JudikaturBVwG

W111 2299232-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
20. März 2025

Spruch

W111 2299232-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Werner DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2024, Zl. 1362898006/231466835, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.02.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte infolge illegaler Einreise am 31.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 31.07.2023 gab er an, dass er aus dem Gouvernement Idlib stamme und Syrien Anfang des Jahres 2020 illegal verlassen und sich bis Juni 2023 in der Türkei aufgehalten habe. Befragt zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass die Lage für ihn aufgrund des Krieges in Syrien nicht sicher sei. Zudem sei er herzkrank und habe in Syrien keine gute Behandlung erhalten.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer erstmals am 10.07.2024 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Näher befragt zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er aus XXXX stamme, das syrische Regime habe die Stadt im Jahr 2020 zurückerobert. Er habe Angst vor dem Regime gehabt. Die Sicherheitslage sei so schlecht gewesen, dass er ausreisen habe müssen. Seinen Wehrdienst habe er von 1989 bis 1991 als normaler Rekrut abgeleistet. Zudem befürchte er im Fall einer Rückkehr nach Syrien Verfolgung aufgrund der Tatsache, dass seine vier Söhne den Militärdienst verweigert hätten; zudem hätten drei seiner Brüder für die Polizei gearbeitet, daher werde seine gesamte Familie in Syrien gesucht.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. In Spruchpunkt II. wurde ihm gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs 4 AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer in Syrien keine Verfolgung iSd GFK drohe. Beim Beschwerdeführer handle es sich um keine besonders exponierte Persönlichkeit, weshalb das Militär kein Interesse an ihm habe. Zudem habe er sich im Jahr 2019 noch einen Führerschein vom Regime ausstellen lassen; würde er tatsächlich verfolgt werden, hätte er diesen Behördenkontakt vermieden.

4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 11.09.2024 binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin führte er sinngemäß und zusammengefasst aus, dass ihm vom syrischen Regime aufgrund seiner Herkunft aus einem ehemaligen oppositionellen Gebiet eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden würde. Zudem drohe ihm auch eine Reflexverfolgung aufgrund seiner Brüder und Söhne, bei denen es sich um Wehrdienstverweigerer handeln würde.

5. Mit Schreiben vom 12.09.2024, hg eingelangt am 18.09.2024, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Mit Schreiben vom 31.01.2025 (OZ 3) wurden der Beschwerdeführer sowie die belangte Behörde zu einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 25.02.2025 geladen.

7. Mit Schreiben vom 03.02.2025 (OZ 4) gab die belangte Behörde bekannt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.02.2025 zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

Der Beschwerdeführer wurde in Hama im gleichnamigen Gouvernement geboren, wo er über 20 Jahre lebte. Im Jahr 1992 zog er nach XXXX im Gouvernement Idlib, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien Anfang 2020 lebte. Danach war der Beschwerdeführer mehrere Jahre in der Türkei aufhältig, bis er diese im Juni 2023 verließ und am 31.07.2023 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat fünf Kinder (vier Söhne und drei Töchter, wobei eine Tochter bereits verstorben ist). Seine Frau und seine Töchter leben in der Türkei. Drei Söhne leben in Österreich, der vierte Sohn lebt in den Niederlanden. In Österreich leben vier Brüder des Beschwerdeführers. In Syrien leben die Eltern des Beschwerdeführers sowie seine zwei Schwestern.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht seit dem Sturz von Staatspräsident Baschar al-Assad im Dezember 2024 unter Kontrolle der Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS). Im Falle einer Rückkehr nach Syrien droht dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung – weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel ergibt sich aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 wie folgt (Hervorhebungen im Original):

„1. Zusammenfassung der Ereignisse

Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von

Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. […]Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).

Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).

Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).

Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).

Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b). […]

Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).

In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).

Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).

2. Die Akteure

Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).

Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).

Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).

Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).

Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).

Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).

National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).

Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).

Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).

Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).

Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).

Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).

Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).

3. Aktuelle Lageentwicklung

Sicherheitslage:

Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).

Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).

Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).

Sozio-Ökonomische Lage:

Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).

Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).

Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).

Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).

Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf den von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH), der Beschwerdeschriftsatz, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente und Unterlagen, die Strafregisterabfrage vom 17.03.2025, sowie das im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeführte Konvolut an Länderinformationen seit dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel (Beilagen zur VH). Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Religions- und Volksgruppen-zugehörigkeit, Geburts- und Herkunftsregion, sowie zur Ausreise aus Syrien und der familiären Situation des Beschwerdeführers gründen auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. VH, S. 4). Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist gründet auf der am 17.03.2025 durchgeführten Strafregisterabfrage (OZ 6). Die übrigen Feststellungen gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 ergibt sich in Verbindung mit einer aktuellen Nachschau auf https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html und https://syria.liveuamap.com im Entscheidungszeitpunkt, dass sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers seit dem Sturz des Staatspräsidenten Baschar al-Assad unter der Kontrolle der Opposition, angeführt durch die Gruppierung HTS, befindet.

2.2.2. Im Beschwerdeschriftsatz brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen vor, dass ihm im Fall einer Rückkehr Verfolgung durch das Assad-Regime drohe, da ihm aufgrund seiner Herkunft aus einem ehemaligen oppositionellen Gebiet eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden würde, sowie aufgrund seiner Brüder und Söhne, die den Wehrdienst verweigert hätten. Vor dem Hintergrund der Berichtslage, wonach der syrische Präsident Baschar al-Assad nach seinem Sturz am 08.12.2024 aus Syrien geflüchtet ist und dessen Regime seither nicht mehr existiert, lässt sich aus diesem Vorbringen keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall einer (hypothetischen) Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ableiteten.

2.2.3. Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht schließlich vorbringt, dass er von der neuen Regierung als Verräter betrachtet werden würde, da er aus Syrien geflüchtet sei ohne auf Seite der HTS zu kämpfen, ist ihm vor dem Hintergrund der vorliegenden Berichtslage entgegenzuhalten, dass keine Anhaltspunkte bestehen, die darauf schließen lassen würden, dass er in der Vergangenheit in das Blickfeld einer der syrischen Konfliktparteien geraten wäre oder er ein Verhalten gesetzt hätte, aufgrund dessen er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat von einer Konfliktpartei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit als politischer Gegner wahrgenommen würde. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit den herangezogenen Länderberichten auch keine sonstige – speziell gegen ihn gerichtete – Gefährdung aufgrund seiner ethnischen, religiösen oder nationalen Zugehörigkeit oder wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung. Vielmehr war aus folgenden Gründen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Syrien wegen der dort vorherrschenden schlechten Sicherheits- und Versorgungslage verlassen hat:

Bereits im Rahmen der Erstbefragung am 31.07.2023 führte der Beschwerdeführer befragt zu seinem Fluchtgrund aus, dass er Syrien wegen der mangelnden Sicherheit und weil er keine gute medizinische Behandlung erhalten hat, verließ (vgl. EB, S. 6). Auch in der Einvernahme vor dem BFA am 10.07.2024 gab der Beschwerdeführer zu einen Fluchtgründen befragt zu Protokoll, dass die Sicherheitslage sehr schlecht war, sodass er ausreisen musste (vgl. EV, S. 7). In Einklang mit diesen Angaben schilderte der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht zu seinem Fluchtgründen befragt erneut ausführlich (vgl. VH, S. 4 bis 6):

„Weshalb sind wir geflüchtet? Sind wir nur wegen Bashar al Assad geflüchtet? Wir sind damals aufgrund der fehlenden Sicherheit geflüchtet, es gibt keine Ärzte in Syrien, kein Gesundheitssystem. Ich bin herzkrank, wo soll ich mich im Falle der Rückkehr behandeln lassen? Es ist ein zerstörtes Land. Es ist nicht mal bei null, ich würde es auf -1.000 schätzen. Mein Haus ist zerstört worden, wo soll ich im Falle der Rückkehr leben? Auf der Straße oder wo genau? Wir sind nach Österreich gekommen, weil uns das Land Stabilität und Sicherheit bietet. Selbst wenn Bashar al Assad immer noch vor Ort wäre oder auch nicht, dann gleicht sich das Ergebnis. Wir würden nach Syrien zurückkehren, um zu sterben. Wie gesagt, das Land ist nicht sicher und stabil.“

Auf Hinweis des Richters, dass dem Beschwerdeführer aus den genannte Gründen bereits subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, wiederholte der Beschwerdeführer seine bisherigen Ausführungen:

„Wir haben keine Wasserleitungen bzw. keinen Strom, es gibt keine Grundversorgung in Syrien. […] Ich habe gesundheitliche Probleme, es gibt in Syrien keine Ärzte, keine Behandlung, es gibt keine Sicherheit und keine Stabilität. Wohin soll ich zurückkehren? Soll ich auf der Straße leben? […] Wir suchen die ganze Zeit nur Sicherheit und Stabilität, wir flüchten von Land zu Land, finden jedoch keine Stabilität.“

Am Ende der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer nochmals aus:

„Es gibt keine Grundversorgung in Syrien […]. Wenn wir wenigstens bei null sind, aber wenn es keine Sicherheit gibt und das Land zerstört vorliegt. Es gibt keine Sicherheit.“

Aufgrund dieser konsistenten und glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers war die Feststellung zu treffen, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine asylrelevante Verfolgung droht.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel gründen auf dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Konvolut an seit dem Machtwechsel veröffentlichten Länderinformationen (Beilagen zur VH), insbesondere auf der bei den Feststellungen näher zitierten Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024. Die im Konvolut enthaltenen Berichte gründen auf verschiedenen anerkannten teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmend und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist diesen Berichten auch nicht substantiiert entgegengetreten.

Die Feststellung zu den aktuellen Machtverhältnissen in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gründet auf einer aktuellen Nachschau auf https://syria.liveuamap.com und https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html (zuletzt abgerufen am 17.03.2025).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Rechtsgrundlagen und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur:

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.

3.1.3. Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr 12877/87, Kalema/Frankreich).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

3.1.4. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH, 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 und 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0330; 20.04.2018, Ra 2018/18/0154). Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0050, mwN, sowie neuerlich VwGH Ra 2016/18/0203). Die Prüfung, ob ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz – hier im Hinblick auf eine mögliche Furcht vor einer Einberufung bzw. die Verweigerung des Militärdienstes besteht –, hat je nach individuellen Umständen des Einzelfalls zu erfolgen (VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001).

3.2. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung ankommt. Es ist demnach für die Zuerkennung des Asylstatus zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person im Zeitpunkt der Entscheidung bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungs-handlungen rechnen müsste. Relevant kann also nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der „Asylentscheidung“ immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. etwa VwGH 28.02.2024, Ra 2023/20/0619; mwN).

Im Entscheidungszeitpunkt ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit der aktuellen Berichtslage keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Syrien in absehbarer Zeit Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hätte:

3.2.2. Da sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers seit dem Sturz von Baschar al-Assad unter der Kontrolle der Opposition, angeführt von der Gruppierung HTS, befindet, und die Regierung von Baschar al-Assad nicht mehr besteht, geht vom Assad-Regime folglich keine Verfolgungsgefahr aus.

3.2.3. Wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt, liegen keine hinreichend konkreten Hinweise vor, dass dem Beschwerdeführer im Fall der (hypothetischen) Rückkehr in den Herkunftsstaat von einer sonstigen syrischen Konfliktpartei, insbesondere von der Gruppierung HTS, Verfolgung drohen würde, da sich aus den derzeit vorliegenden Länderberichten nicht ergibt, dass die oppositionellen Gruppierungen, welche derzeit – mit Ausnahme des Gebiets der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens – das syrische Staatsgebiet kontrollieren, Rückkehrende, die im Ausland um Asyl angesucht haben, gezielt verfolgen würden.

3.2.4. Dem Beschwerdeführer ist es daher insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

3.2.5. Aus der allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für den Beschwerdeführer kein Status eines Asylberechtigten ableiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (VwGH 14.03.1995, 94/20/0798; VwGH 17.06.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 06.11.2009, 2006/19/1125). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Die prekäre Sicherheitslage in Syrien erweist sich im Fall des Beschwerdeführers als nicht asylrelevant, zumal der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, dass er von dieser Situation in Syrien aus Konventionsgründen individuell bzw. besonders betroffen wäre. Insbesondere das im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mehrmals vorgebrachte Argument, dass es in Syrien keine Sicherheit und medizinische Versorgung gebe (vgl. VH, S. 4 bis 6), ist festzuhalten, dass dieser Umstand der allgemein schlechten Lage in Syrien geschuldet ist und nicht nur den Beschwerdeführer allein betrifft. Der Beschwerdeführer hat daher bloß alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Unbilligkeiten aufgrund der allgemein schlechten Lage in Syrien vorgebracht, aber keine substantiellen, stichhaltigen Gründe für das Vorliegen einer individuellen Gefahr der Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK dargetan. Im Fall des Beschwerdeführers sind keine Umstände ersichtlich, die eine ihr selbst drohende individuelle Verfolgung durch die aktuelle Lage in Syrien untermauern würden. Einer bloß allgemeinen Bedrohung durch die aktuelle Lage ist jedoch nicht mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten, sondern mit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zu begegnen; dieser Status wurde dem Beschwerdeführer bereits rechtskräftig zuerkannt.

3.2.6. Da dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung – weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure – droht, war die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3.1. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.