JudikaturJustiz10ObS7/87

10ObS7/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juni 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rudolf Oezelt und Herbert Bauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarete K***, Studentin, 3314 Strengberg Nr. 106, vertreten durch Dr. Peter Zeitler, Referent der Handelskammer Niederösterreich, 1014 Wien, Herrengasse 10, dieser vertreten durch Dr. Leander Schüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W***, 1051 Wien,

Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Waisenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Februar 1987, GZ 31 Rs 17/87-8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Niederösterreich in Wien vom 10. Oktober 1986, GZ 11 C 43/86-5 (32 Cgs 9/87 des Landesgerichtes St. Pölten) abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird als nichtig aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr die Waisenpension über das 26. Lebensjahr hinaus zu gewähren. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin eine Waisenpension im gesetzlichen Ausmaß vom 11. September 1985 bis 25. Juni 1986 zu bezahlen. Das Mehrbegehren wurde nicht ausdrücklich abgewiesen.

Gegen dieses Urteil erhob die beklagte Partei Berufung. Die Berufungsschrift wurde dem Vertreter der Klägerin am 11. Dezember 1986 zugestellt. Am 7. Jänner 1987 langte beim Landesgericht St. Pölten, an das die Rechtssache gemäß § 101 Abs 1 Z 2 ASGG als überwiesen galt, eine Berufungsbeantwortung der Klägerin ein. Sie wurde jedoch dem Berufungsgericht nicht vorgelegt. Das Berufungsgericht gab der Berufung Folge und wies den Teil des Klagebegehrens, über den das Erstgericht im stattgebenden Sinn entschieden hatte, ab.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das Ersturteil wiederherzustellen oder das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 46 Abs 4 iVm § 101 Abs 2 ASGG zulässig, weil ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen im Sinn der zuerst genannten Gesetzesstelle ungeachtet des Umstandes vorliegt, daß alle wiederkehrenden Leistungen, über die das Berufungsgericht entschied, zur Zeit des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz schon fällig waren.

Die Revision ist auch berechtigt.

Die Klägerin hatte gemäß dem damals noch anzuwendenden § 402 Abs 2 ASVG das Recht, innerhalb von vier Wochen nach Zustellung der Berufung eine "Berufungsmitteilung" zu erstatten. Diese wäre gemäß § 1 Abs 1 ASGG und § 469 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen, das sie bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen gehabt hätte. Da dies nicht geschah und die Klägerin mangels Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht imstande war, ihr Vorbringen vorzutragen, wurde ihr durch einen ungesetzlichen Vorgang das Parteiengehör entzogen. Dies bildet den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (SZ 46/93; vgl. auch RZ 1986/48 zum vergleichbaren Fall, daß die Rekursbeantwortung unrichtig zurückgewiesen wurde).

Das angefochtene Urteil mußte daher auf Grund der Revision als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Diese Bestimmung ist gemäß § 2 Abs 1 ASGG anzuwenden, weil die Beurteilung der Frage, ob und in welcher Höhe für ein Rechtsmittel, das bloß zur Aufhebung einer Entscheidung als nichtig führt, gemäß § 77 Abs 1 Z 2 ASGG Kosten zustehen, vom Ergebnis der neuen Entscheidung abhängt (vgl. Fasching, Kommentar II 356 Anm. 2). Zu dem in einem solchen Fall zu treffenden Ausspruch über die Verfahrenskosten ist im ASGG nichts angeordnet.