JudikaturBVwG

W205 2216776-4 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Fremdenrecht
31. Januar 2024

Spruch

W205 2216776-4/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2023, Zl. 1087594204/231199284, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.09.2015 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) vom 12.02.2018 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde. Dieser Bescheid erwuchs mit 16.03.2018 unangefochten in Rechtskraft.

2. Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2021 in die Bundesrepublik Deutschland weiter und stellte dort am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19.04.2021 als unzulässig abgelehnt, die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Österreich angeordnet und gegen ihn ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot in der Dauer von 12 Monaten erlassen wurde.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 29.06.2021 nach den Bestimmungen der Dublin-VO nach Österreich überstellt und ein neues Asylverfahren aufgrund seines in Deutschland gestellten Antrags vom 25.03.2021 eingeleitet, der mit Bescheid des BFA vom 22.09.2021 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen und eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 3-jährigen Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen wurde.

Am 02.11.2021 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde, der mit Bescheid des BFA vom 04.01.2022 abgewiesen wurde.

Mit hg. Erkenntnis vom 17.02.2021, Zl. W186 2216776-2/3E wurden die gegen diese Entscheidungen erhobenen Beschwerden betreffend den Antrag auf internationalen Schutz als verspätet zurück- und hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags als unbegründet abgewiesen.

4. Am 22.06.2021 wurde der Beschwerdeführer anlässlich einer Personenkontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und aufgrund eines Festnahmeauftrags in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Im Zuge der daraufhin erfolgten Einvernahme zur Prüfung des Sicherungsbedarfs stellte der Beschwerdeführer den vorliegenden Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am selben Tag gab der Beschwerdeführer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu den Gründen für die neuerliche Stellung eines Asylantrags an, dass er im Heimatland „nichts“ habe, er habe dort weder eine Adresse, noch sonst irgendwas. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte er, dass er auf der Straße leben müsse, weil er dort nichts habe.

Die Einvernahme vor dem BFA fand am 17.10.2023 unter Beziehung eines Dolmetschers für die Sprache Bengali statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

„[…]

LA: Sie stellten bereits mehrmals einen Antrag auf intern. Schutz. Was waren die Fluchtgründe in den beiden vorigen Anträgen?

VP: Ich hatte kein Dings…. Ich hatte nichts. Mein Vater fuhr Rikscha, wir hatten sonst nichts.

LA: Wie würden Sie Ihre wirtschaftliche / finanzielle Situation zuletzt (vor der Flucht) im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bezeichnen?

VP: Es ging uns nicht gut.

LA: Haben Sie in Bangladesch noch Familienangehörige?

VP: Mein Vater ist gestorben, fünf Monate bevor ich in das Land kam. Meine Mutter hat nochmals geheiratet, aber wir haben keinen Kontakt. Ich habe eine kleine Schwester, sie ist aber mit meiner Mutter mitgegangen.

LA: Wie ist Ihr Personenstand, leben Sie in einer Beziehung?

VP: Ich bin ledig, ich habe keine Kinder.

LA: Welche Ausbildungen haben Sie wo in absolviert?

VP: Ich habe keine Ausbildung. Mein Leben in der Heimat habe ich mir durch gelegentliches Rikscha-fahren finanziert.

LA: Wann haben Sie erstmals eine Ausreise aus Bangladesch gedacht?

VP: Viel früher habe ich das Land schon verlassen. Ich war eine Zeitlang in Indien, dann in Pakistan und bin dann langsam nach AUT gekommen. Befragt gebe ich an, dass dies ca. 2006 oder 2007 war.

LA: Nennen Sie mir bitte ausführlich Ihren Fluchtgrund.

VP: Ich sehe im Vergleich zu anderen Ländern, dass es hier „Dings“ ist und mir gefällt es hier sehr gut.

LA: Wurden Sie in Bangladesch verfolgt, weshalb haben Sie das Land verlassen?

VP: Ich Bangladesch habe ich nichts.

LA: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder einem Gericht?

VP: Nein, ich war ja da noch klein.

LA: In welchem Alter haben Sie Bangladesch verlassen und weshalb?

VP: Ich war 15 Jahre. Ich ging nach Indien und habe dort als Landwirt gearbeitet. Befragt gebe ich an, dass ich Bangladesch verlassen habe, weil ich eben dort nichts hatte und etwas machen wollte. Nochmals befragt gebe ich an, dass ich nicht verfolgt oder von jemand bedroht wurde.

LA: Konnten Sie Ihren Fluchtgrund vorbringen?

VP: Ja.

Der Fluchtgrund wird nochmals vorgelesen und für richtig erklärt.

[…]

LA: Was hätten Sie zu befürchten, wenn Sie heute nach Bangladesch zurückkehren würden?

VP: Ich hätte keine Unterkunft. Ich habe dort nichts, ich müsste auf der Straße schlafen. Befragt gebe ich an, dass ich aber sonst nichts zu befürchten hätte. Es ist nur die Armut.

LA: Durch welche Tätigkeit können Sie sich Ihr derzeitiges Leben finanzieren?

VP: Ich helfe ab und zu die Zeitung auszutragen.

[…]“

5. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.06.2023 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), als auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde iW aus, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können. Es könne unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass er im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch einer maßgeblichen Gefahr ausgesetzt sei. Darüber hinaus sei er im Stande, sich mit Hilfe eigener Arbeitsleistung den Lebensunterhalt in Bangladesch zu verdienen. Zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaats und seiner Situation im Fall seiner Rückkehr führte das BFA im Rahmen der Beweiswürdigung folgendes aus (Tippfehler teilweise korrigiert):

„Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

[…]

Sie wurden in der Einvernahme vom 17.10.2023 mehrmals nach Ihren Fluchtgründen befragt. Wie auch schon in der Erstbefragung vom 22.06.2023 brachten Sie keine asylrelevanten Fluchtgründe vor. Einzig den Umstand der fehlenden Zukunftsperspektive gaben Sie als Fluchtgrund vor.

Sie hätten in Bangladesch, Ihrem Herkunftsstaat, keine Möglichkeit Ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Dieser Argumentation kann die ho. Behörde nicht folgen, da Sie bereits in der Vergangenheit, in verschiedenen Ländern, Ihren Lebensunterhalt durch Arbeit finanzieren konnten.

Sie haben durch die Einbringung des gegenständlichen unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz lediglich versucht, sich Ihren Aufenthalt im Bundesgebiet zu prolongieren und sich eine bessere soziale Stellung zu erschleichen!

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

In Ihrem Fall war nichts dahingehend ersichtlich, dass Sie im Falle der Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnten. Auch aus der allgemeinen Situation in Ihrem Herkunftsstaat bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine lässt sich eine solche nicht ableiten. Zudem steht Ihnen eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Sie konnten sich Ihren Lebensunterhalt in Bangladesch und auch in anderen Ländern selbstständig finanzieren.

Da Ihnen, wie bereits in der Beweiswürdigung erörtert im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, und Sie eine gesunde, erwachsene und arbeitsfähige Person sind, der es jedenfalls zumutbar ist, im Falle der Rückkehr, etwa durch Arbeitsaufnahme selbst für ihr Auskommen zu sorgen, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Durch Ihre Kenntnisse der örtlichen Sprache und Kultur können Sie sich wieder in Ihrer Heimat integrieren. Es ist Ihnen zuzumuten sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung den Lebensunterhalt in Bangladesch zu sichern. Es ist Ihnen somit möglich, bei einer Rückkehr – falls nötig – auf die Unterstützung Ihrer Verwandten zu bauen. Dhaka ist für Sie auf jeden Fall sicher über den internationalen Flughafen zu erreichen. In Bangladesch gibt es keine Bürgerkriegsgebiete.

Werden weiters die Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatland herangezogen, liegen auch sonst keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor, sodass Ihre Rückkehrbefürchtungen nicht nachvollziehbar, nicht schlüssig und daher nicht als glaubhaft zu befinden sind.“

Der Beschwerdeführer – so die Begründung des angefochtenen Bescheides weiter – führe in Österreich kein schützenswertes Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK und verfüge über kein umfangreiches Privatleben in Österreich, weshalb die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig sei. Da der Beschwerdeführer bereits mehrere Aliasnamen in den vorangegangenen Verfahren benutzt habe und den gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidungen nicht nachgekommen sei die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Zur Lage in Bangladesch wurden insbesondere folgende Feststellungen getroffen:

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-06-14 16:54

Sicherheitsbedrohungen umfassen politisch motivierte Gewalt, unter anderem zwischen rivalisierenden politischen Gruppen, besonders vor Wahlen, Terroranschläge islamistischer Extremistengruppen, kriminelle Gewalt und vereinzelte Konflikte über Landbesitz in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern (DFAT 30.11.2022).

In verschiedenen Landesteilen Bangladeschs operieren Guerilla - sowie weitere, einheimische militante Gruppen(Crisis 24 15.4.2022). Eine erhöhte Terrorgefahr besteht zudem aufgrund des wachsenden islamistischen Radikalismus und der Präsenz trans-nationaler militanter Terrorgruppen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Es gab sporadische Anschläge gegen Sicherheitskräfte und religiöse Minderheiten. So verzeichneten Dhaka, Khulna, Chittagong und Sylhet einige gegen Sicherheitskräfte gerichtete Bombenanschläge. Der Islamischen Staat (IS) bzw. Daesh hat seit 2015 einige terroristische Akte im Land für sich reklamiert. Neben dem IS agieren auch Gruppen, welche der "Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent" (AQIS) nahestehen und ebenfalls verschiedene Angriffe für sich beanspruchen (FCDO 16.5.2023) wie z.B. der bengalische Zweig der Gruppe Harkat-ul-Jihad al-Islami (CIA 14.4.2023). Letztere ging wie weitere militante islamistische Gruppen 2019 in der Organisation Jamaat Ul-Ansar-Fil-Hind-Al-Sharqiya (JAFAR) auf (DIP 12.10.2022).

Den Höhepunkt des Terrors stellte im Juli 2016 ein Angriff auf eine Bäckerei in Dhaka dar, bei welchem 20 Geiseln und zwei Polizisten getötet wurden (DFAT 30.11.2022; vgl. AIIA 6.3.2023, FCDO 16.5.2023). 2017 kam es auch zu mehreren Selbstmordattentaten (BMEIA 9.3.2023; vgl. AA 2.3.2023). Die Behörden haben auf solche Angriffe stets mit harter Hand reagiert, u.a. durch Verbote militanter Gruppen oder Verhaftungen von Hunderten Kämpfern (DFAT 30.11.2022). Der Anti-Terrorism Act von 2009 stellt jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe (AA 23.8.2022).

Durch das harte Durchgreifen der Sicherheitskräfte gab es seitdem keine Anschläge im Ausmaß des Angriffes auf die Holey Bakery mehr. Während ein (Gewalt-)Risiko im gesamten Land weiterhin besteht, ist die Zahl der Terroranschläge in den letzten Jahren zurückgegangen (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022). Die Sicherheitslage hat sich inzwischen stabilisiert (AA 23.8.2022). Die Behörden befinden sich dennoch in höchster Alarmbereitschaft. Kurzfristig kann die Präsenz der Sicherheitskräfte erhöht und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden (FCDO 16.5.2023). Es finden auch immer wieder Razzien durch die Spezialeinheiten der Polizei statt (AA 2.3.2023). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet für 2023 (Stand: 25.4.2023) 80 Vorfälle im Zusammenhang mit islamistischen Terrorismus, bei welchen 36 Personen, darunter 29 Zivilisten und ein Mitglied der Sicherheitskräfte, starben. Im gesamten Jahr 2022 waren es 64 Fälle mit 22 Toten, davon 19 Zivilisten (SATP 25.4.2023).

In jüngster Zeit haben sich die meisten terroristischen Aktivitäten in die Grenzgebiete der CHT, welche JAFAR als Rückzugsort dienen, verlagert. Gemäß des Australian Institute of International Affairs (AIIA) stellt die Gruppe im Jahr 2023 eine der größten terroristischen Bedrohungen für Bangladesch dar (AIIA 6.3.2023).

Weiters bestehen Sicherheitsbedrohungen vor allem in politisch motivierter Gewalt, einschließlich gewaltsamer Zusammenstöße rivalisierender Gruppen, insbesondere im Vorfeld von Wahlen (DFAT 30.11.2022). Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) Rivalitäten, wobei eine Aufklärung selten erfolgt (AA 23.8.2022). Animositäten zwischen den beiden Großparteien - "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP), deren Vorsitzenden Sheik Hasina bzw. Khaleda Zia sowie zwischen Kadern der unteren Ebenen hat zu anhaltender politischer Gewalt geführt (FH 10.3.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Beide Großparteien verfügen über eigene, ihnen nahestehende "Studentenorganisationen": Die Bangladesh Chattra League (BCL) sowie die (Bangladesh Awami) Jubo League stehen der AL nahe, die Bangladesh Chattra Dal (BCD) der BNP. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der jeweiligen Mutterpartei fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 23.8.2022). Im Jahr 2022 wurden 121 Tote und 7.467 Verletzte aufgrund politischer Gewalt erfasst (ODHIKAR 30.1.2023).Hierbei ist die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB New Delhi 11.2022).

Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu Bürger- und Arbeiterprotesten, vor allem in Dhaka und anderen Großstädten. Das Risiko eines Gewaltausbruchs während solchen Demonstrationen wird vom Sicherheitsdienstleister Crisis24 als mäßig bis hoch eingeschätzt, hauptsächlich wenn Sicherheitskräfte eingreifen (Crisis 24 15.4.2022; vgl. AA 2.3.2023, EDA 8.2.2023). Gewaltsame Zusammenstöße und Demonstrationen mit politischen, ethnischen oder religiösen Motiven fordern immer wieder auch Todesopfer und Verletzte [siehe Kapitel Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Opposition]. Entführungen zwecks Lösegelderpressung kommen vor; sie richten sich hauptsächlich gegen Personen bangladeschischen Ursprungs (EDA 8.2.2023).

Im Gebiet der CHT kommt es zu sporadischen Zusammenstößen zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern um Landbesitz (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 2.3.2023, AIIA 6.3.2023, BMEIA 9.3.2023, EDA 8.2.2023). Auch die Spannungen zwischen indigenen Gruppen und der Regierung in den CHT nehmen zu (Crisis 24 15.4.2022); ein Konflikt niedriger Intensität dauert im Gebiet an, weil die versprochene Autonomie nie verwirklicht wurde [siehe dazu auch Kapitel Ethnische Minderheiten] (BS 23.2.2022). Betroffen von Übergriffen sind prinzipiell alle Minderheitengruppen. Zudem ist in vielen Fällen nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für Unruhen sind (AA 23.8.2022). Das Militär unterhält weiterhin eine starke Präsenz in der Region, wo es bis Ende der 1990er-Jahre Operationen zur Aufstandsbekämpfung gegen Stammesguerillas durchführte (CIA 14.4.2023).

Zudem wirkt sich der interethnische Konflikt in Myanmar auch auf Bangladesch aus. Er hat politische, soziale und ethnisch-religiöse Spannungen verstärkt, insbesondere aufgrund der Anwesenheit von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen (EDA 8.2.2023; vgl. AIIA 6.3.2023, CIA 14.4.2023). Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Proteste und einige Gewaltausbrüche in diesen Gebieten (FCDO 16.5.2023). Solche kurzfristigen, lokalen Gewaltausbrüche haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 8.2.2023; vgl. FCDO 16.5.2023). Die Regierung reguliert den Zugang zum südlichen Teil des Distrikts Cox's Bazar, in welchem die Rohingya untergebracht werden (FCDO 16.5.2023). In Teknaf, einem Unterdistrikt von Cox's Bazar, kommt es außerdem häufig zu Morden und Schießereien zwischen Drogenbanden und den Strafverfolgungsbehörden (FCDO 16.5.2023; vgl. AIIA 6.3.2023).

Außerdem fanden die zunehmenden Kämpfe zwischen dem myanmarischen Militär und der bewaffneten ethnischen Gruppe Arakan Army im myanmarischen Bundesstaat Rakhine über der Grenze Niederschlag und gefährdeten Rohingya-Flüchtlinge und Zivilisten (HRW 12.1.2023). Bangladesch gab dazu im September 2022 eine Erklärung ab, in der es seine "tiefe Besorgnis über den Einschlag von Mörsergranaten auf bangladeschischem Territorium, den wahllosen Luftbeschuss durch Myanmar in angrenzenden Gebieten und die Verletzung des Luftraums durch Myanmar" zum Ausdruck brachte (REU 17.9.2022). Die Grenzbehörden Myanmars errichteten eine 200 km lange Drahtsperranlage, die illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll (CIA 14.4.2023).

Bangladesch hat seine Seegrenzansprüche gegenüber Myanmar (Birma) und Indien vor dem Internationalen Seegerichtshof geltend gemacht. Im September 2011 unterzeichneten Indien und Bangladesch ein Protokoll zum Land Boundary Agreement von 1974, welches die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht demarkierte Gebiete und den Austausch territorialer Enklaven vorsah. Bis dato wurde es allerdings noch nicht umgesetzt (CIA 14.4.2023). Es gibt regelmäßig Berichte über Personen, die getötet wurden, weil sie die Grenze zu Indien illegal überquert hatten (FCDO 16.5.2023). 2022 wurden 18 Bangladescher von der indischen Border Security Force (BSF) getötet, 21 wurden verletzt (ODHIKAR 30.1.2023). Gelegentlich kommt es auch zu Zusammenstößen inkl. Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsoldaten (FCDO 16.5.2023; vgl. EDA 8.2.2023). Beide Länder haben jedoch bereits mehrere Schritte zur Verbesserung der Grenzinfrastrukturen unternommen. Gemeinsam führen sie Militärübungen und Patrouillen der Küstenwache sowie regelmäßige Treffen zwischen Strafverfolgungsbeamten in den Grenzregionen durch (BS 23.2.2022).

Trotz der Herausforderungen ist das Gewaltmonopol des Staates auf dem gesamten Staatsgebiet fest etabliert (BS 23.2.2022).

Quellen

AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.3.2023): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/bangladeschsicherheit/206292#content_1, Zugriff 25.4.2023;

AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich];

AIIA - Australian Institute of International Affairs (6.3.2023): Bangladesh’s Non-Traditional Security Complex - Australian Institute of International Affairs, https://www.internationalaffairs.org.au/australianoutlook/bangladeshs-non-traditional-security-complex, Zugriff 25.4.2023;

BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (9.3.2023): Bangladesch (Volksrepublik Bangladesch), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/bangladesch, Zugriff 25.4.2023;

BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069721/country_report_2022_BGD.pdf, Zugriff 12.4.2023;

CIA - Central Intelligence Agency [USA] (14.4.2023): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#people-and-society, Zugriff 20.4.2023;

Crisis 24 - Crisis24 (15.4.2022): Bangladesh Country Report: Security, https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/bangladesh?origin=de_riskalert, Zugriff 26.4.2023;

DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2086697.html, Zugriff 18.4.2023;

DIP - Diplomat, The (12.10.2022): New Islamist Militant Outfit Emerges in Bangladesh, https://thediplomat.com/2022/10/new-islamist-militant-outfit-emerges-in-bangladesh, Zugriff 26.4.2023;

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (8.2.2023): Reisehinweise fuür Bangladesch, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/bangladesch/reisehinweise-fuerbangladesch.html#eda2977e6, Zugriff 25.4.2023;

FCDO - Foreign, Commonwealth Development Office [United Kingdom] (16.5.2023): Safety and security - Bangladesh travel advice, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh, Zugriff 25.4.2023;

FH - Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 18.4.2023;

HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Events of 2022: Bangladesh, https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/bangladesh, Zugriff 4.5.2023;

ODHIKAR - ODHIKAR (30.1.2023): Annual Human Rights Report 2022 Bangladesh, https://odhikar.org/wp-content/uploads/2023/04/AHRR-2022_English_30.01.2023.pdf, Zugriff 26.4.2023;

REU - Reuters (17.9.2022): Rohingya teenager killed in Bangladesh by mortar fired from Myanmar, https://www.reuters.com/world/asia-pacific/rohingya-teenager-killed-bangladesh-by-mortar-fired-myanmar-2022-09-17, Zugriff 15.5.2023;

SATP - South Asia Terrorism Portal (25.4.2023): Datasheet - Islamist Terrorism, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/bangladesh-islamistterrorism, Zugriff 26.4.2023;

ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asylländerbericht, https://www.ecoi.net/de/dokument/2090012.html, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich];

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung 2023-06-07 09:59

Die Menschenrechte werden gemäß der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 23.8.2022). Bangladesch ist bisher mehreren UN- Menschenrechtskonventionen beigetreten bzw. hat diese ratifiziert (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. OHCHR o.D., AA 23.8.2022). Die Verfassung von Bangladesch listet in ihrem Teil III einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Es kommt allerdings zu groben Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. das Verschwindenlassen von Personen, Folter und außergerichtlicher Tötungen, Fälle grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder willkürliche Verhaftungen (ODHIKAR 30.1.2023; vgl. AI 27.3.2023, USDOS 20.3.2023). So berichtet die in Bangladesch ansässige Menschenrechtsorganisation Odhikar, dass im Jahr 2022 insgesamt 31 Personen mutmaßlich außergerichtlich getötet wurden (ODHIKAR 30.1.2023).

Der Rapid Action Batallion (RAB), einer paramilitärischen Truppe in Bangladesch, werden seit ihrer Gründung im April 2004 schwere Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch vorgeworfen (AJ 3.2.2021). Im Dezember 2021 belegten die USA die RAB sowie deren wichtigste Kommandanten mit Sanktionen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. HRW 12.1.2023). Nach diesen Menschenrechtssanktionen gingen außergerichtliche Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen drastisch zurück (HRW 12.1.2023). Die Regierung in Bangladesch ging neueren Berichten zufolge vereinzelt gegen Mitglieder der RABs vor. Obwohl die RABs in den letzten Jahren Hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB New Delhi 11.2022).

Unter dem international stark kritisierten Digital Security Act (DSA) wurden bisher mehrere Hundert Menschen verhaftet, unter ihnen auch zahlreiche Menschenrechtsverteidiger, Blogger und Journalisten (AA 23.8.2022). Er erlaubt es der Regierung, Durchsuchungen durchzuführen oder Personen ohne Haftbefehl zu verhaften, und kriminalisiert verschiedene Formen der Meinungsäußerung (FH 10.3.2023).

Die Rechte von Arbeitnehmern und ethnischen und religiösen Minderheiten in Bangladesch sind bedroht. Die Wahrung der Menschenrechte der Rohingya-Flüchtlinge im größten Flüchtlingslager der Welt stellt weiterhin eine große Herausforderung dar (AI 27.3.2023). Im März 2022 forderten die Vereinten Nationen die Regierung von Bangladesch nachdrücklich auf, Informationen über die Umsetzung der Empfehlungen bezüglich der Foltervorwürfe zu übermitteln, die bei einer Überprüfung der Verpflichtungen des Landes im Rahmen des Übereinkommens gegen Folter im Jahr 2019 vorgebracht wurden und die das Land seit über zwei Jahren ignoriert (HRW 12.1.2023).

Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiges Herkunfts- und Transitland für Opfer des Menschenhandels. Frauen und Kinder werden sowohl ins Ausland als auch innerhalb des Landes zum Zwecke der häuslichen Sklaverei und sexuellen Ausbeutung, Männer vor allem als Arbeitskräfte ins Ausland, gehandelt. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 10.3.2023). Hinzukommt, dass laut internationalen Organisationen einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte in den Handel mit Rohingya-Frauen und -Kindern involviert sind (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2022 stellte das US-Außenministerium fest, dass die Regierung ihre Bemühungen zur Durchsetzung der Gesetze insgesamt zwar verstärkt hat, die Schutzmaßnahmen allerdings eingeschränkt blieben (USDOS 7.2022). Die Rechenschaftspflicht für alle Verbrechen, einschließlich des Menschenhandels, ist nach wie vor ein Problem (USDOS 20.3.2023)

Obwohl das Gesetz eine Ombudsperson zur Korruptionsbekämpfung vorsieht, wurde diese nicht eingerichtet. Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission – ACC) (ÖB New Delhi 11.2022). Lokale Menschenrechtsorganisationen stellen die Unabhängigkeit und Wirksamkeit der ACC in Frage (USDOS 20.3.2023).

Artikel 102 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum High Court offen. Eine National Human Rights Commission (NHRC) wurde im Dezember 2007 eingerichtet und hat mittlerweile sieben Mitglieder, davon fünf ehrenamtlich (ÖB New Delhi 11.2022). Die NHRC kann Gefängnisse und Haftanstalten besichtigen, Mediationen durchführen und von staatlichen Stellen die Vorlage von Dokumenten verlangen (DFAT 30.11.2022). Die NHRC ist bei der Global Alliance of National Human Rights Institution (GANHRI) akkreditiert. Die GANHRI bewertet die NHRC mit dem Status "B", was einer teilweisen Übereinstimmung mit den Pariser Grundsätzen entspricht (GANHRI 29.11.2022). Die bewusste Nichtbereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen schränkt die Tätigkeit und Unabhängigkeit der Kommission ein (ÖB New Delhi 11.2022). Die Menschenrechts-NGO Odhikar wirft der NHRC demnach auch vor, dass sie den Opfern der Menschenrechtsverletzungen keine Unterstützung bietet (ODHIKAR 30.1.2023).

Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist demnach nicht ausreichend. Grundsatzurteile des Obersten Gerichtshofs zu Menschenrechtsgarantien werden von Regierung und Behörden nicht ausreichend umgesetzt bzw. ignoriert (AA 23.8.2022).

Quellen:

AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 2.5.2023

AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Bangladesh 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089426.html, Zugriff 2.5.2023

AJ – Al Jazeera (3.2.2021): Rapid Action Battalion: Bangladesh’s notorious paramilitary force, https://www.aljazeera.com/news/2021/2/3/what-is-the-bangladeshs-rapid-action-battalion-rab, Zugriff 2.5.2023

DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 10.5.2023

FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 2.5.2023

GANHRI – Global Alliance of National Human Rights Institution (29.11.2022): Members, https://ganhri.org/membership/, Zugriff 10.5.2023

HRW – Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085390.html, Zugriff 2.5.2023

ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document-search/?country%5B%5D=bgd srcId%5B%5D=11389, Zugriff 2.5.2023

ODHIKAR (30.1.2023): Annual Human Rights Report 2022 Bangladesh, https://odhikar.org/bangladesh-annual-human-rights-report-2022-2/, Zugriff 2.5.2023

OHCHR – United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=14 Lang=en, Zugriff 2.5.2023

USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2089131.html, Zugriff 2.5.2023

USDOS – United States Department of State [USA] (7.2022): Trafficking in Persons Report July 2022, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2022/10/20221020-2022-TIP-Report.pdf, Zugriff 2.5.2023

Grundversorgung

Letzte Änderung 2023-06-13 14:20

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 23.8.2022). Bangladesch hat in den letzten Jahren ein beträchtliches Wirtschaftswachstum erzielt und die Armut im Land erheblich reduzieren können (GIZ 31.12.2022). Den Rückschlag durch die Corona-Pandemie konnte Bangladesch sehr schnell wieder aufholen (BMZ 14.2.2023a; vgl. WB 6.4.2023). Im Durchschnitt ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten jährlich um etwa sechs Prozent gewachsen (CIA 14.4.2023; vgl. WB 6.4.2023). Laut Weltbank erreichte Bangladesch 2015 den Status eines Landes mit niedrigem mittlerem Einkommen und es ist am Weg, 2026 von der UN-Liste der am wenigsten entwickelten Länder gestrichen zu werden (WB 6.4.2023).

Die Armutsbekämpfung bleibt jedoch eine der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 20,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (BMZ 14.2.2023a). Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft. Die Bevölkerung ist auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen (ÖB 11.2022). Gemäß Welthunger-Index 2022 (WHI) belegt Bangladesch Platz 84 von 121 Ländern und mit einem Wert von 19,6 auf dem WHI fällt es in die Schweregradkategorie "mäßig" (WHI 10.2022).

Bei der Grundversorgung der Bevölkerung sind somit noch große Defizite zu verzeichnen. Nur 59 Prozent der Menschen in Bangladesch Zugang zu einer sicher betriebenen Trinkwasserversorgung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben, etwa 25 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet (BMZ 14.2.2023a). Zur Stromnachfrage hat sich seit 2009 die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss auf rund 43 Millionen fast vervierfacht - womit etwa 77 Prozent der rund 170 Millionen Einwohner Zugang zu Strom haben. Vor allem in den ländlichen Regionen sind aber viele Haushalte noch nicht an das Stromnetz angeschlossen (GTAI 28.6.2022).

2017 trugen die Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor jeweils geschätzt 14,2 Prozent, 29,3 Prozent und 56,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (CIA 14.4.2023). Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2022 laut der Internationalen Arbeitsorganisation bei lediglich 4,7 Prozent (ILO 11.2022). Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es allerdings lediglich im staatlichen Bereich sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Millionen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022).

Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt (AA 23.8.2022; vgl. CIA 14.4.2023) und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland (AA 23.8.2022). Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 400.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten). Nach Schätzungen des Germany Trade Invest dürften die für den privaten Konsum wichtigen Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden bangladeschischen Staatsbürgern im Jahr 2022 rund 21 Milliarden USD betragen (GTAI 16.12.2022). Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum". Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 23.8.2022).

Zunehmend ziehen mehr Menschen in die Städte. Die rasche Urbanisierung setzt die Städte unter Druck. Zugleich ist das Land vom Klimawandel betroffen. Überschwemmungen und Wirbelstürme treten öfter und stärker auf (GIZ 31.12.2022). Insbesondere informelle urbane Siedlungsgebiete (Slums) sind überschwemmungsgefährdet und es fehlt an Wohn- und Versorgungsinfrastruktur (BMZ 14.2.2023b). Darüber hinaus führen der Klimawandel und die Übernutzung von Ökosystemen zum Verlust der Artenvielfalt und zur Degradierung der Biotope. Der Nutzungsdruck auf die Land- und Meeresflächen steigt (GIZ 31.12.2022).

Quellen:

AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2023

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023a): Soziale Situation, Das Wachstum erreicht nicht alle, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/soziale-situation-10692, Zugriff 26.4.2023

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023b): Kernthema „Klima und Energie, Just Transition“, Energie effizienter nutzen und erneuerbare Energien ausbauen, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/klima-und-energie-just-transition-10738, Zugriff 26.4.2023

CIA – Central Intelligence Agency [USA] (14.4.2023): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#economy, Zugriff 26.4.2023

GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (31.12.2022): Bangladesch, https://www.giz.de/de/weltweit/351.html, Zugriff 26.4.2023

GTAI - Germany Trade Invest [Deutschland] (16.12.2022): Globale Krisen bremsen die Konjunktur, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/wirtschaftsumfeld/globale-krisen-bremsen-die-konjunktur-255380, Zugriff 26.4.2023

GTAI - Germany Trade Invest [Deutschland] (28.6.2022): Auf der Suche nach dem richtigen Mix, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/branchen/auf-der-suche-nach-dem-richtigen-mix-851414, Zugriff 26.4.2023

ILO - International Labour Organization (11.2022): Unemployment rate by sex and age -- ILO modelled estimates, Nov. 2022 (%) - Annual, https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer41/?lang=en segment=indicator id=UNE_2EAP_SEX_AGE_RT_A, Zugriff 26.4.2023

ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 11.5.2023

WB - World Bank (6.4.2023): The World Bank in Bangladesh, https://www.worldbank.org/en/country/bangladesh/overview, Zugriff 24.4.2023

WHI - Welthunger-Index (10.2022): Welthunger-Index 2022: Bangladesch, https://www.globalhungerindex.org/pdf/de/2022/Bangladesh.pdf, Zugriff 26.4.2023

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung 2023-06-13 14:23

Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen bzw. subventionierte Lebensmittel ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 23.8.2022). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 11.2022). Nicht-staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 23.8.2022).

Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 4 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 6 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.074 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019). 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten allerdings im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung (ÖB 11.2022)

Quellen:

AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2026

ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 26.4.2023

USSSA – United States Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005488/bangladesh.pdf, Zugriff 26.4.2023

Rückkehr

Letzte Änderung 2023-06-14 15:49

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 23.8.2023). Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 23.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, DFAT 30.11.2022).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt (AA 23.8.2022). Auch dem DFAT sind keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer an den Grenzen des Landes wegen politischer Aktivitäten im Ausland inhaftiert wurden. Allenfalls könnte die Einreise nach Bangladesch bei Vorliegen eines bestimmten politischen Profils des Rückkehrers vermerkt werden (DFAT 30.11.2022). Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für deren eventuelle Rückkehr. Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt es jedoch nicht. Durch den massiven neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima allerdings merklich verschlechtert. In diesem Sinne wurden zahlreiche Oppositionelle, die sich im Ausland aufhalten, zu hohen - teilweise lebenslangen - Haftstrafen bzw. sogar zum Tode verurteilt. Im Zuge einer Rückkehr würden diese Strafen freilich vollstreckt werden. Grundsätzlich kommt es bei oppositioneller Betätigung innerhalb Bangladeschs darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von der Regierung oder von der Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition, wobei in letzter Zeit mit Stand November 2022 aufgrund der mangelnden Relevanz kaum mehr Berichte über eine politische Verfolgung der Oppositionsanhängerschaft auftauchen (ÖB New Delhi 11.2022).

Die "International Organization for Migration" (IOM) kennt keine Fälle, in denen eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist (AA 23.8.2022). Da Bangladesch ein Land mit einer sehr großen Diaspora und einer ausgeprägten Abwanderungskultur ist und Zehntausende jedes Jahr das Land verlassen oder wieder einreisen, hat die Regierung weder die Kapazität noch das Interesse, jede einzelne dieser Personen zu kontrollieren oder zu überwachen (DFAT 22.11.2022).

Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können diese nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (ÖB New Delhi 11.2022).

Auch wenn "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden (ÖB New Delhi 11.2022), sind familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung andererseits für die Rückkehrer maßgeblich und dienen als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase. Rückkehrer sind aufgrund der großen Familien, enger, weitverzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt. IOM spricht in diesem Zusammenhang von der wichtigen Rolle der „social networks of family and neighbourhoods“, denen eine wichtige inoffizielle Schutzfunktion zukomme (AA 23.8.2022).

Für freiwillige Rückkehrer bieten die Joint Reintegration Services (JRS) von FRONTEXReintegrationsunterstützung. Diese umfasst ein post-arrival-Paket im Wert von € 615, das der unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft im Heimatland dient und u.a. eine temporäre Unterkunft bis zu drei Tagen sowie unmittelbare medizinische Unterstützung beinhaltet. Sofern keine oder weniger Sofortleistungen in Anspruch genommen werden, wird der anteilige Betrag von € 615 vom lokalen Partner in bar ausbezahlt. Darüber hinaus wird im Rahmen einer längerfristigen Reintegrationsunterstützung ein Post-Return Paket in der Höhe von € 2.000 ausgegeben. Die Rückkehrwilligen erhalten Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mithilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr erstellt wird. Sie umfassen unter anderem Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt sowie bei der Einschulung mitausreisender Kinder, weiters Bildungsmaßnahmen und Trainings, rechtliche administrative Beratungsleistungen, Familienzusammenführung, medizinische und psychosoziale Unterstützung sowie Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (BMI o.D.).

[…]

Quellen:

AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt – Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 24.4.2023

DFAT - Australian Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.6.2023

ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx, Zugriff 24.4.2023

BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich]: Return from Austria - Bangladesch, https://www.returnfromaustria.at/bangladesh/bangladesh_deutsch.html, Zugriff 12.6.2023

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in der zusammengefasst vorgebracht wurde, die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien unvollständig und teilweise unrichtig. Vor dem Hintergrund der Ausführungen im Länderinformationsblatt zur Sicherheitslage, zum Rechtsschutz, zu den Haftbedingungen, zur Todesstrafe und zur Rückkehr würden die Angaben des Beschwerdeführers plausibel erscheinen. Der Beschwerdeführer habe entgegen der Ansicht des BFA sein Vorbringen sehr detailliert und lebensnah gestaltet sowie über seine Erlebnisse in Bangladesch frei gesprochen. Außerdem sei ein Abgleich mit den einschlägigen Länderberichten der Beweiswürdigung nicht zu entnehmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch, gehört der Volksgruppe der Bengalen an und ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Bengali; außerdem hat er Kenntnisse der Sprachen Hindi, Urdu und Türkisch. Er stammt aus der Stadt Dhaka. Nach seinen Angaben besuchte er keine Schule und finanzierte sich sein Leben in seinem Herkunftsstaat als Rikscha-Fahrer. In Indien arbeitete er der Landwirtschaft.

Sein Vater ist bereits verstorben. Mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Bruder steht der Beschwerdeführer nicht in Kontakt; zuletzt lebten sie in Bangladesch.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist ledig und hat keine Kinder.

In Österreich bestreitet er seinen Unterhalt als Zeitungsausträger, wobei er nicht zur Sozialversicherung gemeldet ist. Von 05.10.2017 bis 28.10.2018 und von 04.09.2017 bis 06.09.2017 war der Beschwerdeführer als geringfügig beschäftigter Arbeiter zur Sozialversicherung gemeldet.

Der Beschwerdeführer reiste schlepperunterstützt nach Österreich. Er reiste spätestens am Tag seiner ersten Asylantragstellung am 17.09.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein. Dieser erste Asylantrag wurde mit Bescheid vom 12.02.2018, rk. seit 16.03.2018, abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer erlassen.

In weiterer Folge reiste er im Februar 2021 nach Deutschland weiter und stellte dort am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, dessen Behandlung von den deutschen Behörden abgelehnt wurde. Der Beschwerdeführer wurde nach den Bestimmungen der Dublin-VO am 29.06.2021 nach Österreich überstellt und ein neues Asylverfahren eingeleitet. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 22.09.2021 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen und eine Rückkehrentscheidung verbunden mit einem 3-jährigen Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen.

Ihm steht in Österreich kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylrechtes zu, und er hatte niemals ein anderes als das vorübergehende Aufenthaltsrecht als Asylwerber in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Familienangehörige oder Verwandte noch maßgebliche soziale Kontakte.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten, besucht in Österreich keine Kurse oder Schulen und hat etwaige Deutschkenntnisse nicht belegt. Er ist nicht Mitglied einer Organisation oder eines Vereins.

Eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.

Zu den Gründen des Beschwerdeführers für das Verlassen seines Herkunftsstaates:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aufgrund einer konkreten Bedrohung verlassen hat oder ihm aus diesen Gründen im Fall seiner Rückkehr eine konkrete individuelle Gefahr oder Verfolgung drohen würde. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass ihm aufgrund einer fehlenden Lebensgrundlage und wegen der dort vorherrschenden wirtschaftlichen Lage eine konkrete Gefährdung droht.

Es kann zudem nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Bangladesch in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder eine Rückkehr nach Bangladesch für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Im Fall seiner Rückkehr nach Bangladesch verfügt der Beschwerdeführer zudem über die Möglichkeit, außerhalb seiner Heimatstadt zu leben, einer Beschäftigung nachzugehen und seinen Lebensbedarf – wenn auch in bescheidenem Umfang – zu decken.

Zur Lage in Bangladesch:

Der vorliegenden Entscheidung werden die im angefochtenen Bescheid festgestellten Länderinformationen zugrunde gelegt (s.o. I.5.).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden (Zentrales Melderegister, Strafregister, Fremdenregister, Betreuungsinformationssystem, AJ-WEB-Auskunftsverfahren).

Die getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinem Privat- und Familienleben in Bangladesch und in Österreich stützen sich auf seine eigenen, insofern durchgehend gleichgebliebenen Aussagen bei den Einvernahmen im erstinstanzlichen Verfahren.

Betreffend die familiären Verhältnisse ergab sich aus der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am 22.06.2023, dass er einen Bruder hat (vgl. AS 23). Entsprechend seiner Angaben am 17.10.2023 hat er außerdem eine Mutter und eine Schwester (vgl. AS 47). In Anbetracht der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten und in weiterer Folge nicht bestrittenen Annahme ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch von seiner Familie Unterstützung erhalten könnte. Abgesehen davon ist entsprechend der Annahme des BFA auch davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in Bangladesch durch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit selbst erhalten könnte.

Der Beschwerdeführer hat als Grund für seine Antragstellung im Wesentlichen geltend gemacht, dass er in seiner Heimat über keine Lebensgrundlage verfüge. Das BFA hat im angefochtenen Bescheid dazu bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Argumentation in Anbetracht des Umstands, dass er sich bereits in der Vergangenheit in verschiedenen Ländern durch eigene Arbeitsleistung seinen Lebensunterhalt finanzieren konnte, nicht gefolgt werden kann. Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig, weshalb unter Berücksichtigung der unstrittigen Länderberichte zur Versorgungslage in Bangladesch nicht angenommen werden kann, dass er bei einer Rückkehr in seine Heimat in existentielle Notlage geraten könne. Weder in den Einvernahmen vor dem Bundesamt, noch im Beschwerdeschriftsatz sind konkrete Hinweise für das Bestehen außergewöhnlicher Umstände in Bezug auf seine Person oder eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage ersichtlich. Allfällige Anhaltspunkte, welche darauf schließen lassen könnten, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre, in Bangladesch eine ausreichende Lebensgrundlage durch eigene Erwerbsarbeit zu erwirtschaften, und er daher mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefe, in seinem Herkunftsstaat in eine ausweglose Lage zu geraten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Im Übrigen ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könnte.

Insgesamt betrachtet steht daher fest, dass das BFA ein mangelfreies Ermittlungsverfahren geführt und in ihrer Begründung die Ergebnisse, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat und dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Vorbringens zu einer Bedrohungssituation keine Glaubwürdigkeit zukommt. Die Beschwerde tritt der schlüssigen Beweiswürdigung auch ansonsten nicht substantiiert entgegen.

Die Feststellungen zur aktuellen, allgemeinen Lage in Bangladesch stützen sich auf die jeweils angegeben unbedenklichen Quellen. Die Zusammenstellung der Informationen und Quellen durch die Staatendokumentation ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ausreichend aktuell und ausgewogen und es entstanden daher keine Bedenken, diese so bewertete Zusammenstellung als Sachverhaltsfeststellung zugrunde zu legen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z. 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert wird. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nicht, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe droht, zumal er bloß allgemeine wirtschaftliche Gründe ohne Konnex zu seiner „Rasse“, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung geltend machte.

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten durch das Bundesamt nicht zu beanstanden.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (subsidiärer Schutz):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 AsylG 2005 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 leg.cit. zu verbinden (Abs. 2 leg. cit.). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Abs. 3 leg. cit. abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300).

Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 AsylG 1997 iVm § 57 FremdenG 1997 ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, die bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürger-kriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586; 21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460; 16.4.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun z.T. durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427).

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Wie die getroffenen Feststellungen iVm der Beweiswürdigung ergeben haben, hat der Beschwerdeführers keine spezifische Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht, weshalb auf Grund des konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers auch keinerlei Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG erkannt werden kann.

Aus der allgemeinen Situation allein ergeben sich aber auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr im Sinne des § 8 AsylG bedroht wäre.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Bangladesch aufgewachsen ist, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde. Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer gesund sowie im erwerbsfähigen Alter. Er verfügt zudem über Arbeitserfahrung in seiner Heimat und weiteren Ländern. Zudem spricht der Beschwerdeführer mit Bengali eine Landessprache auf muttersprachlichem Niveau und er ist auch mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und anpassungsfähig. Der Beschwerdeführer gehört auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung – entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen - im Sinne des § 8 AsylG nicht. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 200/01/0443; 13.11.2001, 200/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Bangladesch nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der Beschwerdeführer durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention-EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu den Spruchpunkten III. – VI. des angefochtenen Bescheides (Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Bangladesch kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayr, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung stellt daher keinen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens dar. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 08.03.2005,2004/18/0354;27.03.2007,2005/21/0378), und geht im Erkenntnis vom 26.06.2007,2007/10/0479, davon aus, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“.

Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich seit seiner erstmaligen Einreise im September 2015 wurde durch seine zwischenzeitliche Ausreise nach Deutschland für mehrere Monate unterbrochen. Zudem hat der Beschwerdeführer die gegen ihn in den Jahren 2018 und 2021 erlassenen aufenthaltsbeenden Maßnahmen durch seinen beharrlichen Verbleib im Bundesgebiet bzw. im Schengenraum massiv missachtet und musste gegen ihn ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen werden. Abgesehen davon wird die Aufenthaltsdauer dadurch relativiert, dass sein Aufenthalt bloß während der Verfahren über seine Anträge auf internationalen Schutz aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein.

Die Dauer des Verfahrens übersteigt keineswegs das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise-und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Z85 f.).

Der Beschwerdeführer verfügt über stärkere Bindungen zum Herkunftsstaat: Er hat dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht. Er wurde in Bangladesch sozialisiert, spricht die Landessprache Bengali, und hat dort als Rikscha-Fahrer gearbeitet. Dementsprechend kann die Rückkehrsituation zu keinem Überwiegen der Interessen an einem Verbleib in Österreich führen.

Im Gegensatz dazu ist er in Österreich kaum integriert: Der Beschwerdeführer hat keine ausgeprägten privaten und persönlichen Interessen, Deutschkenntnisse oder integrationsrelevante Schritte substantiiert dargetan. Ein allenfalls bestehendes Interesse an der Aufrechterhaltung etwaiger bestehender privater Kontakte, bezüglich derer keine besondere Intensität hervorgekommen ist, ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste: Er durfte sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers insbesondere aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von Integrationsschritten – wenn überhaupt – ein nur geringer Grad an Integration erreicht worden ist. Die Schutzwürdigkeit seines Privat-und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis unberechtigten Asylantrag gestützt hat, nur in geringem Maße gegeben.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG gegen den Beschwerdeführer stellt sohin keine Verletzung in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte liegt für Bangladesch nicht vor, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch zulässig ist.

Die Beschwerde ist daher auch gegen die Spruchpunkte III. bis V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu den Spruchpunkten VI. und VII. (aufschiebenden Wirkung und Ausreisefrist):

Gemäß – dem unter anderem von der Behörde für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung herangezogenen – § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.

Dazu ist darauf hinzuweisen, dass gegen den Beschwerdeführer bereits vor Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung (in Verbindung mit einem 3-jährigen Einreiseverbot) erlassen wurde.

§ 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG ist nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV zu BGBl I 2013/68, 2144 d.B. XXIV. GP) so auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung dann aberkannt werden kann, wenn der Asylwerber den Antrag auf internationalen Schutz nur stellt, um die Durchsetzung des bereits vor Antragstellung erlassenen fremdenrechtlichen Titel zu verhindern (siehe auch Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 18 BFA-VG Anm 3). Dies ergibt sich auch aus unionsrechtlichen Vorgaben: Art. 31 Abs. 8 der Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) nennt abschließende Tatbestände, in denen ein beschleunigtes Verfahren geführt werden kann. Zusätzlich kann in diesen Fällen gemäß Art. 46 Abs. 6 der RL 2013/32/EU die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt werden. Fallbezogen kommt in Zusammenhang mit § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die Konstellation in Betracht, dass der Antragsteller den Antrag auf internationalen Schutz nur zur Verzögerung oder Behinderung der Vollstreckung einer bereits getroffenen oder unmittelbar bevorstehenden Entscheidung stellt, die zu seiner Abschiebung führen würde (Art. 31 Abs. 8 lit g der RL 2013/32/EU).

Gegenständlich stellte der Beschwerdeführer den vorliegenden Folgenantrag auf internationalen Schutz erst nachdem er anlässlich einer Personenkontrolle aufgrund eines Festnahmeauftrags festgenommen und zur Prüfung des Sicherungsbedarfs niederschriftlich vor dem BFA einvernommen wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass er diesen Antrag nur gestellt hat, um die Durchsetzung der bestehenden Rückkehrentscheidung (iVm mit einem Einreiseverbot) zu verhindern, zumal er schon vorher die Gelegenheit gehabt hätte, bei einer Polizeistation einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen bzw. ein Fluchtvorbringen zu erstatten. Die auch auf § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG gestützte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist somit nicht zu beanstanden.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Bei der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Bangladesch besteht – wie bereits oben dargelegt – keine Gefahr, dass ihm die Todesstrafe, Folter, eine unmenschliche Behandlung oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen. Ein von Art. 8 EMRK geschützter Eingriff in sein Privat- und Familienleben liegt ebenfalls nicht vor.

Nach § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG, sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Da im gegenständlichen Fall, wie eben ausgeführt wurde, die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG vorliegen, hat die belangte Behörde auch zurecht festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte VI. und VII. ist daher ebenso als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung gemäß dem - hier maßgeblichen - ersten Tatbestand des ersten Satzes des § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) („wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“) dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 20.11.2020, Ra 2020/20/0309; 30. 03. 2021, Ra 2021/19/0007, mwN).

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt. Des Weiteren findet sich in der Beschwerdeschrift kein ausreichend substantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall geeignet ist, die behördliche Entscheidung in Frage zu stellen. Insbesondere findet sich in dieser kein neues (zulässiges) Tatsachenvorbringen und es wird den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten, sondern im Wesentlichen lediglich erneut der Fluchtgrund des Beschwerdeführers wiedergegeben. Das erkennende Gericht kann darin kein substantiiertes, den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt bestreitendes Vorbringen erblicken.

Da die Behörde den für die gegenständliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt bereits im Rahmen des angefochtenen Bescheides vollständig festgestellt hat, waren seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine zusätzlichen Ermittlungsergebnisse heranzuziehen, weshalb die Abweisung der Beschwerde keiner weiteren mündlichen Erörterung bedurfte, wenngleich in der Beschwerde ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art 133 Abs 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Situation im Mitgliedstaat sowie in der Bewertung der Intensität der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers und demgemäß eine Beurteilung des vorliegenden Einzelfalls.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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