JudikaturBVwG

W136 2297196-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
08. April 2025

Spruch

W136 2297196-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde der Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Finanzen gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 01.07.2024, GZ 2023-0.815.590, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Disziplinarerkenntnis wie folgt abgeändert wird:

I. Die Wortfolge betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises wird durch Folgendes ersetzt:

„Der Disziplinarbeschuldigte ist weiters schuldig, er

1. ist am 30.03.2023 in alkoholisierten Zustand mit dem Dienstkraftwagen XXXX vom Standort XXXX zur Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich gefahren und hat dort in alkoholisiertem Zustand in seiner Funktion als Teamleiter des Kundenteams XXXX an einem Führungskräftemeeting teilgenommen,

2. hat entgegen der schriftlichen Weisung des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich vom 03.04.2023 am 13.06.2023 und am 16.06.2023 die Außendienste allein und nicht im Beisein einer Kollegin oder eines Kollegen durchgeführt und

3. hat entgegen der schriftlichen Weisung des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich vom 03.04.2023 am 15.06.2023 die festgelegte Dienstzeit (Normaldienstplan) von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr nicht eingehalten, sondern Dienst von 08:15 Uhr bis 12:00 Uhr geleistet.

Er hat dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 (zu 1.) und § 44 Abs. 1 BDG 1979 (zu 2. und 3.) verletzt und wird über den Disziplinarbeschuldigten deswegen und wegen des mit dem bekämpften Bescheid in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruches gemäß § 92 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 eine Geldbuße in der Höhe von € 1.250,- verhängt.

II. Die zu den Spruchpunkten I., II., V. und VIII. des Einleitungsbeschlusses vom 10.10.2023, GZ 2023-0.663.954, erfolgten Freisprüche werden ersatzlos behoben.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. ADir XXXX (in Folge: Disziplinarbeschuldigter), geboren am XXXX , ist Beamter der Verwendungsgruppe A2 und verseht Dienst als Teamleiter der Zollverwaltung. Er ist disziplinarrechtlich unbescholten.

Der Disziplinarbeschuldigten bezog im März 2024, zum Zeitpunkt der Durchführung der Verhandlung vor der Bundesdisziplinarbehörde (in Folge: Behörde), einen Bruttobezug von € 6.410,00. Der Disziplinarbeschuldigte hat Sorgepflichten für eine studierende Tochter wohnt in einem Einfamilienhaus und hat keine Verbindlichkeiten.

1.2. Mit Bescheid vom 10.10.2023, GZ. 2023-0.663.954, fasste die Behörde einen Einleitungsbeschluss, weil der Disziplinarbeschuldigte im Verdacht stünde, er habe (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsgericht)

„I. am 30.03.2023 durch Alkoholkonsum entweder vor seinem Dienstantritt um 07:30 Uhr oder während seiner Anwesenheit im Büro bis 08:30 Uhr einen Zustand der Dienstunfähigkeit herbeiführte und im Anschluss eine Dienstreise mit dem Dienstkraftwagen XXXX ) vom Standort XXXX der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich antrat, indem er diesen in Betrieb nahm und insgesamt 74 Kilometer von XXXX zum Standort Wien der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich nach XXXX zurückgelegte;

II. an diesem Tag, dem 30.03.2023, im alkoholisierten Zustand in seiner Funktion als Teamleiter des Kundenteams XXXX am Führungskräftemeeting (FKM) teilnahm, obwohl er dienstunfähig war;

III. am 12.06.2023 die für Genehmigungen im e-Zoll-Verfahren geforderte Hierarchie bei Approbationen nicht einhielt und um 12:46 Uhr einen Außendienst für den 13.06.2023 unter der Nr. XXXX anlegte und sich diese geplante Amtshandlung weder vom zuständigen Vorgesetzten, dem interimistischen TL XXXX , noch vom XXXX genehmigen ließ, sondern sich den Dienstauftrag von einem nicht zuständigen Kollegen unterfertigen habe lassen;

IV. die im Anschluss an eine durchgeführte Amtshandlung im Außendienst geforderte zeitnahe Dokumentation des Ergebnisses im e-Zoll-Verfahren für den 13.06.2023 unterlassen und diese erst am 29.06.2023 im e-Zoll-Verfahren vorgenommen habe;

V. entgegen der schriftlich verfassten Weisung vom 03.04.2023 des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich am 13.06.2023 und am 16.06.2023 die Außendienste weder im Beisein einer Kollegin noch eines Kollegen durchführte;

VI. am 03.04.2023 die in der schriftlichen Weisung des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich festgelegte Dienstzeit (Normaldienstplan) von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr nicht einhielt und bereits um 14:45 Uhr den Dienst beendete;

VII. am 14.06.2023 die in der schriftlichen Weisung des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich festgelegte Dienstzeit (Normaldienstplan) von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr nicht einhielt und erst um 11:30 Uhr den Dienst antrat;

VIII. am 15.06.2023 die in der schriftlichen Weisung des Dienststellenleiters der Dienststelle XXXX des Zollamtes Österreich (Beilage D) festgelegte Dienstzeit (Normaldienstplan) von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr nicht einhielt und erst um 08:15 Uhr den Dienst antrat und bereits um 12:00 Uhr beendete;

IX. entgegen der im OHB geforderten Notwendigkeit, für eine Amtshandlung im Außendienst eine Genehmigung im e-Zoll-Verfahren zu besitzen, am 16.06.2023 als Organ des Zollamtes eine Kontrolle ohne Dienstauftrag durchführte;“

1.3. Mit dem bekämpften Bescheid wurde der Disziplinarbeschuldigte in Spruchpunkt IX. des Einleitungsbeschlusses schuldig erkannt und die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt. In allen anderen gemäß Einleitungsbeschluss angelasteten Spruchpunkten wurde der Disziplinarbeschuldigte hingegen freigesprochen.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob die Disziplinaranwältin beim Bundesministerium für Finanzen hinsichtlich der Freisprüche zu den gemäß Einleitungsbeschluss angelasteten Punkten I., II., III., IV., V., und VIII. sowie zur Strafzumessung Beschwerde.

Begründend wurde zu den Punkten I. und II. ausgeführt, dass der bekämpfte Bescheid für diese Freisprüche eine objektiv nachvollziehbare Begründung vermissen lasse. Offensichtlich habe die Behörde nur die Aussage des Personalvertreters und Dienststellenausschussvorsitzenden herangezogen, der keinen Alkoholgeruch beim Disziplinarbeschuldigten am 30.03.2023 festgestellt habe. Die Behörde habe im Erkenntnis angeführt, dass „demgegenüber drei Zeugen […], Alkoholgeruch beim AD wahrgenommen haben. Diese Aussagen wurden jedoch relativiert". Worin die Relativierung dieser Aussagen bestand, sei die Behörde in ihrer Begründung schuldig geblieben und negiere die Behörde die Aussage der Assistentin Leistungssteuerung, die unter Wahrheitspflicht klipp und klar festgehalten habe, dass der Disziplinarbeschuldigte unter Alkoholeinfluss gestanden sei. Auch der Betrugsbekämpfungskoordinator, der jahrelang als Notfallsanitäter bei der Rettung gearbeitet habe und diesbezüglich auch Zertifikate als Nachweis seiner beruflichen Befähigungen vorgelegt hat, habe vor der Behörde wie folgt ausgesagt: „Ich habe da, das muss ich leider sagen, bei der Begrüßung schon eine Alkoholfahne wahrgenommen." [...]. Ebenso habe der Dienststellenleiter XXXX , in seiner Zeugenvernehmung vor der BDB ausgesagt, dass ihm der Alkoholgeruch beim Disziplinarbeschuldigten aufgefallen sei. Zudem habe der Disziplinarbeschuldigte in der am 30.03.2023 stattgefundenen Besprechung auch zugegeben, dass er an diesem Tag bereits Alkohol konsumiert und ein Alkoholproblem habe. Dass der Disziplinarbeschuldigte nach seiner mehrwöchigen Alkoholentziehungskur seine Verteidigungslinie in Richtung Medikamentenbeeinträchtigung am 30.03.2023 eingeschlagen habe, sei verständlich, unterliege er ja als Disziplinarbeschuldigter nicht der Wahrheitspflicht. Unverständlich sei allerdings, dass die Behörde dieser Argumentation bedingungslos folge und offensichtlich nur das Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten und des Personalvertreters werte und die übrigen Zeugenaussagen, die nicht zu Gunsten des Disziplinarbeschuldigten ausfallen, völlig negiere.

Zu den Punkten III., IV. und V. der Tatvorwürfe des Einleitungsbeschlusses, die gemeinsam zu betrachten seien, wurde Folgendes vorgebracht:

Beim Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten, dass er der Meinung gewesen sei, er könne nach erfolgter Genesung wieder alles so handhaben, wie vor seiner Erkrankung und sämtliche schriftlich verfassten Weisungen vom 03.04.2023 seien nach Wiederantritt des Dienstes am 12.06.2023 aufgehoben, handle es sich um eine Schutzbehauptung. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Disziplinarbeschuldigte in der Lage war, den Aktenvermerk, in seiner Tragweite richtig zu erfassen, zeige doch auch sein gesamtes Verhalten in der Woche von Montag, dem 12.06.2023 bis zum Freitag, dem 16.06.2023, dass er die Weisungen vom 03.04.2023 entsprechend verstanden und zur Kenntnis genommen hat. Hätte er sich sonst, zumindest für den Außendienst am 16.06.2023 um einen Kollegen für die Abwicklung des Außendienstes bemüht, oder hätte er sich sonst am 12.06.2023 Gedanken gemacht, wer im Team seinen geplanten Außendienst für den 13.06.2023 genehmigt, wenn er tatsächlich geglaubt hätte, dass mit seinem Wiederantritt zum Dienst sämtliche Anordnungen des Dienststellenleiters vom 04.03.2023 nicht mehr Gültigkeit besitzen? Beim Tatverdacht Pkt. III des EB liege der Verdacht nahe, dass sich der Disziplinarbeschuldigte an diesem 12.06.2023 weder an den Dienststellenleiter noch an die Fachdienstellenleiterin, oder einen anderen Teamleiter der Dienststelle wenden wollte und bewusst seinen Zimmerkollegen als Genehmiger einsetzte. Warum die BDB bei der Beweiswürdigung, überhaupt nicht die diesbezüglich sehr klar getätigte Aussage des Dienststellenleiters und jene der Fachdienststellenleiterin berücksichtige, bleibe nicht nachvollziehbar. Beim Tatverdacht Pkt. IV des EB sei im Beweisverfahren zu Tage getreten, dass das Ergebnis des Außendienstes vom 13.06.2023 im e-Zoll-Verfahren vom Disziplinarbeschuldigten am 22.06.2023 dokumentiert wurde. Es stellte sich hier die Frage der „zeitnahen" Dokumentation, einem Begriff der offensichtlich weder in einem Gesetz, noch in einem Erlass einer näheren Definition zugeführt wurde.

Zu Pkt. VIII des Einleitungsbeschlusses habe die Behörde angeführt, dass dem Disziplinarbeschuldigte die Weisungsverletzung nicht nachgewiesen werden konnte. Tatsache sei, dass der Disziplinarbeschuldigte an diesem Tag ohne Angabe von Gründen und ohne seinen Dienstvorgesetzten zu informieren, die per Weisung vom 03.04.2023 festgelegten Dienststunden von 07.30 Uhr bis 15.30 Uhr nicht eingehalten hat. Diesbezüglich habe die BDB in ihrer Beweiswürdigung auf den Pkt. V des Tatvorwurfes verwiesen, sei aber jegliche Erklärung schuldig geblieben, warum keine Weisungsverletzung begangen wurde.

Zur Strafbemessung im angefochtenen Erkenntnis und Verhängung der Disziplinarstrafe des Verweises für Pkt. IX des Einleitungsbeschlusses wurde ausgeführt, dass die BDB die Dimension der geahndeten Dienstpflichtverletzung durch den Disziplinarbeschuldigten und dessen Verschulden unzureichend gewürdigt habe. Die BDB habe im Bescheid (Seite 16) zwar ausgeführt, dass der Disziplinarbeschuldigte schuldhaft und zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, jedoch trotzdem lediglich einen Verweis ausgesprochen. Mit dieser Disziplinarstrafe gehe jegliche spezialpräventive, aber auch generalpräventive Maßnahme des durchgeführten Disziplinarverfahrens ins Leere. Keine Berücksichtigung fand, dass der Disziplinarbeschuldigte, auch wenn er am 16.06.2023 nicht in seiner Funktion als Teamleiter die Weisung missachtete, er eine Führungskraft an seinem Standort sei und für die Einhaltung von Weisungen der Zentralbehörde vor allem bei sich Sorge zu tragen hat, weil er eine Vorbildfunktion bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. Kolleginnen und Kollegen zu erfüllen habe. Dass das BMF als Dienstgeber bei seinen Bediensteten, im Speziellen von Führungskräften, erwarten dürfe, dass erlasskonform vorgegangen wird, sei ebenfalls nicht entsprechend gewichtet worden. Die mangelnde Verantwortungsübernahme des DB im gesamten Disziplinarverfahren mit seiner uneinsichtigen Haltung und mangelnden Selbstreflexion ließen den Ausspruch eines Verweises keinesfalls als schuldangemessen erscheinen. Auch werde mit dieser milden Art der Disziplinierung spezialpräventiven Erfordernissen beim Disziplinarbeschuldigten, der sich noch mehrere Jahre im Aktivstand der Finanzverwaltung befinden wird und derzeit auch wieder in seiner Funktion als Teamleiter eines Kundenteams an einem dislozierten Standort seiner Dienststelle tätig sei, nicht entsprechend Rechnung getragen. Generalpräventive Aspekte würden ebenfalls durch den Verweis insofern nicht abgedeckt, als mit einer möglichen negativen Beispielswirkung auf alle anderen Zollbeamtinnen und Zollbeamten nicht entschieden entgegengetreten würde.

1.5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.02.2025 eine mündliche Verhandlung im Beisein aller Parteien durch, bei der die Rechtssache umfassend erörtert wurde.

1.6.1. Zu Spruchpunkte I.1. (Spruchpunkte I. und II. des Einleitungsbeschlusses der Behörde vom 10.10.2023, GZ. 2023-0.663.954) wird Folgendes festgestellt:

Der Disziplinarbeschuldigte nahm am 30.03.2023 um 10:00 Uhr an einem Führungskräftemeeting in XXXX teil, wohin er von seinem Dienstort XXXX mit einem Dienstkraftwagen fuhr. Das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten während dieser Besprechung erweckte den Verdacht der Alkoholisierung und nahmen Teilnehmer dieser Besprechung Alkoholgeruch beim Disziplinarbeschuldigten wahr. In einer Pause wurde der Disziplinarbeschuldigte von seinem Dienststellenleiter im Beisein von drei weiteren Mitarbeitern befragt, ob er alkoholisiert sei. Der Disziplinarbeschuldigte gab dazu gegenüber den Anwesenden an, dass er Alkohol getrunken habe und ein Alkoholproblem habe.

Ab 04.04.2023 befand sich der Disziplinarbeschuldigte bis zum 09.06.2023 im Krankenstand und befand sich vom 20.04.2023 bis zum 09.06.2023 in stationärem Aufenthalt im Krankenhaus XXXX , einem auf Abhängigkeitserkrankungen spezialisierten Sonderkrankenhaus. In dem vom Disziplinarbeschuldigten vorgelegten ärztlichen Attest seines Hausarztes vom 04.04.2023 wurde wie folgt ausgeführt:

„Dauerdiagnosen: Hypertonie C2H50H Abusus […] Herr XXXX wurde nach einer eingehenden klinischen und serologischen Untersuchung darüber aufgeklärt, dass er ein Alkoholproblem hat. Er ist voll einsichtig und compliant. […]“

Festgestellt wird, dass der Disziplinarbeschuldigte in alkoholisiertem Zustand zum Führungskräftemeeting fuhr und daran teilnahm. Den Angaben des Disziplinarbeschuldigten, wonach er am 30.03.2023 nicht alkoholisiert gewesen sei (Anm. BVwG: sondern sein auffälliges, den Anschein der Alkoholisierung hervorrufendes Verhalten auf die Einnahme blutdrucksenkender Medikamente zurückzuführen ist), wird nicht gefolgt.

1.6.2. Zu Spruchpunkten I.2. und I.3. (Spruchpunkte V. und VII. des Einleitungsbeschlusses der Behörde vom 10.10.2023, GZ. 2023-0.663.954) wird Folgendes festgestellt:

In unmittelbaren Anschluss an das oben dargestellte Führungskräftemeeting wurde der Disziplinarbeschuldigte von seinem Dienststellenleiter als dienstunfähig beurteilt, ihm mit mündlicher Weisung die Teamleitung vorläufig entzogen und eine fixe Dienstzeit von 07:30 Uhr bis 15:30 Uhr angeordnet.

Am 03.04.2023 fand eine Besprechung in der Dienststelle zwischen dem Dienststellenleiter und dem Disziplinarbeschuldigten im Beisein des XXXX (in Folge P.), der am 31.03.2023 interimistisch mit der Teamleitung betraut worden war, statt. Dabei wurden unter anderem folgende Anordnungen für den Disziplinarbeschuldigten getroffen: Das Lenken eines Dienst-KFZ ist erst nach erfolgter und vom Arzt bestätigter Genesung möglich; Außendienst sind nur im Beisein eines Kollegen/einer Kollegin möglich; die Dienstzeiten von 07: 30 Uhr bis 15:30 Uhr sind einzuhalten und werden von P. und der Dienststellenleitung kontrolliert.

Am 12.06.2023 trat der Disziplinarbeschuldigte seinen Dienst wieder an und legte am selben Tag um 12:46 Uhr ein Kontrollverfahren im e-Zoll-Verfahren für den 13.06.2023 an, welches er zeitgleich von einem nicht zuständigen Kollegen, anstatt vom zuständigen Teamleiter P. oder einem zuständigen Vertreter, genehmigen ließ.

Der Disziplinarbeschuldigte führte die Kontrolle im Außendienst am 13.06.2023 allein durch. Eine weitere Kontrolle im Außendienst am 16.06.2023 führte der Disziplinarbeschuldigte ebenso allein durch.

Am 15.06.2023 leistete der Disziplinarbeschuldigte Dienst von 08:15 Uhr bis 12:00 Uhr, weil er sich in der Früh um einen Angehörigen kümmern musste und am Nachmittag einen Anwaltstermin hatte.

Am 19.06.2023 wurde der Disziplinarbeschuldigte wieder mit der Teamleitung betraut.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu Punkt 1.1. bis 1.5. (Verfahrensgang) ergeben sich aus der Aktenlage.

2.2. Die Feststellung zu Punkt 1.6.1., dass der Disziplinarbeschuldigte in alkoholisiertem Zustand am Führungskräftemeeting teilnahm, ergibt sich insbesondere daraus, dass drei Teilnehmer der Besprechung, nämlich XXXX Alkoholgeruch beim Disziplinarbeschuldigten wahrnahmen und dieser auf eine etwaige Alkoholisierung angesprochen angab, ein Alkoholproblem zu haben und an diesem Tag bereits Alkohol getrunken zu haben. Wenn die Behörde diesbezüglich beweiswürdigend anführt, dass die Zeugin ihre Aussagen in der Verhandlung relativiert hätten, ist dies aktenwidrig. Die Zeugin XXXX hat bereits als Auskunftsperson befragt angegeben, dass der Disziplinarbeschuldigte bei der Besprechung zugegeben habe, dass er an diesem Tag Alkohol getrunken hätte und hat diese Aussage in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde wiederholt (Verhandlungsschrift vom 26.03.2024, Seite 33). Auch die beiden anderen vorgenannten Zeugen gaben an, dass sie den Disziplinarbeschuldigten zweifellos als alkoholisiert wahrgenommen hätten und dieser ein Alkoholproblem zugegeben hätte (Verhandlungsschrift vom 06.05.2024, Seiten 4, 13, 18, 19). Selbst der Zeuge XXXX , der den Disziplinarbeschuldigten nach Hause fuhr, und zwar keinen Alkoholgeruch, sondern nur eine Ausdünstung wahrnahm, gab an, dass der Disziplinarbeschuldigte auf sein Verhalten angesprochen, ein Alkoholproblem angegeben hätte (Verhandlungsschrift Behörde vom 26.03.2024, Seite 30).

Ebenso spricht auch der objektive Geschehensablauf für eine Alkoholisierung des Disziplinarbeschuldigten. Wenn nämlich jemand, der tatsächlich laut eigenem Attest alkoholkrank ist und sich mehrwöchig in eine Klinik für Suchterkrankungen begibt, alkoholisiert wirkt, nach Alkohol riecht und darauf angesprochen, ein Alkoholproblem angibt, ist davon auszugehen, dass er auch tatsächlich Alkohol konsumiert hat. Die nachträgliche Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten, er wäre tatsächlich nur unter dem Einfluss blutdrucksenkender Medikamente gestanden, erweist sich als lebensfremde Schutzbehauptung. Wären nämlich die vom Disziplinarbeschuldigten eingenommenen Medikamente für sein auffälliges Verhalten ursächlich, ist davon auszugehen, dass er dies auf Befragen bekannt gegeben hätte. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte der Disziplinarbeschuldigte nicht nachvollziehbar erklären, warum er am 30.03.2023 ein Alkoholproblem angab, wenn er gleichzeitig vermeint, zu diesem Zeitpunkt kein Alkoholproblem gehabt zu haben. Abschließend ist darauf zu verweisen, dass der Disziplinarbeschuldigte selbst angibt, am Vortag am Nachmittag „Ein paar Spritzweine. Ein paar Achterl.“ konsumiert zu haben. Auch wenn dies der Disziplinarbeschuldigte verneint, ist nicht auszuschließen, dass dessen alkoholisierter Zustand am 30.03.2023 von dem am Vortag konsumierten Alkohol herrührt.

Dass der Disziplinarbeschuldigte bereits in alkoholisierten Zustand mit dem KFZ zum Meeting fuhr, ergibt sich aus dem Umstand, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass er nach der Anfahrt, jedoch noch vor Beginn des Meetings ein alkoholisches Getränk zu sich genommen hätte.

2.3. Die Feststellung zu Punkt 1.6.2. beruhen auf der unbestrittenen Aktenlage.

Die dem Disziplinarbeschuldigten erteilten Weisungen vom 30.03.2023 und 03.04.2023 wurden jeweils im Beisein eines oder mehrerer Mitarbeiter ausgesprochen und jeweils vom Dienststellenleiter in einem Aktenvermerk festgehalten. Der Aktenvermerk über den Besprechungs- und Weisungsinhalt vom 03.04.2023 wurde dem Disziplinarbeschuldigten ausgefolgt.

Der Disziplinarbeschuldigte bestreitet den objektiven Sachverhalt nicht, sondern bringt vor, dass die Weisungen vom 30.03.2023 und vom 03.04.2023 mit seiner Genesung bzw. Wiederantritt seines Dienstes keine Geltung mehr gehabt hätten (siehe Näheres dazu unter 3. Rechtliche Beurteilung).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Rechtliche Grundlagen

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 143/2024) maßgeblich:

„Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

[…]

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

[…]

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind 1. der Verweis, 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines Monatsbezugs, 3. die Geldstrafe in der Höhe von mehr als einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen, 4. die Entlassung. […]

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.“

3.2. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Ausspruch über Schuld und Strafe in einer Disziplinarsache trennbar ist. Hinsichtlich nicht bekämpfter Teile eines als Disziplinarerkenntnisses bezeichneten Bescheides tritt Teilrechtskraft ein. Wird allein der Ausspruch über die Strafe bekämpft, so erwächst der Schuldspruch in Rechtskraft (VwGH 23.02.2000, 97/09/0082; VwGH 18.10.1989, 86/09/0178; VwGH 17.03.1982, 81/09/0103). Dies muss nach auch in die umgekehrte Richtung gelten.

Für das gegenständliche Verfahren bedeutet das, dass der Schuldspruch sowie die Freisprüche zu den Punkten VI. und VII. des Einleitungsbeschlusses vom 10.10.2023, GZ. 2023-0.663.954, in Rechtskraft erwachsen sind, weil diese Spruchpunkte nicht bekämpft wurden.

3.3. Zur Stattgabe der Beschwerde

3.3.1. Wie in den Feststellungen ausgeführt, ist der Disziplinarbeschuldigte alkoholisiert mit dem Dienst-KFZ zu einem Führungskräftemeeting gefahren und hat an diesem teilgenommen. Die gegenteiligen beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde zum Freispruch sind, wie die Beschwerde zutreffend ausführt, nicht nachvollziehbar, da tatsächlich keiner der Zeugen seine diesbezüglichen Aussagen über die Vorkommnisse am 30.03.2023 relativiert hat.

Dass der Disziplinarbeschuldigte durch den Alkoholkonsum, wie ihm dies gemäß Einleitungsbeschluss angelastet wird, seine Dienstunfähigkeit herbeigeführt hätte, war ihm allerdings spruchgemäß nicht anzulasten, zumal es darauf gar nicht ankommt. Zum einen handelt es sich bei der Frage der Dienstfähigkeit um eine rechtliche Frage (vgl. zuletzt VwGH vom 30.09.2024, Ra 2024/12/0030) und zum anderen stellt die Teilnahme an einem Führungskräftemeeting in erkennbar alkoholisiertem Zustand auch dann eine Dienstpflichtverletzung dar, wenn diese keine Dienstunfähigkeit verursacht. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass es der Verpflichtung zur gewissenhaften Dienstverrichtung widerspricht, wenn man in für andere erkennbar alkoholisiertem Zustand an einer dienstlichen Besprechung teilnimmt und darüber hinaus mit dem Dienst-KFZ zu dieser Besprechung fährt.

3.3.2. Die belangte Behörde hat den Freispruch zur Anlastung Punkt V. des Einleitungsbeschlusses, wonach der Disziplinarbeschuldigte weisungswidrig die Außendienste am 13. und am 16.06.2023 ohne Beisein eines Kollegen oder einer Kollegin durchführte und zu Punkt VII. des Einleitungsbeschlusses, wonach der Disziplinarbeschuldigte am 15.06.2023 seien Normaldienstplan nicht einhielt, damit begründet, dass der Disziplinarbeschuldigter wie auch sein interimistischer Teamleiter P. davon ausgegangen seien, dass der Disziplinarbeschuldigte nach seine Rückkehr alles wieder so machen könne, wie vor seiner Erkrankung, insbesondere, dass er wieder Anspruch auf Gleitzeit habe.

Wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, ist dieser Argumentation nicht zu folgen. Selbst wenn der Disziplinarbeschuldigte der Ansicht gewesen ist, dass sämtliche in der Weisung vom 03.04.2023 getroffenen Anordnungen nach Genesung und Wiederantritt des Dienstes nicht mehr gelten, obwohl dies in der fraglichen Weisung nur für das Verbot des Lenkens eines Dienst-KFZ ausdrücklich vorgesehen ist, vermag ihn dies nicht zu exkulpieren, sondern ist ihm dieser Irrtum vorwerfbar. Denn die gegenständliche Weisung ist klar formuliert und ist dem Disziplinarbeschuldigten als Führungskraft zuzumuten, dass er sich mit dem Inhalt der ihn betreffenden Weisungen auseinandersetzt und im Zweifel Nachfrage bei seinem Vorgesetzten hält. Im Übrigen erscheint das Vorbringen, insbesondere was die Anordnung von Außendiensten ausschließlich im Beisein eines/r Kollegen/in betrifft, nicht glaubhaft. Denn der Disziplinarbeschuldigte hat sich die entsprechende Anordnung für den 13.06.2023 gerade nicht von seinem mit der Weisung vertrauten interimistischen Teamleiter P. genehmigen lassen und hat der Teamleiter P die Kontrolle im Außendienst am 15.06.2023 gerade deswegen nicht freigegeben, weil der Disziplinarbeschuldigte aufgrund eines Ausfalls eines Kollegen bei diesem Außendienst allein gewesen wäre (vgl. niederschriftliche Befragung des P als Auskunftsperson am 29.08.2023, AS 111 sowie Verhandlungsschrift der BDB vom 26.03.2024, Seite 24 Mitte).

Diese Umstände lassen eher den Schluss zu, dass dem Disziplinarbeschuldigte durchaus bewusst war, dass er Außendienste nur mit einem Kollegen oder einer Kollegin durchführen darf, weshalb er gerade jenen interimistischen Vorgesetzten, der um diese Weisung Bescheid wusste, nicht in den Genehmigungsvorgang einband, womit er zumindest bedingt vorsätzlich gegen die Weisung verstoßen hat.

Was die Nichteinhaltung des angeordneten Normaldienstplanes am 15.06.2023 betrifft, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Disziplinarbeschuldigte tatsächlich dem Irrtum unterlag, dass mit Wiederantritt des Dienstes für ihn wieder Gleitzeitdienstplan gilt, wenngleich sich dies nicht aus den entsprechenden Anordnung vom 30.03.2023 und deren Wiederholung am 03.04.2023 ergibt. Damit hat der Disziplinarbeschuldigte zumindest fahrlässig gegen die erteilte Weisung verstoßen.

Zusammengefasst ergibt sich daher, dass der Disziplinarbeschuldigte im dargestellten Sinn Weisungsverstöße begangen hat.

3.4. Zur Abweisung der Beschwerde

3.4.1. Mit Spruchpunkt III. des Einleitungsbeschlusses wurde dem Disziplinarbeschuldigten vorgeworfen, am 12.06.2023 die für Genehmigungen im e-Zoll-Verfahren geforderte Hierarchie bei Approbationen nicht eingehalten zu haben, indem er um 12:46 Uhr einen Außendienst für den 13.06.2023 anlegte und sich diese geplante Amtshandlung weder vom zuständigen Vorgesetzten, dem interimistischen TL P, noch vom XXXX genehmigen ließ, sondern sich den Dienstauftrag von einem nicht zuständigen Kollegen unterfertigen ließ.

Die belangte Behörde hat den gegenständlichen Freispruch lapidar mit dem Hinweis begründet, dass eine „strenge Einhaltung der Hierarchie nicht üblich gewesen ist“. Diese Begründung ist für einen Freispruch jedenfalls unzureichend, gibt es doch kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht. Das Bundesverwaltungsgericht folgt im Gegenstand den Beschwerdeausführungen, wonach sich der Disziplinarbeschuldigte die Amtshandlung im Außendienst wohl gerade deswegen nicht vom zuständigen interimistischen Teamleiter P. genehmigen ließ, weil diesem die Weisungslage in Bezug auf Außendienste des Disziplinarbeschuldigten bekannt war und er den Außendienst des Disziplinarbeschuldigten ohne Begleitung eines Kollegen nicht genehmigt hätte. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes stellt diese Vorgehensweise des Disziplinarbeschuldigten eine (straflose) Deckungshandlung im Zusammenhang mit seiner weisungswidrig allein durchgeführten Kontrolle im Außendienst dar, weshalb ein Schuldspruch nicht zu fassen war.

3.4.2. Mit Spruchpunkt IV. des Einleitungsbeschlusses wurde dem Disziplinarbeschuldigten vorgeworfen, die im Anschluss an eine durchgeführte Amtshandlung im Außendienst geforderte zeitnahe Dokumentation des Ergebnisses im e-Zoll-Verfahren für den 13.06.2023 unterlassen und diese erst am 29.06.2023 im e-Zoll-Verfahren vorgenommen zu haben.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen erweist sich der dazu von der Behörde gefasste Freispruch als zutreffend. Zum einen hat das Beweisverfahren ergeben, dass der Disziplinarbeschuldigte die geforderte Dokumentation im e-Zoll-Verfahren tatsächlich am 22.06.2023 vorgenommen hat, zum anderen sieht Punkt 5.22 der Dienstanordnung betreffend e-Zoll-Verfahren eine Dokumentationspflicht lediglich „nach erfolgter Durchführung“ vor, eine „zeitnahe“ Dokumentation wird nicht angeordnet. Nachdem der Disziplinarbeschuldigte die Dokumentation innerhalb jenes Zeitraumes, in dem in der Regel eine statistische Auswertung der Daten erfolgt, vorgenommen hat, kann eine Pflichtverletzung nicht erkannt werden und erweist sich der Freispruch als zutreffend.

3.5. Zur Strafzumessung

Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe ist – auch – eine Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne des Art. 130 Abs. 3 B-VG. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Art. 130 Abs. 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensübung durch die Bundesdisziplinarbehörde setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des § 28 Abs. 2 VwGVG (Art. 130 Abs. 4 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007; VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).

Im Übrigen ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (zuletzt VwGH vom 04.11.2014, Zl. Ro 2014/09/0023).

Gegenständlich erweist sich die Ermessensübung der Bundesdisziplinarbehörde schon auf Grund der rechtswidrigen Freisprüche aber auch mangels zutreffender Einordnung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Weisungsverstoßes als nicht nachvollziehbar und daher als nicht auf gesetzmäßige Weise erfolgt.

Bei den vom Disziplinarbeschuldigten begangenen Dienstpflichtverletzungen handelt es sich um mehrfache Weisungsverstöße. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, kommt der Befolgung der Weisungen von Vorgesetzten nicht nur ein bloß geringfügiger Stellenwert zu. Schon deshalb ist die Verhängung einer Geldbuße gerechtfertigt, um der Nichtbefolgung von Weisungen durch andere Beamte iSd § 93 Abs. 1 BDG 1979 entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 12.11.2013, Zl. 2013/09/0044, vom 26.06.2012, Zl. 2011/09/0032).

Der Disziplinarbeschuldigte hat insgesamt drei Weisungsverstöße zu verantworten. Bereits die Behörde hat ausgeführt, dass der Unrechtsgehalt des von ihr erkannten Weisungsverstoßes durchaus Gewicht hat, hat jedoch die Ansicht vertreten, dass mit einem Verweis der „geforderten“ Generalprävention genüge getan ist. Dem ist nicht zu folgen. Gerade unter Bedachtnahme auf die Führungsfunktion des Disziplinarbeschuldigte ist im Gegenstand zumindest mit einer Geldbuße vorzugehen, würde sonst der Eindruck entstehen, dass bei Pflichtverletzungen von Beamten in Führungsfunktion ein milderer Maßstab angelegt würde.

Auch die unter Punkt I. dieses Erkenntnisses angeführte Pflichtverletzung erweist sich nicht als gänzlich unbedeutend, allerdings ist zu beachten, dass diese Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Suchterkrankung des Disziplinarbeschuldigten stand, die dieser offenkundig überwunden hat. Dies mildert die Schwere der Pflichtverletzung erheblich.

Die belangte Behörde hat zutreffend als Milderungsgrund die Unbescholtenheit des Disziplinarbeschuldigten erkannt, nunmehr ist erschwerend, dass der Disziplinarbeschuldigte seine Dienstpflichten mehrfach verletzt hat. Als weiteren Milderungsgrund ist nunmehr dem Wohlverhalten des Disziplinarbeschuldigten seit den Dienstpflichtverletzungen besonderes Gewicht beizumessen und hat auch das Bundesverwaltungsgericht trotz der leugnenden Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten nicht den Eindruck gehabt, dass es wegen spezialpräventiver Gründe einer besonderen Strafzumessung bedürfte.

Allerdings ist wie bereits ausgeführt aus generalpräventiven Gründen bei den gegenständlichen Pflichtverletzungen zumindest mit einer Geldbuße vorzugehen, die unter Beachtung der Milderungsgründe mit knapp 20 Prozent des Monatsbezuges bei gegebenen Strafrahmen moderat bleibt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.