JudikaturJustiz11Os17/94

11Os17/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. März 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. März 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Czedik Eysenberg als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard W* und einen anderen wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten Norbert R* und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten sowie deren Berufung hinsichtlich des Angeklagten Gerhard W* gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Oktober 1993, GZ 1 d Vr 15115/92 66, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Bierlein, der Angeklagten Gerhard W* und Norbert R* sowie der Verteidiger Dr. Gatscha und Dr. Mühl, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Norbert R* wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB (laut Punkt II. des Urteilssatzes) und demzufolge auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Norbert R* ist schuldig, er hat am 13.November 1989 in Wien dadurch, daß er drei von Gerhard W* übernommene Sparbücher der Helene K* mit einem Gesamteinlagestand von 1,613.808 S durch Behebung auflöste und diesen Betrag mit Gerhard W* teilte, zur Ausführung des von diesem in der Zeit vom 11.April 1989 bis 11.Mai 1992 durch Übergabe der bezeichneten Sparbücher zur Behebung, somit durch Mißbrauch der ihm als Kundenberater der *kasse eingeräumten Befugnis, durch Gestionierung von Sparbüchern und Verwaltung von Wertpapieren der Helene K* über fremdes Vermögen zu verfügen, und Herbeiführung eines Vermögensnachteils in der bezeichneten, 500.000 S somit übersteigenden Höhe, begangenen Verbrechens der Untreue (Punkt I. 3. des Urteilsspruches) beigetragen.

Norbert R* hat hiedurch das Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Deliktsfall als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB begangen und wird hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Norbert R* wird verworfen.

III. Die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Norbert R* wird zurückgewiesen und dieser Angeklagte mit seiner Berufung auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Gerhard W* wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre erhöht.

V. Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Gerhard W* des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (I./1 4 des Urteilsspruches) und Norbert R* des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 StGB (II./) schuldig erkannt.

Inhaltlich des allein in Beschwerde gezogenen Schuldspruches wegen Hehlerei hat der davon betroffene Angeklagte Norbert R* "am 13.November 1989 in Wien eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, nämlich den Erlös aus von Gerhard W* der Helene K* gehörenden widerrechtlich verkauften Ekarentwertpapieren im Wissen der Tatsache, daß dieser Beitrag aus einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen stammt, in einem Betrag von S 806.904, - dadurch an sich gebracht, daß er drei Sparbücher in einer Gesamthöhe (gemeint: mit einer Gesamteinlage) von S 1,613.808, - in der Zentrale der Ersten Österreichischen Spar Casse durch Behebung auflöste und den Betrag zwischen sich und Gerhard W* zu gleichen Teilen teilte und auf sein eigenes Konto einen Betrag von S 806.904, - überwies."

Nach den hiefür maßgeblichen Urteilsfeststellungen beauftragte Helene K* im Jahre 1989 den ihr bekannten Kundenbetreuer der Ersten Österreichischen Spar Casse Gerhard W*, im Rahmen der ihm (zumindest konkludent) erteilten Befugnis, ihr gehörige Ekarentwertpapiere für sie möglichst gewinnbringend zu verwerten. Den durch den Verkauf dieser Wertpapiere erzielten tatplangemäß für die auftragswidrige Zueignung in Aussicht genommenen Erlös von S 1,613.808, - deponierte W* zunächst auf drei vinkulierten Sparbüchern der Helene K*, deren Losungsworte ihm bekannt waren, bezeichnete den Betrag gegenüber Norbert R* als Geschenk der Helene K* (an beide Angeklagten) und übergab ihm in der Folge die Sparbücher, die dieser ungeachtet der gegenteiligen Behauptungen der (von ihm zur Verifizierung einer allfälligen Schenkung telefonisch kontaktierten) Helene K* auflöste und den Betrag zu gleichen Teilen auf sein eigenes sowie auf das Konto des Gerhard W* überwies. Der Angeklagte R* wußte von der fehlenden Berechtigung des Gerhard W*, mit dem Wertpapiererlös auf die bezeichnete, das Vermögen der Helene K* schädigende Weise zu verfahren (US 9 f, 20 ff).

Während der Angeklagte Gerhard W* seinen Schuldspruch unangefochten ließ, bekämpfen sowohl der Angeklagte Norbert R* als auch die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch wegen Hehlerei mit Nichtigkeitsbeschwerde, die R* auf die Z 5, 5 a und 9 lit a, die Staatsanwaltschaft hingegen auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO stützt.

Der Angeklagte R* vermag mit den undifferenziert auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten gegen die Annahme einer dolosen Tatbeteiligung gerichteten Beschwerdeausführungen weder formale Begründungsmängel des Ersturteils (Z 5) noch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a) aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer versucht vielmehr unter Vernachlässigung der ihn belastenden Verfahrensergebnisse sowie jener erstgerichtlichen Erwägungen, die gegen seine leugnende Verantwortung ins Treffen geführt werden, insbesondere durch Hervorhebung von Ungereimtheiten in den Aussagen der Belastungszeugin K* deren Beweiskraft zu erschüttern. Zunächst erweist sich schon der Vorwurf, das Schöffengericht habe für die Lösung der Schuldfrage maßgebliche Umstände, nämlich die Absicht der Helene K*, ihre Vermögensverhältnisse nicht zu deklarieren, sowie ihre Kenntnis im Jahre 1989 über den ungefähren Wert der Wertpapiere, unberücksichtigt gelassen, als nicht zielführend, weil ihnen nach Lage des Falles keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt. Die von den Tatrichtern als glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugin K*, die vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung eine Schenkung an die Angeklagten entschieden in Abrede gestellt hat (174, 467, 470 I), bildete eine wesentliche Grundlage für die den Schuldspruch tragenden Urteilsfeststellungen. Der damit nicht im Einklang stehende, Geldgeschenke unterschiedlicher Höhe an den Angeklagten W* bestätigende (in Berichtsform wiedergegebene) Inhalt eines von den erhebenden Polizeibeamten mit der genannten Zeugin geführten Telefongespräches (91 I) wurde dabei vom Erstgericht im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erwägungen ohnedies einer eingehenden Prüfung unterzogen (US 13 f). Daß das Gericht der Zeugin K* volle Glaubwürdigkeit zubilligte und ihren Aussagen nicht die vom Beschwerdeführer angestrebte Bedeutung beigemessen hat, ist als Akt tatrichterlicher Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) der Anfechtung im Wege einer Mängel oder Tatsachenrüge entzogen. Gleiches gilt, soweit der Beschwerdeführer schließlich seine Gutgläubigkeit bei Behebung des erwähnten Geldbetrages auf rein spekulativer Basis darzutun versucht.

Dem vom Beschwerdeführer selbst schon in Blickrichtung einer Beurteilung seines inkriminierten Verhaltens als Tatbeitrag zum Verbrechen der Untreue unter Bestreitung der Wissentlichkeit "auch des Beitragstäters" (offensichtlich gemeint in bezug auf den Befugnismißbrauch des unmittelbaren Täters) Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite ins Spiel bringenden Einwand (Z 9 lit a), stehen die bereits erörterten anderslautenden Urteilsfeststellungen entgegen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten R* war daher zu verwerfen.

Zutreffend zeigt hingegen die Anklagebehörde in ihrer, eine Beurteilung der Tathandlung des Angeklagten R* als Tatbeitrag zum Verbrechen der Untreue nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB anstrebenden Subsumtionsrüge (Z 10) auf, daß die Untreuehandlung des Gerhard W* - entgegen der vom Erstgericht vertretenen Auffassung (US 22) nicht schon mit dem (den Interessen der Machtgeberin Helene K* noch durchaus entsprechenden) Verkauf der Wertpapiere vollendet war. Der Mißbrauch der ihm eingeräumten Vertretungsmacht setzte vielmehr erst mit der Übergabe der erwähnten, der Helene K* gehörigen Sparbücher, auf denen er den Erlös des Wertpapierverkaufs deponiert hatte, an den Angeklagten R* zwecks Behebung und Aufteilung der Einlagen ein.

Eine Tatbeurteilung als Hehlerei hinwieder setzt die Begehung einer (hehlereibegründenden) abgeschlossenen Vortat eines anderen voraus. Vor deren (materieller) Vollendung kommt hingegen Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) an der Vortat in Betracht (Leukauf Steininger StGB3 § 164 RN 7). Da der Tatbestand der Untreue erst mit dem effektiven Eintritt des Vermögensnachteils (hier: durch die Abhebung der Sparbucheinlagen und deren Aufteilung) vollendet ist, der Angeklagte R* aber nach den Urteilsfeststellungen an der Untreuetat des Gerhard W*, dem als Machthaber die Befugnis, über die auf diesen Sparbüchern erliegenden Geldbeträge zu verfügen, eingeräumt war, noch vor Deliktsvollendung mitwirkte, scheidet eine Tatbeurteilung als Hehlerei in objektiver Hinsicht aus.

In subjektiver Beziehung setzt die Strafbarkeit eines sonstigen Tatbeitrages zur Untreue voraus, daß der Beitragstäter einen vorsätzlichen Befugnismißbrauch durch den Machthaber für gewiß hält, wobei ein grundsätzliches Wissen um die objektive und vorsätzliche Pflichtverletzung genügt (Leukauf Steininger aaO § 153 RN 48). Die diesen Erfordernissen Rechnung tragenden subjektiven Tatbestandsmerkmale hat das Erstgericht in tatsachenmäßiger Beziehung festgestellt (US 20, 21), sodaß mit Aufhebung des Punktes II./ des Urteilsspruchs und in der Sache selbst erkennend mit einem Schuldspruch dieses Angeklagten wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (in der Beteiligungsform nach § 12 dritter Fall StGB) vorzugehen war.

Bei der dadurch erforderlichen Strafneubemessung beim Angeklagten Norbert R* wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die Tatbegehung unter Einwirkung des Angeklagten W* sowie die teilweise Schadensgutmachung. Davon ausgehend erwies sich die bereits vom Erstgericht verhängte Sanktion als tat und tätergerecht, weshalb die Freiheitsstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung in ebendiesem Ausmaß festzusetzen war.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte R* auf die getroffene Sachentscheidung zu verweisen.

Die von der der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten nur bei Erfolglosigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde aktuelle bloß angemeldete (auch zugunsten des Angeklagten denkbare) Berufung war mangels Bezeichnung eines in diesem Fall erforderlichen Anfechtungszieles zurückzuweisen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten W* nach dem zweiten Strafsatz des § 153 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend, daß er das hohe Alter seiner Kundinnen ausnützte und daß die "Schadenssummen" (gemeint: die Wertgrenze) von 500.000 S beträchtlich überschritten wurde, als mildernd das doch noch abgelegte Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit.

Der eine Erhöhung des Strafausmaßes anstrebenden Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu. Dem Geständnis W*s, nämlich der von ihm erst am Schluß des Beweisverfahrens ersichtlich unter dem Druck der Verfahrensergebnisse gewählten Verantwortungsvariante, "Geld veruntreut" zu haben (46 II in Verbindung mit 34 f II) kommt nur untergeordnete Bedeutung zu. Bei der aktuellen Strafzumessungssituation, insbesondere der von einschlägiger krimineller Intensität und dem mehrfachen Mißbrauch des Vertrauensverhältnisses gegenüber betagten, hilflosen Personen geprägten Täterpersönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des hohen, 6,6 Mill S übersteigenden Schadens machen spezial und generalpräventive Gründe die von der Staatsanwaltschaft beantragte Erhöhung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe erforderlich; ihnen trägt ein Strafausmaß von drei Jahren Rechnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Rechtssätze
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