JudikaturJustiz10ObS26/08h

10ObS26/08h – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. April 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Broesigke (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ao Univ.-Prof. Dr. Gert Peter Reissner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Stana J*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Stolz Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Oktober 2007, GZ 12 Rs 104/07m-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Mai 2007, GZ 17 Cgs 148/06z-9, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin zu Handen ihres Vertreters die mit 83,33 EUR (darin 13,89 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 21. 12. 1998 gewährte die beklagte Partei der Klägerin ab 1. 1. 1998 eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Mit weiterem Bescheid der beklagten Partei vom 12. 4. 1999 wurde der Klägerin ebenfalls ab 1. 1. 1998 eine Ausgleichszulage in der Höhe des Differenzbetrags zwischen der Bruttopension und dem maßgebenden Ausgleichszulagenrichtsatz gewährt. Mit Bescheid eines jugoslawischen Versicherungsträgers vom 28. 9. 2004 wurde der Klägerin rückwirkend ab 1. 1. 1999 ebenfalls eine Rente zuerkannt. Der Klägerin wurde diese Rente erstmals am 11. 8. 2005 (rückwirkend) überwiesen. Der Zuerkennungsbescheid des jugoslawischen Versicherungsträgers wurde der beklagten Partei am 10. 2. 2006 übermittelt.

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 7. 3. 2006 wurde im Hinblick auf diesen weiteren Rentenbezug der Klägerin ihr Anspruch auf Ausgleichszulage ab 1. 1. 1999 neu festgestellt und der vom 1. 1. 1999 bis 31. 7. 2004 entstandene Überbezug in Höhe von 399,12 EUR rückgefordert. Weiters wurde ausgesprochen, dass der festgestellte Überbezug in monatlichen Raten von 35 EUR ab 1. 3. 2006 von der Pension in Abzug gebracht wird.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Ausgleichszulage für den strittigen Zeitraum im gesetzlichen Ausmaß ohne Abzüge sowie die Feststellung, nicht zum Rückersatz des angeblich entstandenen Überbezugs verpflichtet zu sein, weil sie ihre Meldepflichten nicht verletzt habe. Ein allfälliger Rückforderungsanspruch der beklagten Partei sei überdies verjährt. Eine Aufrechnung mit dem angeblichen Überbezug sei nach § 103 Abs 2 ASVG auch deshalb nicht zulässig, weil sie mit der ihr nach Abzug der Raten verbleibenden Pensionsleistung nicht mehr 90 % des für sie in Betracht kommenden Richtsatzes von 690 EUR monatlich erhalte. Schließlich sei das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit auf ihren Anspruch auf Ausgleichszulage nicht anwendbar.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung eines Überbezugs an Ausgleichszulage in Höhe von 351,35 EUR. Die Klägerin habe ihre Meldepflicht spätestens nach der erstmaligen Anweisung (Nachzahlung) der ihr vom jugoslawischen Versicherungsträger gewährten Rente am 11. 8. 2005 verletzt. Da sie seit 1. 4. 2006 unstrittig in Bosnien wohne und seither keinen Anspruch auf Ausgleichszulage mehr habe, komme auch die am Ausgleichszulagenrichtsatz orientierte Aufrechnungsbeschränkung des § 103 Abs 2 ASVG nicht zum Tragen. Im Übrigen sei die beklagte Partei gemäß Art 32 AbkSozSi-Jugoslawien zur Hereinbringung des Überbezugs berechtigt. Da der Ausgleichszulagenjahresausgleich für 2004 noch nicht durchgeführt worden sei, begehre die beklagte Partei nur mehr die Rückzahlung des bis 31. 12. 2003 entstandenen Überbezugs von 351,35 EUR. Die Klägerin schränkte daraufhin ihr Klagebegehren um 47,77 EUR ein. Das Erstgericht wies das (eingeschränkte) Klagebegehren ab. Es verneinte in rechtlicher Hinsicht eine Meldepflichtverletzung der Klägerin im Hinblick auf die rückwirkend erfolgte Auszahlung der jugoslawischen Rente, erachtete die Rückforderung des Überbezugs aber dessen ungeachtet schon nach Art 32 AbkSozSi-Jugoslawien für grundsätzlich berechtigt. Dieses Abkommen sei auf den vorliegenden Fall anwendbar. Da der Klägerin aufgrund ihrer Wohnsitzverlegung nach Bosnien seit 1. 4. 2006 keine Ausgleichszulage mehr gebühre, könne auch der für die Aufrechnungsbeschränkung nach § 103 Abs 2 ASVG maßgebende Ausgleichszulagenrichtsatz für die Klägerin nicht mehr gelten, weshalb das Unterschreiten (von 90 %) des Richtsatzes kein Hindernis für die Rückforderbarkeit des Überbezugs darstelle. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es die zur Pension gewährte Ausgleichszulage in der bescheidmäßigen Höhe ab 1. 1. 1999 neu feststellte und auch feststellte, dass die Klägerin zum Rückersatz von 47,77 EUR nicht verpflichtet sei. Das Begehren der Klägerin auf Feststellung, dass sie auch zum Rückersatz weiterer 351,35 EUR nicht verpflichtet sei, wurde abgewiesen und die Klägerin schuldig erkannt, zur Hereinbringung des Überbezugs an Ausgleichszulage für den Zeitraum vom 1. 1. 1999 bis 31. 12. 2003 in Höhe von 351,35 EUR ab 1. 3. 2006 die Aufrechnung durch Abzug monatlicher Raten von 35 EUR von der Pension zu dulden. Es vertrat in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen die Ansicht, Art 32 AbkSozSi-Jugoslawien sei Rechtsgrundlage für die hier zu beurteilende Aufrechnung. Diese auch in einer Reihe ähnlicher Abkommen enthaltene Bestimmung regle ganz allgemein - unabhängig von den Besonderheiten der österreichischen Ausgleichszulage - die zwischenstaatliche Aufrechnung von Überbezügen und anderweitigen Ersatzforderungen. Zu diesem Zweck sehe Art 32 Abs 2 AbkSozSi-Jugoslawien ausdrücklich vor, dass dann, wenn der Träger des einen Vertragsstaats für eine Zeit, für die ein Träger des anderen Vertragsstaats nachträglich eine entsprechende Leistung zu erbringen habe, eine höhere als die gebührende Leistung gezahlt habe, der die gebührende (geringere) Leistung übersteigende Betrag - bis zur Höhe des nachzuzahlenden Betrags - als Vorschuss gelte. Der jugoslawische Versicherungsträger wäre daher gemäß Art 32 Abs 1 AbkSozSi-Jugoslawien berechtigt gewesen, die der Klägerin gebührende Nachzahlung jedenfalls für den Klagszeitraum einzubehalten, was er aber unstrittig nicht getan habe. Es sei daher zu prüfen, ob der österreichische Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften aufrechnen könne. Die tatsächlich erfolgte nachträgliche Auszahlung der jugoslawischen Rente für einen Zeitraum, für den die beklagte Partei bereits die Ausgleichszulage erbracht habe, ändere zunächst nichts daran, dass die Ausgleichszulage im Umfang der darauf voll anrechenbaren jugoslawischen Rente - im vorliegendem Fall daher in Höhe von 351,35 EUR für den Zeitraum bis 31. 12. 2003 - rückwirkend als Vorschuss gelte. Für einen derartigen Vorschuss könne ebenso wenig eine Aufrechnungsschranke gelten wie für andere von § 103 Abs 1 Z 3 ausdrücklich erfasste Vorschüsse. Jedenfalls handle es sich bei der im strittigen Zeitraum zur Auszahlung gebrachten Ausgleichszulage um keine zu Unrecht erbrachte, sondern um eine der Klägerin nach der damaligen Sachlage völlig zu Recht erbrachte Leistung, deren Grundlage erst nachträglich durch die rückwirkende Zuerkennung der jugoslawischen Rente weggefallen sei. Gingen die Vertragsstaaten in einem solchen Fall nun grundsätzlich davon aus, dass die von einem Träger zuerst erbrachte Leistung nur mehr als Vorschuss gelte, sprächen nach Ansicht des Berufungsgerichts gewichtige Argumente dafür, die Aufrechnungsermächtigung des § 103 Abs 1 Z 3 ASVG auf Vorschüsse im Sinn des Art 32 Abs 2 AbkSozSi-Jugoslawien analog anzuwenden, weil beide Bestimmungen denselben Regelungszweck verfolgten. Umgekehrt handle es sich bei einem derartigen Vorschuss zweifelsfrei um keine zu Unrecht erbrachte Leistung, sodass die von der Klägerin monierte Aufrechnungsbeschränkung des § 103 Abs 2 ASVG keinesfalls zum Tragen komme.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle und die hier zu beurteilende Aufrechnungsproblematik über den Einzelfall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, das Abkommen mit Serbien über soziale Sicherheit sei zwar zunächst grundsätzlich anwendbar gewesen. Da sie aber mittlerweile ihren Wohnsitz nach Bosnien verlegt habe, sei dieses Abkommen gemäß dessen Art 5 nicht mehr anwendbar. Eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 103 Abs 1 Z 3 ASVG komme nicht in Betracht; hingegen sei die Aufrechnungsschranke des § 103 Abs 2 ASVG jedenfalls anzuwenden. Schließlich bestehe ein allfälliger Rückforderungsanspruch der beklagten Partei nicht zu Recht (§ 107 Abs 2 lit a ASVG) bzw sei ein solcher Anspruch verjährt (§ 107 Abs 2 lit b ASVG), weil sich die beklagte Partei den Wissensstand des jugoslawischen Versicherungsträgers zurechnen lassen müsse.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegen zu halten:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Zerfall des früheren Jugoslawien die Republik Österreich auch mit der neuen Bundesrepublik Jugoslawien (ab 2003: Serbien und Montenegro) ein neues Abkommen über soziale Sicherheit (im Weiteren kurz Abkommen) abgeschlossen hat. Dieses Abkommen vom 5. 6. 1998 ist nach Ratifizierung am 1. 5. 2002 in Kraft getreten und im Bundesgesetzblatt am 4. 6. 2002 kundgemacht worden (BGBl III 2002/100). Im Hinblick auf die Unabhängigkeit Montenegros ab Juni 2006 umfasst der Ausdruck „Bundesrepublik Jugoslawien" hinsichtlich seiner Anwendung im Verhältnis zu Serbien nunmehr die „Republik Serbien" und hinsichtlich seiner Anwendung im Verhältnis zu Montenegro nunmehr die „Republik Montenegro". Das mit der Bundesrepublik Jugoslawien seinerzeit abgeschlossene Abkommen ist daher im Verhältnis zu Serbien weiterhin anzuwenden (vgl Siedl/Spiegel, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht 49. Lfg Serbien 3).

Dieses Abkommen gilt nach seinem Art 3 lit a für Personen (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit), für die die Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten gelten oder galten. Auch die Klägerin bestreitet grundsätzlich nicht, dass sie von diesem persönlichen Geltungsbereich des Abkommens erfasst ist, sie zieht dies aber unter Hinweis auf Art 5 des Abkommens und ihren nunmehrigen Wohnort in Bosnien in Zweifel. Die Regelung des Art 5 des Abkommens sieht jedoch nur vor, dass die Ausgleichszulage nach den österreichischen Rechtsvorschriften von der Gebietsgleichstellung und damit vom Leistungsexport in den anderen Vertragsstaat ausgeschlossen ist; sie betrifft damit aber nicht die Frage des persönlichen Geltungsbereichs des Abkommens. Es hat daher im vorliegenden Fall das erwähnte Abkommen Anwendung zu finden.

Art 32 Abs 1 und 2 dieses Abkommens lauten wie folgt:

„(1) Hat ein Träger eines Vertragsstaats einen Vorschuss gezahlt, so kann die auf denselben Zeitraum entfallende Nachzahlung einer entsprechenden Leistung, auf die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats Anspruch besteht, einbehalten werden.

(2) Hat ein Träger des einen Vertragsstaats für eine Zeit, für die ein Träger des anderen Vertragsstaats nachträglich eine entsprechende Leistung zu erbringen hat, eine höhere als die gebührende Leistung gezahlt, so gilt der diese Leistung übersteigende Betrag bis zur Höhe des nachzuzahlenden Betrags als Vorschuss im Sinn des Absatzes 1."

Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass diese auch in Abkommen über soziale Sicherheit mit anderen Staaten enthaltene Bestimmung ganz allgemein - unabhängig von den Besonderheiten der österreichischen Ausgleichszulage - die zwischenstaatliche Aufrechnung von Überbezügen und anderweitigen Ersatzforderungen regelt. Wie der Oberste Gerichtshof zu der gleichlautenden Bestimmung des Art 45 Abs 1 AbkSozSi-BRD in der Fassung des Dritten Zusatzabkommens, BGBl 1982/299, bereits ausgesprochen hat, gilt im Verhältnis zu den Leistungen aus der deutschen Rentenversicherung auch die Ausgleichszulage als „entsprechende Leistung" (SSV-NF 2/82). Es handelt sich somit auch im vorliegenden Fall bei der Ausgleichszulage um eine den Leistungen aus der jugoslawischen Rentenversicherung entsprechende Leistung im Sinne des Art 32 Abs 1 und 2 des hier anzuwendenden Abkommens. Der beklagte österreichische Versicherungsträger hat der Klägerin für die Zeit von 1. 1. 1999 bis 31. 12. 2003 unbestritten um 351,35 EUR höhere als die gebührenden Leistungen an Ausgleichszulage gezahlt. Für diese Zeit hatte der jugoslawische Versicherungsträger nachträglich Leistungen aus der Rentenversicherung in der genannten Höhe direkt an die Klägerin ausgezahlt. Der Betrag 351,35 EUR gilt daher nach Art 32 Abs 2 des Abkommens als Vorschuss im Sinne des Abs 1, nach dem die Nachzahlung einer entsprechenden Leistung, auf die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats Anspruch besteht, einbehalten werden kann, wenn ein Träger eines Vertragsstaats einen Vorschuss gezahlt hat. Es hätte daher die Nachzahlung des jugoslawischen Versicherungsträgers in Höhe des festgestellten Überbezugs der Klägerin von 351,35 EUR nach Art 32 des Abkommens einbehalten werden können.

Aus dem im Verfahren erster Instanz verlesenen Pensionsakt ergibt sich, dass die beklagte Partei in einer an den jugoslawischen Versicherungsträger gerichteten Mitteilung vom 29. 11. 2004 (Blatt 123 des Pensionsakts) ausdrücklich einen solchen Ersatzanspruch auf die Pensionsnachzahlung gemäß Art 32 des Abkommens erhoben hat. Dennoch hat der jugoslawische Versicherungsträger, was auch von der Klägerin nie bestritten wurde, die Pensionsnachzahlung direkt an sie ausbezahlt. Ist es dem österreichischen Versicherungsträger aber gestattet, sich einen Nachzahlungsbetrag für einen Zeitraum, in dem ein Überbezug entstanden ist, beim jugoslawischen Versicherungsträger einbehalten zu lassen und in der Folge zu vereinnahmen, so muss er auch berechtigt sein, sich im Falle einer versehentlichen direkten Auszahlung des Nachzahlungsbetrags diesen vom Pensionisten refundieren zu lassen. Da das anzuwendende Sozialversicherungsabkommen keine Bestimmung bzw Sanktion enthält, was Rechtens ist, wenn der jugoslawische Versicherungsträger abkommenswidrig das Einbehalten verhindert und dem Pensionisten die vom österreichischen Versicherungsträger bereits abkommensgemäß angesprochene Nachzahlung auszahlt, erscheint dieser Analogieschluss zulässig (vgl OLG Wien als seinerzeitiges Höchstgericht in Leistungssachen SSV 25/17). Eine solche Aufrechnungsmöglichkeit entspricht auch dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass eine zunächst gebührende und rechtmäßig ausgezahlte Ausgleichszulage nicht behalten werden darf, wenn sich nachträglich durch rückwirkende Zuerkennung einer Leistung aus einer Pensionsversicherung ergibt, dass der Richtsatz erreicht oder überstiegen worden wäre, wenn diese Pensionsleistung früher zuerkannt worden wäre. Andernfalls würde es rückwirkend betrachtet zu einer Bereicherung des Pensionisten um die während des sich überschneidenden Zeitraums bezogene Ausgleichszulage kommen (vgl SSV-NF 8/109).

Im Sinne dieser Erwägungen hat der Oberste Gerichtshof zu der vergleichbaren Regelung des Art 45 Abs 1 AbkSozSi-BRD in der damals geltenden Fassung bereits ausgesprochen, dass es zur Erreichung des mit dieser Bestimmung beabsichtigten Zwecks, die Hereinbringung von echten Vorschüssen und als Vorschüsse geltenden, von einem Versicherungsträger zu Unrecht erbrachten Leistungen durch Aufrechnung zu erleichtern und daher über die die Aufrechnung regelnden und erschwerenden Bestimmungen der innerstaatlichen Sozialversicherungsgesetze hinaus zu gehen, erforderlich ist, unter den in § 71 Abs 1 Z 3 GSVG (entspricht § 103 Abs 1 Z 3 ASVG) genannten „von Versicherungsträgern gewährte Vorschüsse" nicht nur die echten Vorschüsse im Sinne des die zitierte Wortfolge erläuternden Klammerausdrucks, nämlich im Sinn des § 368 Abs 2 ASVG zu verstehen, sondern auch die als Vorschüsse geltenden Nachzahlungen im Sinn des Art 45 Abs 1 AbkSozSi-BRD (SSV-NF 2/130). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an und gelangt daher zu dem Ergebnis, dass die beklagte Partei von ihr erbrachte Leistungen, die aufgrund des Art 32 Abs 2 des hier anzuwendenden Abkommens als Vorschuss gelten, gemäß § 103 Abs 1 Z 3 ASVG gegen die von ihr zu erbringenden Geldleistungen aufrechnen darf (in diesem Sinne auch SSV-NF 5/70). Soweit demgegenüber in der Entscheidung 10 ObS 34/01z (= SSV-NF 15/46) die Ansicht vertreten wurde, dass auf die in den Abkommen definierten Vorschüsse § 103 ASVG nicht angewendet werden könne und der Versicherungsträger auf den Einbehalt der Nachzahlung durch den ausländischen Versicherungsträger beschränkt sei, wird diese Auffassung aufgrund der dargelegten Erwägungen nicht mehr aufrecht erhalten.

Das Berufungsgericht ist daher in analoger Anwendung des § 103 Abs 1 Z 3 ASVG zutreffend von der Zulässigkeit der gegenständlichen Aufrechnung ausgegangen. Somit kommt auch die von der Revisionswerberin geltend gemachte Aufrechnungsbeschränkung des § 103 Abs 2 ASVG nicht zum Tragen. Es muss auch nicht geprüft werden, ob die beklagte Partei die von ihr vorgenommene Aufrechnung mit Erfolg auch auf die Bestimmung des § 296 Abs 4 ASVG stützen könnte (vgl dazu SSV-NF 12/2; 8/109). Auch die Ausführungen der Revisionswerberin zur Frage eines Rückforderungsrechts der beklagten Partei nach § 107 ASVG sind für den Erfolg des Klagebegehrens ohne Bedeutung. Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Im Hinblick auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Falls und die offenbar angespannten finanziellen Verhältnisse der Klägerin entspricht es der Billigkeit, ihr trotz ihres gänzlichen Unterliegens im Revisionsverfahren die Hälfte der von ihr verzeichneten Revisionskosten zuzuerkennen (vgl 10 ObS 110/07k ua).

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