Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, in der Revisionssache des R D, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Thomas Lechner und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2023, W293 2267675 1/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 7. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er zunächst vor, Syrien aufgrund des Krieges und weil er vom syrischen Regime bedroht worden sei, verlassen zu haben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens brachte der Revisionswerber vor, Syrien verlassen zu haben, um den Militärdienst nicht ableisten zu müssen.
2 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung mit Verweis auf näher genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, dass das Bundesverwaltungsgericht gegen seine Begründungspflicht verstoßen habe und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach eine asylrelevante Verfolgung für den Revisionswerber im Falle einer Rückkehr nicht hinreichend wahrscheinlich sei, sei nicht überzeugend, da sich das Bundesverwaltungsgericht auf näher bezeichnete Quellen gestützt habe, die keiner Überprüfung zugänglich seien. Im Falle einer Rückkehr des Revisionswerbers nach Syrien verliere der in der Vergangenheit erfolgte Freikauf vom Wehrdienst bei der syrischen Armee seine Gültigkeit. Der Revisionswerber wäre bei einer Rückkehr der Kontrolle durch die syrische Armee ausgesetzt. Im Falle einer Wehrdienstverweigerung würde ihm zumindest eine Gefängnisstrafe drohen, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre.
8 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 21.6.2023, Ra 2021/19/0406, mwN).
9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 31.10.2023, Ro 2023/19/0002 mwN).
10 Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen wie etwa der Anwendung von Folter jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. erneut VwGH Ro 2023/19/0002, mwN).
11 Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. erneut VwGH Ro 2023/19/0002, mwN).
12 Die Prüfung, ob ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz besteht, ist, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, je nach den individuellen Umständen des Einzelfalls vorzunehmen. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte nicht revisibel (vgl. VwGH 25.5.2023, Ra 2023/19/0082, mwN).
13 Das Bundesverwaltungsgericht ging vorliegend unter Heranziehung aktueller Länderberichte davon aus, dass dem Revisionswerber, der sich von der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee freigekauft habe, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe, zum Militärdienst in der syrischen Armee eingezogen zu werden. Zudem drohe dem Revisionswerber keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
14 Die Revision zeigt mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht auf, dass die behauptete Verfolgung des Revisionswerbers durch das syrische Regime aufgrund der behaupteten Wehrdienstverweigerung im Falle einer Rückkehr in einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund stünde. Dem (weiteren) Revisionsvorbringen ist bereits aufgrund dessen der Boden entzogen.
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2024