JudikaturJustiz10Ob4/23w

10Ob4/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Faber und die Hofräte Mag. Schober, Dr. Thunhart und Dr. Annerl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. K*, geboren * 2008, 2. E*, geboren * 2013, beide vertreten durch das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirk *), wegen Unterhaltsvorschuss, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters S*, vertreten durch Dr. Christian Perner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Oktober 2022, GZ 44 R 265/22d-164, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Gegenstand des Verfahrens sind die Anträge der Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien vom 7. 4. 2022 auf Ersatz von im Zeitraum 1. 5. 2019 bis 31. 3. 2022 zu Unrecht gewährten Unterhaltsvorschüssen, und zwar in Höhe von insgesamt 780 EUR zugunsten des Minderjährigen K* und von insgesamt 1.215 EUR zugunsten der Minderjährigen E*.

[2] Das Erstgericht wies die gegen den Rechtsträger des gesetzlichen Vertreters iSd § 9 UVG, die Pflegeperson sowie hilfsweise die Minderjährigen selbst gerichteten Anträge ab.

[3] Es verpflichtete den Unterhaltsschuldner, das ist der Vater der Minderjährigen, zum Ersatz der für den Zeitraum 1. 5. 2019 bis 31. 5. 2020 zugunsten des Minderjährigen K* gewährten Vorschüsse von 280 EUR sowie der für diesen Zeitraum zugunsten der Minderjährigen E* gewährten Vorschüsse von 595 EUR. Die darüber hinausgehenden Ersatzansprüche gegen den Vater wies es ab.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[5] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters, den das Erstgericht samt den Akten dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

[6] Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage.

[7] 1.1 Ein Revisionsrekurs ist (außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG) jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und – wie hier – das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den (ordentlichen) Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG).

[8] 1.2 Nach § 62 Abs 4 AußStrG gilt § 62 Abs 3 AußStrG nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist. Der hier geltend gemachte Rückforderungsanspruch des Bundes gegen den unterhaltspflichtigen Vater nach § 22 Abs 1 UVG ist ein Schadenersatzanspruch (RIS-Justiz RS0110453), sodass ein rein vermögensrechtlicher Anspruch iSd § 62 Abs 4 AußStrG vorliegt (10 Ob 12/19s).

[9] 1.3 Auch im Verfahren nach dem UVG ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes einzelne Kind gesondert zu beurteilen (RS0112656 [T4]; 10 Ob 36/09f mwN).

[10] 2. Da der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, hinsichtlich des Minderjährigen K* nur 780 EUR und hinsichtlich der Minderjährigen E* nur 1.215 EUR beträgt und somit jeweils 30.000 EUR nicht übersteigt, steht einer Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG nur ein Antrag an das Rekursgericht offen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des Revisionsrekurses zu verbinden und zunächst dem funktional zuständigen Rekursgericht zur Entscheidung über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs vorzulegen.

[11] 3. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

[12] 4. Da der vom Rechtsmittelwerber eingebrachte „außerordentliche Revisionsrekurs“ nicht dem Obersten Gerichtshof vorgelegt werden durfte, sondern dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen ist (§ 69 Abs 3 AußStrG), ist die Rückstellung an das Erstgericht anzuordnen.

Rechtssätze
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