JudikaturBVwG

L516 2237933-2 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Spruch

L516 2237933-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , Staatenlos/Gaza, vertreten durch MigrantInnenverein St Marx, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2024, 1251627809-232567257, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer ist staatenlos und stammt aus dem Gazastreifen. Er stellte am 15.12.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem ein erster Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 mit dem am Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.10.2022, Zahl L502 2237933-1/10E, abgewiesen worden war.

Das BFA wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 15.12.2023 mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 26.11.2024 (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ab. Das BFA erkannte dem Beschwerdeführer unter einem (II.) gem § 8 Abs 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte (III.) eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr gemäß § 8 Abs 4 AsylG.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Folge am 11.02.2025 eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsvertretung teilnahm; die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme und erschien nicht.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; AS=Aktenseite des Verwaltungsaktes des BFA; NS=Niederschrift; VS=Verhandlungsschrift; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich]

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ein staatenloser Palästinenser, gehört der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an und stammt Gaza.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten und eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs 4 AsylG. (siehe die rechtskräftigen Spruchpunkte II und III des angefochtenen Bescheides; IZR)

Der Beschwerdeführer ist nicht bei der UNRWA registriert.

1.2 Vorverfahren (Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019)

Der Beschwerdeführer hatte bereits am 07.11.2019 in Österreich einen ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der im Rechtsmittelverfahren vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 24.10.2022, L502 2237933-1/10E, zur Gänze und verbunden mit einer Rückkehrentscheidung samt Nebenabsprüchen abgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer begründete seinen damaligen Antrag zusammengefasst damit, dass er von Mitgliedern der Hamas verfolgt und bedroht worden sei. Er sei von einem ehemaligen Geschäftspartner, welcher ein Angehöriger der Hamas sei und zugleich auch einen höheren Rang in der Al-Kassam-Miliz bekleide, aufgefordert worden, an einem Trainingskurs teilzunehmen um sich später der Miliz anzuschließen. Er habe sich dieser Aufforderung widersetzt und sei daraufhin von jenem Geschäftspartner und weiteren anwesenden Angehörigen der Hamas geschlagen worden. Im Zuge dieser Auseinandersetzung habe er den Geschäftspartner beschimpft und ihn mit zufällig zuvor auf dessen Mobiltelefon entdeckten dubiosen Geldüberweisungen und Nacktbildern von verheirateten Frauen konfrontiert. Daraufhin sei er weiter misshandelt und mit dem Umbringen bedroht worden, sofern er jemandem von seinen Entdeckungen erzählen sollte. Er sei später bei seiner Arbeit von zwei Männern aufgesucht, bedroht und erneut aufgefordert worden am Training teilzunehmen. Schließlich habe man ihn auch in seinem Elternhaus gesucht, er sei jedoch nicht zu Hause gewesen. Seinen Eltern sei eine polizeiliche Ladung für ihn überreicht worden. Er habe sich sodann zur Flucht entschlossen. (BVwG 24.10.2022, L502 2237933-1/10E S 39 ff)

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das damalige Vorbringen des Beschwerdeführers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung für nicht glaubhaft. (BVwG 24.10.2022, L502 2237933-1/10E S 40 ff) Das Bundesverwaltungsgericht führte zudem aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege sowie eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle. Jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der damaligen Rechtsvertretung im Elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 21 Abs 8 BVwGG am 25.10.2022 zugestellt. (BVwG 24.10.2022, L502 2237933-1/10E)

1.3 Zur Begründung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz vom 15.12.2023

Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seines gegenständlichen zweiten Antrages im Verfahren vor dem BFA vor, dass seine alten Gründe aus dem ersten Verfahren noch aufrecht seien, er von der Hamas gesucht werde und aktuell im Gazastreifen ein Krieg herrsche, im Zuge dessen das familieneigene Haus zerstört und seine Familie vertrieben worden sei. Er wisse nicht, ob seine Familie überhaupt noch am Leben sei; vor einer Woche seien 150 Leute der Familie XXXX umgebracht worden. Er wisse seit dem 27.10.2024 nicht, wo seine Eltern, seine drei Brüder und seine Schwägerin seien, er sei sogar beim Roten Kreuz gewesen und habe um Unterstützung gebeten, damit man nach diesen suche. (NS EB 15.12.2023 S 4; NS EV 05.09.2024 S 4)

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer Verfolgung aus politischen Gründen und aufgrund einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe drohe. Der Beschwerdeführer sei von der Hamas bedroht, es herrsche Krieg und er fürchte Verfolgung aufgrund seiner westlichen Lebenseinstellung und politischen Ansichten. (Beschwerde 18.12.2024)

In der mündlichen Verhandlung am 11.02.2025 führte er zu seinen Gründen dafür, weshalb er aktuell nicht in den Gazastreifen zurückkönne, zusammengefasst aus, dass er ein Problem mit der Hamas habe. Er habe Beweise dafür vorgelegt, sei von Leuten der Hamas bedroht, geschlagen und mit dem Tod bedroht worden. Deshalb sei er ausgereist. Sein erster Asylantrag sei wegen des damaligen Dolmetschers abgelehnt worden. Dieser sei 72 Jahre alt gewesen, habe nichts hören können und habe den Beschwerdeführer nicht verstanden. Er habe den Dolmetscher ablehnen wollen, doch habe man ihm gesagt, dass er erst nach 6 Monaten einen neuen Termin bekommen werde, weshalb er mit dem damaligen Dolmetscher dann einverstanden gewesen sei. Er sei im Gazastreifen geschlagen worden. Jene hätten versucht, ihn zu töten. Jene hätten gewollt, dass er mit ihnen zusammenarbeite. Er habe sich bei meiner Tante mütterlicherseits für ungefähr 3 Monate aufgehalten, bis er das Visum und den Reisepass bekommen habe, um in die Türkei reisen zu können. Er sei von einer Person namens XXXX bedroht. Dieser führe eine Gruppierung und sei für mehr als 40 Personen zuständig. Er habe keine neuen Beweise für das, was damals in seiner Heimat passiert sei. Er habe keinen Kontakt mehr zu Leuten im Gazastreifen. Jener XXXX und die Leute der Hamas hätten ihn bedroht und Mitteilungen bzw Nachrichten an seine Familie geschickt. Dies sei vor dem 07. Oktober gewesen. Jene hätten gemeint, dass sie ihn töten würden, falls er in den Gazastreifen zurückkehre. Seine Eltern seien gezwungen worden, ein Schreiben zu unterzeichnen, auf dem stehe, dass seine Eltern ihn der Hamas stellen sollen, falls er in den Gazastreifen zurückkehre. Jenes Schreiben sei von der Abteilung der Inneren Sicherheit der Hamas ausgestellt worden. Ab dem 07. Oktober habe er nur Kontakt zur Ehefrau seines Onkels väterlicherseits. Es herrsche dort Krieg. Sein Gebiet sei vollkommen zerstört worden und seine Familie sei getötet worden.

Er verurteile den Vorfall vom Oktober 2023. Er sei gegen die Anwendung von Gewalt und gegen die Politik der Hamas. Er sei dagegen, dass unschuldige Menschen getötet werden. Egal ob es Leute der Hamas oder Juden seien. Sein Herz tue weh, wenn er das sehe. Er lehne das gründlich ab. Er sei ausgereist, weil er gegen die Politik der Hamas sei. Er sei diskriminiert und mit dem Tod bedroht worden, weil er gegen die Politik der Hamas sei. (VS 11.02.2025 S 3ff)

1.4 Zur Glaubhaftigkeit des Vorbringens und einer bestehenden Rückkehrgefährdung

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Gazastreifen zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – individuell konkret einer unmittelbaren Bedrohung aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen oder aufgrund der Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt sein wird, oder ihm aus einem dieser Motive staatlicher Schutz verweigert werden würde.

1.5 Zur Lage im Gazastreifen

BAMF Briefing Notes Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration

19.05.2025

Gazastreifen: aktuelle Entwicklungen

Das Kriegsgeschehen im Gazastreifen dauert weiterhin an. Am 13.05.25 bombardierte das israelische Militär das Gelände des Europäischen Krankenhauses in Gaza, eigenen Angaben nach zufolge, um den Hamas-Anführer Mohammed Sinwar zu neutralisieren, der sich in einem darunterliegenden Kommandozentrum befunden haben soll. Das Krankenhaus wurde hierbei stark beschädigt. Medienberichten zufolge wurde ein Großteil der baulichen Strukturen in Rafah, im Süden des Gazastreifens, zerstört. Gleichzeitig baut das israelische Militär vereinzelt neue Strukturen, darunter eine Straße entlang des Morag-Korridors und weitere Militärstützpunkte.

Am 17.05.25 begann die israelische Armee wie angekündigt mit einer Mobilisierung zur Intensivierung der Militäroperation im Gazastreifen (vgl. BN v. 12.05.25). Sie hatte im Vorfeld bereits verstärkt Luftangriffe durchgeführt. Allein am 16.05.25 sollen Angaben der Hamas-geführten Gesundheitsbehörden zufolge mehr als 140 Personen getötet worden sein.

Am 18.05.25 verkündete das israelische Militär den Beginn weitreichender Bodenoperationen im Norden und Süden des Gazastreifens. Fünf Divisionen sollen die Bodenoperationen durchführen, was mehreren zehntausend Soldatinnen und Soldaten entspricht. Berichten zufolge sollen sich allerdings weniger Truppen im Gazastreifen aufhalten, als bereits zu anderen Zeitpunkten im Verlauf des Krieges.

Gleichzeitig gab die israelische Regierung an, erneut eine begrenzte Menge Lebensmittelhilfen in das Gebiet einführen zu lassen. Die Ankündigung erfolgte nach einer Blockade von elf Wochen und zunehmenden Meldungen einer bevorstehenden Hungersnot. Auch einige israelische Amtsträgerinnen und Amtsträger hatten zuletzt internationalen Zeitungen gegenüber anonym bestätigt, dass eine Hungersnot in Gaza bevorstünde, sollten nicht zeitnah Hilfen wiederaufgenommen werden. Ein Zeitplan oder die Umsetzung dieser Ankündigung wurden zunächst nicht bekannt. Mehr als 60 % der Suppenküchen sollen sich mittlerweile gezwungen gesehen haben, ihre Arbeit einzustellen. Die verbleibenden könnten lediglich 260.000 Mahlzeiten am Tag bereitstellen und damit den Bedarf nicht decken. Gleichzeitig liefen Waffenstillstandsverhandlungen zwischen den Kriegsparteien in Katar weiter.

Am 12.05.25 wurde die letzte Geisel mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit durch die Hamas freigelassen. Etwa 20 Geiseln der Hamas sollen im Gazastreifen noch am Leben sein.

12.05.2025

Gazastreifen: aktuelle Entwicklungen

Das Kriegsgeschehen im Gazastreifen dauert weiterhin an. Am 07.05.25 wurden Angaben der Hamas-geführten Behörden zufolge bei israelischen Luftangriffen bspw. mindestens 92 Personen getötet. US-Präsident Trump gab an, es seien nur noch 21 israelische Geiseln im Gazastreifen am Leben. Drei weitere Geiseln seien demnach gestorben.

Am 05.05.25 erhöhte Israel den Druck auf den Gazastreifen erneut mit der Einberufung zehntausender Reservistinnen und Reservisten und der Ankündigung einer durch das Kabinett beschlossenen Intensivierung der Militäroperation. Die angekündigte Ausweitung der Offensive solle israelischen Amtsträgern zufolge langsam beginnen, für den Fall, dass es doch noch zu einer Einigung in den Waffenstillstandsverhandlungen käme. Einem Online-Medium zufolge solle die Operation beginnen, sobald Trump von seiner bis mindestens 15.05.25 geplanten Reise in die Golfstaaten in der kommenden Woche zurückkehrt und bis dahin kein Waffenstillstand geschlossen werden konnte.

Eine israelische Tageszeitung zitierte am 06.05.2025 ein hochrangiges Hamas-Mitglied, das angab, Hamas sei nicht länger an Waffenstillstandsverhandlungen interessiert, da zunächst Israels „Hungerkrieg“ beendet werden müsse. Dennoch verkündete die Gruppierung am 11.05.2025, dass im Zuge der Waffenstillstandsverhandlungen die letzte lebende US-amerikanische Geisel zeitnah freigelassen werden solle.

Der neue Plan zur Ausweitung der Militäroperation im Gazastreifen sieht Medienberichten zufolge die Zerstörung der baulichen Strukturen im Großteil des Gazastreifens sowie die Besetzung des Gebiets und einen Verbleib des israelischen Militärs auf unbestimmte Zeit im Gazastreifen vor. Zunächst solle Angaben eines Militärsprechers zufolge die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens von 2 Mio. Menschen umgesiedelt werden, um sie in ein vor der Hamas geschütztes Gebiet zu bringen. Einem Regierungssprecher zufolge solle der Süden des Gazastreifens das Ziel der Umsiedelung sein. Alternativ plant die israelische Regierung, den Bewohnerinnen und Bewohnern des Gazastreifens Umsiedlungsmöglichkeiten in Drittländer anzubieten, die als freiwillig gelten sollen. Aufgrund des enormen Drucks und der katastrophalen Situation im Gazastreifen steht diese Einordnung jedoch unter deutlicher Kritik. Außerdem ist bislang nicht klar, ob sich Länder zur Aufnahme von palästinensischen Personen bereit erklären würden.

Die humanitäre Lage spitzt sich unterdessen weiter zu. Palästinenserinnen und Palästinenser begannen aufgrund abnehmender Lebensmittelhilfen damit, Lagerhäuser von Hilfsorganisationen nach Lebensmittelresten zu durchsuchen. Es kam zu einem deutlichen Anstieg an Plünderungen durch bewaffnete Gruppen. Medizinische Ausrüstung und Medikamente sind weiterhin nicht in vollem Umfang verfügbar. Eine der größten humanitären Hilfsorganisationen, World Central Kitchen, schloss seine Suppenküchen, die bis dato 133.000 Mahlzeiten am Tag bereitstellten, am 08.05.2025, da nicht mehr ausreichend Lebensmittel vorhanden seien. Mindestens ein Drittel der UN-betriebenen Suppenküchen musste bis zu diesem Tag ebenfalls bereits schließen. Einem UNICEF-Sprecher zufolge sind 65-70 % des Wassersystems im Gazastreifen beschädigt. Dies führt zu Knappheit bei der Wasserversorgung der Bevölkerung.

In einem neuen Vorstoß schlug die neu gegründete Gaza Humanitarian Foundation, bestehend primär aus Sicherheitsunternehmern, ehemaligen Militärangehörigen und humanitären Helfern vor, die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen zu übernehmen. Ihr Vorgehen wäre ähnlich wie jenes, das Israel zuletzt vorgeschlagen hatte. Der israelische Vorschlag sah sich der Kritik ausgesetzt, humanitäre Hilfe als Waffe nutzen zu wollen, da Israel als eine der Konfliktparteien die Kontrolle über die Verteilung hätte. Kritisiert wird jedoch der Plan, vier Zentren für die Verteilung von Hilfen einzurichten. Dies würde die Bevölkerung zwingen, sich in die Nähe der Zentren umzusiedeln. Darüber hinaus würden vier Verteilungszentren nicht genügen, um ausreichend Hilfen zu verteilen.

Medienberichten zufolge richtete die Hamas sechs palästinensische Personen im Gazastreifen hin und fügte 13 weiteren Schusswunden an den Beinen zu, da ihnen Plünderungen vorgeworfen worden waren. Im Zuge eines größer angelegten Vorgehens wurden weitere Hinrichtungen durch die Gruppierung angekündigt. In den vergangenen Wochen hatten Plünderungen durch Banden stark zugenommen. Die Hamas wirft einigen der Banden vor, mit Israel zusammenzuarbeiten.

28.04.2025

Gazastreifen: humanitäre Lage nach 60-tägiger Blockade

Das Kampfgeschehen und Bombardierungen im Gazastreifen dauern weiterhin an. Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums vom 27.04.25 zufolge sollen seit Oktober 2023 insgesamt 52.243 Personen im Gazastreifen getötet worden sein. Israel gibt an, etwa 20.000 Kämpfer getötet zu haben. Keine der Zahlen lässt sich unabhängig überprüfen.

Seit 60 Tagen wird die Einfuhr humanitärer und kommerzieller Güter, darunter Treibstoff, Lebensmittel, Medikamente und medizinische Ausrüstung, in den Gazastreifen durch israelische Behörden blockiert. Die UN geht davon aus, dass der Gazastreifen vor der schlimmsten humanitären Krise in den 18 Monaten seit Beginn des Krieges im Oktober 2023 steht. Ärztinnen und Ärzte warnen vor einer deutlichen Zunahme der Mangelernährung unter Kindern. Lebensmittelpreise sind nach Zahlen des WFP um 700 % im Vergleich zu Vorkriegszeiten gestiegen und für viele kaum noch erschwinglich. Tomaten kosteten einem Bericht nach bspw. etwa 50 NIS das Kilo (etwa 12,14 EUR) in Khan Younis. Aufgrund weitreichender Zerstörung landwirtschaftlicher Infrastruktur und Flächen, sowie fehlender Ausrüstung und Wasser, sind die Möglichkeiten des Gemüseanbaus innerhalb des Gazastreifens deutlich eingeschränkt. Das WFP, eine der größten Hilfsorganisationen im Gazastreifen, gab am 25.04.2025 an, dass die Lebensmittelvorräte von Wohltätigkeitsküchen aufgebraucht seien. Die Küchen, von denen etwa 80 % der Bevölkerung des Gazastreifens ihre Lebensmittel beziehen, würden dementsprechend in den kommenden Tagen schließen müssen. Aufgrund der weitreichenden Zerstörungen und fehlender Ausrüstung ist auch der medizinische Sektor weiterhin überlastet. Laut Hamas-geführtem Gesundheitsministerium seien aufgrund der verringerten Behandlungsmöglichkeiten bisher mehr als 400 Dialyse-Patientinnen und -Patienten gestorben.

Die Hamas gibt weiterhin an, die verbliebenen 59 Geiseln, von denen noch mutmaßlich 24 am Leben sein sollen, nur unter den im Januar 2025 im Rahmen des Waffenstillstands festgehaltenen Bedingungen übergeben zu wollen. Dieser sah eine Freilassung zusätzlicher palästinensischer Gefangener, einen dauerhaften Waffenstillstand und den vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen vor. Führende Persönlichkeiten der israelischen Regierung, darunter Verteidigungsminister Katz, drohten zuletzt mit einer weiteren Intensivierung der Angriffe, sollte es keine Fortschritte bei der Freilassung der Geiseln geben. Außerdem könnten Teile des Gazastreifens dauerhaft besetzt werden.

14.04.2025

Gazastreifen: aktuelle Entwicklungen

Das Kampfgeschehen und israelische Bombardierungen im Gazastreifen dauern weiterhin an. Das israelische Militär erließ am 11.04.25 weitere Evakuierungsanordnungen für Nachbarschaften in Gaza-Stadt. Mittlerweile soll die Hälfte des gesamten Territoriums des Gazastreifens von derartigen Anordnungen betroffen sein.

Gemeinsam mit Gebieten, die entlang der Grenze des Gazastreifens als Pufferzone ausgewiesen sind und durch das Militär in den vergangenen Wochen deutlich erweitert wurden, sollen etwa zwei Drittel der Gebiete des Gazastreifens zu sog. „No-Go“-Zonen zählen oder unter Evakuierungsanordnungen stehen. Humanitäre Hilfen und Transporte in diesen Gebieten müssen mit dem israelischen Militär koordiniert werden und werden Presseberichten zufolge nur selten genehmigt und erfolgreich durchgeführt. Die Stadt Rafah, im Süden des Gazastreifens, wurde Berichten vom 12.04.25 zufolge durch das Militär umzingelt und durch die Einrichtung des militärischen Morag-Korridors von Khan Younis und dem restlichen Gazastreifen getrennt. Der israelische Verteidigungsminister gab kurz darauf bekannt, dass Rafah nun Teil einer israelischen Sicherheitszone sei und die Bevölkerung die davon betroffenen Gebiete verlassen müsse. Auch in Gaza-Stadt im Norden soll eine derartige Sicherheitszone entstehen.

Am 12.04.25 wurden drei Raketen aus Khan Younis auf Israel abgefeuert, am 13.04.25 eine weitere aus Nuseirat. Die Geschosse konnten durch die Raketenabwehr abgefangen werden. Ein israelischer Militärsprecher warnte kurz darauf die Bevölkerung davor, in den Ortschaften zu bleiben und rief sie erneut zur Evakuierung auf, da Standorte, von denen aus auf Israel geschossen werde, vehement angegriffen würden.

Bei einem Angriff auf das al-Ahli-Krankenhaus, einer laut Berichten wichtigsten der verbliebenen Kliniken im Norden des Gazastreifens, wurden am 13.04.25 WHO-Berichten zufolge große Teile der Einrichtung zerstört. Angaben israelischer Behörden zufolge habe der Angriff einer Kommandozentrale der Hamas gegolten, die sich in dem Krankenhaus aufgehalten habe. Demnach soll der israelische Angriff kaum Schäden an betriebsrelevanten Bereichen der Klinik hinterlassen haben. Um zivile Opfer zu vermeiden, seien zuvor Warnungen ergangen. Obgleich nicht alle Patientinnen und Patienten evakuiert werden konnten, waren keine zivilen Opfer durch die Bombardierungen zu verzeichnen. Ein Kind starb jedoch an einer Kopfverletzung, die aufgrund der Evakuierungen nicht mehr behandelt werden konnte.

Das Gesundheitssystem soll Berichten zufolge in Anbetracht der weiter steigenden Zahlen von Verwundeten und schwindender medizinischer Ausstattung überlastet sein. Zahlreiche Medikamente, darunter auch zur Krebsbehandlung, seien nicht verfügbar. Einige Tage vor dem Angriff auf das al-Ahli-Krankenhaus soll der dortige CT-Scanner, der einzige im Norden des Gazastreifens, mutmaßlich aufgrund von Überbelastung zu Bruch gegangen sein.

07.04.2025

Gazastreifen: Tötung von Rettungskräften; Gebietskontrolle; Schließung von Bäckereien

Im Zusammenhang mit Berichten über die Tötung von 15 palästinensischen Rettungskräften verkündete das israelische Militär, dass vorherige Aussagen zu den Ereignissen, die zu den Tötungen führten, in Teilen falsch gewesen sein.

Die 15 Sanitäterinnen und Sanitäter waren am 23.03.25 in einem Konvoi mit mehreren Rettungswägen unterwegs, als sie durch Schüsse getötet wurden. Zunächst gab das israelische Militär Aussagen der involvierten Militärangehörigen wieder, wonach sich die Fahrzeuge verdächtig verhalten und ohne Licht oder Sirenen dem israelischen Militär genähert hätten, woraufhin das Feuer eröffnet worden sei. Ein Video, das auf dem Mobiltelefon eines Sanitäters gefunden und dessen Echtheit von einer internationalen Tageszeitung bestätigt wurde, zeigt allerdings, dass der Rettungskonvoi deutlich als solcher erkennbar gewesen sei, bevor er unter Beschuss geriet.

Insgesamt kontrolliert die israelische Armee derzeit mehr als 50 % des Gebiets im Gazastreifen. Ein Fokus liegt Berichten zufolge auf den Grenzgebieten, in dem die militärische Pufferzone in den vergangenen Wochen auf etwa 1 km verdoppelt sowie Wohngebäude und zivile Infrastruktur zerstört wurden. Der Netzarim-Korridor stehe Medienberichten zufolge ebenfalls unter Kontrolle des israelischen Militärs und trennt den Gazastreifen in einen nördlichen und südlichen Teil.

Ein Professor für Umweltstudien an der Ben-Gurion-Universität gibt an, dass die 3 km breite Pufferzone entlang der Grenze zu Israel zusammen mit dem Netzarim-Korridor insgesamt mehr als 50 % des gesamten Gebietes im Gazastreifen ausmachen würde. Darüber hinaus stehen weitere Gebiete, insbesondere die südliche Stadt Rafah und Gebiete in Deir al-Balah, unter Evakuierungsanordnungen, die oft vor größeren Bombardierungen von Zielen in diesen Gebieten ausgegeben werden. Um weiteren Druck auf die Hamas auszuüben, kündigte Israelis Premierminister Netanyahu die Einrichtung eines weiteren Sicherheitskorridors im Süden des Gazastreifens an, der die Stadt Rafah und angrenzende Gebiete abtrennen wird.

Aufgrund der bereits seit über einen Monat andauernden Blockade humanitärer Hilfslieferungen in den Gazastreifen sahen sich die durch das WFP unterstützten Bäckereien Medienberichten zufolge zur Schließung gezwungen. Die israelische Behörde COGAT gab an, dass während des Waffenstillstands beinahe 450.000 Tonnen Hilfslieferungen in den Gazastreifen eingefahren worden sein und dass Teile der UN-Hilfen an die Hamas umgeleitet würden. Israelischen Angaben zufolge sollte die Menge an humanitärer Hilfe ausreichen um die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens für eine Weile zu ernähren. Die UN widerspricht dieser Darstellung und berichtet von einem kritischen Mangel an Lebensmitteln

31.03.2025

Proteste gegen Hamas in Gaza

Als seltenes Zeichen des Widerstands innerhalb des Gazastreifens protestierten vom 25.03. bis 27.03.25 hunderte Palästinenserinnen und Palästinenser gegen eine Fortsetzung des Krieges. Auch Parolen gegen die Hamas sollen von einigen Teilnehmenden skandiert worden sein.

Die Demonstrationen fanden in verschiedenen Ortschaften, darunter Gaza Stadt, Nuseirat und Deir al-Balah statt. Ein blutiges Niederschlagen der Proteste, wie Hamas sie in der Vergangenheit vornahm, blieb nach gegenwärtigem Stand aus. Dies ist mutmaßlich auf einen Rückgang der gesellschaftlichen Unterstützung für Hamas im Gazastreifen sowie der eigenen reduzierten Mobilisierungsmöglichkeiten aufgrund der Gefahr israelischer Luftschläge zurückzuführen. Berichten zufolge sei die Berichterstattung über die Proteste durch die Polizeikräfte der Hamas mindestens teilweise behindert worden. Die Familie eines Demonstrationsteilnehmers gab außerdem an, er sei aufgrund seiner Teilnahme durch die Hamas entführt und zu Tode gefoltert worden. Zuvor seien Drohungen der Hamas gegen die Demonstrierenden ergangen.

Hamas und ihnen nahestehende Medien versuchten, die Proteste als israelfeindlich darzustellen. Eine der größten arabischen (überregionalen) Tageszeitungen zitierte in einem Artikel vom 28.03.25 Quellen innerhalb der Hamas, 6 die berichtet hätten, dass mehrere Personen, die durch Hamas der Spionage für Israel bezichtigt wurden, durch die Gruppierung hingerichtet worden seien. Die genaue Zahl blieb jedoch unbekannt.

Gazastreifen: Kampfhandlungen fortgesetzt

Seit dem 18.03.25 werden erneut gegenseitige Angriffe zwischen dem israelischen Militär und Hamas sowie damit einhergehende zivile Opfer im Gazastreifen dokumentiert. Die israelische Armee erließ verschiedenen Berichten zufolge Evakuierungsanordnungen für verschiedene Teile des Gazastreifens, die am 23.03.25 zusammen genommen etwa 15 % des gesamten Gebiets umfassten. Zahlreiche Palästinenserinnen und Palästinenser, die gerade erst dorthin zurückgekehrt waren, sahen sich erneut zur Flucht innerhalb des Küstenstreifens gezwungen.

Medienberichten zufolge unterbinden die israelischen Behörden seit dem 02.03.25 die Einfuhr von humanitären Hilfsgütern in den Gazastreifen. Die Versorgung mit essentiellen medizinischen Gütern, wie Betäubungsmitteln, und Lebensmitteln droht daher erschöpft zu werden. Die UN gaben bereits am 30.01.25 an, dass Bäckereien im Gazastreifen innerhalb einer Woche ihre Arbeit würden einstellen müssen. Die Marktpreise für Lebensmittel schossen in die Höhe. 2 kg Zwiebeln würden demnach bis zu 14 USD kosten, 1 kg Tomaten etwa 6 USD.

Nachdem am 19.03.25 eine internationale UN-Mitarbeiterin bei der Bombardierung eines UN-Gebäudes getötet und sechs weitere Mitarbeitende verwundet worden waren, gaben die UN an, ihre Präsenz in dem Gebiet um etwa ein Drittel ihres internationalen Personals verringern zu wollen. Lokale Angestellte würden jedoch regulär weiterarbeiten.

Am 24.03.25 gab das palästinensische Gesundheitsministerium zudem erneut eine Liste mit den identifizierbaren Namen von Todesopfern in Folge des Krieges heraus, die 50.251 Namen umfasst. Davon sind etwa 30 % minderjährig und rd. 45 % Männer im wehrfähigen Alter. Erwachsene Frauen machen etwa 16 % der Opfer aus, eine ähnlich große Zahl sind Senioren beiderlei Geschlechts.

24.03.2025

Situation in Gaza

Seit dem 18.03.25 wurden die Kampfhandlungen in Gaza von Seiten der israelischen Streitkräfte wiederaufgenommen. Hamas und Israel werfen sich dabei gegenseitig die Verletzung des Waffenstillstandsabkommens vor, nach dem u.a. einerseits indirekte Verhandlungen über ein Ende des Krieges beginnen sowie die Hälfte der verbliebenen Geiseln zu Beginn der zweiten Phase des Waffenstillstandes hätten freigelassen werden sollen. Die Schläge des israelischen Militärs zielen derzeit sichtbar auf die Fähigkeiten der Hamas, den Gazastreifen zu verwalten. Mehrere hochrangige Mitglieder der Verwaltung der Hamas sollen dabei ums Leben gekommen sein, darunter auch das Oberhaupt der Verwaltung Gazas, Issam ad-Da‘alis. Im Gegenzug kam es am 20.03.25 erneut zu ungezielten Raketenangriffen der Hamas auf Israel, die dem israelischen Militär zufolge aber abgefangen wurden. Nach Aussagen des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza hat die Zahl der seit dem 07.10.23 getöteten Einwohnerinnen und Einwohner Gazas nun die Schwelle von 50.000 überschritten. Das Gesundheitsministerium unterscheidet nicht zwischen zivilen und militärischen Toten.

17.03.2025

Israelische Elektrizitätsversorgung für Gaza eingestellt

In einer Stellungnahme am 09.03.25 erklärte der israelische Energieminister, mit sofortiger Wirkung die Stromversorgung für den Gazastreifen eingestellt zu haben. Er begründete den Schritt damit, Druck auf die Hamas ausüben zu wollen, damit diese die verbleibenden Geiseln freiließe und den Küstenstreifen nach einem Ende des Krieges nicht länger regieren können würde.

Die tatsächlichen Auswirkungen sollen Medienberichten zufolge begrenzt sein, da die Stromversorgung für die meisten Menschen in dem Gebiet ohnehin stark begrenzt war. So soll bis zum Ausbruch des Krieges einer Studie von 2023 zufolge mehr als die Hälfte der Stromversorgung im Gazastreifen durch verschiedene, meist private Quellen wie Dieselgeneratoren oder Solaranlagen sichergestellt worden sein. Aufgrund des Stopps der Einfuhren humanitärer Lieferungen ist jedoch die Verfügbarkeit von Treibstoff für die Generatoren ebenfalls gefährdet. Der Schritt des israelischen Energieministeriums brachte die Arbeit einer Kläranlage und einer Entsalzungsanlage zur Gewinnung von Trinkwasser zum Erliegen, die bisher mit israelischem Strom betrieben wurden. Ein Sprecher des Politbüros der Hamas bezeichnete die israelische Maßnahme als „Zeitverschwendung“ vor dem Hintergrund laufender Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges.

Noch 59 israelische Geiseln in Gefangenschaft

Von den insgesamt 251 Personen, die am 07.10.23 von Israel nach Gaza entführt wurden, sind Medienberichten zufolge inzwischen etwas mehr als 130 im Rahmen von Abkommen, die auch die Freilassung von palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen beinhalteten, lebendig zurückgekehrt.

Die israelische Regierung geht davon aus, dass derzeit noch 59 Personen in Gaza gefangen gehalten werden. Nur noch 24 von ihnen sollen demnach am Leben sein.

Israelischen Angaben zufolge sollen sieben Personen von ihren Geiselnehmern hingerichtet worden sein, als sich israelische Militärangehörige ihnen näherten. Vier weitere Geiseln sollen demnach in Folge von israelischen Luftschlägen ihr Leben verloren haben. Drei Geiseln sollen irrtümlicherweise durch israelischen Beschuss getötet worden sein, weil sie für bewaffnete Palästinenser gehalten worden sind. In einem Fall soll eine Person in einem Kreuzfeuer ums Leben gekommen sein. In 26 weiteren Fällen sind die Todesumstände bislang ungeklärt.

Auch etwa 40 Leichname, einige darunter von Personen, die am 07.10.23 getötet und anschließend leblos nach Gaza verschleppt wurden, soll das israelische Militär inzwischen zurückgeholt haben. Acht Leichname wurden im Februar 2025 durch die Hamas übergeben.

Im Rahmen mit der Hamas geschlossenen Abkommen zur Freilassung israelischer Geiseln sollen Medienberichten zufolge inzwischen mehr als 1.000 palästinensische Gefangene aus ihrer Haft entlassen worden sein. Die Mehrheit von ihnen soll demnach ohne eine Anklage in Administrativhaft gehalten oder wegen geringfügiger Vergehen von israelischen Sicherheitsbehörden inhaftiert gewesen sein. Diese Gruppe wird von großen Teilen der palästinensischen Gesellschaft ebenfalls als Geiseln im weiteren Sinne des israelisch-palästinensischen Konflikt betrachtet.

Unter den Freigelassenen befinden sich Berichten zufolge jedoch auch über 200 Gewalttäter, die für Mord, Beteiligung an Anschlägen oder andere Verbrechen in Haft waren, so bspw. auch der am 25.01.25 freigelassene Ashraf Zughayer. Zughayer soll ein Selbstmordattentat orchestriert haben, bei dem im September 2002 sechs Menschen vor der Hauptsynagoge in Tel Aviv getötet wurden. Er hatte die Tat gestanden und ist heute 46 Jahre alt. Nach seiner Freilassung wurde er in Ostjerusalem von einer jubelnden Menge empfangen.

03.03.2025

Gazastreifen: Ende der ersten Phase des Waffenstillstands; Stopp humanitärer Einfuhren in den Gazastreifen

Am 01.03.25 endete die erste Phase des im Januar 2025 abgeschlossenen Waffenstillstands zwischen Israel und Hamas (vgl. BN v. 20.01.25). Die darin vorgesehenen Verhandlungen zu den Bedingungen und Umständen der zweiten Phase des Waffenstillstandes konnten bislang jedoch nicht abgeschlossen werden, sodass das weitere Vorgehen zunächst unklar bleibt.

Die US-Regierung schlug eine Verlängerung der ersten Phase um sieben Wochen vor, der die israelische Regierung zugestimmt hatte. Hamas lehnte den Vorschlag ab und hielt an der Vereinbarung fest, die den Übergang in Phase Zwei vorsieht. Im Rahmen der zweiten Phase sollte der Krieg dauerhaft beendet und alle verbliebenen israelischen Truppen aus dem Gazastreifen abgezogen werden. Außerdem sollten weitere israelische Geiseln und palästinensische Gefangene in vereinbarten Austauschen freigelassen werden. Der neue amerikanisch-israelische Vorschlag sähe im Rahmen der Verlängerung des Waffenstillstandes zu Beginn der sieben Wochen die Freilassung der Hälfte der noch lebenden sowie toten Geiseln vor.

Bislang wurden im Rahmen des Waffenstillstandabkommens 25 lebende und acht getötete Geiseln an Israel übergeben. Im Gegenzug wurden mehr als 1.500 palästinensische Gefangene freigelassen. Noch immer sollen sich Angaben der israelischen Regierung zufolge 25 Geiseln sowie die sterblichen Überreste von 30 getöteten Geiseln im Gazastreifen befinden. Obgleich das Kriegsgeschehen bislang von keiner Seite wieder aufgenommen wurde, bereiten sich beide auf eine Fortsetzung der Kämpfe, im Falle des Scheiterns von weiteren Verhandlungen, vor. Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des neuen Vorschlags verkündete die israelische Regierung am 02.03.25 die Aussetzung aller humanitären Hilfen (mit Ausnahme von Wasser) in den Gazastreifen. Medien berichten, dies diene dazu, den Druck auf Hamas zu erhöhen, der Verlängerung des Waffenstillstandes zuzustimmen. Der Stopp dürfte die humanitäre Situation und Versorgungslage im Gazastreifen nach einer deutlichen Verbesserung durch erhöhte Einfuhren nach Abschluss des Waffenstillstandabkommens, erneut beeinträchtigen.

Die winterlichen Bedingungen stellen die Bevölkerung vor große Herausforderungen. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde seien sechs Neugeborene aufgrund des kalten Wetters in Khan Younis und Gaza Stadt gestorben.

17.02.2025

Gazastreifen: Geiseln- und Gefangenenaustausch; weitreichende Zerstörung in Gaza

Nachdem die Hamas zunächst mit der Aussetzung der Geiselübergabe drohte, kam es am 15.02.25 doch zur Freilassung dreier Geiseln im Gegenzug zur Freilassung von 369 palästinensischen Gefangenen. Die Hamas hatte Israel vorgeworfen, die Waffenstillstandsvereinbarung gebrochen zu haben, da die Einfuhr einiger elementarer Hilfsgüter, wie Zelte, in den Gazastreifen nicht in ausreichendem Maße stattfand.

Am 16.02.25 wurden drei Personen in dem im Süden des Gazastreifens gelegenen Rafah durch Beschuss einer Kampfdrohne getötet und eine weitere Person wurde verwundet. Die Hamas gab kurz darauf an, es habe sich um Hamas-Polizisten gehandelt, die humanitäre Hilfsgüter gesichert hätten, während das israelische Militär meldete, die Personengruppe habe sich den dort stationierten israelischen Truppen genähert. Bei der verletzten Person soll es sich Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa um eine Zivilperson handeln. Die Hamas warf dem israelischen Militär erneut Verhalten vor, dass die Waffenstillstandsvereinbarung bräche.

10.02.2025

Gazastreifen: Geiseln- und Gefangenenaustausch; weitreichende Zerstörung in Gaza

Im Rahmen des Waffenstillstandes gewährte die Hamas am 30.01.25 und am 08.02.25 die Freilassung von insgesamt 16 Geiseln, darunter auch fünf thailändische Staatsangehörige. Im Gegenzug wurden mehrere Hundert palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen entlassen. Seit Einstellung der Kampfhandlungen am 19.01.25 wurden damit insgesamt 21 Geiseln gegen 730 palästinensische Gefangene getauscht.

Im Gazastreifen und an seinen Grenzen, kommt es zwar vereinzelt immer wieder zum Einsatz von Waffen, grundsätzlich hält die erste Phase des Waffenstillstands bislang jedoch an.

Am 01.02.25 wurde der Rafah-Grenzübergang für die Evakuierung von medizinischen Patientinnen und Patienten geöffnet. Seitdem sind Krankentransporte und die Einfuhr von humanitären Hilfen über den Grenzübergang erneut möglich. Am 09.02.25 zog sich das israelische Militär außerdem aus dem sogenannten Netzarim-Korridor zurück, der den Norden und Süden des Gazastreifens teilte und dementsprechend einen wichtigen Übergang für die nach Nord-Gaza zurückkehrende Zivilbevölkerung darstellt.

Insbesondere im Norden des Gazastreifens ist die Infrastruktur weitreichend zerstört. Obgleich der Bedarf hoch ist, ist ein Großteil der Gesundheitseinrichtungen zerstört und die verfügbare medizinische Versorgung nicht ausreichend. Laut Angaben der WHO sind derzeit nur die Hälfte der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen in Teilen funktionsfähig, außerdem seien zwei Drittel der Gesundheitszentren geschlossen. Der Bedarf sei nach Monaten des bewaffneten Konflikts jedoch deutlich höher als zuvor und würde schätzungsweise auch 30.000 Personen betreffen, die aufgrund lebensverändernder Verletzungen, wie bspw. Amputationen, längerfristiger Reha-Maßnahmen bedürfen. 12.000 dieser Personen benötigten demnach spezielle Behandlungen und müssten hierzu evakuiert werden. Außerdem gibt es kaum sauberes Wasser und Abwassersysteme, was wiederum die Gefahr von Infektionskrankheiten, ähnlich dem Polioausbruch im vergangenen Jahr, weiter erhöhe. Kampfmittelrückstände, aber auch giftige Substanzen und menschliche Überreste in Ruinen von Häusern stellen weitere Herausforderungen dar.

Landwirtschaftliche Grundlagen und Ausrüstung wurde ebenfalls in großen Teilen zerstört. So ergaben Auswertungen von Satellitenbildern vom 31.12.24, dass etwa 75 % der landwirtschaftliche genutzten Flächen und Olivenhaine beschädigt oder zerstört worden sein sollen. Der Rinderbestand schrumpfte um 96 %, während noch mehr als 25.000 Schafe (43 % des Viehbestands vor Oktober 2023) und 3.000 Ziegen (37 %) zu finden sind.

Die Zahl der Lieferungen mit humanitären Hilfsgütern hat deutlich zugenommen und ist über mehrere Grenzübergänge möglich. Obgleich es noch immer zu Schwierigkeiten bei der Verteilung kommt, aufgrund der zerstörten Infrastruktur und des Missbrauchs der Lieferungen durch Mittelsmänner, erreichen mehr Lieferungen die Menschen im Gazastreifen als während der aktiven Kampfhandlungen. Darüber hinaus sanken die Preise für zahlreiche Lebensmittel langsam, auch wenn sie noch immer auf einem deutlich höheren Niveau als vor Oktober 2023 liegen.

13.01.2025

Gazastreifen: Aktuelle Entwicklungen; Humanitäre Lage

Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums vom 08.01.25 zufolge wurden seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 mindestens 45.936 palästinensische Personen im Gazastreifen getötet und 109.274 weitere verwundet. Das Ministerium unterscheidet offiziell nicht zwischen Kombattanten und Zivilpersonen. Die 6 Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Nach Angaben des israelischen Militärs vom 29.10.24 wurden seit Beginn der Bodenoffensiven insgesamt 393 israelische Militärangehörige getötet und 2.535 weitere verwundet. Nach der Bergung zweier getöteter Geiseln werden weiterhin 98 Israelis in Gaza vermisst. Die Kämpfe konzentrieren sich derzeit auf den Norden Gazas, der seit Anfang Oktober 2024 unter intensiver Belagerung steht. Die drei wesentlichen Krankenhäuser des Gebietes, das Indonesische Krankenhaus, das Kamal Adwan Krankenhaus und das Al-Awda-Krankenhaus wurden jeweils am 24.12,24, 27.12.24 und 03.01.25 von den israelischen Streitkräften besetzt. Israel verweist auf die Präsenz von teilweise hochrangigen Hamas-Mitgliedern und Waffen in allen drei Einrichtungen, womit sie ihren Schutz nach der Ersten Genfer Konvention (Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde) verloren hätten. In allen Fällen wurden Verdächtige festgenommen und nicht verdächtige Patienten sowie medizinisches Personal evakuiert. Der Norden Gazas ist Berichten zufolge seit Oktober 2024 nur schwer bis nicht für humanitäre Hilfe zugänglich. Es sei demnach unklar, wie viele Zivilpersonen noch in dem Gebiet verblieben sind. Ebenso stehen keine belastbaren Daten zur Versorgungslage zur Verfügung und es besteht eine große Unsicherheit bezüglich der Verteilung vorhandener Hilfsgüter, da es sowohl zu Schwierigkeiten bei den Grenzübergängen als auch bei der Verteilung in Gaza gibt.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den Verwaltungsverfahrensakt des BFA, den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes und das Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung in Klammer angeführt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers (oben 1.1)

Die Feststellungen zur Staatenlosigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers wurde bereits rechtskräftig im Verfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz sowie im gegenständlichen Verfahren vom BFA getroffen.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer vom BFA bereits der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs 4 AsylG erteilt wurde, ergibt sich aus Spruchpunkt II und III des angefochtenen Bescheides.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer NICHT BEI DER UNRWA registriert ist, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Verfahren zum ersten Antrag auf internationalen Schutz und in der mündlichen Verhandlung, wonach er nicht bei der UNRWA registriert ist, weil er im Gazastreifen kein Flüchtling gewesen sei. (BFA NS EV 04.06.2020 (BFA Bescheid 27.10.2020 S 6); VS 11.02.2025 S 5).

2.2 Zum Vorverfahren (Erster Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019) (oben 1.2)

Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019, dem dabei erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers und zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Vorverfahren ergeben sich aus der dazu ergangenen, rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.10.2022, L502 2237933-1/10E.

2.3 Zur Begründung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz (oben 1.3)

Die Feststellungen dazu ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde und in der heutigen mündlichen Verhandlung.

2.4 Zur Glaubhaftigkeit der vorgebrachten Antragsgründe und Rückkehrbefürchtung im gegenständlichen Verfahren (oben 1.4)

Die Feststellungen zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens, waren aus den folgenden Gründen zu treffen:

Zu den bereits im Vorverfahren vorgebrachten Antragsgründen

2.4.1 Soweit der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag damit begründet, dass er von einem Mann namens XXXX und Leuten der Hamas verfolgt werde, und er dazu auf sein Vorbringen im Vorverfahren zu seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz verweist, wird auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Vorverfahren verwiesen, in welcher jenes Vorbringen vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung als nicht glaubhaft erachtet wurde.

Im gegenständlichen Verfahren wiederholte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 11.02.2025 sein Vorbringen aus dem Vorverfahren zusammengefasst in wenigen Sätzen und gab an, dass seine Familie vor dem 7. Oktober Mitteilungen und Nachrichten erhalten habe und seine Eltern ein Schreiben der Hamas unterschrieben hätten, dass sie ihn stellen würden, falls er in den Gazastreifen zurückkehre. Der Beschwerdeführer gab jedoch in der mündlichen Verhandlung auch gleichzeitig an, dass er keine neuen Beweise für sein Vorbringen habe. Er gab schließlich an, dass er wegen der Dolmetscher im Vorverfahren eine negative Entscheidung erhalten habe und ihm im jetzigen Verfahren vom BFA gesagt worden sei, dass er über seinen ursprünglichen Hauptgrund nicht sprechen soll, da darüber bereits entschieden worden sei. (VS 11.02.2025 S 4, 6)

Der Beschwerdeführer wurde bereits bei seiner Beschwerdeerhebung durch seine mit dem Asyl- und Fremdenrecht vertraute Organisation vertreten und hat in seiner Beschwerde weder Probleme mit Dolmetscher im Vorverfahren behauptet noch zu seinem ursprünglichen Ausreisegrund neue oder ergänzende Angaben gemacht. (Beschwerde 18.12.2024) Auch in der mündlichen Verhandlung am 11.02.2025 machten weder er selbst noch seine Rechtsvertretung diesbezüglich entscheidungswesentliche neue oder ergänzende Angaben, obwohl dem Beschwerdeführer die Gelegenheit geboten wurde, in der mündlichen Verhandlung auch vorzubringen, wonach er in der mündlichen Verhandlung nicht explizit gefragt wurde und was er bislang noch nicht erzählt habe. (VS 11.02.2025 S 5)

Vom Bundesverwaltungsgericht ist daher im gegenständlichen Verfahren von der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Vorverfahren auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen, da der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren kein neues Vorbringen substantiiert erstattet hat und auch der Beweiswürdigung der Vorentscheidung nicht substantiiert entgegengetreten ist und diese nicht entkräftet hat (vgl (VwGH 04.05.2022, Ra 2022/01/0006). Um die Beweiswürdigung des BFA mit Erfolg anzugreifen reicht es nicht aus, dessen Feststellungen diesen widersprechende Behauptungen entgegenzustellen. (vgl VwGH 01.10.2014, Ra 2014/09/0022) Auch die bloße Wiederholung eines bestimmten Tatsachenvorbringens in der Beschwerde stellt weder ein substantiiertes Bestreiten der behördlichen Beweiswürdigung noch eine relevante Neuerung dar. (VwGH 20.10.2015, Ra 2015/18/0056)

Aus diesen Gründen war keine andere Feststellung zu treffen als im Vorverfahren, sondern es war erneut festzustellen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verweis auf die von ihm im Vorverfahren vorgebrachten Antragsgründe auch im gegenständlichen Verfahren keine Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht hat.

Zu den neu vorgebrachten Gründen im gegenständlichen Verfahren

2.4.2 Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er den gegenständlichen Antrag wegen des Krieges und der allgemeinen Lage im Gazastreifen gestellt hat, ist vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nachvollziehbar und glaubhaft. Aus diesem Grund wurde dem Beschwerdeführer bereits vom BFA rechtskräftig der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

2.4.3 In der Beschwerde wurde in einem Satz vorgebracht, dass der Beschwerdeführer Verfolgung aufgrund seiner westlichen Lebenseinstellung und politischen Ansichten fürchte. Welche „westliche Lebenseinstellung“ und welche politischen Ansichten der Beschwerdeführer hätte, wurde in der Beschwerde jedoch nicht dargetan. (Beschwerde 18.12.2024S 2 ff)

In der mündlichen Verhandlung am 11.02.2025 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, alle seine Gründe zu nennen, wegen denen er zum aktuellen Zeitpunkt nicht in den Gazastreifen zurückkönne. Der Beschwerdeführer nannte daraufhin als Gründe die – bereits im Vorverfahren als unglaubhaft erachtete – Verfolgung aufgrund der von ihm bereits im Vorverfahren behaupteten Probleme mit der Hamas, wegen denen er mit dem Tod bedroht worden sei, den nun herrschenden Krieg sowie den Umstand, dass dabei sein Gebiet vollkommen zerstört und seine Familie getötet worden sei.

Eine Befürchtung aufgrund einer vorhandenen „westliche Lebenseinstellung“ brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht vor, was er oder sein Rechtsvertreter wohl getan hätte, wenn er seine solche „westliche Lebenseinstellung“ tatsächlich hätte und wegen dieser eine Verfolgung befürchten würde. (vgl VS 11.02.2025 S 4, 5 ff)

In der mündlichen Verhandlung am 11.02.2025 antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage seines Rechtsvertreters, wie er den Vorfall vom Oktober 2023 verurteile, dass er gegen die Anwendung von Gewalt und gegen die Politik der Hamas sei. Er sei dagegen, dass unschuldige Menschen getötet werden würden, egal ob sie Leute der Hamas oder Juden seien. Sein Herz tue weh, wenn er das sehe und er lehne das gründlich ab. Ich er sei ausgereist, da er gegen die Politik der Hamas sei. Er sei diskriminiert und mit dem Tod bedroht worden, weil er gegen die Politik der Hamas sei.

Dazu ist festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer behauptete Ausreisegrund – die Verfolgung durch die Hamas wegen seiner Ablehnung der Politik der Hamas – bereits rechtskräftig im Vorverfahren als nicht glaubhaft erachtet wurde und er diesen auch im gegenständlichen Verfahren nicht glaubhaft gemacht hat. (siehe im Detail dazu bereits oben 2.4.1) Mit seinem weiteren Vorbringen, wonach er dagegen sei, dass unschuldige Menschen getötet werden würden, egal ob sie Leute der Hamas oder Juden seien, hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, dass er damit – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – eine nachteilige Aufmerksamkeit der Hamas erwecken wird und ihm Verfolgung wegen einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung droht.

Ergebnis

2.4.4 Der Beschwerdeführer hat daher mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Gazastreifen zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – individuell konkret einer unmittelbaren Bedrohung aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen oder aufgrund der Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt sein wird, oder ihm aus einem dieser Motive staatlicher Schutz verweigert werden würde.

2.5 Zur aktuellen Lage im Gazastreifen (oben 1.5)

Die Feststellungen dazu ergeben sich aus den aktuellsten Briefing Notes des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge – BAMF Briefing Notes – vom 13.01.2025 bis 19.05.2025.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zum Status eines Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005)

3.1 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.2 Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs 1 AsylG 2005 iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428).

Zum gegenständlichen Fall

3.3 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist der Beschwerdeführer nicht bei der UNRWA als Flüchtling registriert. Er fällt damit NICHT in den Anwendungsbereich des Art 1 Abschnitt D GFK bzw. Art 12 Abs 1 lit a Satz 1 der Status-RL und genießt daher nicht "ipso facto" den Schutz der Qualifikationsrichtlinie (Art 12 Abs 1 lit a Satz 1 der Status-RL).

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Antragsbegründung und Rückkehrbefürchtung auch nicht glaubhaft gemacht, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Gaza zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – individuell konkret einer unmittelbaren Bedrohung aus ethnischen, religiösen oder politischen Gründen oder aufgrund der Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt sein wird. Der vom Beschwerdeführer behauptete Ausreisegrund – die Verfolgung durch die Hamas wegen seiner Ablehnung der Politik der Hamas – wurde bereits rechtskräftig im Vorverfahren als nicht glaubhaft erachtet und er hat diesen auch im gegenständlichen Verfahren nicht glaubhaft gemacht. (siehe im Detail dazu bereits oben 2.4.1) Mit seinem weiteren Vorbringen, wonach er dagegen sei, dass unschuldige Menschen getötet werden würden, egal ob sie Leute der Hamas oder Juden seien, hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht, dass er damit – mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit – eine nachteilige Aufmerksamkeit der Hamas erwecken wird und ihm Verfolgung wegen einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung droht.

3.4 Im gegenständlichen Fall liegen somit keine substantiellen stichhaltigen Gründe für das Vorliegen einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden individuellen Gefahr der Verfolgung nach § 3 Abs 1 AsylG iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK vor.

Es sind somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt nicht gegeben.

3.5 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA wird daher als unbegründet abgewiesen.

Zu B)

Revision

3.6 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.7 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.