JudikaturBVwG

W186 2216776-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2022

Spruch

W186 2216776-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bangladesch, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2022, Zl. 1087594204-210868973, mit welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 02.11.2021 abgewiesen wurde, zu Recht (Spruchteil A) bzw. fasst über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.09.2021, Zl. 1087594204-210868973, mit welchem der Antrag auf internationalen Schutz vom 29.06.2021 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, folgenden Beschluss (Spruchteil B):

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 17.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) vom 12.02.2018 abgewiesen wurde. Zudem wurde die Ausweisung des BF nach Bangladesch verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben, weshalb er mit 16.03.2018 in erster Instanz in Rechtskraft erwuchs.

2. Gegenständliches Verfahren

Der BF stelle am 28.06.2021 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Am 29.06.2021 wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt:

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, er habe keine neuen Fluchtgründe, sein alter Fluchtgrund sei nach wie vor aufrecht. Er habe im Jahr 2018 in Österreich einen negativen Bescheid erhalten und sich anschließend bis zu seiner Ausreise nach Deutschland im Februar 2021 in Österreich aufgehalten. Jetzt sei er mit dem Zug von Deutschland nach Österreich gekommen. Die Deutschen hätten ihn nach Österreich überstellen wollen, weshalb er selbstständig nach Österreich zurückgekommen sei.

In einem Aktenvermerk des Bundesamtes vom 30.06.2021 wurde festgehalten, dass der BF am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland gestellt habe. Nach erfolgter Dublin-Zustimmung Österreichs sei der BF am 29.06.2021 von Deutschland nach Österreich überstellt worden. Nach VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0025 gelte ein in einem Mitgliedstaat gestellter Antrag auf internationalen Schutz, für den Österreich gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO zuständig wird, als in Österreich gestellt. Daher sei im gegenständlichen Verfahren von einer am 25.03.2021 erfolgten Antragsstellung auszugehen. Gem. § 17 Abs. 2 AsylG 2005 sei der am 25.03.2021 gestellte Antrag auf internationalen Schutz mit 29.06.2021 eingebracht worden.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 13.07.2021 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Folgeantrag zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses von entschiedener Sache auszugehen sei, sowie seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlich verkündeten Bescheid aufzuheben.

Am 30.07.2021 wurde der BF vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Dabei verneinte er die Frage, ob er im gegenständlichen Verfahren einen Vertreter bzw. Zustellbevollmächtigten habe. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er im Widerspruch zu seiner Erstbefragung aus, dass seine damaligen Fluchtgründe jetzt nicht mehr existieren würden. Er stehe jedoch vor einem wirtschaftlichen Desaster, sein Vater sei verstorben, weshalb er niemanden mehr in seinem Heimatland habe.

Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 29.06.2021 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Bangladesch zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gem. § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise des BF festgesetzt (Spruchpunkt VI.) und gegen ihn gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Dieser Bescheid wurde dem BF am 07.10.2021 nachweislich zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 02.11.2021 Beschwerde inklusive eines Antrags auf Widereinsetzung in den vorigen Stand. Hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde ausgeführt, dass dem BF der Bescheid am 07.10.2021 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gem. § 11 BFA-VG zugestellt worden sei, jedoch keine „Verfahrensanordnung zur Information der Rechtsberatung“ enthalten habe. Bei der Zustellung sei dem BF von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mitgeteilt worden, dass er noch auf einen Brief der BBU GmbH warten und bis zum Erhalt dieses Schreibens keine weiteren Schritte setzen müsse, worauf der BF vertraut habe. Die Verfahrensanordnung sei der BBU am 18.10.2021 zugestellt worden, welche sogleich dem BF weitergeschickt worden sei. Daraufhin sei der BF mit der BBU in Kontakt getreten und habe für den 28.10.2021 einen Beratungstermin erhalten. Erst im Laufe dieses Gesprächs habe der BF erfahren, dass die Beschwerdefrist nicht erst mit Erhalt des Kontaktbriefes, sondern bereits mit Zustellung des Bescheides begonnen habe und somit seit dem 21.10.2021 abgelaufen sei. Den BF treffe an der Versäumung dieser Frist kein Verschulden, weil er auf die Angaben des Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes vertraut habe.

Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom 04.01.2022 wurde der Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 02.11.2021 gem. § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesem jedoch gem. § 33 Abs. 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Spruchpunkt II.).

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF am 31.01.2022 fristgerecht Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 02.11.2021 wiederholt wurde.

Am 03.02.2022 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehenden Verwaltungsakte dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der BF brachte am 29.06.2021 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz ein, welcher mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2021 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Zudem wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung nach Bangladesch für zulässig erklärt, keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt sowie gegen ihn ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 07.10.2021 mit dem Verweis auf eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist nachweislich zugestellt, er erhob dagegen jedoch erst am 02.11.2021 Beschwerde inklusive eines Antrags auf Widereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.01.2022 abgewiesen.

Der BF kann in seiner Muttersprache Bengali lesen und schreiben.

Der BF konnte kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert hätte, glaubhaft machen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich des Folgeantrags des BF auf internationalen Schutz, der Zustellung des Bescheides sowie der Beschwerdeerhebung werden anhand des unzweifelhaften Akteninhalts getroffen.

Die Feststellung, dass der BF in seiner Muttersprache Bengali lesen und schreiben kann, gründet sich auf seine diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung am 29.06.2021.

Die Feststellung, dass der BF kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert hätte, glaubhaft machen konnte, ergibt sich aus den folgenden Ausführungen:

Der BF begründete seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Umstand, dass ihm der Bescheid am 07.10.2021 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gem. § 11 BFA-VG zugestellt worden sei, jedoch keine „Verfahrensanordnung zur Information der Rechtsberatung“ enthalten habe. Bei der Zustellung sei dem BF von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mitgeteilt worden, dass er noch auf einen Brief der BBU GmbH warten und bis zum Erhalt dieses Schreibens keine weiteren Schritte setzen müsse, worauf der BF vertraut habe. Die Verfahrensanordnung sei der BBU am 18.10.2021 zugestellt worden, welche sogleich dem BF weitergeschickt worden sei. Daraufhin sei der BF mit der BBU in Kontakt getreten und habe für den 28.10.2021 einen Beratungstermin erhalten. Erst im Laufe dieses Gesprächs habe der BF erfahren, dass die Beschwerdefrist nicht erst mit Erhalt des Kontaktbriefes, sondern bereits mit Zustellung des Bescheides begonnen habe und somit seit dem 21.10.2021 abgelaufen sei. Den BF treffe an der Versäumung dieser Frist kein Verschulden, weil er auf die Angaben des Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes vertraut habe.

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass es sich dabei um eine reine Schutzbehauptung handelt und dem BF das alleinige Verschulden an der verspäteten Erhebung der Beschwerde anzulasten ist. In diesem Zusammenhang ist explizit darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Bescheid vom 22.09.2021 eine Rechtsmittelbelehrung in Bengali enthält, weshalb dem BF jedenfalls zugemutet werden kann, rechtzeitig die rechtlich notwendigen Schritte für sein Verfahren zu setzen, zumal er nach seinen eigenen Angaben in seiner Muttersprache lesen und schreiben kann sowie bereits durch sein Vorverfahren mit der Bedeutung von Fristen vertraut sein müsste. Selbst die Rechtsvertretung des BF geht im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von einer wirksamen Zustellung des Bescheides vom 22.09.2021 aus (AS 187).

Es erscheint zudem absolut nicht nachvollziehbar, warum ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes dem BF bewusst eine falsche Auskunft hinsichtlich des Beginns der Rechtsmittelfrist erteilen sollte. In dieses Bild passt auch der Umstand, dass der BF keine Beweise für diese Behauptung vorlegen konnte. Doch selbst bei Wahrunterstellung der Angaben des BF bleibt die Frage offen, warum er den Angaben des Organs vertraut und die in seiner Muttersprache verfasste und eindeutig formulierte Rechtsmittelbelehrung missachtet hat. Vielmehr wäre davon auszugehen, dass der BF beim Durchlesen der Rechtsmittelbelehrung etwaige Widersprüche erkennt und unverzüglich rechtlichen Beistand aufsucht.

Aus diesem Grund ist die Feststellung zu treffen, dass der BF kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert hätte, glaubhaft machen konnte.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 04.01.2022

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist in den Fällen des Abs. 1 der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen.

Gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG hat bis zur Vorlage der Beschwerde über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren gem. § 33 Abs. 5 VwGVG in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet gem. § 33 Abs. 6 VwGVG keine Wiedereinsetzung statt.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG schützt – wie die Wiedereinsetzung im behördlichen Verfahren – die Partei gegen Nachteile aus der Versäumung einer befristeten Rechtshandlung dadurch, dass sie die Partei in die Lage versetzt, die versäumte Handlung nachzuholen und die aus der Säumnis resultierenden negativen Konsequenzen abzuwenden (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 2).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.04.2020, Ra 2020/14/0023) ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (Hinweis E vom 28. September 2016, Ro 2016/16/0013).

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung auch festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (vgl. betreffend § 33 Abs. 1 VwGVG die Beschlüsse vom 25. November 2015, Ra 2015/06/0113, und vom 8. Juni 2015, Ra 2015/08/0005, sowie in diesem Sinn auch den Beschluss vom 17. März 2015, Ra 2014/01/0134).

Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0583).

Rechtlich folgt daraus:

Da der BF nach seinen eigenen Angaben erst am 28.10.2021 vom Ablauf der Beschwerdefrist erfuhr und am 02.11.2021 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellte, erfolgte die Antragstellung grundsätzlich rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist.

Jedoch konnte der BF, wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ihn an der rechtzeitigen Erhebung der Beschwerde gehindert hätte, glaubhaft machen. Vielmehr liegt die verspätete Erhebung der Beschwerde im ausschließlichen Verschulden des BF. Da der BF die Anweisungen der in seiner Muttersprache verfassten Rechtsmittelbelehrung nicht befolgte, ist jedenfalls von einer auffallenden Sorglosigkeit auszugehen, weshalb auch kein „minderer Grad des Versehens“ vorliegt.

Die Beschwerde war daher im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil B) Zurückweisung der Beschwerde

3.2. Zur Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2021

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß Z 4 leg.cit., wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN).

Rechtlich folgt daraus:

Im vorliegenden Fall wurde dem BF der Bescheid des Bundesamtes vom 22.09.2021, mit welchem sein Folgeantrag zurückgewiesen wurde, am 07.10.2021 zugestellt. Die Beschwerdefrist gegen diesen Bescheid betrug gem. § 16 Abs. 1 iVm Abs. 2 BFA-VG zwei Wochen, welche demnach, unter Berücksichtigung der §§ 32 und 33 AVG, mit Ablauf des 21.10.2017 endete.

Die Erhebung der Beschwerde am 02.11.2021 erfolgte somit verspätet, weshalb die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückzuweisen war.

3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Eine mündliche Beschwerdeverhandlung konnte gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben, weil der Sachverhalt als geklärt erscheint und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt. Insbesondere kann eine mündliche Verhandlung nichts an der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der BF die in seiner Muttersprache verfasste Rechtsmittelbelehrung missachtet und damit auffallend sorglos gehandelt hat, ändern.

Zu Spruchteil C) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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