Spruch
I419 2302318-1/4E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2024, Zl. XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 08.10.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer beantragte internationalen Schutz. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend den Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I), zuerkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkte II und III).
2. Gegen Spruchpunkt I richtet sich die Beschwerde. Darin wird vorgebracht, dem Beschwerdeführer drohe die Einziehung zum Militärdienst seitens des syrischen Regimes und / oder eine Strafe wegen „Kriegsdienstverweigerung“. Er habe in XXXX , wohin er mit seiner Familie geflohen sei, an Protesten gegen die HTS teilgenommen und befürchte daher, in XXXX nicht sicher zu sein. Ferner fürchte er, wegen seiner Flucht und des Asylantrages als politisch unzuverlässig eingestuft zu werden, insbesondere wegen seiner Herkunft aus einem einstigen Rebellengebiet. Er stamme aus XXXX , das 2020 von Regimetruppen besetzt und zuvor von den Rebellen verwaltet worden sei. Durch Teilnahme an Demonstrationen betätige er sich auch exilpolitisch.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung wies das BFA die Beschwerde am 08.10.2024 ab. Im Vorlageantrag wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe es verabsäumt, sich mit 18 bei der syrischen Armee oder als im Ausland Lebender bei der Vertretung Syriens zu melden. Freikaufen könnten sich anscheinend nur Reservisten, aber keine Wehrdienstverweigerer.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien, Araber sowie Sunnit. Er ist volljährig und spricht Arabisch als Muttersprache. Im Herkunftsstaat wurde er in XXXX ( XXXX , XXXX , XXXX ) geboren, einer Gemeinde im Unterbezirk XXXX , die neben der gleichnamigen Bezirksstadt im Gouvernement XXXX liegt. Dort ging er mehrere Jahre lang in die Schule und war anschließend als Bauarbeiter tätig. Er ist ledig, hat keine Kinder und wohnte bis zur Ausreise bei seinen Eltern.
Wegen der Kampfhandlungen ab dem zweiten Halbjahr 2019, die Ende Jänner 2020 mit dem Wechsel der Gebietskontrolle in XXXX und XXXX von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) zu den Regierungstruppen der SAA endeten, zog die Familie nach XXXX ( XXXX ), das unter Kontrolle der HTS (vormals Jabhat an-Nusra, Al Nusra-Front) blieb, einer Stadt etwa 50 km nordwärts im Unterbezirk XXXX des Bezirks XXXX und ca. 40 km westlich von XXXX . Dort arbeitete der Beschwerdeführer in einer Konditorei.
Im Sommer 2023 entschloss der Beschwerdeführer sich, Syrien zu verlassen, und gelangte im Juli über die Türkei illegal nach Griechenland und ebenso Ungarn sowie Österreich, wo er am 30.07.2023 internationalen Schutz beantragte.
Im Herkunftsstaat leben die Eltern des Beschwerdeführers im Alter von ca. 40 und Mitte 40, seine vier Brüder vom Kindergartenalter bis Mitte 20 sowie zwei Schwestern im Volksschul- und im Teenager-Alter. Alle leben zusammen in XXXX und haben täglich über WhatsApp Kontakt mit ihm. Der Vater ist Bauarbeiter und erhält die anderen, der älteste Bruder Student. Weder dieser Bruder noch der Beschwerdeführer haben Wehrdienst geleistet. Der Beschwerdeführer hat noch weitere Verwandte in Syrien und Kontakt zu diesen.
1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:
In der Beschwerdevorentscheidung vom 08.10.2024 wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Syrien mit Stand 11.03.2023 zitiert. Derzeit steht ein am 27.03.2024 erschienenes zur Verfügung, das in der Beschwerde zitiert wird (Version 11). Das Gericht berücksichtigt auch die Position des UNHCR und die COI „Syria: Country Focus“ der EUAA (unten 1.2.4).
Im gegebenen Zusammenhang sind davon die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Nordwest-Syrien
Während das Assad-Regime etwa 60 Prozent des Landes kontrolliert, was einer Bevölkerung von rund neun Millionen Menschen entspricht, gibt es derzeit [im Nordwesten Syriens] zwei Gebiete, die sich noch außerhalb der Kontrolle des Regimes befinden: Nord-Aleppo und andere Gebiete an der Grenze zur Türkei, die von der von Ankara unterstützten Syrischen Nationalarmee (Syrian National Army, SNA) kontrolliert werden, und das Gebiet von Idlib , das von der militanten islamistischen Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrolliert wird. Zusammen kontrollieren sie 10 Prozent des Landes mit einer Bevölkerung von etwa 4,4 Millionen Menschen, wobei die Daten zur Bevölkerungsanzahl je nach zitierter Institution etwas variieren (ISPI 27.6.2023). [...]
Die Gebiete unter Kontrolle der Türkei und Türkei-naher Milizen
Die Opposition im Nordwesten Syriens ist in zwei große Gruppen/Bündnisse gespalten: HTS im Gouvernement Idlib und die von der Türkei unterstützte SNA im Gouvernement Aleppo. Die SNA setzt sich in erster Linie aus ehemaligen Gruppen der FSA zusammen, hat sich jedoch zu einer gespaltenen Organisation mit zahlreichen Fraktionen entwickelt, die zu internen Kämpfen neigen (CC 1.5.2023). [...]
1.2.2 Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung
Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. [...] Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (SD 18.3.2023). [...]
1.2.3 Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Rechtliche Bestimmungen
Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In Art. 98-99 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht (AA 2.2.2024; vgl. Rechtsexperte 14.9.2022). [...]
Freikauf vom Wehrdienst
Nach dem Wehrpflichtgesetz ist es syrischen Männern im wehrpflichtigen Alter möglich, sich durch Zahlung eines sogenannten Wehrersatzgeldes von der Wehrpflicht freizukaufen, sofern sie mindestens ein Jahr ohne Wiedereinreise nach Syrien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten (AA 2.2.2024). Drei vertrauliche Quellen, die vom niederländischen Außenministerium im März 2023 und November 2022 befragt wurden, gehen davon aus, dass jemand, der sich vom Militärdienst freigekauft hat, auch nicht mehr zum Militärdienst einberufen wird. Der zu zahlende Betrag hängt dabei davon ab, wie lange die Männer im Ausland waren und variiert zwischen 7.000 und 10.000 Dollar. Auch Wehrdienstpflichtige, die das Land illegal verlassen haben, können sich durch eine solche Zahlung von der Wehrpflicht freikaufen. Möglich ist dies in einer syrischen Botschaft oder einem Konsulat unter Vorlage eines Nachweises, dass man im Ausland lebt. Es besteht die Möglichkeit, dass die Botschaft die Namen derer veröffentlicht, die sich auf diese Art von der Wehrpflicht befreit haben. Andererseits kann die Person sich auch durch einen Verwandten in Syrien an ein lokales Rekrutierungsbüro wenden, um sich von der Liste der Wehrdienstverweigerer streichen zu lassen (NMFA 8.2023). Die Zahlung des Wehrersatzgeldes ist an die Vorlage von Dokumenten geknüpft, die eine Vielzahl der ins Ausland Geflüchteten aufgrund der Umstände ihrer Flucht nicht beibringen können oder die nicht ohne ein Führungszeugnis der Sicherheitsdienste des syrischen Regimes nachträglich erworben werden können, wie etwa einen Nachweis über Aus- und Einreisen (Ausreisestempel) oder die Vorlage eines Personalausweises (AA 2.2.2024). [...]
Befreiung, Aufschub, Befreiungsgebühren [...]
Das syrische Wehrdienstgesetz sieht vor, dass bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel der einzige Sohn einer Familie, aus medizinischen Gründen Untaugliche (DIS 5.2020; vgl. FIS 14.12.2018), manche Regierungsangestellte (FIS 14.12.2018) und Personen, welche eine Befreiungsgebühr bezahlen, vom Wehrdienst ausgenommen sind. Manche Studenten und Personen mit bestimmten Abschlüssen, wie auch Personen mit vorübergehenden Erkrankungen können den Wehrdienst aufschieben, wobei die Rückstellungen jedes Jahr erneuert werden müssen (DIS 5.2020). [...]
Befreiungsgebühr für Syrer mit Wohnsitz im Ausland
Das syrische Militärdienstgesetz erlaubt es syrischen Männern und registrierten Palästinensern aus Syrien im Militärdienstalter (18-42 Jahre) und mit Wohnsitz im Ausland, eine Gebühr („badal an-naqdi“) zu entrichten, um von der Wehrpflicht befreit und nicht wieder einberufen zu werden. Bis 2020 konnten Männer, die sich mindestens vier aufeinanderfolgende Jahre außerhalb Syriens aufgehalten haben, einen Betrag von 8.000 USD zahlen, um vom Militärdienst befreit zu werden (DIS 5.2020), wobei noch weitere Konsulargebühren anfallen (EB 2.9.2019; vgl. SB Berlin o.D.). Im November 2020 wurde mit dem Gesetzesdekret Nr.31 (Rechtsexperte 14.09.2022) die Dauer des erforderlichen Auslandsaufenthalts auf ein Jahr reduziert und die Gebühr erhöht (NMFA 6.2021). Ein Freikauf vom Reservedienst ist gemäß Quellen des niederländischen Außenministeriums nicht möglich, wobei mit Stand August 2023 aufgrund der aktuellen geringen Intensität der Kampfhandlungen es nur selten zur Einberufung von Reservisten gekommen ist (NMFA 8.2023).
Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen [...]
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). [...]
1.2.4 Der Position des UNHCR von Dezember 2024 ist (übersetzt) zu entnehmen: Zurzeit ist Syrien weiterhin von Angriffen und Gewalt in Teilen des Landes betroffen; umfangreiche Binnenvertreibungen, die Verseuchung vieler Teile des Landes mit explosiven Kriegsresten, eine zerstörte Wirtschaft und eine humanitäre Krise großen Ausmaßes, da bereits vor den jüngsten Entwicklungen über 16 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigten. [...]
In der Information der EUAA von März 2025 heißt es (übersetzt): In der Folge übernahm die HTS faktisch die Kontrolle als Regierungspartei und setzte eine Übergangsregierung ein. [...] Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die Verfassung Syriens aus dem Jahr 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsbehörden der früheren Regierung auf. [...] Die Übergangsregierung hat außerdem die Wehrpflicht abgeschafft, außer in Situationen wie einem nationalen Notstand. [...] Die HTS selbst kündigte an, sie werde mit einem guten Beispiel vorangehen, sich als bewaffnete Gruppe auflösen und in die Streitkräfte integrieren. [...] Nach Schätzungen des UNHCR kehrten zwischen dem 8. Dezember 2024 und Ende Februar 2025 etwa 297 292 Syrer aus dem Ausland nach Syrien zurück. Von diesen Flüchtlingen kehrten 53 % aus dem Libanon, 25 % aus der Türkei und 14 % aus Jordanien zurück.902 Die freiwillige Rückkehr aus der Türkei, die sich nach Angaben der türkischen Regierung bis zum 30. Dezember 2024 auf 35 114 Personen belief, handelte es sich hauptsächlich um Syrer, die allein zurückkehrten, darunter auch Personen, die die Situation in Situation in Syrien beurteilen wollten, bevor sie zu ihren Familien zurückkehrten.
1.3 Zum Fluchtvorbringen:
1.3.1 Erstbefragt hat der Beschwerdeführer angegeben, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen; die Lage dort sei sehr schlecht und das Leben sehr schwer. Er wolle nicht am Krieg teilnehmen. Andere Fluchtgründe habe er nicht. Im Fall einer Rückkehr hätte er Angst vor dem Krieg. Mit unmenschlicher Behandlung, Strafe oder irgendwelchen Sanktionen habe er nicht zu rechnen.
1.3.2 Knapp sieben Monate darauf brachte er beim BFA vor, er sei in Wahrheit zwei Jahre jünger als bei der Erstbefragung festgehalten. Diese sei rückübersetzt worden, und es habe keine Verständigungsprobleme gegeben. Er habe einen von der FSA ausgestellten Personalausweis, der allerdings in Syrien sei, und lege einen Auszug aus dem Personenstandsregister von 18.02.2024 vor, der seinem Vater in XXXX ausgehändigt worden sei. Als er XXXX verlassen habe, hätte dort die „Al Nusra“ die Kontrolle gehabt; diese gehöre zur FSA.
Die „Al Nusra“ habe in XXXX Lebensmittel und Diesel konfisziert, die Hilfsorganisationen verteilt hätten. Dagegen hätte er an Demonstrationen teilgenommen.
Alle Demonstranten seien von „Al Nusra“ gesucht worden, und wer erwischt worden sei, wäre inhaftiert worden. Wegen seines Alters habe er nicht in das Regierungsgebiet fliehen können. Wäre er in XXXX geblieben, hätte ihn „Al Nusra“ inhaftiert. Deswegen habe er Syrien verlassen. Kontrolliert oder bedroht sei er niemals worden. „Al Nusra“ hätte auch nicht gewusst, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe. Nun wüsste sie davon, „weil sie Spione haben“, die ihn „später verraten“ hätten.
1.3.3 Er sei 2023 etwa 10-mal bei Checkpoints kontrolliert worden, wobei es nie Probleme gegeben habe. „Al Nusra“ habe keine einheitlichen Datenbanken, sodass der Name nicht an den Checkpoints erscheine. Die Kontrollen seien alle vor seiner Teilnahme an den Demonstrationen erfolgt. Es seien vier Demonstrationen gewesen, an denen er teilgenommen habe, mit je 500 bis 600 Teilnehmern, zwei gegen die Regierung 2022 und zwei gegen „Al Nusra“ 2023. Die Strafe deswegen würde eine mehrjährige Freiheitsstrafe sein.
Wegen des Militärdienstes habe es keine Fahndung gegeben, aber im Gesetz stehe, dass man mit 18 einrücken müsse. Die Regierung bombardiere das Gebiet, und es könne von ihr erobert werden, deswegen habe er Angst vor dem Regime. Den Wehrdienst in deren Armee wolle er nicht leisten, weil er keine Landsleute töten wolle, und er wolle auch „sicher nicht“ mittels Freikauf die Regierung finanzieren. Er habe hier zweimal in XXXX gegen diese demonstriert.
1.3.4 In der Beschwerde wird vorgebracht, dem Beschwerdeführer sei es nicht möglich, sicher nach XXXX zu gelangen, und insbesondere, weil er aus einem Rebellengebiet stamme, bestehe die Gefahr, dass er wegen seiner Flucht und des Asylantrags in Österreich als politisch unzuverlässig gelte.
1.3.5 Der Beschwerdeführer hat erst seinen Herkunftsort XXXX und die Herkunftsregion, den Unterbezirk XXXX im Gouvernement XXXX verlassen, und zog dann auch aus diesem Gouvernement weg in die benachbarte Türkei, bevor er sein Militärbuch erhielt und von der Armee des damaligen Regimes einberufen werden konnte.
1.3.6 Der Beschwerdeführer wollte den Wehrdienst nicht leisten und sich auch nicht freikaufen. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass er im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder verfolgt werden würde. Er ist im Falle einer hypothetischen Rückkehr in seine Heimatregion Unterbezirk XXXX und auch im Unterbezirk XXXX , wo er zuletzt lebte, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in Gefahr, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt zu werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes, ebenso die Feststellungen, soweit nicht unten eigens darauf eingegangen wird. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Die Dauer des Schulbesuchs steht nicht genauer fest, weil er sie erstbefragt mit sieben und beim BFA mit drei Jahren angab. Der Zeitpunkt seiner Ausreise lässt sich nicht exakt angeben, weil er beim BFA den 01.07. nannte, erstbefragt am 31.07. aber „vor ca. 20 Tagen“.
2.2 Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen in 1.2 wurden dem angeführten Länderinformationsblatt entnommen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstands, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Das gilt ebenso für die Publikationen des UNHCR und der EUAA, die wie angeführt mitberücksichtigt wurden.
In der Beschwerde wird aus dem aktuellen Länderinformationsblatt sowie aus jenem auf Stand vom 24.8.2018 zitiert, im Vorlagebericht aus dem ACCORD-Bericht „Syrien, Arabische Republik - Themendossier: Wehrdienst“ vom 23.09.2024, welches die Freikaufs-Möglichkeit vom Wehrdienst bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) für Syrer mit Wohnsitz im Ausland beschreibt. Damit wurde den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.
2.3 Zu den Fluchtgründen:
2.3.1 Wie bereits beim BFA vermochte der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren kein plausibles Geschehen darzulegen, das ihn zur Flucht aus Konventionsgründen veranlasste. Richtig hat das BFA erkannt, dass dem Beschwerdeführer offenstand, sich vom Militärdienst der syrischen Armee freizukaufen. Aus den Länderfeststellungen (oben 1.2.3, „Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen“) ergibt sich, dass das syrische Militärdienstgesetz syrischen Männern im Militärdienstalter und mit Wohnsitz im Ausland erlaubt, eine Gebühr („badal an-naqdi“) zu entrichten, um legal von der Wehrpflicht befreit zu werden. Die Möglichkeit sich mit Hilfe einer solchen Zahlung von der Wehrpflicht freizukaufen, besteht auch für Wehrdienstpflichtige, die das Land illegal verlassen haben. Wie der beim BFA vorgelegte Auszug aus dem Personenstands- und dem Familienstandsregister zeigt (AS 267), ist der Beschwerdeführer auch in der Lage, sich im Bedarfsfall die nötigen Dokumente im Familienkreis beschaffen zu lassen.
2.3.2 In der Beweiswürdigung der Beschwerdevorentscheidung (S. 151 ff, AS 451 ff) hat das BFA zutreffend dargelegt, dass der Beschwerdeführer, der in einem Gebiet lebte, das nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung stand, dort keiner Rekrutierung ausgesetzt war, da die SNA und die HTS nur einen freiwilligen Wehrdienst vorsahen. Ebenso zeigte das BFA auf, dass der Beschwerdeführer über die Türkei in das angrenzende Gouvernement XXXX zurückkehren kann, ohne Organen des Assad-Regimes zu begegnen.
2.3.3 Dem BFA ist damit zuzustimmen (S. 14 f, AS 318 f), dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers wegen des nicht geleisteten Wehrdienstes oder seitens der früheren Al-Nusra-Front (dann HTS) wegen einer Demonstrationsteilnahme oder aus anderen Umständen aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung nicht festzustellen oder für den Rückkehrfall anzunehmen ist, und dieser auch bis zur Ausreise an Checkpoints und sonst von Al-Nusra bzw. HTS unbehelligt blieb.
2.3.4 Welches „unbotmäßige Verhalten“ der Beschwerdeführer (außer der schon vor der Ausreise ohne Konsequenzen gebliebenen Demonstrationsteilnahme) dem Beschwerdeführer in XXXX zum Nachteil gereichen könnte, führt die Beschwerde nicht an. Zumal damit auch im Beschwerdeverfahren nichts hervorgekommen ist, was am Ergebnis des BFA zweifeln ließe, schließt das Verwaltungsgericht sich der Beweiswürdigung des BFA an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschluss-gründe vorliegt.
Als Flüchtling im Sinne dieser Bestimmung der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Für Staatenlose gilt das, wenn sie sich infolge der genannten Umstände außerhalb des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, dorthin zurückzukehren.
Einem Antragsteller muss, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 03.10.2023, Ra 2023/14/0071)
3.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass die behauptete Verfolgung durch den syrischen Staat oder die frühere Al-Nusra-Front, danach HTS, nicht festgestellt oder auch nur glaubhaft gemacht wurde. Den Feststellungen nach ist sie nicht mit der erforderlichen Maßgeblichkeit wahrscheinlich.
Da nach der Rechtsprechung die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, ist es für die Gewährung von Asyl nicht ausreichend, derselben eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios zu Grunde zu legen. (VwGH 28.02.2024, Ra 2023/20/0619, Rz. 35, mwN)
Ein Aufzeigen des Bestehens einer bloßen Möglichkeit einer Bedrohung oder Verfolgung kann somit für sich alleine nicht zur Zuerkennung des Asylstatus gemäß § 3 AsylG 2005 führen, wenn es für die Zuerkennung eines solchen Schutzes an der Voraussetzung einer ausreichend konkreten und unmittelbar den Beschwerdeführer persönlich betreffenden aktuellen und maßgeblich relevanten Verfolgungswahrscheinlichkeit aus asylrelevanten Gründen wie Rasse, Religion etc. fehlt.
Das ist vorliegend den Feststellungen zufolge der Fall. Eine hypothetische Rückkehr in den Wohnort in XXXX vor der Ausreise wäre ohne eine solche ebenso möglich wie auch schon zu Zeiten der Wehrpflicht – damals nach einem Freikauf vom Wehrdienst – eine solche in die Herkunftsregion.
3.3 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. (VwGH 24.01.2024, Ra 2023/19/0408, Rz. 9, mwN).
Somit ist die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch das BFA nicht zu beanstanden. Sonstige Hinweise auf asylrelevante Umstände haben sich auch von Amts wegen nicht ergeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht erfüllt.
3.4 Die UNHCR-Position von Dezember 2024 beinhaltet die Empfehlung: „Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert das UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder staatenlosen Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen.“
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden (und dementsprechend auch das Bundesverwaltungsgericht) sich mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen in den Richtlinien des UNHCR und der EUAA auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche entgegenstehenden Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind. (VwGH 22.07.2024, Ra 2023/14/0460, Rz. 15, mwN)
3.5 Vorliegend hat der Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Das UNHCR zählt zu den Personen, die internationalen Schutz benötigen, die folgendermaßen (übersetzt) definierten Flüchtlinge („refugees“): „Als Flüchtlinge gelten im weitesten Sinne alle Personen, die sich außerhalb ihres Herkunftslandes befinden und aufgrund einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens, ihrer körperlichen Unversehrtheit oder ihrer Freiheit in ihrem Herkunftsland infolge von Verfolgung, bewaffneten Konflikten, Gewalt oder schweren öffentlichen Unruhen internationalen Schutzes bedürfen.“ (UNHCR: Persons in need of international protection, Juni 2017, 1 f; www.refworld.org/policy/legalguidance/unhcr/2017/en/121440)
Demnach unterfallen auch die im Sinn des § 8 AsylG 2005 subsidiär Schutzberechtigten (deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß dieser Bestimmung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde) dieser Gruppe, womit dieser Status als Form des vom UNHCR angesprochenen internationalen Schutzes anzusehen ist.
Der Aufforderung des UNHCR, keine negativen Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen zu erlassen, wird damit auch in Fällen Rechnung getragen, in denen derartigen Anträge lediglich durch Zuerkennung internationalen Schutzes entsprochen wird.
3.6 Die Aufforderung des UNHCR steht vorliegend daher einer in der gesetzlichen Entscheidungsfrist ergehenden Erledigung auch dann nicht entgegen, wenn deren Inhalt die Abweisung des Antrags in Bezug auf den Asylstatus ist. Aus diesem Grund ist die Rechtssache entscheidungsreif und die unbegründete Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides ohne Zuwarten abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Fluchtgründen oder zu asylrelevantem Vorbringen.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt weist auch – zumal die in den Angaben des UNHCR und der EUAA enthaltenen Umstände das Ergebnis nicht tangieren – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.
Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist. (Vgl. VwGH 07.03.2019 Ra 2019/21/0001; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422, mwN)
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.