IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD über die Beschwerde des Vereins XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 13.10.2024, Zl. 2024-0.603.778, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Anträge (Hauptantrag und Eventualanträge) des Beschwerdeführers vom 17.08.2024 mangels Rechtsgrundlage zurückgewiesen werden.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit (unbekämpft gebliebenem) Bescheid vom 01.02.2024, Zl. 2024-0.039.444, wies die Bundesministerin für Justiz (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (BF) vom 15.01.2024 auf Gewährung von Akteneinsicht in die Aktenvorgänge der Beiratstätigkeit des gemäß § 7 Abs. 1 RichtWG idF BGBl. Nr. 800/1993 beim Bundesministerium für Justiz eingerichteten Beirats, in eventu auf Übermittlung des Wortlauts aller Schriftstücke des Beirats sowie der Protokolle über dessen Tätigkeit, gemäß § 4 AuskunftspflichtG ab.
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die in § 7 Abs. 8 RichtWG gesetzlich angeordnete Verschwiegenheitspflicht, an der sich durch das Deregulierungsgesetz 2006 nichts geändert habe und an die auch das Bundesministerium für Justiz als (ehemaliges) Beiratsmitglied gebunden sei, bindet, der gewünschten Auskunftserteilung bereits per se entgegenstehe.
Weiters falle bei einer Interessenabwägung das Geheimhaltungsinteresse der Beiratsmitglieder insofern besonders ins Gewicht, als sie bei ihrer Tätigkeit aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Zusicherung darauf vertrauen durften, dass ihre Namen und ihre in den Beratungen erstatteten Beiträge und Wortmeldungen den Kreis der anderen Beiratsmitglieder nicht verlassen würden. Dieses Geheimhaltungsinteresse könnte nur durch ein bedeutendes Informationsinteresse aufgewogen werden. Die BF habe keine Umstände vorgebracht, die ein solches Informationsinteresse begründen könnten. Die Absicht, das Zustandekommen der Beiratsempfehlungen in einem Aufsatz darzustellen, möge aus rechtshistorischer bzw. wissenschaftlicher Sicht bedeutsam sein, das damit verbundene Informationsinteresse erreiche aber nicht jene Relevanz, um in gleicher oder stärkerer Weise Berücksichtigung zu finden wie das Geheimhaltungsinteresse der damaligen Beiratsmitglieder. Überdies seien die Beratungsergebnisse in Form der erstatteten Empfehlungen ohnehin veröffentlicht worden.
2. Am 17.08.2024 stellte der BF durch seinen Vereinsobmann in einer ausdrücklich als Auskunftsersuchen bezeichneten Eingabe an die belangte Behörde folgende Anträge:
“Ich beantrage Akteneinsicht […] in die Aktenvorgänge BMJ-7.127/1-17/1993 bis BMJ-7.127/90-17/1994, sofern sie den Beirat für das Bundesland Wien betreffen, da das Informationsrecht des Informationswerbers in aller Regel schwerer wiegt als das Recht zum Schutz personenbezogener Daten von Beiratsmitgliedern, da es sich bei diesen um Sachverständige bzw. Gutachter oder andere aufgrund ihrer Stellung im Verfahren vergleichbare Personen handelt.
In eventu
Ich beantrage, dass die Behörde mit den noch lebenden ehemaligen Mitgliedern des Beirates für Wien Kontakt aufnimmt und sie über die beabsichtigte Informationserteilung informiert. Die Namen der Beiratsmitglieder, die dies wünschen, sollen in den übermittelten Unterlagen (Wortlaut der Akten) unkenntlich gemacht werden.
In eventu
Ich beantrage, dass die Behörde bei der Übermittlung des Wortlautes der Schriftstücke die Namen aller Beiratsmitglieder unkenntlich macht, um deren Rechte zu wahren.“
Für den Fall der Nichterteilung oder nicht antragsgemäßen Erteilung der beantragten Informationen werde die Ausstellung eines negativen Bescheides beantragt.
Erläuternd wird unter Hinweis auf den unter Punkt 1. dargestellten Bescheid ausgeführt, der Entschluss zur Einbringung eines “ähnlichen“ Antrages sei in Hinblick auf die Erläuterungen zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gefasst worden. Es sei keine Beeinträchtigung zukünftiger Entscheidungen durch Gewährung von Akteneinsicht zu befürchten, da der Beirat bereits aufgelöst sei und ein Schutz von personenbezogenen Daten auch durch teilweise Unkenntlichmachung erfolgen könne. In aller Regel wiege das lnformationsrecht des lnformationswerbers aber schwerer als das Recht von Beiratsmitgliedern auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten, da es sich bei ihnen um Personen handle, die aufgrund ihrer Stellung im Verfahren mit Sachverständigen bzw. Gutachtern vergleichbar seien.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Anträge (Hauptantrag und Eventualanträge) zurück, wobei begründend im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:
Ein Antrag des BF auf Akteneinsicht in die Aktenvorgänge der Beiratstätigkeit des gemäß § 7 Abs. 1 RichtWG idF BGBI. Nr. 800/1993 beim Bundesministerium für Justiz eingerichteten Beirats sei bereits rechtskräftig abgewiesen. Der aktuelle (Haupt-)Antrag ziele erneut – nun unter konkreter Nennung der aus dem abweisenden Bescheid bekannten Aktenzahlen – auf Einsicht diese Aktenvorgänge ab. Der neue Antrag decke sich daher inhaltlich mit dem bereits abgewiesenen Antrag.
Die in eventu eingebrachten Anträge zielten darauf ab, der Behörde einen konkreten Weg aufzuzeigen, auf welche Weise nach Ansicht des BF die gewünschte Auskunftserteilung vorbereitet werden solle. Es handle sich somit im Kern bloß um Wiederholungen bzw. Begründungen des Hauptantrags.
Daher seien die Anträge gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurückzuweisen gewesen.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, die zusammengefasst Folgendes vorbringt:
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, da sich einerseits – in Hinblick auf die Kundmachung der “Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und Informationsfreiheitsgesetzes“ am 26.02.2024 – die Rechtslage geändert habe und anderseits die begehrten Informationen andere seien, weil sich das nunmehrige Auskunftsersuchen nur mehr auf das Bundesland Wien beziehe und sich vom zuvor gestellten Ersuchen auch durch die Eventualanträge betreffend Schwärzung der Namen der Beiratsmitglieder unterscheide.
5. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den Verwaltungsgunterlagen in Zusammenhang mit der Beschwerde und sind zwischen den Parteien nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den maßgeblichen Gesetzesbestimmungen:
3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 des (durch BGBl. I Nr. 5/2024 aufgehobene und mit 31.08.2025 außer Kraft getretene) Auskunftspflichtgesetzes (AuskunftspflichtG) haben Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Auskünfte nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.
Gemäß Art. 151 Abs. 68 B-VG idF BGBl. I Nr. 5/2024 sind auf die am 01.09.2025 anhängigen Verfahren gemäß dem AuskunftspflichtG Art. 20 Abs. 3 und 4 B-VG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung, die auf Grund des Art. 20 Abs. 4 B-VG erlassenen Gesetze (darunter das AuskunftspflichtG) und die auf deren Grundlage erlassenen Verordnungen weiter anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs haben Auskünfte iSd AuskunftspflichtG stets Wissenserklärungen zum Gegenstand, wobei deren Inhalt ausschließlich solche Informationen sind, die zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekannt sind und nicht erst von der ersuchten Verwaltungseinheit zum Zweck der Erfüllung der Auskunftspflicht beschafft werden müssen. Auskunftserteilung bedeutet die Weitergabe von Informationen über einen Akteninhalt, die in aller Regel nicht jene Detailliertheit an Informationen aufweisen wird, die bei der Einsicht in die Akten zu gewinnen wäre. Die Verwendung des Begriffs “Auskunft” bedingt, dass die Verwaltung nicht etwa zu umfangreichen Ausarbeitungen, zur Erstellung von Gutachten oder zur Beschaffung von auch anders zugänglichen Informationen verhalten ist. Aus dem Gesetz ist insofern ein Nachrang der Auskunftserteilung gegenüber den übrigen Aufgaben der Verwaltung ableitbar, woraus sich ergibt, dass Auskunftsbegehren konkrete, in der vorgesehenen kurzen Frist ohne Beeinträchtigung der übrigen Verwaltungsabläufe beantwortbare Fragen enthalten müssen (VwGH 13.9.2016, Ra 2015/03/0038, mwN). Ein Begehren, das auf die Zurverfügungstellung von Detailinformation gerichtet ist, wie sie aus einer Akteneinsicht zu gewinnen wäre, und nicht auf eine – in aller Regel einen höheren Abstraktionsgrad aufweisende – Auskunft über den Inhalt des Schriftverkehrs, ist bei gesetzeskonformer Deutung nicht als Auskunftsbegehren iSd. Auskunftspflichtgesetzes zu deuten (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2017/02/0141).
3.1.2. Richtet sich die Beschwerde gegen eine prozessuale Erledigung (“Formalentscheidung“ [VwGH 18. 12. 2014, Ra 2014/07/0002]), wie etwa die Zurückweisung eines Antrags, ist “Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115 mwN; 13.10.2015, Ra 2015/03/0057; vgl. auch VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025), also die Zulässigkeit des zugrunde liegenden Antrags (VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0070; vgl. auch VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0006), nicht aber dessen inhaltliche Begründetheit (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002) (Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 39 [Stand 15.02.2017, rdb.at]).
3.2. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus Folgendes:
In seiner ausdrücklich als “Auskunftsersuchen” bezeichneten Eingabe vom 17.08.2024 begehrt der BF (als Hauptantrag) eine “Akteneinsicht” in bestimmte Aktenvorgänge des Bundesministeriums für Justiz sowie (in eventu) die Übermittlung der betreffenden “Unterlagen (Wortlaut der Akten)“ unter Unkenntlichmachung aller noch lebenden ehemaligen Mitglieder des Beirates für Wien, die dies wünschen, bzw. (wiederum in eventu) um “Übermittlung des Wortlautes der [erg.: betreffenden] Schriftstücke“ unter Unkenntlichmachung der Namen aller Beiratsmitglieder.
Damit stellt der BF – und zwar nicht nur im Hauptantrag, sondern auch in den Eventualanträgen – ein Begehren auf Detailinformationen, wie sie aus einer Akteneinsicht zu gewinnen wären, und nicht auf eine (einen höheren Abstraktionsgrad aufweisende) Auskunft über den Inhalt der betreffenden Aktenvorgänge und macht somit – unter expliziter Berufung auf das AuskunftspflichtG – Ansprüche geltend, die in diesem Gesetz (anders als es für Informationsbegehren nach dem nunmehr geltenden IFG anzunehmen ist, dessen § 2 von einem gegenständlichen Verständnis, nach dem Information erst durch ihre Verkörperung auf einem Träger fassbar wird, ausgeht und nach dem ein möglichst direkter Zugang zum Informationsträger gewährt werden soll [vgl. Koppensteiner/Lehne/Lehofer, IFG § 2 Rz 2 (Stand 1.6.2025, rdb.at)]) keine Rechtsgrundlage haben und daher zurückzuweisen sind.
Da “Sache“ des Beschwerdeverfahrens (wie aus der o.a. Rechtsprechung folgt) gegenständlich die Zulässigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Anträge ist und sich bereits aus dem dargelegten Grund ergibt, dass ihnen die Zulässigkeit fehlt, musste auf die Frage, ob überdies in Hinblick auf den unter Punkt I.1. dargestellten Bescheid der belangten Behörde “entschiedene Sache” vorliegt, nicht eingegangen werden.
3.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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