JudikaturJustiz10Os128/79

10Os128/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stach als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 ff. StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Werner (auch Adolf Werner - siehe z.B. ON. 71 S. 397) B, Peter B und Rudolf C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 31. Mai 1979, GZ. 4 Vr 1614/79-75, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Gadzinski, Dr. Oehlzand und Dr. Scheed sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Werner B wird teilweise, jener des Rudolf C zur Gänze Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen - so insbesondere auch im Ausspruch nach § 26 StGB. - unberührt bleibt, einerseits in Stattgebung dieser Rechtsmittel (nämlich zu den Punkten I 1 a und III 1 des Urteilssatzes bei Werner B und zu den Punkten IV 1 und 2 sowie VIII bei Rudolf C), andererseits gemäß § 290 Abs. 1 StPO. sowohl in Ansehung des Angeklagten Werner B als auch bezüglich der Angeklagten Kurt A und Peter B (und zwar hinsichtlich Werner B zu Punkt IV, Kurt A zu den Punkten I 1 a, III und IV sowie Peter B zu den Punkten III 2 und IV 1) in den Schuldsprüchen wegen des Diebstahls eines Herrenfahrrades am 13. September 1979 in Graz (Punkt I 1 a), wegen Urkundenunterdrückung (Punkt III) und wegen Zechbetruges (Punkt IV) sowie demzufolge auch im Strafausspruch sämtlicher Angeklagten (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung zurückverwiesen.

Ansonsten werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Werner B (im übrigen) und Peter B (zur Gänze) verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Werner B, Peter B und Rudolf C auf die obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Werner B und Peter B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 11. Februar 1961 geborene Kurt A, der am 12. September 1958

geborene Werner B, der am 6. Mai 1960 geborene Peter B und der am 24. März 1958 geborene Rudolf C - sämtliche beschäftigungslos - einer Mehrzahl gerichtlich strafbarer Handlungen schuldig erkannt, und zwar Kurt A und Peter B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB., Werner B des Verbrechens des schweren Diebstahls mit Waffen nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 4 StGB. und Rudolf C des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB., ferner alle vier Angeklagten des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. - Werner und Peter B sowie Rudolf C auch nach Abs. 2 dieser Gesetzestelle, die beiden letzteren und Kurt A ferner in Form des (strafbaren) Deliktsversuches gemäß § 15 StGB. - , alle Angeklagten weiters des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB. und - außer Rudolf C -

des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB., überdies Werner B der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB. sowie des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffenG. und Rudolf C des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. Die Angeklagten Kurt A und Peter B wurden von einem weiteren Diebstahlsvorwurf und der Angeklagte Werner B von einem weiteren Vorwurf der Körperverletzung gemäß § 259 Z. 2 StPO. freigesprochen.

Den schuldigsprechenden Teil dieses Erkenntnisses bekämpfen die Angeklagten Werner B (der Sache nach bloß in Ansehung der Punkte I 1 a, I 4 und III 1), Peter B (ausdrücklich nur in Ansehung des Punktes I 2 und der Diebstahlsqualifikation nach § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB. sowie zu Punkt II B 2) und Rudolf C (lediglich in Ansehung der Punkte IV 1 und 2 sowie VIII) mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf die Z.5 und 10 (Werner B und Rudolf C), bzw. 4, 5 und 9 lit. a (Peter B) des § 281 Abs. 1 StPO. stützen.

Die durch den Angeklagten Rudolf C außerdem noch unzulässigerweise ausgeführte 'Schuldberufung' wurde von seiner Verteidigerin im Gerichtstag zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Werner B:

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. rügt der Angeklagte in Ansehung des Diebstahlsfaktums

I) 4) die Feststellung, er habe bei diesem Diebstahl eine geladene

Pistole mitgeführt, um den (allfälligen) Widerstand einer Person zu verhindern, als offenbar unzureichend begründet. Der Hinweis des Erstgerichtes auf die Aussage des Zeugen D reiche für eine Begründung dieser Annahme deshalb nicht hin, weil nicht dieser Zeuge ihn seinerzeit vernommen habe und daher einen allfälligen Irrtum des tatsächlich mit der Einvernahme befaßt gewesenen Polizeibeamten über den Sinn seiner damaligen Verantwortung nicht ausschließen könne. Seiner Darstellung, daß er die Waffe nur zu seinem 'persönlichen Schutz' mitgeführt habe, werde vom Erstgericht insoweit ein unrichtiger Sinn beigelegt, als es darunter auch ein Beisichtragen der Pistole durch ihn verstehe, um sie im Falle seiner Betretung beim Diebstahl zumindest als Abschrekkungsmittel zu verwenden. Der Mängelrüge kommt keine Berechtigung zu.

Daß der Beschwerdeführer bei seiner polizeilichen Vernehmung tatsächlich jene Angaben gemacht hat, die damals protokolliert wurden (vgl. S. 145 ff., insbes. S. 149), von ihm also namentlich zugegeben worden war, er habe auch beim Diebstahl zum Nachteil des Max E am 15. September 1978

in Graz (Faktum I 4 des Schuldspruches) die Pistole in durchgeladenem Zustand mitgeführt, konnte das Erstgericht unter Ablehnung der gegenteiligen Verantwortung in der Hauptverhandlung (S. 349 f., 406) insbesondere auf Grund der Aussage des Zeugen Peter D (S. 434, 410, 411) als erwiesen annehmen,der als Polizeibeamter der Einvernahme des Beschwerdeführers beigewohnt hatte und folglich über die dabei gemachten Wahrnehmungen zu berichten, in der Lage war.

Hat aber der Angeklagte nach den solcherart mängelfrei begründeten Urteilskonstatierungen die Waffe anläßlich des in Rede stehenden Diebstahls in der vorbezeichneten Weise bei sich getragen, dann wäre es geradezu lebensfremd, anzunehmen, er hätte sie im Falle seiner Betretung nicht einsetzen wollen. Es erübrigt sich unter diesen Umständen jede weitere Erörterung der Frage, ob die Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei, er habe die Waffe nur zu seinem 'persönlichen Schutz' geführt (bei gleichzeitiger Negierung der Absicht, sie bei Begehung einer strafbaren Handlung zu verwenden - siehe S. 149), die ihr durch das Schöffengericht zu Teil gewordene Interpretation deckt, er habe damit auch einen ins Auge gefaßten etwaigen Gebrauch im zuvor bezeichneten Sinn (zumindest als Abschreckungsmittel zu seinem 'Schutz' aus Anlaß einer Betretung beim Diebstahl) eingestanden; und dies umso mehr als sich das Erstgericht bei der naheliegenden Annahme über eine notfalls beabsichtigte derartige Verwendung der - nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers vor der Polizei 'schußbereit, geladen und gespannt' im Hosenbund steckenden - Pistole zusätzlich noch auf die Aussage des Zeugen Max E (S. 413) zu stützen vermochte, wonach der Angeklagte während der Tat seine rechte Hand in der Hosentasche - also jedenfalls nahe der Waffe - gehalten hatte.

Die Rechtsrüge der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. erschöpft sich im Vorwurf, das Erstgericht habe das Führen einer Waffe 'zum persönlichen Schutz' rechtsirrig als hinreichend für die Unterstellung der Tat auch unter die Bestimmung des § 129 Z. 4 StGB. erachtet. Das Jugendschöffengericht hat jedoch (nach dem oben Gesagten) gar nicht angenommen, der Beschwerdeführer habe die Waffe in dem Sinn 'zum persönlichen Schutz' bei sich getragen, daß er sie ausschließlich zur Abwehr eines allfälligen rechtswidrigen Angriffes anderer Personen gegen ihn - fernab jeder Straftat - verwenden wollte, sondern es ist im Gegenteil davon ausgegangen, daß er gesonnen war, sie bei Bedarf anläßlich des Diebstahls zum Nachteil des Max E zu verwenden, um den Widerstand einer Person zu verhindern; der Beschwerdeführer vergleicht demnach nicht den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen, sondern einen urteilsfremden Sachverhalt mit dem Gesetz. Er bringt daher den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Berechtigung kommt dem Beschwerdevorbringen des Angeklagten Werner B hingegen zu, insoweit er den Mangel jeglicher Begründung zu den Fakten I 1 a (Diebstahl eines Herrenfahrrades der Marke Junior mit 10-Gang-Schaltung im Wert von etwa ca. 1.500 S zum Nachteil des Stefan F am 13. September 1978 in Graz in Gesellschaft des Kurt A als Beteiligtem) und III 1 (Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. in bezug auf einen Führerschein, zwei Zulassungsscheine und eine Steuerkarte des Gottfried G sowie auf einen Führerschein, einen Zulassungsschein und einen Reisepaß des Josef H wie auch einen Reisepaß der Barbara I am 28. September 1978 in Graz im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Kurt A als Mittäter) aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO.

geltend macht, damit aber gleichzeitig ins Treffen führt, daß das Urteil überhaupt keine Feststellungen enthalte, welche die ergangenen Schuldsprüche (wegen der genannten strafbaren Handlungen) rechtfertigen, sohin mit Feststellungsmängeln im Sinne eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes (Z. 9 lit. a - bzw. allenfalls Z. 10 - des § 281 Abs. 1

StPO.) behaftet sei.

Diese Feststellungsmängel waren gemäß § 290 Abs. 1 StPO. von Amts wegen aber auch in Ansehung des ebenfalls aller vorgenannten Straftaten (als Mittäter) schuldig erkannten Mitangeklagten Kurt A wahrzunehmen, der gegen das Urteil kein Rechtsmittel ergriffen hat.

Gleichermaßen weist das Urteil solche Mängel,derentwegen ebenso nach der obzitierten Gesetzesstelle vorzugehen ist, zu allen weiteren Schuldsprüchen wegen § 229 Abs. 1 StGB.

(Fakten III 2 a, b und c) auf, wonach sich Kurt A darüber hinaus sowie ferner auch der Mitangeklagte Peter B dieses Vergehens am 14. September 1978 in Ansehung eines Führerscheines, zweier Zulassungsscheine und einer Steuerkarte des Ing. Manfred J, am 1. Oktober 1978

hinsichtlich zweier Reisepässe und eines Sparbuches der Ehegatten Rudolf und Maria K und am 3. Oktober 1978

bezüglich eines Führerscheines, eines Zulassungsscheines und einer Steuerkarte des Manfred L schuldig gemacht haben.

Denn auch insoweit hat das Erstgericht teils überhaupt jede Feststellung unterlassen (Faktum III 2 c), teils bloß konstatiert, daß die Täter sich die jeweiligen Papiere angeeignet und dann weggeworfen (Faktum III 2 a - S. 431) bzw. an sich gebracht (Faktum III 2 b - S. 432) haben, was zur rechtlichen Beurteilung dieser Taten nicht hinreicht.Hiezu hätte in allen vorgenannten Fällen des Punktes III des bisherigen Schuldspruches außerdem namentlich darüber abgesprochen werden müssen, ob die Angeklagten die Urkunden mit dem (zumindest bedingten) Vorsatz entweder an sich gebracht und behalten oder aber vernichtet haben, den Gebrauch der Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache zu verhindern, widrigenfalls nicht der Tatbestand des Vergehens nach § 229 Abs. 1 StGB. verwirklicht wäre (vgl. hiezu Leukauf-Steininger, Komm., 2. Auflage, 1333; ÖJZ-LSK. 1976/222 = SSt. 47/28 = EvBl. 1976/277;

ÖJZ-LSK. 1978/366, 367).

II. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B:

Wenn der Beschwerdeführer den Verfahrensmangel der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. darin erblickt, daß das Erstgericht den Wert der von ihm zusammen mit Kurt A zum Nachteil des Rudolf K am 1. Oktober 1978 in Graz unter anderen gestohlenen Halskette samt Maria-Theresien-Taler ohne Beiziehung eines Sachverständigen, abweichend von seiner Verantwortung, es habe sich dabei um ein Kunststoffprodukt im Wert von höchstens 100 S gehandelt, mit 1.200 S bezifferte, so mangelt es ihm schon an der Legitimation zur Erhebung dieser Verfahrensrüge, da er in der Hauptverhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat.

Unter der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bezeichnet der Beschwerdeführer die Feststellung des Erstgerichtes, er habe zusammen mit dem Mitangeklagten C in zwei Fällen versucht, fremde Fahrzeuge durch Nachsperre mit einer zugefeilten Ventillehre unbefugt in Gebrauch zu nehmen (Faktum II B 2 a und b des Schuldspruches), als unzureichend begründet. Auf dieses Vorbringen im Einzelnen einzugehen, erübrigt sich, erschöpft es sich doch ausschließlich in einer Erörterung der Beweiskraft und Glaubwürdigkeit von Beweismitteln und sohin im unzulässigen Versuch, die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, ohne (echte) Begründungsmängel im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Was aber schließlich die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge anlangt, mit der er der Annahme der Qualifikation des § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB. mit dem Argument entgegentritt, der Wert der gestohlenen Gegenstände übersteige bei keinem einzigen der ihm angelasteten (mehreren) einzelnen Fakten für sich allein 5.000 S, so geht sie gleichfalls gänzlich fehl. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer bei der Aufzählung der - seiner Meinung nach maßgebenden - Einzelwerte gerade jene Straftat übergeht, zu welcher der Wert der Diebsbeute - unangefochten - mit mehr als 5.000 S angegeben wird (S. 419: Punkt I 3 des Urteilssatzes), die Rechtsrüge also gar nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, greift - entgegen der darin zum Ausdruck gebrachten Auffassung - gemäß § 29 StGB. bei wert- oder schadensqualifizierten Delikten, zu denen eben gerade der Diebstahl gehört, im Falle der Begehung mehrerer Tathandlungen derselben Art durch den Täter stets und demnach auch dann, wenn sie in keinem - für die Rechtsfigur der sogenannten 'einheitlichen Tat' typischen - Fortsetzungszusammenhang stehen, die Zusammenrechnung der Werte Platz, deren Summe vorliegend -

selbst vom Beschwerdeführer nicht bestritten - die Wertgrenze des § 128 Abs. 1 Z. 4 StGB. bei weitem überschreitet.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

III. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf C:

Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bekämpft der Angeklagte in Ansehung des Schuldspruches wegen des Vergehens nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. (Faktum VIII) - begangen durch Verhehlung einer von Kurt A und Werner B zum Nachteil des Josef H gestohlenen Armbanduhr Marke 'Gröbner' im Werte von 1.000 S Anfang Oktober 1978 in Graz - die Urteilsfeststellung, er habe deren diebische Herkunft (hiebei) zumindest ernstlich für möglich gehalten (S. 433), zufolge des Übergehens der -

ihr entgegenstehenden - Verantwortung des Mitangeklagten Werner B

als unvollständig begründet.

Die Mängelrüge ist berechtigt.

Die bezügliche Konstatierung wurde vom Erstgericht sinngemäß darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer den Werner B bereits als Dieb kannte - er selbst hatte mit ihm zusammen im Jahre 1973 einen Einbruchsdiebstahl verübt -, auf Grund des ständigen Kontaktes über dessen Lebenswandel auch weiterhin 'zweifellos' im Bilde war und daher 'zumindestens annehmen konnte, daß jeder Gegenstand, den er von Werner B geschenkt erhielt (somit auch die gegenständliche Armbanduhr) zumindest bedenklicher Herkunft sei' (S. 435 f.). Das Gericht hat sich jedoch nicht mit der Darstellung des Werner B in der Hauptverhandlung am 11. Jänner 1979 (S. 350 f.) auseinandergesetzt, er habe dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Überlassung der Uhr nicht nur keine Mitteilung vom Diebstahl gemacht, sondern sogar ausdrücklich erklärt, es handle sich um eine ihm gehörende alte Uhr, die er schon lange zu Hause liegen habe. Ob der Angeklagte (zumindest) mit bedingtem Vorsatz i.S. des § 5 Abs. 1 StGB. handelte, also die Herkunft dieser Uhr aus einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen ernstlich für möglich hielt und sich - worüber das Urteil, wie bereits an dieser Stelle festgehalten sei, überhaupt nichts sagt -, damit abgefunden hat, ist eine Tatfrage. In Ansehung derselben wäre aber bei Berücksichtigung der Aussage des Werner B (selbst im Falle der Aufrechterhaltung der zur Widerlegung der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers vom Schöffengericht sonst angestellten Erwägungen) durchaus eine andere Lösung denkbar; das Erstgericht hätte (trotz dieser Überlegungen dennoch) mit Bedacht auf die erwähnten Depositionen zu dem Ergebnis kommen können, daß der Angeklagte C die Herkunft der Uhr aus einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen im Hinblick eben auf die obige Äußerung des Werner B nicht als naheliegend (und darum ernstlich für möglich) ansah.

Das Ersturteil ist außer mit der zutreffend gerügten Unvollständigkeit (seiner Begründung) im Sinn der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. auch mit einem - schon angedeuteten, jedoch nicht relevierten - Feststellungsmangel nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. zur inneren Tatseite behaftet. Denn es spricht in tatsachenmäßiger Beziehung lediglich über die Wissenskomponente des bedingten Vorsatzes nicht aber auch über die Willenskomponente, demnach darüber, ob sich der Angeklagte darüber hinaus mit der ernstlich für möglich gehaltenen Verwirklichung eines Sachverhalts, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, wirklich abgefunden hat. Die tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen reichen zur Bejahung einer vorsätzlichen Handlungsweise des Angeklagten nicht aus; durch sie wird insbesondere Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2 S. 113 f., vor allem RN 16-18 und die dort bezogene Judikatur). Ferner liegen die von Rudolf C in bezug auf das Faktum IV (Schuldspruch wegen § 146 StGB. betreffend sogenannte Zechprellereien in insgesamt vier Fällen, begangen durch alle Angeklagten, zum Teil allerdings ohne Peter B oder ohne den Beschwerdeführer) teils bereits im Zuge der Mängelrüge sachlich, teils unter ausdrücklicher Anrufung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) behaupteten Feststellungsmängel vor. Das Erstgericht begnügte sich in den Urteilsgründen mit der Konstatierung, daß 'die vier Angeklagten im September 1978 die aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Zechbetrügereien begangen' haben (S. 433). Wie der Beschwerdeführer insofern zutreffend darlegt, hat es jedoch vor allem hinsichtlich des Motivs dieser Tathandlungen nichts festgestellt, obgleich die einzelnen Schadensbeträge gering sind (204 S, 230 S, 90 S und 120 S) und dies im Zusammenhalt mit der aktenkundigen Tatsache der Beschäftigungs- und daher auch Einkommenslosigkeit sämtlicher Angeklagten zur Tatzeit (vgl. S. 8, 12, 44 und 52) ein Handeln aus Not in den Bereich der Möglichket rückt (siehe auch die Angaben der Angeklagten, in denen großer Hunger bei Fehlen jedweder Geldmittel als Beweggrund genannt wird - S. 131/133, 143 und 159), weshalb eine allfällige Wertung der 'Zechprellereien' als Notbetrug nach § 150 StGB. zur Beurteilung steht, zumal unter den sonstigen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle die einzelnen Schadensbeträge (insoferne) nicht der Zusammenrechnung im Sinne des § 29 StGB. unterliegen. Der Nichtigkeitsbeschwerde (welche zwar schlechthin vom Faktum 'IV' spricht, seitens des Beschwerdeführers jedoch rechtswirksam nur in Ansehung der - auch - durch ihn begangenen Fakten IV 1 und 2 erhoben werden kann, hinsichtlich deren allein er zur Anfechtung legitimiert ist) kommt daher dahin Berechtigung zu, daß die angefochtenen Punkte IV 1 und 2

des Schuldspruches unter Bedachtnahme darauf, daß im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 150 Abs. 1 StGB. (mit denen sich das Erstgericht rechtsirrig nicht befaßt hat) mangels einer erteilten Ermächtigung zur Strafverfolgung (Abs. 2 dieser Gesetzesstelle) mit einem Freispruch vorzugehen wäre, aus der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. mit einer materiellen Nichtigkeit in Form von Feststellungsmängeln behaftet sind.

Diese vom Beschwerdeführer grundsätzlich richtig aufgezeigten Feststellungsmängel waren gemäß § 290 Abs. 1 StPO.

überdies nicht nur in Ansehung seiner Mittäter bei den erwähnten Fakten IV 1 und 2 (Kurt A, Werner B und Peter B, des letzteren allerdings nur zu IV 1), sondern auch bezüglich der Fakten IV 3 a und b (betreffend die Angeklagten Kurt A und Werner B), bei welchen die Sachlage die gleiche ist, wahrzunehmen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht hiezu folgendes zu beachten haben:

Für die Annahme von Not im Sinne des § 150 (§ 141) StGB. als Tatmotiv wird es in der Regel ohne Bedeutung sein, ob diese Not durch den Täter verschuldet ist oder nicht (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.2 S. 1016 RN. 5 bei § 150 i.V. mit S. 950, RN 11 bei § 141 StGB.). Es kommt aber nicht allein darauf an, daß der individuelle Täter seine augenblickliche Lage im Tatzeitpunkt als Not empfunden hat und inwieweit ihn sein bezüglicher persönlicher Seelenzustand zur Tat gedrängt hat. Der Maßstab für die Beurteilung dieses Motivs muß vielmehr ein objektiver sein: so handelt z.B. nicht aus Not, wer stiehlt, obwohl er die Möglichkeit zur Arbeit oder Unterstützung durch einen Dritten hat, und ebenso nicht, wer sich wegen einer Flucht aus der Strafanstalt in einer Bedrängnis befindet (siehe auch hiezu Leukauf-Steininger a.a.0.). Da Not ein besonderer Zustand zur Tatzeit ist, der qualitativ einem Notstand nahekommt (EvBl. 1958/341; Leukauf-Steininger, Komm.2, S. 950, RN 12 bei § 141 StGB.), ist es gerechtfertigt, bei dem im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen des in Rede stehenden Beweggrunds anzulegenden objektiven Maßstabs darauf abzustellen, ob in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen (welcher nach seinem Alter wie seinen sozialen Verhältnissen und damit seiner körperlichen sowie seelischen Widerstandskraft demselben Personenkreis wie der Täter angehört), kein anderes Verhalten zu erwarten wäre.