JudikaturBVwG

I412 1200724-3 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
10. April 2025

Spruch

I412 1200724-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde sowie den Antrag von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des BFA Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 17.03.2025, Zl. XXXX , beschlossen (I.) bzw. zu Recht erkannt (II.):

A)

I. Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Eingabegebühr wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 17.03.2025 gemäß § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes zum angegebenen Termin und Ort den Interviewtermin durch Botschaft Mauretaniens wahrzunehmen. Wenn der BF diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass seine Festnahme gemäß § 34 Absatz 3 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz angeordnet werde. Gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

2. Am 24.03.2025 erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid, begründete diese im Wesentlichen mit Verfahrensmängeln und bestritt das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Zudem habe die belangte Behörde eine für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erforderliche Interessensabwägung im angefochtenen Bescheid nicht vorgenommen und es verabsäumt, ausreichend nachvollziehbar darzulegen, aufgrund welcher Erwägungen es zu der Auffassung kommt, worin die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Bescheides liegen würden. Im weiteren wurde der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr in Höhe von € 30,- gemäß

3. Das Bundesamt legte die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am 31.03.2025 einlangten.

4. Aus dem vorgelegten Akt geht hervor, dass der BF der Ladung am 25.03.2025 Folge geleistet hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

I. Gegenstandslosigkeit und Einstellung des Verfahrens

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (siehe etwa VwGH 31.01.2007, 2005/10/0205; zuletzt auch VwGH 05.11.2014, Ro 2014/10/0084, mit Verweis auf VwGH 28.11.2013, 2013/10/0084). Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist, dass das Bundesamt dem BF mittels Ladungsbescheid – unter Androhung einer Festnahme – auftrug, zum angegebenen Zeitpunkt vor der Behörde zu erscheinen und den Interviewtermin durch die mauretanische Vertretungsbehörde wahrzunehmen. Entsprechend der Mitteilung des Bundesamtes vom 09.04.2025 nahm der BF diesen Termin auch tatsächlich wahr und kam damit dem behördlichen Auftrag nach.

Die im Bescheid des Bundesamtes vom 17.03.2025 als Zwangsmittel angedrohte Festnahme setzte nach dessen Inhalt voraus, dass der BF der Ladung ohne ausreichende Entschuldigung keine Folge geleistete hätte.

Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen Ladungsbescheid liegt dann nicht (mehr) vor, wenn der Fremde der in diesem Bescheid verfügten Ladung zum dort genannten Termin freiwillig Folge geleistet hat, weil dann die Verhängung der - nur für den Fall der unentschuldigten Nichtbefolgung (des Ausbleibens iSd § 19 Abs 2 zweiter Satz letzter Halbsatz AVG) - angedrohten Sanktion von vornherein nicht mehr in Betracht kommt (vgl. VwGH vom 22.01.2014, 2013/21/0177). Wird eine gegen einen solchen Ladungsbescheid erhobene Beschwerde abgewiesen, so fehlt einer dagegen eingebrachten Revision das Rechtsschutzinteresse (vgl. VwGH vom 04.07.2024, Ra 2024/21/0067).

Da der BF der ihm mit dem angefochtenen Bescheid auferlegten Verpflichtung Folge geleistet hat, kann die im Bescheid angedrohte Sanktion nicht mehr eintreten. Die Rechtsstellung des BF würde sich auch durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ändern, weshalb sein Rechtsschutzinteresse diesbezüglich weggefallen ist. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die gegen den Ladungsbescheid erhobene Beschwerde käme somit nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu.

Infolge materieller Klaglosstellung des BF wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses war das Verfahren als gegenstandslos (geworden) zu erklären und gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.

2. Zum Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a bis d ZPO:

Gemäß § 8a VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine so genannte „subsidiäre Bestimmung“ handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das so genannte „Materiengesetz“ keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 (in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016), ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG und auch VwGH 24.02.2022, Ra 2020/21/0492).

Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist. Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegt die gegenständliche Beschwerde der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabengebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung – BuLVwG – EGeBV (BGBl. II Nr. 387/2014).

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Im gegenständlichen Fall brachte der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabengebühr gemeinsam mit der erhobenen Beschwerde ein.

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe setzt gemäß § 63 Abs. 1 ZPO unter anderem voraus, dass die antragstellende Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten; als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich oder ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt (vgl. VfGH 22.03.2002, B 254/02; 02.04.2004, B 397/04).

Den begründeten Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr stützte der Beschwerdeführer darauf, dass er seinen Lebensunterhalt durch Leistungen der staatlichen Grundversorgung bestreite. Die Beträge, die dem BF dadurch zur Verfügung stehen, seien geringer als beispielsweise die bedarfsorientierte Mindestsicherung oder Beträge, die für eine menschenwürdige Bestreitung der Existenz und eine Teilhabe an der Gesellschaft als angemessen betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund beeinträchtige die Eingabegebühr den notwendigen Unterhalt des BF.

Angesichts des verhältnismäßig geringen Betrages ist nicht davon auszugehen, dass die Kosten der Führung des Verfahrens auch bei einer mittellosen oder annähernd mittelosen Person zu einer Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts führen und bezieht der Beschwerdeführer Einkommen gemäß der Grundversorgung. Laut aktuellem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem bezieht der Beschwerdeführer periodische Leistungen für Verpflegung, Unterbringung, Taschengeld und Krankenversicherung. Eine Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts liegt damit gegenständlich nicht vor, zumal etwa auch die Vereinbarung einer Stundung oder Ratenzahlung mit der Abgabenbehörde in Betracht kommt.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe zur Befreiung von den Gerichtsgebühren war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.