JudikaturBVwG

W263 2280952-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2025

Spruch

W263 2280952-1/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichter HEINDL als Beisitzer sowie die fachkundige Laienrichterin Mag.a DE BUCK-LAINER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 18.07.2023, VN: XXXX , aufgrund des Vorlageantrages nach Beschwerdevorentscheidung vom 24.10.2023, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.05.2025 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Zuletzt beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer mit Geltendmachung ab 24.12.2022 die Gewährung von Notstandshilfe.

2. Im Zuge eines Termins beim AMS am 01.06.2023 wurde mit dem Beschwerdeführer eine Betreuungsvereinbarung erstellt.

3. Das AMS wies dem Beschwerdeführer am 14.06.2023 einen Stellenvorschlag als Montagehelfer für eine Teil- oder Vollzeitbeschäftigung bei der XXXX mit einem Entgelt iHv EUR 2.200,- brutto pro Monat bei Vollzeit mit Bereitschaft zur Überzahlung zu.

4. Am 27.06.2023 teilte der Beschwerdeführer dem AMS mit, dass er einen Termin mit Herrn XXXX gehabt hätte, jedoch die Fabrik aufgrund einer Panikattacke nicht betreten habe können.

5. Am 27.06.2023 meldete der potentielle Dienstgeber dem AMS, dass der Beschwerdeführer um 08:00 Uhr beginnen hätte sollen, jedoch am Tor abgesagt habe, weil er nicht ins Werk gehen könne, weil er Angstzustände bekommen hätte.

6. Am 27.06.2023 teilte das AMS dem Beschwerdeführer mit, dass sein Leistungsbezug aufgrund der Nichtannahme bzw. dem Nichtzustandekommen einer Beschäftigung mit 28.06.2023 vorläufig eingestellt worden sei. Zur Überprüfung der Umstände wurde er ersucht, die mitgesendeten Fragen zu beantworten und bis spätestens 14.07.2023 an das AMS zu retournieren.

7. Am 12.07.2023 einlangend, übermittelte der Beschwerdeführer seine Stellungnahme, in welcher er ausführte, dass er die Beschäftigung aus sonstigen Gründen nicht angenommen habe. Der Arbeitsort habe aufgrund des Maischegeruchs und der extremen Lautstärke bei ihm eine Panikattacke ausgelöst. Da er seit eineinhalb Jahren abstinent sei und keinen einzigen Rückfall gehabt habe, ersuche er um Rücksicht. Er legte seinen letzten Befund bei und gab an, dass er einen aktuellen psychologischen Befund nachreichen werde.

8. Mit Bescheid des AMS vom 18.07.2023 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum von 28.06.2023 bis 08.08.2023 verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass eine mögliche Arbeitsaufnahme als Montagehelfer beim Dienstgeber XXXX durch das Verschulden des Beschwerdeführers nicht zustande gekommen sei. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.08.2023 fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass durch das Nichterscheinen des Arbeitgebers am ausgemachten Ort, dem Parkplatz XXXX um 8:00 Uhr, kein Vorstellungsgespräch stattfinden habe können. Aufgrund der darauffolgenden Panikattacke habe er den Parkplatz um ca. 8:20 Uhr verlassen. Er habe den Arbeitgeber telefonisch darüber informiert. Er legte einen aktuellen psychologischen Befund vor.

10. Am 06.10.2023 gab der potenzielle Dienstgeber dem AMS im Rahmen eines Telefongespräches bekannt, dass der Beschwerdeführer sich telefonisch auf die verfahrensgegenständliche Stelle beworben habe. Es sei ein Vorstellungsgespräch für den 23.06.2023 vereinbart worden, zu dem der Beschwerdeführer nicht erschienen sei. Er habe den Beschwerdeführer angerufen, woraufhin dieser mitgeteilt habe, dass es sich zeitlich nicht ausgehen werde. Am 26.06.2023 habe er den Beschwerdeführer nochmals kontaktiert und ihm angeboten, am Dienstag den 27.06.2023 in der Früh zu einem Vorstellungsgespräch zu erscheinen. Der Beschwerdeführer habe sich zunächst geweigert, in der Früh zu kommen, er habe gemeint, er würde zu Mittag erscheinen. Eine Arbeitsaufnahme wäre noch am selben Tag möglich gewesen. Der Beschwerdeführer hätte vom Portier des Werkes eine Sicherheitsbelehrung erhalten, danach wäre ihm eine Zugangskarte ausgestellt worden. Zum zweiten Vorstellungsgespräch sei der Beschwerdeführer erschienen, habe ihm jedoch bereits am Parkplatz mitgeteilt, dass ihm die Ausübung der Beschäftigung nicht möglich sei, weil er eine Panikattacke erlitten habe. Der Beschwerdeführer habe nicht so gewirkt, als ob es ihm gesundheitlich nicht gut gehen würde. Er habe gemeint, zum ersten Vorstellungstermin habe er aufgrund von Schwierigkeiten mit seiner in Trennung lebenden Ehegattin sowie seinen Kindern nicht erscheinen können. Der Beschwerdeführer sei lediglich bis zum Tor des Betriebes gelangt, weshalb es ihm nicht möglich gewesen wäre, sich einen Eindruck über die Lautstärke im Werk zu verschaffen. Da im Nebenbetrieb Kukuruz verarbeitet werde, rieche es täglich im und außerhalb des Betriebes nach Maische, über den sich auch die Nachbarortschaft hin und wieder beklagen würde. Der Beschwerdeführer habe vor ein paar Jahren in einem Nebenbetrieb gearbeitet, sodass ihm die Arbeitsbedingungen womöglich von dort bekannt gewesen seien.

11. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine Beschwerdevorentscheidung vom 24.10.2023, mit der die Beschwerde abgewiesen und festgestellt wurde, dass 1. der Tatbestand des § 10 iVm § 38 AlVG erfüllt wurde und 2. Nachsichtsgründe gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 38 AIVG nicht vorliegen.

Begründend führte das AMS im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass es in der Nähe des Betriebes zwar nach Maische riechen mag, dieser Geruch allerdings keinen Einfluss auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe und somit keinen Hinderungsgrund für die Ausübung der Beschäftigung als Montagehelfer darstelle. Er werde auch im täglichen Leben mit Alkohol konfrontiert, wie etwa beim Einkaufen oder beim Besuch eines Restaurants. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer seit eineinhalb Jahren keinen Alkohol mehr konsumiert habe, zeige, dass er die zuletzt im Jahr 2022 diagnostizierte Alkoholabhängigkeit offensichtlich überwältigt habe und in der Lage sei, dem Geruch bzw. der Konsumation von Alkohol Stand zu halten. Bei der Ausübung der Beschäftigung wäre der Beschwerdeführer nicht in direktem Kontakt mit Alkohol gekommen. Da er das Werk nicht betreten habe, habe er sich keinen konkreten Einblick über die Arbeitsbedingungen im Betrieb verschaffen können. Da er das Werk nicht betreten habe und den konkreten Arbeitsort nicht gesehen habe, sei die vorgebrachte Panikattacke nicht nachvollziehbar und somit nicht berücksichtigungswürdig. Der Befund vom 01.08.2022 sei nicht mehr aktuell und könne dem Befund vom 09.08.2023 lediglich eine rezidivierende depressive Störung gegenwärtig leichte Episode XXXX entnommen werden, ein Alkoholabhängigkeitssyndrom sei aktuell nicht diagnostiziert. Dem Vorbringen der gesundheitlichen Unzumutbarkeit der verfahrensgegenständlichen Stelle könne daher nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer habe durch sein Nichterscheinen beim ersten Vorstellungstermin am 23.06.2023 eine mögliche Arbeitsaufnahme bereits vereitelt. Der Beschwerdeführer habe diesem gegenüber lediglich Schwierigkeiten mit seiner in Trennung lebenden Ehefrau und den Kindern angegeben. Da der Beschwerdeführer über keine Ehefrau und keine Kinder verfüge, sei dieser Angabe kein Glaube zu schenken. Zum zweiten Vorstellungstermin sei der Beschwerdeführer zwar erschienen, habe jedoch die Annahme ausdrücklich abgelehnt, obwohl diese ihm jedenfalls zumutbar gewesen sei. Sein Verhalten sei daher kausal für die Nichteinstellung gewesen, weil er die Annahme der Beschäftigung abgelehnt habe und er damit den Tatbestand der Vereitelung bzw. Verweigerung des § 10 AlVG erfüllt habe.

12. Der Beschwerdeführer stellte am 07.11.2023 fristgerecht einen Vorlageantrag und führte aus, dass die Darstellung des potentiellen Arbeitgebers nicht richtig sei. Das erste Telefonat hätte am 22.06.2023 stattgefunden und der nächste Kontakt sei erst am 26.06.2023 gewesen. Da er den potenziellen Dienstgeber niemals getroffen habe, könne dieser seinen gesundheitlichen Zustand auch nicht einschätzen. Es wirke, als ob er ihn mit einer anderen Person verwechsle, weil der Beschwerdeführer weder verheiratet sei noch Kinder habe. Es habe kein Vorstellungsgespräch stattgefunden, weil der potenzielle Dienstgeber nicht zum vereinbarten Zeitpunkt am Treffpunkt gewesen sei und der Beschwerdeführer den Geruch nicht ausgehalten und aufgrund seiner Panikattacke den Parkplatz verlassen habe.

13. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

14. Mit aufgetragener Stellungnahme vom 01.12.2023 führte das AMS im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer dem Anforderungsprofil entsprochen habe und die Stelle nicht evident unzumutbar gewesen sei. Ein allfälliger Maischegeruch komme von einem angrenzenden Betrieb, welcher Kukuruz verarbeite. Im verfahrensgegenständlichen Betrieb gehe es lediglich um Montagearbeiten, Alkohol werde weder verarbeitet, noch müsse solcher konsumiert werden. Ferner sei von keiner Seite behauptet worden, dass es innerhalb des verfahrensgegenständlichen Betriebes nach Alkohol rieche. Da der Beschwerdeführer das Werk nicht betreten habe, habe er sich auch keinen Eindruck über die Arbeitsbedingungen innerhalb des Betriebes verschaffen können. Deshalb sei sein Vorbringen, wonach der Arbeitsort eine Panikattacke ausgelöst habe, nicht nachvollziehbar. Im ärztlichen Befundbericht vom 09.08.2023 sei nur eine rezidivierende depressive Störung mit einer leichten Episode XXXX diagnostiziert worden. Eine solche Störung könne durch einen geregelten Alltagsrhythmus vorgebeugt werden. Durch die Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung hätte dem Beschwerdeführer geholfen werden können, dieser Störung entgegenzuwirken.

15. Mit aufgetragener Bekanntgabe vom 15.12.2023 führte das AMS im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die Ähnlichkeit von Maische- und Alkoholgeruch vom AMS nicht bezweifelt werde. Der Beschwerdeführer hätte die näheren konkreten Arbeitsbedingungen mit dem potenziellen Dienstgeber im Zuge eines Vorstellungsgespräches erörtern müssen.

16. Am 29.01.2024 einlangend, legte der Beschwerdeführer nach Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.01.2024 umfangreiche medizinische Unterlagen – insb. im Zusammenhang mit stationären Aufenthalten wegen seiner Alkoholkrankheit – vor.

17. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.05.2025 eine Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen und ein Zeuge einvernommen wurde.

18. Am 07.05.2025 langte eine Stellungnahme des AMS beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist in XXXX wohnhaft.

Der Beschwerdeführer beantragte gegenständlich zuletzt mit Geltendmachung ab 24.12.2022 die Gewährung von Notstandshilfe, die er in der Folge auch bezog.

Das AMS wies dem Beschwerdeführer am 14.06.2023 einen Stellenvorschlag als Montagehelfer für eine Teil- oder Vollzeitbeschäftigung bei der XXXX mit einem Entgelt iHv EUR 2.200,- brutto pro Monat bei Vollzeit mit Bereitschaft zur Überzahlung zu.

Die Zuweisung lautete:

„ XXXX - in XXXX sucht

1 Montagehelfer_in

ANFORDERUNGSPROFIL:

* wünschenswerterweise Erfahrung im Metallbereich jedenfalls

* handwerkliches Geschick erforderlich

* korrekter Umgang mit den Maschinen wird vorausgesetzt sowie

* Schweißkenntnisse

* Führerschein B

Arbeitszeit:

Voll- oder Teilzeit nach Absprache

Arbeitsbeginn ab 7:00 Uhr möglich

KONTAKT:

Bitte bewerben Sie sich nach telefonischer Terminvereinbarung bei:

XXXX Tel.: + XXXX

Dienstgeber:

XXXX

XXXX

XXXX

Entgeltangaben des Unternehmens:

Das Mindestentgelt für die Stelle als Montagehelfer_in beträgt 2.200,00 EUR brutto pro Monat auf Basis Vollzeitbeschäftigung. Bereitschaft zur Überzahlung.

Auftragsnummer: XXXX

Kundennummer: XXXX “

Der Beschwerdeführer bewarb sich ordnungsgemäß und wurde ein Vorstellungstermin für den 27.06.2023 vereinbart.

Am 27.06.2023 fuhr der Beschwerdeführer auf den Parkplatz des potenziellen Dienstortes ein. Als er ausstieg, erlitt er aufgrund für ihn belastender sensorischer Reize eine Panikattacke, infolge derer es ihm nicht möglich war, den Vorstellungstermin wahrzunehmen. Der Beschwerdeführer informierte das AMS und den potenziellen Dienstgeber darüber, dass er die Fabrik aufgrund einer Panikattacke nicht betreten konnte.

Auf dem Gelände, wo u.a. der potenzielle Arbeitgeber tätig war und der Beschwerdeführer eingesetzt worden wäre, befindet sich auch ein Betrieb, der Kukuruz verarbeitet und einen intensiven Maischegeruch verursacht. Dieser intensive Maischegeruch ist auf dem gesamten Gelände und auch an der konkreten Arbeitsstelle wahrnehmbar.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer rezidivierenden depressiven Störung. Er war alkoholsüchtig, ist jedoch seit Ende 2021 abstinent.

Der Beschwerdeführer war vom 21.12.2021 bis zum 02.02.2022 in der Privatklinik XXXX stationär wegen Burnout und Depressionen aufhältig und absolvierte dort einen Alkoholentzug.

Vom 21.04.2022 bis 30.06.2022 war er im psychosomatischem Zentrum XXXX aufgrund der Zuweisungsdiagnosen Alkoholabhängigkeit und rezidivierender depressiver Störung mit gegenwärtiger mittelgradiger Episode zur störungsspezifischen stationären Therapie.

Von 06.12.2023 bis zum 19.12.2023 nahm der Beschwerdeführer an der ambulanten Rehabilitation der Phase 2 im XXXX teil, musste diese jedoch aufgrund einer Infektion der Atemwege vorzeitig beenden.

Zumindest bis Mai 2025 wurde kein anderes Beschäftigungsverhältnis aufgenommen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden und soweit unbedenklichen wie unzweifelhaften Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichts sowie den Ergebnissen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Insbesondere liegen im Akt die Betreuungsvereinbarung und der gegenständliche Stellenvorschlag ein und waren in ihrem Inhalt unbestritten.

Die Feststellungen zum Wohnort des Beschwerdeführers ergaben sich insbesondere aus dem Antrag auf Notstandshilfe.

Die Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergaben sich aus dem Versicherungs- und Bezugsverlauf vom 09.11.2023.

Die Zuweisung des Stellenvorschlages am 14.06.2023 ergab sich aus dem EDV-Datenvermerk des AMS und war nicht strittig.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, den vorliegenden Diagnosen und Therapieaufenthalten ergaben sich aus den im Akt einliegenden, umfassenden medizinischen Unterlagen und wurden von den Parteien auch nicht bestritten. Zwar führte das AMS in der Beschwerdevorentscheidung aus, dass das Alkoholabhängigkeitssyndrom im Befund vom 09.08.2023 nicht mehr diagnostiziert worden sei und der Beschwerdeführer dieses somit offensichtlich überwältigt habe. Es wurde jedoch nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer ein „trockener Alkoholiker“ ist. Der damalige Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wurde bereits von ärztlicher Seite ausreichend dokumentiert und sind die bestehenden Beweismittel auch nicht widersprüchlich. Die vorgelegten medizinischen Befunde geben den damaligen Zustand des Beschwerdeführers anschaulich, detailliert und stimmig wieder. Es haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, die vorliegenden medizinischen Unterlagen inhaltlich anzuzweifeln. Der erkennende Senat erachtete die Beauftragung eines Gutachtens daher als entbehrlich, zumal ein solches auch rückwirkend den Zustand des Beschwerdeführers im Juni 2023 zu beurteilen gehabt hätte und kaum ein zutreffenderes Bild über den – im Wesentlichen unstrittigen – damaligen Zustand als die aus dieser Zeit bzw. von davor stammenden Befunde zeichnen hätte können. Hinsichtlich der gegenständlich vorgebrachten Panikattacke wäre auch ein medizinischer Sachverständiger – ebenso wie der erkennende Senat – letztlich auf die Angaben des Beschwerdeführers angewiesen. Der Beschwerdeführer konnte diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft schildern und war deutlich zu erkennen, dass seine Ausführungen erlebnisbasiert waren. Die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers war unstrittig und verzichtete das AMS auch auf die Einholung eines Gutachtens.

Dass sich der Beschwerdeführer beworben hat und ein Termin für ein Vorstellungsgespräch vereinbart wurde sowie dass der Beschwerdeführer den Termin am 27.06.2023 nicht wahrgenommen hat, ergab sich ebenfalls aus dem übereinstimmenden Parteienvorbringen und dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass ein intensiver Maischegeruch auf dem Gelände der Fabrik und an der Arbeitsstelle wahrnehmbar war, ergab sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und des potentiellen Dienstgebers. Zwar wurde vom AMS mehrfach die Intensität des Maischegeruchs bestritten, jedoch bestätigte der potenzielle Dienstgeber bereits im Rahmen des Telefongespräches mit dem AMS vom 06.10.2023, von diesem mit E-Mail vom 11.10.2023 bestätigt, dass es im und außerhalb des Betriebes täglich nach Maische riechen und sich hin und wieder die Nachbarortschaft über den Geruch beklagen würde. In der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen, führte er aus, dass man den Maischegeruch am Weg zum Arbeitsplatz riechen würde, weil man durch die gesamte Fabrik müsste. Man würde den Geruch auch im Auto mit geschlossenen Fenstern wahrnehmen können. Im Gebäude, wo der konkrete Arbeitsplatz sei, würde man ebenfalls den Geruch wahrnehmen können. Der Geruch störe ihn nicht; wenn er jedoch ein Alkoholiker wäre, würde er damit vermutlich ein Problem haben. Dies steht im Einklang mit den Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren und waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

In der mündlichen Verhandlung schilderte der Beschwerdeführer detailliert und insgesamt glaubhaft, dass er um halb acht zum Parkplatz gefahren sei, wo er sich um acht Uhr mit dem potenziellen Dienstgeber treffen hätte sollen. Als er auf den potenziellen Dienstgeber gewartet habe, baute sich insb. aufgrund des Geräuschpegels eine Panikattacke auf. Er sei dann näher zum Tor gegangen, wodurch sich der Geräuschpegel verstärkt und er eine Panikattacke gehabt habe. Er habe sich zu seinem Auto begeben und sich mit den Methoden, welche er in der Therapie gelernt hatte, beruhigt. Daraufhin habe er den potenziellen Dienstgeber angerufen und diesen informiert. Diese Schilderung steht im Einklang mit den vom Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 12.07.2023, in der Beschwerde und im Vorlageantrag gemachten Angaben sowie seiner am Tag des Vorstellungsgespräches an das AMS gesendeten E-Mail.

Der potenzielle Dienstgeber, welcher in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen wurde, schilderte hingegen, dass er sich mit dem Beschwerdeführer vor dem Werk getroffen und den Ablauf besprochen habe. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er noch private Sachen zu erledigen habe, weil er sich von seiner Frau oder Freundin getrennt habe und noch etwas mit den Kindern regeln müsse. Er könne am Montag zu arbeiten beginnen. Danach sei der Beschwerdeführer nicht mehr erschienen und habe er ihn auch telefonisch nicht erreicht. Diese Aussage steht im Widerspruch zu seiner am 06.10.2023 gegenüber dem AMS gemachten Aussage, welche er mit E-Mail vom 11.10.2023 bestätigte, wonach er dem Beschwerdeführer einen Vorstellungstermin am Dienstag, dem 27.06.2023, angeboten habe und ein sofortiger Arbeitsbeginn möglich gewesen wäre. Der Beschwerdeführer sei erschienen, habe ihm jedoch bereits am Parkplatz mitgeteilt, dass ihm die Ausübung der Beschäftigung nicht möglich sei, weil er eine Panikattacke erlitten habe.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer bereits im Vorlageantrag darauf hinwies, dass er nicht verheiratet sei und keine Kinder habe und dies in der mündlichen Verhandlung auch glaubhaft schilderte sowie dass sein Familienstand auch aus dem Akteninhalt eindeutig zu entnehmen ist, geht der erkennende Senat davon aus, dass es zu einer Verwechslung gekommen ist und der Zeuge den Beschwerdeführer nicht persönlich getroffen hat und somit der Schilderung des Beschwerdeführers zu folgen ist. Dies zumal sich der potenzielle Dienstgeber in der mündlichen Verhandlung auch an anderer Stelle irrte, aber ebenso zuerst überzeugt auftrat. So gab der Zeuge nach seinen Angaben zum Maischegeruch befragt, zunächst überzeugt an, dass ihm das AMS keine E-Mail geschrieben habe. Erst auf Vorhalt des E-Mails und seiner Antwort erinnerte sich der Zeuge daran.

In einer Gesamtschau geht der erkennende Senat, insbesondere aufgrund des persönlichen Eindrucks, welcher in der mündlichen Verhandlung gewonnen werden konnte, davon aus, dass der Beschwerdeführer am 27.06.2023 tatsächlich eine Panikattacke hatte und das Vorstellungsgespräch aus diesem Grund nicht wahrnehmen konnte.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer bis Anfang Mai 2025 ein anderes Dienstverhältnis eingegangen wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung:

3.2.Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten auszugsweise:

„§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. […]

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

[…]

§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) […]

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

[…]“

Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen sinngemäß auf die Notstandshilfe anzuwenden.

3.3. Die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrunde liegenden Gesetzeszwecks, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, u.v.a.).

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice oder einem vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden, Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden:

Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. z.B. VwGH 22.07.2013, 2012/08/0058).

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines vermittelten Arbeitslosen als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0071 mwN).

Es ist für die Kausalität nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. Die Frage, ob der Arbeitslose die Stelle überhaupt bekommen hätte, ist nicht mehr von Belang (vgl. VwGH 18.01.2012, 2008/08/0243; 25.06.2013, 2011/08/0052).

Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich bei der in Frage kommenden Beschäftigung um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (vgl. VwGH 24.02.2022, Ra 2020/08/0129 mwN).

Das Gesetz verpflichtet eine arbeitslose Person zwar nicht dazu, eine unzumutbare Beschäftigung im Sinne der näheren Bestimmungen des § 9 AlVG anzunehmen. Das Gesetz verlangt dazu aber nicht, dass alle Einzelheiten, die für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung von Bedeutung sein können, für die arbeitslose Person schon in einer frühesten Stufe der Bewerbung erkennbar sein müssen. Vielmehr ist es auch Aufgabe des Arbeitssuchenden, im Zuge der Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Arbeitgeber bzw. mit dessen Vertreter in einer geeigneten (d.h. nicht unqualifizierten und im Ergebnis als Vereitelungshandlung anzusehenden) Weise jene Informationen zu erfragen, die zur Beurteilung von persönlicher Eignung und Zumutbarkeit unerlässlich sind. Eine arbeitslose Person ist nur insoweit und ab jenem Zeitpunkt zu keinen Bewerbungsschritten (mehr) verpflichtet (und das AMS zum Verlangen nach solchen Schritten nicht berechtigt), in dem solche Umstände einer Beschäftigung zutage treten, welche diese als für eine arbeitslose Person unzumutbar erscheinen lassen (vgl. VwGH 17.03.2023, Ra 2022/08/0172; 17.02.2022, Ra 2020/08/0190 jeweils mwN).

Wenn die Beschäftigung nicht evident unzumutbar ist und das Arbeitsmarktservice nicht von vornherein Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit der Beschäftigung begründenden Umstand hat, kann es den Arbeitslosen zu dieser Tätigkeit zuweisen. So dem Arbeitslosen keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind, trifft ihn zunächst die Verpflichtung, sich beim potentiellen Dienstgeber vorzustellen. Es liegt an ihm, die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Vorstellungsgespräch zu erörtern (vgl. VwGH 25.06.2013, 2011/08/0052).

3.3.1. Zur Zumutbarkeit der zugewiesenen Stelle:

Dem Beschwerdeführer wurde eine Stelle als Montagehelfer bei der XXXX mit kollektivvertraglicher Entlohnung zugewiesen.

Ausgehend vom Inhalt des Stellenangebotes war die angebotene Stelle nicht evident unzumutbar und somit zuweisungstauglich. Der Beschwerdeführer war sohin verpflichtet, den im Stellenangebot geforderten ersten Schritt zu setzen, um insoweit auch die näheren Bedingungen zu erheben. Entsprechend dem Stellenangebot bestand dieser erste Schritt darin, sich zu bewerben, was der Beschwerdeführer auch tat.

In der Folge wurde ein Vorstellungsgespräch vereinbart, zu dem der Beschwerdeführer auch fuhr. Auf dem Parkplatz des Fabrikgeländes lösten die sensorischen Wahrnehmungen, konkret der Maischegeruch und der Geräuschpegel, beim Beschwerdeführer eine Panikattacke aus. Zu diesem Zeitpunkt wurde dem Beschwerdeführer die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Stelle bewusst und informierte er umgehend das AMS und den potenziellen Dienstgeber.

Der Arbeitslose ist verpflichtet, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare (und arbeitslosenversicherungspflichtige) Beschäftigung als Arbeitnehmer anzunehmen, andernfalls Arbeitswilligkeit nicht gegeben ist (vgl. Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz [24. Lfg 2024] § 9 AlVG Rz 209/1).

Eine zumutbare Beschäftigung (Beschäftigungsmöglichkeit) hat bestimmte Mindeststandards zu erfüllen. § 9 AlVG nennt sechs gleichwertige Zumutbarkeitstatbestandsmerkmale, die gegeben sein müssen, damit eine Beschäftigung iSd § 9 AlVG als zumutbar gilt. Sie muss für den konkreten Arbeitslosen sowohl in gesundheitlicher, sittlicher, beruflicher, familiärer und entgeltmäßiger Hinsicht tauglich, sowie innerhalb einer zumutbaren Wegzeit erreichbar sein. Ist nur ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt, ist die erforderliche Zumutbarkeit nicht gegeben und bleibt der Nichtantritt der Beschäftigung (bzw die Nichtteilnahme an der Maßnahme) ohne Sanktion (vgl. Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz [24. Lfg 2024] § 9 AlVG Rz 212).

Die gesundheitliche Eignung der Tätigkeit ist gegeben, wenn einerseits objektiv keine Gesundheitsgefährdung vorliegt und andererseits die Anforderungen dem individuellen Leistungsvermögen des Arbeitslosen entsprechen (subjektive Komponente des Gesundheitsschutzes). Das AMS hat daher die körperlichen Anforderungen einer Arbeitsmöglichkeit und die individuellen Fähigkeiten des Arbeitslosen zu erheben und beides miteinander zu vergleichen (vgl. VwGH 09.03.2001, 2000/02/0116). Grundsätzlich ist bei der Frage nach der Zumutbarkeit einer Beschäftigung auch die psychische Belastung durch eine Beschäftigung unter dem Kriterium des Gesundheitsschutzes zu berücksichtigen und dem erstellten Leistungsprofil gegenüberzustellen (vgl. Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz [21. Lfg 2023] zu § 9 AlVG Rz 224).

Eine zur Unzumutbarkeit einer Beschäftigung führende Gefährdung der Gesundheit oder Sittlichkeit liegt aber nur dann vor, wenn die Gefährdung durch die jeweilige Beschäftigung selbst erfolgt. Allgemeine Gefahren, die sich mit Antritt der Beschäftigung realisieren könnten, sind nicht relevant (vgl. VwGH 30.04.2002, 2002/08/0004).

Wie bereits festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, ist auf dem gesamten Fabriksgelände und auch an der konkreten Arbeitsstelle ein intensiver Maischegeruch wahrnehmbar. Im Rahmen der Tätigkeit wäre der Beschwerdeführer diesem Geruch täglich ausgesetzt. Ein derartiger Maischegeruch ist grundsätzlich geeignet, die Gesundheit eines abstinenten Alkoholikers zu gefährden. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer durch den Geruch und die Geräuschkulisse bereits eine Panikattacke hatte.

Aufgrund der im Akt einliegenden umfassenden medizinischen Befunde in Zusammenschau mit der glaubhaften Eigendarstellung des Beschwerdeführers ergab sich, dass das in Rede stehende Arbeitsumfeld – geprägt durch einen intensiven Maischegeruch und einen erhöhten Lärmpegel – für den Beschwerdeführer mit einem erheblichen psychischen Belastungspotential verbunden gewesen wäre. Der intensive Maischegeruch und der ausgeprägte Lärmpegel stellen für den seit Ende 2021 abstinenten alkoholkranken Beschwerdeführer suchtspezifische Trigger dar, welche geeignet sind, Suchtdruck hervorzurufen und somit das Risiko eines Rückfalls zu erhöhen. Im konkreten Fall führte die Situation am 27.06.2023 bereits zu einer akuten Panikreaktion des Beschwerdeführers, die ihn an der Wahrnehmung des Vorstellungsgesprächs hinderte. Angesichts des ausreichend dokumentierten Krankheitsbildes und der stimmigen Schilderungen ist davon auszugehen, dass die Umgebung auch künftig beim Beschwerdeführer psychische Krisen bis hin zu Panikattacken auslösen und seine Abstinenz gefährden würde.

Die zugewiesene Stelle würde beim Beschwerdeführer sohin zu einer massiven Gefährdung seiner Gesundheit (Rückfall und erneute Panikattacken) führen.

In einer Gesamtschau kommt der erkennende Senat daher zum Schluss, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer zugewiesenen Stelle aus gesundheitlichen Gründen um keine zumutbare Beschäftigung im Sinne von § 9 AlVG handelte und auch keine Vereitelung im Sinne des § 10 AlVG vorlag.

3.3.2. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung:

Wie bereits festgestellt, geht der erkennende Senat davon aus, dass der Beschwerdeführer das Vorstellungsgespräch aufgrund einer Panikattacke nicht wahrnehmen konnte. Er informierte auch umgehend das AMS und den potenziellen Dienstgeber darüber.

Aus einer Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Beschwerdeführers und seiner Angaben ergab sich, dass er nicht mit – zumindest bedingtem – Vorsatz die zugewiesene Beschäftigung vereitelt hat, sondern sein Nichterscheinen entschuldigt war.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten den Tatbestand der Vereitelung gemäß § 38 iVm § 10 Abs 1 Z 1 AlVG nicht verwirklicht hat und der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe nicht gerechtfertigt ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.