JudikaturJustiz10Os14/87

10Os14/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. März 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.März 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter U*** und Friederike U*** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (erster Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über den Antrag der Angeklagten Friederike U*** auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf von Fristen nach § 364 Abs 1 StPO, ferner über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der beiden Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 12. November 1986, GZ 10 d Vr 704/85-93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag der Friederike U*** auf Wiedereinsetzung gegen den Ablauf von Fristen nach § 364 Abs 1 StPO, die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Walter U*** und Friederike U*** sowie die durch den Verteidiger Dr. N*** ausgeführte Berufung der Angeklagten Friederike U*** werden zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Walter U*** und Friederike U*** (ausgeführt durch den Verteidiger Dr. W***) sowie der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten jeweils auch die Kosten des (bisherigen) Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Walter U*** und Friederike U*** (zu Punkt 1 des Urteilssatzes) des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (erster Fall) StGB und (zu Punkt 2) des Vergehens nach § 45 Abs 1 lit a und b WeinG 1961 schuldig erkannt.

Darnach haben sie in Hadersdorf am Kamp in der Zeit von 1980 bis 26.August 1985 vorsätzlich als Beteiligte nach § 12 StGB (gemeint: im bewußten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Mit-Täter nach dem ersten Fall dieser Gesetzesstelle)

1. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, zahlreiche (im Urteilsspruch namentlich genannte) Abnehmer von insgesamt 908.500 Liter Wein durch Täuschung über die Tatsache, daß es sich hiebei nicht um echten, sondern um mit verbotenen Zusätzen versetzten Wein (gemeint: nachgemachten Wein im Sinn des § 43 Abs 3 lit a, b und d WeinG 1961, vermengt mit Normalwein im Verhältnis von 4 : 6 - vgl US 13 bis 15, 27) handelt, zum Ankauf dieser Weine verleitet, wobei die Abnehmer oder die Letztverbraucher an ihrem Vermögen einen Schaden von mindestens 10,447.750 S erlitten, und sie die Absicht hatten, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

2. 91.500 Liter Wein durch Zusatz von Diäthylenglykol verfälscht (US 15, 27) und den daher verkehrsunfähigen Wein zum Verkauf bereitgehalten.

Gegen dieses Urteil haben beide Angeklagten in der Hauptverhandlung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet (S 465/IV). Namens beider Angeklagten wurde durch den gemeinschaftlichen Verteidiger, Rechtsanwalt Dr.Ferdinand W***, am 23. Dezember 1986 (rechtzeitig) eine gemeinsame Ausführung dieser Rechtsmittel beim Erstgericht persönlich überreicht (S 25/V). Aber auch der (weitere) Verteidiger der Angeklagten Friederike U***, Dr.Hans N***, führte deren Rechtsmittel in einem am 23. Dezember 1986 (an sich gleichfalls rechtzeitig) zur Post gegebenen, allerdings erst am 24.Dezember 1986 beim Kreisgericht Krems/D eingelangten Schriftsatz aus (S 49/V).

Diese (spätere) Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten Friederike U*** war schon deshalb (als unzulässig) zurückzuweisen, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung vorsieht (RZ 1973/101; Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 6 zu § 40; E 3 zu § 284; E 36 zu § 285) und es bei der Frage, welche von mehreren Rechtsmittelausführungen als solche zu behandeln ist, darauf ankommt, welche von ihnen dem Gericht früher zu einer solchen Behandlung faktisch zur Verfügung steht. Entscheidend ist somit insoweit das tatsächliche Einlangen der Rechtsmittelschrift beim Erstgericht und nicht etwa deren Postaufgabe, die nur für die Berechnung der Rechtzeitigkeit einer Rechtsmittelausführung von Bedeutung ist (§ 6 Abs 3 StPO). Da diese Frist (§§ 285 Abs 1, 294 Abs 2 aF StPO) von der Angeklagten Friederike U*** gar nicht versäumt worden ist, war auch ihr auf § 364 Abs 1 StPO gestützter Antrag "auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" mangels Vorliegens der dafür notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen zurückzuweisen. Das darin behauptete Mißverständnis zwischen ihren beiden Verteidigern über die Aufteilung deren Aufgaben untereinander aber ist prozessual ohne Belang.

Ausdrücklich sei dazu noch bemerkt, daß in der Rechtsmittelausführung Dris.N*** kein Anhaltspunkt dafür gefunden werden konnte, der Anlaß für ein amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO hätte bieten können.

Rechtliche Beurteilung

Den allein maßgeblichen (gemeinsamen) Ausführungen Dris.W*** zu den Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden und ersichtlich nur gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges (Punkt 1) gerichtet sind, kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht stützte diesen Schuldspruch auf das von beiden Angeklagten, insbesondere aber vom Angeklagten Walter U*** bei seinen mehrfachen Vernehmungen im Vorverfahren abgelegte Geständnis (US 19, 20 iVm S 17 a ff., 101 ff., 145 ff. und 157 ff./I, 77 ff./III; 11 a f./I, 69 ff./II), sowie auf die belastende Aussage des Zeugen Johann S*** bei der Gendarmerie und vor dem Untersuchungsrichter (US 21 iVm S 165 ff./I, 139,143/II, 421/III) und beurteilte die (bestreitende) Verantwortung der Angeklagten sowie die (entlastende) Aussage des genannten Zeugen in der Hauptverhandlung aus mehreren Gründen als unglaubwürdig (US 20 bis 30). Dabei ging es insbesondere auch auf den Verteidigungsstandpunkt der Angeklagten ein, die Geständnisse im Vorverfahren seien nur unter dem Druck der Untersuchungshaft abgelegt worden (US 20).

Mit den dagegen gerichteten umfänglichen Beschwerdeausführungen (Z 5) wird - weitestgehend nach Art einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten unzulässigen

Schuldberufung - der Versuch unternommen, insbesondere aus der Chronologie des Vorverfahrens den Nachweis zu erbringen, daß die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes verfehlt sei, weil sie nicht auf die näheren Umstände Bedacht nimmt, unter denen die zur Grundlage des Schuldspruchs genommenen Aussagen zustande gekommen sind. Soweit aber formelle Begründungsmängel überhaupt vorgetragen werden, haften sie dem Urteil entweder gar nicht an oder sie betreffen jedenfalls keine entscheidenden Tatsachen.

Im einzelnen ist den Beschwerdeeinwänden zu erwidern:

Keineswegs denkgesetzwidrig sind die Überlegungen des Schöffengerichtes (US 20/21, 23/24), das aus dem Umstand, daß die Angeklagte Friederike U*** zunächst jeglichen Zuckerbezug vom Landesproduktenhändler Johann S*** in Abrede gestellt (S 39/I) und erst nach Vorhalt von dessen Angaben immerhin den Bezug von insgesamt 20 Tonnen Zucker zugegeben hat (S 69/II), die Unglaubwürdigkeit auch dieses (eingeschränkten) Zugeständnisses ableitete. Wenn in der Beschwerde vermeint wird, das gänzliche Ableugnen einer auf Zucker bezogenen Geschäftsverbindung zum Zeugen S*** könnte seine Ursache auch darin haben, daß selbst ein geringer Zuckerbezug infolge Unterlassung seiner buchhalterischen Erfassung und wegen seiner weingesetzlichen Bedenklichkeit Anlaß genug für die Wahl der ursprünglichen Verantwortung der Angeklagten gewesen sei, so wird damit nur die Möglichkeit anderer Schlußfolgerungen aufgezeigt, was aber unter dem Aspekt eines formellen Begründungsmangels ohne Bedeutung ist.

Damit, daß die Angaben des Angeklagten Walter U*** vor der Gendarmerie vom 5.September 1985 (S 107/I) über die beim Zeugen S*** gekaufte Zuckermenge (von bloß 20 Tonnen) mit der (entscheidend reduzierten) Mengenangabe des Zeugen in der Hauptverhandlung (S 492/III) übereinstimmten, hat sich das Erstgericht ohnedies auseinandergesetzt, denn es führte diese (entlastende) Aussage des Zeugen S*** darauf zurück, daß sie "unter Beeinflussung" und "Druck von außen" zustande gekommen ist (US 21), wobei es ersichtlich von einer entsprechenden - und im übrigen keineswegs außerhalb jeder Erfahrung liegenden - Abstimmung der Aussage des Zeugen S*** mit der Verantwortung des Angeklagten Walter U*** ausgeht.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider gleichfalls nicht unerörtert gelassen hat das Schöffengericht den Erklärungsversuch des Zeugen S*** dafür, daß er im Vorverfahren von mehrere Jahre hindurch fortgesetzten Zuckerlieferungen an die Firma U*** von zusammen 216 Tonnen sprach (S 139/II), während er diese Menge in der Hauptverhandlung auf die bloß zweimalige Lieferung von zusammen 20 Tonnen Ende 1984/Anfang 1985 reduzierte (S 492/III). Es hat diese Darstellung (S 494/III, 388 ff/IV) vielmehr mit einer durchaus denkfolgerichtigen und lebensnahen Begründung ausdrücklich als nicht überzeugend beurteilt (US 22).

Auf die Verantwortung des Angeklagten Walter U***, sein Geständnis (S 145/I) sei falsch gewesen und nur unter dem Druck einer angedrohten Fortsetzung der Untersuchungshaft zustande gekommen, ist das Erstgericht nicht nur im Beweisverfahren durch Vernehmung der erhebenden Gendarmeriebeamten eingegangen, sondern hat dieses Vorbringen auch im Urteil hinreichend gewürdigt (US 20). Auf Details über die von den Beamten diesem Angeklagten dabei gemachten Vorhalte und Ankündigungen mußte das Erstgericht im Interesse einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht eingehen.

Daß der von der Angeklagten Friederike U*** bei ihrer Vernehmung am 27.September 1985 (S 69/II) zugestandene Zuckerbezug von (bloß) 20 Tonnen exakt mit jener Menge übereinstimmt, die in der Hauptverhandlung dann auch der Zeuge S*** behauptet hat, kann - worauf bereits oben in bezug auf einen korrespondierenden Einwand des Angeklagten Walter U*** hingewiesen wurde - durchaus in der vom Erstgericht angenommenen "Beeinflussung" des Zeugen durch Dritte und in einer damit implizit als möglich unterstellten Angleichung seiner (späteren) Aussagen an die (frühere) Verantwortung der Angeklagten seine Ursache haben und spricht jedenfalls nicht zwingend für deren Richtigkeit. Da die Angeklagten zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung längst nicht mehr in Untersuchungshaft waren, steht auch die Tatsache ihrer früheren Inhaftierung den bezüglichen Beweiserwägungen der Tatrichter nicht entgegen.

Ob die Angaben der Angeklagten Friederike U*** im weiteren Verlaufe dieser Vernehmung, wonach sie die Möglichkeit des Bezuges größerer Zuckermengen eingeräumt hat (S 71/II), an die sie sich allerdings im Detail nicht mehr erinnern könnte, als Geständnis aufzufassen sind, oder - wie die Beschwerdeführerin vermeint - "nur soviel an (tatsachenwidrigem) Zugeständnis bedeuten, um die Entlassung aus der Untersuchungshaft für sich und ihren Sohn zu erreichen", ist eine Würdigungsfrage, die in diesem Rahmen nicht aufgeworfen werden kann. Die Beschwerdeführerin vermag jedenfalls nicht aufzuzeigen, daß das Erstgericht inhaltlich von anderen Angaben ausgegangen wäre, als sie tatsächlich aktenkundig sind. Gemäß § 258 Abs 2 StPO hat das Gericht die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhalte zu prüfen. Ein Begründungsmangel kann daher nicht mit der Behauptung dargetan werden, daß einzelne von mehreren vom Erstgericht gleichsam mosaikartig herangezogene Beweismittel und Tatumstände in isolierter Betrachtungsweise als nicht ausreichend beweiskräftig anzusehen seien. Demnach ist der Beschwerdeeinwand verfehlt, die Geständnisse der beiden Angeklagten hingen ohne die (vom Gericht als wahrheitsgemäß beurteilten) Belastungen durch den Zeugen S*** "in der Luft")und die Kenntnis des Angeklagten Walter U*** von einem Kunstweinrezept sei (für sich allein) kein gesicherter Nachweis für die Echtheit seines die Kunstweinproduktion einbekennenden Geständnisses.

Mit dem Einwand, die Vernehmung des Angeklagten Walter U*** durch den Untersuchungsrichter am 27.September 1985 (S 17 a/I) sei "äußerst kursorisch" erfolgt und es hätte keine "Hinterfragung der Richtigkeit" seiner Angaben bei der Gendarmerie stattgefunden, wird die Qualität einer richterlichen Untersuchungshandlung, damit aber bloß der Beweiswert des fraglichen Vernehmungsprotokolls kritisiert, jedoch kein Begründungsmangel dargetan. Über die Behauptung des Angeklagten Walter U*** in der Hauptverhandlung aber, dieses (vorgeblich falsche) Geständnis vor dem Untersuchungsrichter nur deswegen abgelegt zu haben, weil er in diesem Fall mit seiner (am 1. Oktober 1985 tatsächlich erfolgten) Enthaftung rechnen konnte, hat sich - worauf bereits mehrfach verwiesen wurde - das Erstgericht dem Beschwerdevorwurf zuwider keineswegs hinweggesetzt (US 20). Den Inhalt der Angaben der Angeklagten Friederike U*** im Vorverfahren hat das Erstgericht im wesentlichen aktengetreu im Urteil zusammengefaßt (US 19/20). Wenn es deren letzte Einlassungen bei der Gendarmerie (S 71/II) und vor dem Untersuchungsrichter (S 11 a ff./I) als "Geständnis" bezeichnet (US 20), so trägt es damit dem sachlichen Inhalt dieser Aussagen insoferne Rechnung, als sie darnach abweichend von ihren Erstangaben die Möglichkeit eines (umfänglich unbestimmten) höheren Zuckerbezuges vom Zeugen S*** einräumte und zugab, seit 1980 gewußt zu haben, daß ihr Sohn Wein "verlängert". Mit dem Einwand, diese Angaben seien "überhaupt nicht als Geständnis zu werten", wirft die Beschwerde abermals bloß eine Wertungsfrage auf und übersieht zudem, daß das Erstgericht seinen Schuldspruch vor allem auf die wesentlich detaillierteren geständigen Angaben des Angeklagten Walter U*** stützte, der darin auch seine Mutter entscheidend belastet hat (S 17 b/I, 153, 155/I). Mit der Frage, ob die Gendarmerievernehmung des Zeugen Johann S*** vom 16.September 1985 (S 143/II) bloß eine Präzisierung seiner Angaben vom 10.September 1985 (S 139/II) oder eine völlig neue Aussage darstellt, in welcher der Zeuge die zunächst behaupteten Zuckerlieferungen an die Firma U*** von 216 Tonnen auf 20 Tonnen korrigierte (wie dies dann auch seiner insoweit mit der Verantwortung der Angeklagten übereinstimmenden Aussage in der Hauptverhandlung entsprach), hat sich das Erstgericht im Beweisverfahren durch Vernehmung des Erhebungsbeamten befaßt (S 407 f./IV) und sie im Urteil (US 21) mit zureichender Begründung dahin entschieden, daß durch die zweite Aussage die erste nur in einem Teilbereich ergänzt worden ist, ohne daß dadurch die Richtigkeit der früheren Angaben in Zweifel gezogen worden wären. Dabei beruft sich das Erstgericht mit Recht auf den Wortlaut der Niederschrift vom 16.September 1985 sowie auf den Umstand, daß andernfalls nach forensischer Erfahrung in die Niederschrift ein entsprechender Hinweis auf die sonach entscheidende Abänderung des bisherigen Inhalts der Aussage aufgenommen worden wäre. Mit den dagegen erhobenen Einwendungen versuchen die Beschwerdeführer lediglich ihrer diesbezüglich gegenteiligen Auffassung zum Durchbruch zu verhelfen, ohne jedoch einen formellen Begründungsmangel in der Argumentation des Schöffengerichtes aufzeigen oder gar nachweisen zu können.

Daß der Zeuge S*** in (hier) aktenkundiger Weise erstmals in der Hauptverhandlung vom 12.November 1986 angegeben hat (S 390/IV), seine Niederschrift vom 16.September 1985 (S 143/II) sei im Sinne einer richtigstellenden Einschränkung der bei seiner Vernehmung am 10. September 1985 (S 139/II) behaupteten Zuckerlieferungen von 216 Tonnen auf 20 Tonnen (insgesamt) zu verstehen, vermögen die Beschwerdeführer nicht zu bestreiten. Mit den zur Entkräftung dieses Arguments des Erstgerichtes (US 21) für die Richtigkeit der Erstangaben des Zeugen S*** vorgebrachten Einwänden, der Zeuge habe eben in der früheren Hauptverhandlung (vom 26.Februar 1986) an diese "Korrektur" seiner belastenden Erstangaben nicht mehr gedacht, zumal er danach nicht gefragt worden sei, wird abermals bloße Kritik an der Beweiswürdigung geübt, indem der Versuch unternommen wird, die vorgeblich bloß unvollständigen Angaben auf eine mangelhafte Befragung durch das Schöffengericht zurückzuführen. Der weitere Beschwerdeeinwand, die Angaben des Zeugen S*** am 24.September 1985 vor dem Untersuchungsrichter (ON 28/I) seien als Beweismittel ungeeignet, weil sich die dort enthaltene (pauschale) Bestätigung der "mengenmäßigen Angaben vor der Gendarmerie" auf die angeblich richtiggestellten Mengenangaben vom 16. September 1985 bezögen, geht deshalb fehl, weil das Erstgericht - wie dargelegt mit mängelfreier Begründung - davon ausgegangen ist, daß der Zeuge S*** am 16.September 1985 seine Mengenangaben vom 10.September 1985 nicht reduziert, sondern (nur bezogen auf das Jahr 1985) präzisierend ergänzt hat. Solcherart geht aber der gegen den Untersuchungsrichter gerichtete Vorwurf einer "ungenauen Vernehmung" und die daraus abgeleitete Behauptung einer Mangelhaftigkeit der auf dieses Protokoll gestützten Entscheidungsgründe ins Leere.

Inwiefern eine nähere Erörterung der Umstände über das Zustandekommen der unmittelbar vor der ersten Hauptverhandlung (26.Februar 1986) erfolgten ergänzenden Vernehmung des Zeugen S*** (am 12.Februar 1986) durch die Gendarmerie (S 421/III) geboten gewesen wäre, kann der Beschwerde nicht entnommen werden. Die abschätzige Beschwerdebehauptung, der Zeuge hätte durch diese Einvernahme vor der Hauptverhandlung in bezug auf seine bisherigen Angaben im Vorverfahren "einbetoniert" werden sollen, macht insoweit den Versuch einer Herabwürdigung der Beweiskraft dieser Aussage offenkundig.

Die in der Hauptverhandlung vom 26.Februar 1986 vom Zeugen S*** abgegebene Erklärung (S 494/III), daß die in seinen niederschriftlichen Angaben vom 10.September 1985 (S 139/II) der Firma U*** zugeordneten Liefermengen in Wahrheit nur den "übergebliebenen Rest" des an zahlreiche kleine Bezieher "schwarz" verkauften Zuckers darstelle, wurde vom Erstgericht mit durchaus lebensnaher Begründung abgelehnt (US 22). Daß die Aussage des Zeugen S*** auch anders hätte gewürdigt und aus ihr darnach andere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, vermag einen formellen Begründungsmangel nicht zu bewirken, weshalb die bezüglichen Beschwerdeeinwendungen - trotz gegenteiliger Beteuerungen der Bechwerdeführer - als in diesem Rahmen einmal mehr unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung unbeachtlich sind. Gleiches gilt für den Hinweis auf die Unbescholtenheit des Zeugen S*** und den vom Erstgericht ohnedies gewürdigten (US 22) Umstand, daß dieser trotz Androhung und endlicher Anordnung der Verhaftung (§ 277 StPO) in der Hauptverhandlung vom 26.Februar 1986 bei seiner die Angeklagten entlastenden Aussage geblieben ist (S 503 ff., 507/III).

Aber auch der Beschwerdevorwurf, das Erstgericht berufe sich in seiner Urteilsbegründung auf eine nicht näher geklärte "Beeinflussung" des Zeugen S*** durch Dritte und auf einen auf ihn ausgeübten "Druck von außen" (US 21), ohne dafür logische Gründe anführen zu können, stellt sich lediglich als unzulässiger Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung dar. Abgesehen davon, daß das Erstgericht für seine Behauptung immerhin einen bemerkenswerten Vorfall (der Einmischung einer prozeßfremden Person) in der Hauptverhandlung als Indiz anführt (US 21/22), und die Unglaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen S*** hinsichtlich der Zuckerlieferungen ohnedies auch mit anderen Argumenten begründet, war es nicht gehalten, die von ihm unmittelbar gewonnenen Eindrücke von der Darstellung dieses Zeugen und seiner allfälligen Motivation für unrichtige Angaben im Urteil näher zu analysieren, zumal sich derartige Erwägungen in der Regel nicht rational erfassen und vollständig in Worte kleiden lassen (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 88 zu § 258).

Mit der Frage, wer die Transporte der in den Jahren 1980 bis 1985 insgesamt gelieferten Zuckermengen von 216 Tonnen durchgeführt hat, hat sich das Erstgericht auseinandergesetzt und im Hinblick darauf, daß die dafür sonst in Betracht kommenden Chauffeure der Firma S*** derartige Fahrten in Abrede stellten, die Möglichkeit erwogen, daß entweder der Angeklagte Walter U*** selbst oder aber der Zeuge S*** die notwendigen Transporte durchgeführt haben könnten (US 25). Diese Annahme ist weder denkgesetzwidrig noch steht sie mit anderen in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen in dem behaupteten Widerspruch, denn die von der Beschwerde zitierte Urteilspassage, daß "S*** lieferte" (US 16), bezieht sich nach dem Zusammenhang nicht auf die manipulative Zuckerbeförderung, sondern auf die Herkunft des Zuckers. Die Aussage der Zeugin Waltraud Z*** (S 509 ff./III) mußte das Erstgericht nach Lage des Falles nicht eigens erörtern, denn deren Behauptung, sie habe im Herbst 1984 aus einem Gespräch zwischen dem Zeugen S*** und der Angeklagten Friederike U*** den Eindruck gewonnen, daß sich die beiden trotz einer bereits länger bestehenden Geschäftsverbindung (die die Angeklagten allerdings nur auf die Lieferung von Heizöl bezogen haben - S 443/III) noch nie persönlich begegnet seien, spricht nicht gegen die Annahme, daß die Angeklagten beim Zeugen S*** durch mehrere Jahre hindurch (auch) Zucker gekauft haben. Unzutreffend ist hingegen der Einwand, das Erstgericht habe sich auch mit der Aussage des Zeugen Erwin H*** nicht auseinandergesetzt, der angab (S 373 f./IV), der Zeuge S*** habe anläßlich eines Gespräches im Oktober/November 1985 ihm gegenüber die Unrichtigkeit seiner Angaben über die von ihm an die Firma U*** gelieferten Zuckermengen von über 200 Tonnen zugegeben. Das Schöffengericht (US 24) folgte insoweit vielmehr der Aussage des Zeugen S***, der behauptete, derartiges zu H*** "bestimmt nicht gesagt zu haben" (S 384/V). Die vom Erstgericht zusätzlich gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen H*** ins Treffen geführten Argumente, nämlich dessen Interesse an einer Erschütterung der auch ihn selbst belastenden Angaben des Zeugen S*** sowie sein in der Hauptverhandlung an den Tag gelegtes ungewÄhnliches Engagement (US 24), sind durchaus tragfähig. Die dagegen vorgebrachten Beschwerdeeinwände sind ebenso wie der dem Erstgericht gemachte Vorwurf, dem Zeugen S*** nur in diesem Teilbereich seiner Aussage zu folgen, ihm aber sonst den Glauben zu versagen, aufs neue als ein in diesem Rahmen prozeßordnungswidriger Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung zu erkennen.

Insoweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf eine Aussage des Zeugen Johann S*** vom 6.März 1986 in dem gegen diesen selbst geführten Strafverfahren wegen falscher Beweisaussage (AZ 12 Vr 208/86 des Kreisgerichtes Krems/D) bezieht, beruft sie sich auf ein Beweismittel, das nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 12.November 1986 (ON 92/IV, vgl insb S 369) in dieser Verhandlung nicht verlesen worden ist (§ 258 Abs 1 StPO).

Daß aus einem in der Anklageschrift als "massives Indiz" für die Kunstweinerzeugung angeführten Umstand, nämlich dem Vorhandensein von Gärständern im Unternehmen der Angeklagten technischerseits kein "sicherer Schluß" auf eine Kunstweinproduktion abzuleiten sei, kann schon deshalb keinen Begründungsmangel darstellen, weil im Urteil darauf nicht mehr Bezug genommen worden ist.

Die Überlegung des Erstgerichtes (US 25), daß die Erklärung des Angeklagten Walter U*** für die bei ihm vorgefundenen Kunstweinrezepte unglaubwürdig sei, weil durch die angebliche probeweise Herstellung von bloß einem Liter Kunstwein die Zweckmäßigkeit der Rezeptur nicht verläßlich zu überprüfen ist, ist auch für einen Laien auf weinchemischem Gebiet durchaus einleuchtend und bedurfte daher keines Belegs.

Den umfänglichen Bezug von für die Weinbehandlung unzulässigen Chemikalien (US 14) führt das Erstgericht bloß unter anderem als "schwerwiegendes Indiz" für die Kunstweinerzeugung an (US 26). Daß daraus allein auf eine derartige Produktion nicht zwingend geschlossen werden könnte, stellt angesichts der beweismäßigen Verknüpfung zahlreicher anderer belastender Verfahrensergebnisse keinen Begründungsmangel dar. Gleiches gilt auch für die vom Erstgericht als weiteren Hinweis angeführten rechnerischen Divergenzen zwischen (offizieller) Weinproduktion und Weinverkauf, die - der Beschwerdebehauptung zuwider - nach dem Gutachten des Sachverständigen keineswegs befriedigend aufgeklärt werden konnten (US 12, 27).

Zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist schließlich die Subsumtionsrüge (Z 10), denn sie läßt einerseits die Bezeichnung des anderen Strafgesetzes, das auf die Tat hätte angewendet werden sollen, vermissen (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 8 zu § 281 Abs 1 Z 10) und hält andererseits nicht - wie dies bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes stets vorauszusetzen ist (a.a.O. E 9) - an den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils über den Vorsatz der Angeklagten fest, den Letzterwerbern durch den Verkauf des nachgemachten Weines in Kenntnis von dessen materieller Wertlosigkeit einen 100.000 S übersteigenden Schaden zuzufügen und sich dadurch selbst einen Vermögensvorteil zu verschaffen (US 17, 29, 30), wenn sie die dazu führenden überlegungen des Erstgerichtes als "Trugschlüsse" bezeichnet. Demnach bleibt bloß zu vermerken, daß das Schöffengericht den Schädigungsvorsatz der Angeklagten nicht aus der Verkehrsunfähigkeit der verkauften Weine schlechthin, sondern daraus abgeleitet hat, daß es sich vorliegend um einen aus künstlichen Stoffen und den Resten der Weinbereitung (Geläger), in der Folge mit Normalwein vermengten nachgemachten Wein (§ 43 Abs 3 lit a, b und d WeinG 1961) gehandelt hat, von dessen Wertlosigkeit sie auf Grund des gegebenen Fachwissens wußten (US 29). Ob vom Vorsatz der Angeklagten aber der gesamte spruchmäßige Schaden von 10,447.750 S erfaßt war und ob im Hinblick auf die aufgelaufenen Selbstkosten eine dementsprechende Bereicherung stattgefunden hat, ist angesichts der 100.000 S jedenfalls übersteigenden Schadenshöhe im Nichtigkeitsverfahren ohne Belang und kann nur im Rahmen der Berufungsentscheidung allenfalls Berücksichtigung finden. Die (durch den Verteidiger Dr. W*** ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO), im übrigen aber als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) sofort (gleichfalls) zurückzuweisen. Dementsprechend ist zur Entscheidung über die noch unerledigten Berufungen der Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285 i StPO nF), dem die Akten daher zu diesem Zwecke zuzuleiten sind.

Rechtssätze
8