JudikaturJustiz10ObS350/00v

10ObS350/00v – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Hans Herold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Draga L*****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1090 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2000, GZ 7 Rs 203/00z-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. März 2000, GZ 13 Cgs 91/99p-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die - nominell auch unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung - vorgetragene Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern:

Die Revisionswerberin stützt sich ausschließlich auf bereits in der Berufung gerügte Verfahrensmängel erster Instanz. Derartige Mängel, deren Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat, können jedoch nach ständiger Rechtsprechung - auch in Verfahren nach dem ASGG - im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden (Kodek in Rechberger2 Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; RIS-Justiz RS0042963 [T 45] und RS0043061).

Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein (neuerliches) Eingehen auf die diesbezüglichen, in der Revision wiederholten Berufungsausführungen verwehrt (10 ObS 271/00a).

Soweit die Revisionswerberin aber offenbar den Standpunkt vertritt, zur (neuerlichen) Geltendmachung der erstinstanzlichen Verfahrensmängel legitimiert zu sein, weil das Berufungsgericht - indem es eine Verletzung der Manuduktionspflicht durch das Erstgericht verneinte - unrichtigerweise von der Vollständigkeit und Richtigkeit des festgestellten Sachverhalts ausgegangen sei, was im Rahmen der Rechtsrüge als "sekundärer Feststellungsmangel (des Berufungsverfahrens) infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung von Verfahrensrechten der Klägerin" geltend gemacht werden könnte, ist ihr Folgendes zu erwidern:

Der Grundsatz, wonach Mängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden, nicht mehr in der Revision gerügt werden können, ist dann unanwendbar, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE zu § 503 ZPO). Dann liegt nämlich ein Mangel des Berufungsverfahrens selbst vor (RIS-Justiz RS0040597 [T 1 und T 2], RS0043086 und RS0043166), der als Feststellungsmangel (dazu Kodek aaO Rz 4 zu § 496 ZPO), in der Revision (mittels Rechtsrüge) geltend zu machen ist (2 Ob 231/99f). Davon kann hier aber keine Rede sein:

Dass die Verwerfung der Verfahrensrüge in der angefochtenen Berufungsentscheidung aktenwidrig begründet sei, wird - zu Recht - gar nicht behauptet. Es trifft aber auch nicht zu, dass das Berufungsgericht die Behandlung der Verfahrensrüge in Verkennung prozessualer Vorschriften unterlassen hätte. Tatsächlich hat es sich mit den diesbezüglichen Vorwürfen auf den S 3 bis 8 der Berufungsentscheidung eingehend auseinandergesetzt und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die gerügten Mängel nicht vorliegen. Eine Verletzung der Manuduktionspflicht hat es verneint, weil die Klägerin selbst durchaus sachdienliche Anträge gestellt habe, und sämtliche im Zuge der "Befundungen" hervorgekommenen "Zustandsbilder und Leidenszustände" vom Erstgericht mitberücksichtigt und - nach fachkundiger Untersuchung - auch mitbeurteilt worden seien.

Die Revisionsausführungen, die dem Berufungsgericht vorwerfen, es sei "offensichtlich" davon ausgegangen, dass eine Verletzung der Manuduktionspflicht nur dann anzunehmen wäre, wenn die Klägerin trotz eindeutiger Behauptungen nicht dazu aufgefordert werde, entsprechendes weiteres substantiiertes Vorbringen zu erstatten und geeignete Beweisanträge zu stellen, gehen daher schon deshalb ins Leere, weil der Berufungsentscheidung Derartiges gar nicht zu entnehmen ist.

Eine neuerliche Prüfung der bereits in der Berufung erhobenen Verfahrensrüge, also auch der Frage, ob das Erstgericht der in § 39 Abs 2 Z 1 ASGG normierten besonderen Anleitungspflicht gegenüber Parteien, die nicht Versicherungsträger sind und nicht durch eine qualifizierte Person vertreten werden (10 ObS 81/99f), entsprochen hat, ist aber - wie bereits ausgeführt - im vorliegenden Revisionsverfahren nicht (mehr) durchzuführen (vgl auch 10 ObS 4/97d zum Vorwurf des Verstoßes gegen die Pflicht zur amtswegigen Beweisaufnahme nach § 87 ASGG).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.