JudikaturBVwG

W162 2301304-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
03. Februar 2025

Spruch

W162 2301304-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Robert FODROCZI und Erwin GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Neunkirchen vom 06.08.2024 wegen Nichtzuerkennung des Arbeitslosengeldes mangels Arbeitslosigkeit betreffend den Antrag vom 01.08.2024 gemäß den §§ 7 und 12 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 06.08.2024 sprach das Arbeitsmarkservice Neunkirchen (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab 01.08.2024 gemäß den §§ 7 und 12 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, in geltender Fassung, mangels Arbeitslosigkeit keine Folge gegeben werde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschäftigung der Beschwerdeführerin bei XXXX GmbH bis 31.07.2024 aufgrund der Überschneidung mit ihrer vollversicherten Beschäftigung bei XXXX der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung (sowie Pensionsversicherung) gemäß den Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (§§ 471f ff ASVG) unterlegen sei. Nach dem Ende der Arbeitslosenversicherungspflicht der Beschäftigung bei XXXX GmbH bestehe beim selben Dienstgeber weiterhin eine geringfügige Beschäftigung, daher gelte sie unter Anwendung des § 12 Abs 3 lit h AlVG ab dem 01.08.2024 nicht als arbeitslos.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, dass ihr ab dem 01.08.2024 Arbeitslosengeld gebühre, da sie ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für das Arbeitslosengeld erfüllt habe. Die belangte Behörde habe die Ablehnung ihres Antrags vom 11.07.2024 auf Arbeitslosengeld zu Unrecht auf die Bestimmung des § 12 Abs 3 lit h AlVG gestützt. Sie habe ein vollversicherungspflichtiges und ein geringfügiges Dienstverhältnis bei zwei unterschiedlichen Dienstgebern gehabt und nach Beendigung ihres vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses den gegenständlichen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Die Bestimmung sei in ihrer Konstellation nicht anwendbar. In rechtlicher Hinsicht führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass die Durchführungsweisung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft, auf der die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht zur Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 lit. h AlVG beruhe, gesetz- und verfassungswidrig sei.

3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Bezug habenden Akt ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung am 23.10.2024 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Mit Bescheid des AMS Neunkirchen vom 19.12.2024 wurde der angefochtene Bescheid vom 06.08.2024 gemäß § 68 Abs. 2 AVG behoben. Begründend wurde dabei im Wesentlichen festgehalten, dass sich aus den Ausführungen des VwGH zu 19.11.2024, Ra 2024/08/0103 nachträglich ergeben habe, dass der angefochtene Bescheid nicht den gesetzlichen Bestimmung entsprochen habe und gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen behoben werde. Die belangte Behörde werde nunmehr erneut über den Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 01.08.2024 absprechen und bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen käme eine Nachzahlung für August 2024 in Betracht.

5. Am 09.01.2025 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme der belangten Behörde samt Behebungsbescheid vom 19.12.2024 sowie einem Rechtsmittelverzicht der Beschwerdeführerin vom 30.12.2024 und einer Mitteilung der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin vom 02.01.2025 über den Leistungsanspruch ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

Gemäß dem – für behördliche Verfahren geltenden – § 68 Abs. 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Die Anhängigkeit einer Beschwerde steht einer Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG nicht entgegen (vgl. VwGH 22.02.2022, Ra 2021/08/0044 mHa VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0029 [= VwSlg. 19.245 A/2015]).

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. VwGH 13.12.2010, 2009/10/0050 mit Verweis auf VwGH 29.09.2010, 2008/10/0029; 05.11.2014, Ro 2014/10/0084).

Gegenständlich wurde die Beschwerdeführerin nach Beschwerdeeinbringung durch die mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.12.2024 erfolgte – auf § 68 Abs. 2 AVG gestützte – Behebung des angefochtenen Bescheides formell klaglos gestellt; ihre Beschwer ist damit weggefallen.

Das Beschwerdeverfahren war daher spruchgemäß einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. etwa VwGH vom 13.12.2010, 2009/10/0050 mit Verweis auf VwGH vom 29.09.2010, 2008/10/0029; 05.11.2014, Ro 2014/10/0084), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.