JudikaturBVwG

L506 2306449-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
03. Februar 2025

Spruch

L506 2306449-1/5Z

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Margit GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX geb. XXXX , StA Libanon, vertreten durch RA Mag. Michael SCHÖNLECHNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Außenstelle Innsbruck, vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin (nachfolgend BF), eine libanesische Staatsbürgerin, stellte zusammen mit ihrem Mann am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung am selben Tag beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend BFA) gab die BF zu ihrem Ausreisegrund an, vor ca. einem Monat legal mit dem Flugzeug in die Türkei gereist zu sein. Als Ausreisegrund nannte die BF den im Libanon herrschenden Krieg zwischen der Hisbollah und Israel, Hungersnot und die schlechte wirtschaftliche Lage. Die Inflation sei stark und sie würden sich nichts mehr leisten können. Im Rückkehrfall fürchte sie Krieg und Hungersnot.

3. Am XXXX erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der BF. Die BF gab zu ihren Ausreisegründen an, nachdem sie mit ihrem Mann keine Kinder bekommen habe können, habe ihre Familie gewollt, dass sie sich von ihrem Mann trenne. Ihr Bruder habe gewollt, dass sie ihren Mann verlasse und einen anderen Mann heirate. Nachdem sie ihren Vater während der Corona-Pandemie gepflegt habe, sei das Verhältnis zur Familie wieder gut geworden. Am XXXX sei anlässlich eines Einkaufes in der Stadt auf ihr Auto geschossen worden. Sie hätten sich zu ihrem Cousin begeben und dieser habe sie zu ihrer Familie gefahren und ihr Mann sei geflüchtet. Ihr Bruder, mit dem sie gesprochen habe, sei dagegen gewesen, dass sie zu ihrem Ehemann gehe; er habe sie angeschrien, geschlagen und gesagt, dass sie sich von ihrem Mann trennen müsse. Er habe gedroht, sie zu töten, wenn sie sich nicht von ihrem Mann scheiden lasse. Ihr anderer Bruder habe ihren älteren Bruder weggedrückt und ihr sei die Flucht bis zu ihrem Mann nach XXXX gelungen, wo sie noch einen Monat bei einem Freund verblieben seien. Ihr Mann habe ihr mitgeteilt, dass ihr Leben wegen einer Partei in Gefahr sei und sie ausreisen müssen. Es habe auch bereits Chaos und Unruhen gegeben.

4. Mit Schriftsatz vom XXXX wurde seitens des damaligen Vertreters der BF Säumnisbeschwerde erhoben.

5. Mit dem nunmehr angefochten Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Libanon gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 6 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. (Spruchpunkt VIII.)

Es habe keine Verfolgung der BF durch Männer der syrischen Nationalpartei und auch keine sonstige Verfolgung festgestellt werden können; ebensowenig habe eine Rückkehrgefährdung der BF festgestellt werden können. Das Vorbringen der BF sei in sämtlichen Punkten vage, unplausibel, im Vergleich zwischen Erstbefragung und Einvernahme widersprüchlich und somit unglaubwürdig geblieben. Darüber hinaus habe die BF bereits am XXXX versucht, illegal in die Schweiz einzureisen, was eine Rückkehrentscheidung der Schweizer Behörden zur Folge gehabt habe. Die Tatsache, dass die BF diesen Umstand verschwiegen habe, ließen einmal mehr erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben aufkommen.

Es wurden Feststellungen zum Privat- und Familienleben der BF in Österreich, zu den Gründen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde Erlassung des Einreiseverbotes sowie länderkundliche Feststellungen zum Herkunftsstaat der BF getroffen.

6. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob die BF durch ihre nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht mit Schriftsatz vom XXXX Beschwerde.

7. Am XXXX langte hg. die Beschwerde samt bezug habendem Verwaltungsakt ein.

8. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der Angaben der BF, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

§ 18 BFA-VG lautet:

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.

der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.

schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.

der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4.

der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.

das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.

gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.

der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.

die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.

der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.

Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hierbei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der Beschwerdeführerin als ‚vertretbare Behauptungen‘ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Der Verwaltungsgerichtshof betont dazu in seiner Rechtsprechung, dass es grundsätzlich immer Aufgabe des Verwaltungsgerichtes ist, sich vor Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung selbst einen persönlichen Eindruck vom Fremden zu verschaffen, sofern nicht ausnahmsweise ein eindeutiger Fall gegeben ist (VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0007 mwN). Bei der Verhängung eines Einreiseverbotes, das fallbezogen befristet ausgesprochen wurde, kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der zur Prüfung eines Einreiseverbotes anzustellende Gefährdungsprognose besondere Bedeutung zu (VwGH 25.06.2019, Ra 2019/19/0130).

Der angefochtene Bescheid stützt sich ferner ausschließlich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA mit Stand März 2023, enthält jedoch trotz festgestellter Zulässigkeit der Abschiebung der BF keine aktuellen Feststellungen zur Lage, vor allem zur Sicherheitslage im Libanon, welche aber - unter Wahrung des Parteiengehörs - in das Verfahren zu integrieren sind (VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

Im vorliegenden Fall kann schließlich aufgrund der derzeitigen Aktenlage ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs 5 BFA-VG nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostiziert werden, dass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung in den in Aussicht genommenen Zielstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA - VG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.