JudikaturBVwG

W128 2309719-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
28. März 2025

Spruch

W128 2309719-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Niederösterreich vom 04.02.2025, Zl. I-hU-ZT-119/4-2024, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben, eingelangt am 01.07.2024 bei der Bildungsdirektion für Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde), zeigte die Beschwerdeführerin die Teilnahme des schulpflichtigen XXXX , (in der Folge: Schüler) an häuslichem Unterricht im Schuljahr 2024/25 auf der sechsten Schulstufe an.

Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde diese Anzeige zurück und begründete dies zusammengefasst damit, dass die Beschwerdeführerin – aufgrund eines rechtskräftigen Beschlusses des Bezirksgerichtes Gmünd vom 09.04.2024, GZ XXXX , mit dem das Land Niederösterreich als Kinder und Jugendhilfeträger, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Gmünd, die Obsorge für ihr Kind im Bereich Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten sowie auch die gesetzliche Vertretung in diesem Bereich übertragen bekommen habe – nicht antragslegitimiert sei.

In ihrer rechtzeitig gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde monierte die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde den Schüler am 17.04.2024 „rechtswidrig“ an einer näher genannten Schule angemeldet habe sowie mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger vereinbart war, dass die Kindeseltern für den Schulbesuch zu sorgen hätten; dies ihnen jedoch aufgrund des Beschlusses des BG Gmünd nicht möglich gewesen sei, und sie deshalb den häuslichen Unterricht angezeigt habe.

Mit Schreiben vom 20.03.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

Auf Nachfrage informierte das Bezirksgericht Gmünd das Bundesverwaltungsgericht am 25.03.2025, dass die Obsorge in schulischen Angelegenheiten steht nach wie vor dem Land Niederösterreich zustehe sowie der Beschluss vom 09.04.2024, XXXX , den Kindeseltern am 17.04.2024 zugestellt und im dagegen erhobenen Rekursverfahren die Entscheidung mit Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 19.11.2024 bestätigt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Mutter des mj. XXXX . Dieser ist österreichischer Staatsbürger und in Österreich schulpflichtig.

Mit Beschluss vom 09.04.2024, GZ XXXX , ordnete das Bezirksgericht Gmünd folgendes an:

„Die Obsorge für den mj. XXXX wird den Kindeseltern XXXX im Bereich schulische Angelegenheiten und der gesetzlichen Vertretung in diesem Bereich entzogen und dem Land Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Gmünd als örtlich zuständige Organisationseinheit, übertragen.

Diesem Beschluss wird gemäß § 44 AußStrG vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zuerkannt.“

Dieser Beschluss wurde den Kindeseltern am 17.4.2024 zugestellt. Im dagegen erhobenen Rekursverfahren vor dem Landesgericht Krems an der Donau wurde die Entscheidung mit Beschluss vom 19.11.2024 bestätigt.

Die Übertragung der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten an das Land Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger ist zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt immer noch aufrecht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde sowie Einschau in den Akt des Bezirksgerichtes Gmünd vom 09.04.2024, GZ XXXX , im Amtshilfeweg.

Insbesondere wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, dass ihr Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten und damit auch die gesetzliche Vertretung in diesem Bereich vorläufig entzogen und in diesem Umfang dem Land Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Gemäß § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

3.2.2. Personen, die nicht prozessfähig sind, nehmen durch ihren gesetzlichen Vertreter am Verwaltungsverfahren teil. Wer gesetzlicher Vertreter ist, richtet sich gemäß § 9 AVG primär nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Minderjährige werden grundsätzlich durch ihre Eltern oder den Obsorgebetrauten vertreten (siehe VwGH vom 25.10.2023, Ra 2023/20/0125).

Hat die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen und wird dagegen Beschwerde erhoben, ist „Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat allein zu prüfen, ob die inhaltliche Behandlung des Antrags zu Recht verweigert worden ist. Mit einer meritorischen Entscheidung über den Antrag würde das Verwaltungsgericht die „Sache" des Beschwerdeverfahrens überschreiten (vgl. zuletzt etwa VwGH 07.03.2024, Ra 2020/14/0456).

3.2.3. § 11 SchPflG 1982, BGBl. Nr. 76/1985 idF BGBl. I Nr. 37/2023, lautet auszugsweise:

„Besuch von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht und häuslicher Unterricht

§ 11 (1) Die allgemeine Schulpflicht kann – unbeschadet des § 12 – auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnische Schule – mindestens gleichwertig ist.

(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht der Bildungsdirektion anzuzeigen. …

…“

Nachdem, wie gegenständlich festzustellen war, den Eltern des Schülers und somit auch der Beschwerdeführerin der Bereich der Pflege und Erziehung in schulischen Angelegenheiten inklusive der gesetzlichen Vertretung in diesem Bereich, entzogen und in diesem Umfang dem Land Niederösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen wurde, kommt ihr mangels abweichender verwaltungsrechtlicher Vorschriften auch keine Berechtigung zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages für das Kind zu.

Es ist der belangten Behörde daher nicht entgegenzutreten, wenn sie diesen Antrag zurückweist.

3.2.4. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Das Schulrecht ist auch weder von Art. 6 EMRK noch von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen– unter Punkt 3.2.dargestellten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.