Spruch
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela GREML über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , den Beschluss:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Mit dem im Spruchkopf angeführten Bescheid hat das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status das Asyl- und subsidiaär Schutzberechtigten abgewiesen, keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Türkei festgestellt und eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.
Der in Rede stehende Bescheid wurde dem Beschwerdeführer an seine Hauptwohnsitzadresse zugestellt. Nachdem die Sendung mit dem Vermerk „retour nicht behoben“ zurückgesandt wurde, stellte das BFA den Bescheid erneut an die nunmehr geänderte Hauptwohnsitzadresse zu.
Am 25.07.2025 langte beim BFA eine Beschwerde ein. Diese und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.07.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Verspätungsvorhalt vom 06.08.2025 wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten, sich zur möglicherweise verspäteten Rechtsmitteleinbringung zu äußern. Diese Möglichkeit nahm er mit Eingabe vom 12.08.2025 wahr.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Bescheid des BFA vom 04.06.2025, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , wurde dem Beschwerdeführer an der Adresse XXXX , zugestellt. Die Verständigung zur Hinterlegung wurde in die Abgabeeinrichtung eingelegt. Als Beginn der Abholfrist wurde der 11.06.2025 vermerkt.
Der Beschwerdeführer war bis 12.06.2025 an der Adresse XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Ab 12.06.2025 ist er nunmehr an der Adresse XXXX in XXXX hauptwohnsitzlich gemeldet.
Der Bescheid wurde an den Beschwerdeführer vom BFA nochmals an die Adresse Gellertgasse 28/20 in 1100 Wien versandt und dort am 08.07.2025 persönlich zugestellt.
Die Beschwerde wurde am 25.07.2025 durch die am 22.07.2025 bevollmächtigte Rechtsvertreterin eingebracht.
2. Beweiswürdigung:
Der in Rede stehende Bescheid und die Beschwerde sind aktenkundig (AS 261 ff und 463 ff).
Die Sendung an die Adresse XXXX , die Hinterlegung und der Beginn der Abholfrist ergeben sich aus der Zustellverfügung (AS 437), auf der die Zustellung an den Beschwerdeführer an dessen „Meldeadresse laut ZMR“ verfügt wurde, und dem retournierten Briefumschlag, auf dem Hinterlegungsort, Beginn der Abholfrist, die Verständigung über die Hinterlegung und die Retournierung wegen Nichtbehebens vermerkt sind (AS 439).
Die nochmalige Übermittlung an die Adresse XXXX in XXXX ergibt sich ebenso aus der Zustellverfügung, die zu diesem Zweck handschriftlich bearbeitet wurde (AS 437) und der Übernahmebestätigung (AS 441).
Die Feststellungen zu den Wohnsitzmeldungen ergeben sich aus einem amtswegig eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung wegen Verspätung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt nach § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG mit dem Tag der Zustellung des Bescheides.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 33 Abs. 2 leg.cit.). Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 leg.cit.). Die genannten Bestimmungen des AVG sind sinngemäß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 17 VwGVG anzuwenden.
Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist gemäß § 17 Abs. 1 ZustG das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 2 erster Satz ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen.
Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird.
Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
3.2. Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung dargelegt, ist in der Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides der 11.06.2025 als der Tag genannt, an dem das Dokument erstmals zur Abholung beim Postamt bereitgehalten wird.
An diesem Tag war der Beschwerdeführer auch noch an der Adresse gemeldet, an der die Verständigung über die Hinterlegung hinterlassen wurde. Dass er - wie in der Stellungnahme ausgeführt - vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte, weil er bereits „Tage zuvor aus der Wohnung ausgezogen“ sei und „die Schlüssel seiner Bekannten […] übergeben“ habe, begründet nicht, dass es sich bei der Adresse nicht mehr um eine Abgabestelle gehandelt hätte.
Ändert eine Partei während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle, hat sie dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen (§ 8 Abs. 1 ZustG) und muss nicht umgekehrt die Behörde prüfen, ob eine taugliche Abgabestelle vorliegt. Der Beschwerdeführer ist im gegenständlichen Verfahren seiner Meldepflicht nicht nachgekommen, wenn er in den ersten beiden Juni-Wochen bei einem Freund Unterkunft genommen hat. Mit der vom Beschwerdeführer dargelegten Vorgehensweise könnte jede Zustellung unterlaufen werden, indem sich ein Empfänger kurz nach der Verständigung über eine Hinterlegung von der Adresse ab- und sich innerhalb der Abholfirst ummeldet.
Der VwGH hat sich zuletzt wieder in seiner Entscheidung vom 02.07.2024, Ra 2022/02/0199, mit der Wirkung der Zustellung befasst. Demnach ist es für die Wirksamkeit der Zustellung ohne Belang, ob der Partei die Verständigung von der Hinterlegung tatsächlich zugekommen ist oder nicht (vgl. VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175). Der Zustellvorgang war mit der Hinterlegung abgeschlossen, die am Rückschein vermerkt wurde. Da die Abholung nicht mehr zur Zustellung zählt, war die Frage, durch wen, wann bzw. ob die hinterlegte Sendung behoben wurde, für den Zustellvorgang nicht von Bedeutung, (vgl. VwGH 06.12.2021, Ra 2020/11/0201; 09.11.2004, 2004/05/0078, mwN).
Damit gilt der Bescheid vom 04.06.2025 mit 11.06.2025 als zugestellt. Die erneute Zustellung des gleichen Dokuments am 08.07.2025 löst gemäß § 6 ZustG keine Rechtswirkungen aus. Die Rechtsmittelfrist begann an diesem Tag zu laufen. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG endet die Frist von vier Wochen somit am 09.07.2025.
Der rechtsvertretene Beschwerdeführer hat die Beschwerde per E-Mail am 25.07.2025 eingebracht, weshalb sich die Beschwerde als verspätet erweist. Die Beschwerde war daher gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG wegen Verspätung zurückzuweisen.
3.3. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt war und war daher auch von Zeugenbefragungen Abstand zu nehmen, weil deren Wahrnehmungen ohnehin nicht bezweifelt werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Wirkung der Zustellung oder der Mitwirkungspflicht einer Partei hinsichtlich Abgabestelle, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.