ 280 zweiter Satz StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Josef F***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.