Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Manuela WILD über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA: Serbien, vertreten durch Mag. Stefan ERRATH RA, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Zl. XXXX , vom XXXX betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:
A)Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger von Serbien, am XXXX in XXXX geboren, und verheiratet. Er hält sich jedenfalls seit XXXX - ohne gültige Aufenthaltsberechtigung - in Österreich auf, da er nach der visumsfreien Zeit nicht mehr in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt ist.
Er war immer wieder für einen gewissen Zeitraum mit ordentlichen Wohnsitzen in Wien gemeldet. Er verfügt über Wohnsitzmeldungen vom XXXX bis XXXX , vom XXXX bis XXXX , vom XXXX bis XXXX , wieder ab XXXX in Wien, XXXX , sowie wieder vom XXXX bis XXXX am eben angeführten Wohnsitz seiner Ehefrau.
Der BF ist mit XXXX , geb. XXXX , österreichische Staatsbürgerin, verheiratet und hat mit ihr zwei gemeinsame Söhne, XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX , sie leben in Wien. Seine Schwiegermutter, XXXX , geb. XXXX , serbische Staatsbürgerin, lebt ebenfalls in Wien wie auch ein Onkel sowie ein Cousin des BF. Sein Vater und seine Mutter leben in Serbien.
Er verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich, sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom XXXX wurde am XXXX abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Erteilung nicht vorlagen.
Am XXXX wurde der BF im Rahmen einer Personen- und Fahrzeugkontrolle beim Lenken eines KFZ ohne Lenkerberechtigung und ohne Reisepass betreten. Er konnte keinen rechtmäßigen Aufenthalt nachweisen (die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts war bereits überschritten). Die letzte Einreise des BF war mit XXXX und er konnte keine Ausreise aus Österreich bis XXXX vorweisen.
Der BF ging bis dato in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach.
Der BF wurde am 11.06.2025 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und erklärte dabei, die Dolmetscherin gut zu verstehen, nicht rechtsfreundlich vertreten zu sein und gesund zu sein. Auf Vorhalt seines unrechtmäßigen Aufenthaltes erklärte er, wegen seiner Familie hier zu sein, sie seien alle österreichische Staatsbürger. Er verfüge über einen serbischen Reisepass, serbische ID-Karte sowie serbischen Führerschein. Er sei am selben Tag nach Österreich eingereist, wegen seiner Familie. Auf Nachfrage, ob er bereits in Österreich um einen Aufenthaltstitel angesucht habe, bestätigte er dies und erklärte, dies sei abgewiesen worden, sie hätten Beschwerde eingereicht. Er verfüge über kein Bargeld, seine Gattin unterstütze ihn mit ihrem Einkommen und seine Mutter schicke ihm Geld. Er sei bis zu seiner Festnahme immer bei seiner Frau aufhältig gewesen. Er sei verheiratet und Vater von drei Kindern, diese seien ab ihrer Geburt österreichische Staatsbürger. Seine Ehefrau ebenfalls seit ihrer Geburt, glaube er. Die Eheschließung sei in Serbien gewesen. In Österreich hätte er ansonsten weitschichtige Verwandte. Seine Heimatadresse laute XXXX , XXXX . Es spreche nichts gegen eine Rückkehr nach Serbien. Er habe 8 Jahre die Grundschule in Serbien besucht, danach 2 Jahre in der Industrie in Serbien gearbeitet. Er werde in Serbien weder politisch noch strafrechtlich verfolgt.
Am 12.06.2025 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe seiner Rechtsvertretung.
Mit Bescheid des BFA vom XXXX wurde dem BF gemäß § 57 AsylG keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wird (Spruchpunkt IV) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird (Spruchpunkt V.),
Die belangte Behörde begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor allem damit, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Der BF sei am XXXX in den Schengenraum eingereist und hielt sich seitdem unberechtigt in Österreich auf. Er verfüge weder über eine Aufenthaltsberechtigung noch über eine Niederlassungsbewilligung. Er gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei mangels eines Aufenthaltstitels dazu auch nicht berechtigt. Er erfülle die Voraussetzungen des Art 20 SDÜ iVm Art 6 Abs. 1 lit. c SGK für den sichtvermerksfreien touristischen Aufenthalt von 90 Tagen binnen 180 Tagen nicht. Sein Aufenthalt sei unrechtmäßig. Der BF missachte die gesetzlichen Regelungen und habe er damit die öffentliche Ordnung empfindlich und nachhaltig gestört, weshalb seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten sei. Sein Verbleib in Österreich stelle eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung vollinhaltliche Beschwerde und regte an, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Er lebe seit über zehn Jahren in einer Familiengemeinschaft mit seiner Ehefrau, einer österreichischen Staatsbürgerin sowie den drei gemeinsamen Kindern, die ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Die Ehefrau leide an einer psychischen Erkrankung, die häufig die Betreuung der Kinder durch den BF erfordere, dies sei auch der Grund, warum sich der BF nach wie vor in Österreich aufhalte. Ärztliche Bestätigungen werden nachgereicht. Das Wohl der Kinder sei somit hier besonders zu berücksichtigen. Die Kinder seien in Österreich geboren, hier aufgewachsen und sei das gesamte soziale schulische und kulturelle Leben in Österreich verankert. Im Hinblick auf die besonderen Umstände stelle die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung des BF eine nicht wiedergutzumachende Gefährdung der persönlichen Interessen des BF dar. Es werde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid zu beheben und in der Sache selbst zu entscheiden in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.
Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens samt Stellungnahme mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR) und im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).
Rechtliche Beurteilung:
Als Staatsangehöriger von Serbien ist der BF Fremde iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid zwar entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbots maßgeblichen Gründen, konkret mit dem Gesamtverhalten des BF begründet, sondern auch, dass der BF mit seinem Verhalten - er missachte die gesetzlichen Regelungen und halte sich illegal mehr als die sichtvermerkfreie Zeit in Österreich auf, weswegen er die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Er habe bereits 2015 einen Aufenthaltstitel beantragt, dieser sei mangels Erfüllung der Voraussetzungen nicht erteilt.
In der Beschwerde bringt der BF über seine Rechtsvertretung zur aufschiebenden Wirkung vor allem (und erstmals) vor, dass seine Frau an einer psychischen Erkrankung leide, weswegen er in Österreich verblieben ist, um sich um die drei Kinder kümmern zu können, diesbezügliche Nachweise würden folgen.
Es wird nicht verkannt, dass der BF in Österreich über Familienangehörige verfügt, seine drei Kinder leben in Österreich, ebenso seine Ehefrau. Jedoch lebte der BF vorerst mit ihnen - ausgenommen die Zeit des erlaubten touristischen Aufenthalts von 90 Tagen innerhalb 180 Tagen - nicht zusammen. Seit Feber 2023 verblieb der BF beharrlich im Bundesgebiet und ignorierte seine Verpflichtung zur Ausreise.
Seinem Vorbringen, er müsse hierbleiben, damit er sich um seine Kinder kümmere, da seine Frau an einer psychischen Erkrankung leide und seine Kinder in Österreich sozial, schulisch etc. verankert seien, muss jedoch entgegengehalten werden, dass der BF bei weder bei der Kontrolle noch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme diese Gründe vorbrachte, sondern erstmals bei Einreichung seiner Beschwerde. Zudem erklärte er bei der niederschriftlichen Befragung ausdrücklich, dass keine Gründe vorliegen würden, die gegen eine Rückkehr in den Herkunftsstaat sprechen.
Aufgrund dessen und insgesamt, dass auch keine Nachweise bei der Beschwerde zu diesen Gründen vorgelegt wurden, war dieses Vorbringen insgesamt als nicht glaubwürdig zu werten. Der BF hätte einen solch wichtigen Grund sogleich vorgebracht - bei der Kontrolle wie auch bei der niederschriftlichen Befragung, um darzulegen, warum er nicht nach der visumsfreien Zeit Österreich verlassen habe.
Zudem wäre es ihm ohne Probleme möglich, mit seinen Kindern - kurzfristig - in seinen Herkunftsstaat zu seiner Familie zu fahren, um Unterstützung von seinen Eltern zu erhalten, die seine Kinder sicherlich kennen. Entgegenstehende Gründe wurden nicht vorgebracht.
Angesichts des Gesamtverhalten des BF und aufgrund obiger Ausführungen kann bei Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des BF (Serbien) keine konkreten Hinweise für das Vorliegen einer Verletzung hinsichtlich Art 8 EMRK erkannt werden.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.