Spruch
L523 2277355-1/14E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Dr.in Tanja DANNINGER-SIMADER über die Beschwerde der XXXX und des XXXX sowie der von ihnen gesetzlich vertretenen minderjährigen Tochter XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 28.07.2023, GZ: XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
„Der Besuch einer im Ausland gelegenen Schule wird untersagt.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Für das Schuljahr 2021/22 wurde für die minderjährige Beschwerdeführerin seitens der erziehungsberechtigten Beschwerdeführer die Teilnahme am häuslichen Unterricht angezeigt. Die Bildungsdirektion für Oberösterreich (belangte Behörde) erhob dagegen keinen Einwand.
2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.07.2022 wurde dem Kind für das Schuljahr 2022/23 die weitere Teilnahme am häuslichen Unterricht untersagt und die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht angeordnet, da das Kind die verpflichtenden Externistenprüfungen nicht abgelegt hat. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 08.09.2022 als unbegründet abgewiesen.
3. Mit E-Mail vom 13.07.2023 teilten die Beschwerdeführer der belangten Behörde mit, dass beabsichtigt sei, dass ihre Tochter im Schuljahr 2023/24 die „ XXXX “ in Deutschland besuchen werde.
4. Mittels dem gegenständlich bekämpften Bescheid vom 28.07.2023, GZ: XXXX , untersagte die belangte Behörde dem Kind den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule und ordnete an, dass die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen ist. In Spruchpunkt 2 wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Schulbesuch im Sinne des § 5 Schulpflichtgesetz (SchPflG) bereits mit Bescheid vom 20.07.2022 angeordnet worden sei, weil das Kind zu den verpflichtenden Externistenprüfungen nicht angetreten sei. Da entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Anordnung des Schulbesuches für die restliche Dauer der noch nicht absolvierten Schulpflicht gelte, komme der Besuch einer im Ausland gelegenen Schule nicht mehr in Betracht und sei dieser daher zu untersagen.
5. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachten insbesondere vor, dass es sich bei der angeführten Schule um eine Schule mit dauerhaftem Öffentlichkeitsrecht handle und diese schon 30 Jahre in Deutschland bestehe. Die Schule biete einen mindestens gleichwertigen Unterricht und wäre kein erziehungs- und bildungsmäßiger Nachteil für das Kind anzunehmen. Zudem sei durch die geographische Lage diese Schule näher bei den Beschwerdeführern gelegen, als gleichwertige Schulen in Österreich.
6. Am 31. August 2023 wurde die Beschwerde samt bezughabendem Akt der erkennenden Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) zur Entscheidung zugewiesen. Mit Erkenntnis des BVwG vom 21.09.2023, L523 2277355-1/2E, wurde der Beschwerde stattgegeben und dem Kind die Bewilligung erteilt, die Schulpflicht im Schuljahr 2023/24 durch den Besuch der angezeigten Schule in Deutschland zu erfüllen. Dies insbesondere deshalb, da der Unterricht an der gegenständlichen Schule jenem an einer der im § 5 SchPflG genannten Schule mindestens gleichwertig sei und keine Hinweise hervorgekommen wären, welche einen erziehungs-und bildungsmäßigen Nachteil für das Kind annehmen ließen. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG mit der Begründung zugelassen, dass eine Rechtsprechung zur Rechtsfrage fehlt, ob eine gemäß § 11 SchPflG getroffene Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG einer Bewilligung des Schulbesuches einer im Ausland gelegenen Schule gemäß § 13 SchPflG entgegensteht.
7. Die belangte Behörde brachte gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts eine ordentliche Revision ein und das Verfahren wurde dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Entscheidung vorgelegt.
8. Mit Erkenntnis des VwGH vom 12.05.2025, Ro 2023/10/0030-7 wurde das Erkenntnis des BVwG vom 21.09.2023 unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VwGH vom 3.10.2024, Ro 2023/10/0032, aufgehoben.
9. Am 28.05.2025 wurden die Verfahrensakte dem Bundesverwaltungsgericht rückübermittelt, wo sie der erkennenden Richterin erneut zur Entscheidung zugewiesen wurden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die minderjährige Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren und die Tochter der erziehungsberechtigten Beschwerdeführer.
Im Schuljahr 2021/22 nahm das Kind am häuslichen Unterricht teil, trat zu den verpflichtenden Externistenprüfungen aber nicht an. Demzufolge wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20.07.2022, XXXX , die weitere Teilnahme am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2022/23 untersagt, sowie ohne Einschränkung auf ein bestimmtes Schuljahr oder eine bestimmte Schulstufe angeordnet, dass das Kind die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen hat. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 08.09.2022, GZ: W128 2258730-1/2E, als unbegründet abgewiesen.
Die minderjährige Beschwerdeführerin nahm im Schuljahr 2022/23 nicht am Unterricht in einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht teil.
Für das Schuljahr 2023/24 suchten die erziehungsberechtigten Beschwerdeführer um die Bewilligung eines Schulbesuches ihrer Tochter in der im Ausland gelegenen „ XXXX “ in Deutschland an.
Die belangte Behörde untersagte im gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 28.07.2023, GZ: XXXX , in Spruchpunkt 1. dem Kind den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule und ordnete weiters an, dass die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen ist.
Mit Erkenntnis des VwGH vom 12.05.2025, Ro 2023/10/0030-7, wurde die Entscheidung des BVwG vom 21.09.2023, L523 2277355-1/2E – mit dem die Bewilligung zum Besuch der angezeigten Schule erteilt wurde – unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VwGH vom 3.10.2024, Ro 2023/10/0032, aufgehoben.
In Bindung an diese Rechtsprechung des VwGH hat das BVwG nunmehr in der wieder offenen Beschwerdesache zu entscheiden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und insbesondere dem Bescheid vom 20.07.2022, XXXX , dem Bescheid vom 28.07.2023, GZ: XXXX , der Beschwerde sowie dem verfahrensgegenständlichen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.05.2025, Ro 2023/10/0030-7.
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb zweifelsfrei erwiesen.
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt und die für die Entscheidung wesentlichen Umstände im Tatsachenbereich sind somit ausreichend geklärt, sodass die erkennende Richterin nunmehr eine rechtliche Beurteilung vornehmen kann.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
1. Zur Zuständigkeit:
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch die Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwGG). Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die Schulbehörden im erstinstanzlichen Verfahren angewendet haben oder anzuwenden gehabt hätten (§ 17 VwGVG).
Die verfahrensgegenständliche Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig (§§ 7, 9 VwGVG).
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
2. Zur Rechtslage:
Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht eine allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe des Abschnittes I des Schulpflichtgesetzes 1985 (SchPflG). Diese allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September und dauert neun Schuljahre (§§1 bis 3 SchPflG).
Abschnitt B SchPflG normiert die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen (§§ 4 bis 9 SchPflG).
Gemäß § 4 SchPflG sind unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.
Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemeinbildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen zu erfüllen.
Abschnitt C SchPflG normiert die allgemeine Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht und hierbei in § 11 den Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und den häuslichen Unterricht und in § 13 den Besuch von im Ausland gelegenen Schulen.
3. Zum gegenständlichen Verfahren:
Im vorliegenden Verfahren ist aufgrund des Ansuchens betreffend eines Besuches einer im Ausland gelegenen Schule zu prüfen, ob die Untersagung dieses Besuches der Auslandsschule und die Anordnung der Absolvierung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzl. Schulartbezeichnung im gegenständlich angefochtenen Bescheid zu Recht erfolgte.
Unter Heranziehung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses des VwGH vom 12.05.2025, Ro 2023/10/0030-7, welches explizit auf das Erkenntnis des VwGH vom 3.10.2024, Ro 2023/10/0032-7 verweist, hat im Falle einer rechtskräftigen Anordnung, dass die Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht zu erfüllen ist, keine nochmalige Beurteilung dahingehend stattzufinden, ob die Schulpflicht durch Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht im Sinne des Abschnitts C des SchPflG – fallbezogen durch den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule gemäß § 13 Abs. 1 SchPflG – erfüllt werden kann.
Der VwGH führt hierzu aus, dass diese Frage bereits rechtskräftig dahin entschieden wurde, dass die Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG (und somit durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen im Sinne des Abschnitts B des SchPflG – also durch den Besuch von bestimmten in Österreich gelegenen Schulen) zu erfüllen ist.
Entsprechend dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung, welche das erkennende Gericht in seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigten hat, steht eine rechtskräftig geltende Anordnung der Schulpflicht nach § 5 SchPflG einer Bewilligung der Erfüllung der Schulpflicht iSd. § 13 SchPflG entgegen.
Die belangte Behörde hat daher infolge der Rechtskraft der bescheidmäßigen Anordnung vom 20.07.2022, XXXX , „ XXXX hat die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschule oder einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsreicht zu erfüllen“ – ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25.06.2024, G 3494/2003 ua) – den Besuch einer im Ausland gelegenen Schule zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.07.2023, GZ: XXXX untersagt.
Da im gegenständlich angefochtenen Bescheid allerdings auch die Anordnung der Schulpflicht wiederholt und zudem dahingehend modifiziert wurde, dass die ursprünglich mit rechtskräftigem Bescheid angeordnete „Möglichkeit des Besuchs einer privaten Pflichtschule mit Öffentlichkeitsrecht“ durch den Besuch „einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung“ ersetzt wurde, hat Spruchpunkt 1 Satz 2 des gegenständlich bekämpften Bescheides zu entfallen.
Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung (nicht einmal eine gleichlautende) in dieser Sache ergehen. Diese Entscheidung wäre inhaltlich rechtswidrig (VwGH 22.03.2023, Ra2022/06/0321 mwN). Damit erweist sich die über die bereits rechtskräftig erfolgte Anordnung hinausgehende gegenständliche Anordnung im angefochtenen Bescheid als rechtswidrig und war der Spruch dementsprechend unter Entfall des Satz 2 zu berichtigen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall ergibt sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt basiert zur Gänze aus den den Parteien bekannten vorliegenden Aktenteilen und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu VwGH 19.09.2018, Ra2018/11/0145).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es im Hinblick auf die Judikate des VwGH vom 12.05.2025, Ro 2023/10/0030-7 und vom 3.10.2024, Ro 2023/10/0032 an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die gegenständlich anzuwendenden gesetzlichen Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig.